LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/247 18.07.2012 Datum des Originals: 16.07.2012/Ausgegeben: 23.07.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 62 vom 21. Juni 2012 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/101 Bringt die Landesregierung dem kommunalen Ehrenamt eine unzureichende Wert- schätzung entgegen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 62 mit Schreiben vom 16. Juli 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Tagtäglich kümmern sich tausende ehrenamtliche Kommunalpolitiker in Nordrhein-Westfalen um die Geschicke ihrer Heimatstädte und -Gemeinden. Als Rats- und Kreistagsmitglieder, Bezirksvertreter, sachkundige Bürger etc. opfern sie bereitwillig ihre Freizeit für das Ge- meinwohl. Die im Rahmen des kommunalen Ehrenamtes betriebenen Aufwendungen sind zumeist erheblich. Vor diesem Hintergrund ist es folgerichtig, dass diejenigen, die sich für eine solche Aufgabe zur Verfügung stellen, zumindest eine angemessene Aufwandsent- schädigung erhalten. Dies hat der Gesetzgeber in § 45 Abs. 4 der Gemeindeordnung NRW so vorgesehen. Die Höhe der Aufwandsentschädigungen bzw. der zu zahlenden Sitzungsgelder für Mitglie- der kommunaler Vertretungen und Ausschüsse wird gemäß § 45 Abs. 6 durch das zuständi- ge Innenministerium festgelegt. Sie ist zu Beginn und mit Ablauf der Hälfte der Wahlzeit an- zupassen. Als Grundlage für die Berechnungen ist die „Preisentwicklung ausgewählter Wa- ren und Leistungen im Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte seit dem Zeitpunkt der vorangegangenen Anpassung der Höhe der Aufwandsentschädigung und der Sitzungsgelder“ heranzuziehen (§ 45 Abs. 6 GO NRW). Die letzte Anpassung dieser Art erfolgte zum 01. Mai 2012. Die dabei zugrunde gelegte maßgebliche Preissteigerung betrug lediglich 1 Prozent. Demnach wurde beispielsweise die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/247 2 monatliche Aufwandspauschale für Ratsmitglieder in Kommunen mit 50.001 bis 150.000 Einwohner von 342 Euro auf 345,40 Euro, also um gerade einmal 3,40 Euro angehoben. Im Gegensatz dazu wurden wenige Wochen vorher im Rahmen des Tarifvertrags für den öffent- lichen Dienst für das Jahr 2012 Entgeltsteigerungen in Höhe von 3,5 Prozent und für das Jahr 2013 Entgeltsteigerungen in Höhe von kumuliert 2,82 Prozent ausgehandelt. Noch krasser stellt sich das Missverhältnis der Aufwandsentschädigung zu den Bezügen der Ab- geordneten im Landtag von Nordrhein-Westfalen dar, deren Diäten kürzlich gegen den aus- drücklichen Willen der FDP um monatlich 500 Euro angehoben wurden. Weite Kreise kommunaler Mandatsträger halten es für ein Zeichen mangelnder Wertschät- zung der rot-grünen Landesregierung gegenüber dem kommunalen Ehrenamt, dass die An- passung ihrer – ohnehin geringen – Aufwandsentschädigung noch nicht einmal das aktuelle Inflationsniveau, geschweige denn die aktuellen Entgeltsteigerungen im öffentlichen Dienst widerspiegelt. Vorbemerkung der Landesregierung Durch das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung - GO-Reformgesetz vom 09.10.2007 (GV.NRW.2007 S. 380 ff.) - wurden die Entschädigungsregelungen hinsichtlich der Aufwandsentschädigung (§ 45 Abs. 4-6) überarbeitet. Die Vorschrift zur Anpassung der Höhe der Aufwandsentschädigung und Sitzungsgelder (§ 45 Abs. 6) hat mit diesem Gesetz die derzeitige Fassung erhalten. 1. Wie berechnet sich die „Preisentwicklung ausgewählter Waren und Leistungen im Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte“, die bei der Festlegung der Aufwandsentschädigung für das kommunale Ehrenamt maßgeblich ist? Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Kommunalverfassung vom 17.05.1994 (GV.NW.1994 S.270) setzt das Innenministerium - bis zum Inkrafttreten des GOReformgesetzes am 17.10.2007 (GV.NRW 2007 S.380) noch im Einvernehmen mit dem für die kommunale Selbstverwaltung zuständigen Ausschuss des Landtages - durch Rechtsverordnung die Höhe der monatlichen Aufwandsentschädigung sowie die Höhe der Sitzungsgelder für die Mitglieder kommunaler Gremien fest (jetzt § 45 Abs. 6 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (§ 30 Absatz 6 KrO NRW, § 16 Absatz 6 LVerbO, § 12 Absatz 2 RVRG)). Die Höhe dieser Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder ist seitdem mit Ablauf der Hälfte und seit Inkrafttreten des GO-Reformgesetzes im Jahr 2007 auch zu Beginn der Wahlzeit der Vertretungen anhand der Preisentwicklung ausgewählter Waren und Dienstleistungen anzupassen. Der Warenkorb enthält die Preisentwicklung von Telekommunikations- und Postdienstleistungen , Briefpapier, Farb- und Bleistiften, Verbrauchsgütern für Schreibzwecke, Zeitungen und Zeitschriften sowie Bewirtungskosten (Übernachtungen, Speisen und Getränke). Auch die Zusammenstellung dieses Warenkorbes ist seit 1994 unverändert. Die jeweils maßgebliche Preissteigerung wird von IT.NRW berechnet und auf Anfrage an das Ministerium für Inneres und Kommunales übermittelt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/247 3 2. Hält die Landesregierung ihre aktuell vorgenommene Anhebung der Aufwands- entschädigung für das kommunale Ehrenamt um lediglich 1 Prozent für angemessen (ja oder nein)? Die Frage der Angemessenheit stellt sich nicht, da das Ministerium für Inneres und Kommunales nach § 45 Abs. 6 GO keinen Spielraum bei der Anpassung der Aufwandsentschädigung hat. Diese ist ausschließlich anhand der Preisentwicklung ausgewählter Waren und Dienstleistungen vorzunehmen. Darüber hinausgehende Kriterien sind rechtlich nicht vorgesehen und daher auch nicht zulässig. 3. Warum hat die Landesregierung vor dem Hintergrund aktueller Tarifabschlüsse, Diätenerhöhungen und Inflationsraten an der zwar rechtskonformen, aber faktisch viel zu niedrigen Anhebung der Aufwandsentschädigung für das kommunale Ehrenamt um lediglich 1 Prozent festgehalten? S. Antwort zu Frage 2. 4. Wird die Landesregierung ihre Entscheidung bezüglich der Anpassung der Auf- wandsentschädigung für das kommunale Ehrenamt korrigieren (ja oder nein)? Nein (im Übrigen siehe Antwort zu Frage 2). 5. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung zukünftig ergreifen, um Mitglieder kommunaler Vertretungen und Ausschüsse bei der Wahrnehmung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten angemessen zu entschädigen? Die Landesregierung will die Rahmenbedingungen für die Mandatsausübung in Räten, Bezirksvertretungen und Landschaftsverbänden verbessern. Deshalb hatten die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeinsam mit der FDP bereits in der 15. Legislaturperiode mit Datum vom 01.12.2011 einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem das kommunale Ehrenamt in vielerlei Hinsicht gestärkt und dessen Wahrnehmung vereinfacht wird (s. Drs. 15/3398). Diese Gesetzesinitiative wurde von denselben Fraktionen durch Gesetzentwurf vom 13.06.2012 (Drs. 16/48) wieder aufgegriffen.