LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/248 19.07.2012 Datum des Originals: 16.07.2012/Ausgegeben: 24.07.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 34 vom 12. Juni 2012 der Abgeordneten Ursula Doppmeier und Andrea Milz CDU Drucksache 16/72 Wie barrierefrei sind nordrhein-westfälische Frauenhäuser? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 34 mit Schreiben vom 16. Juli 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlichte am 22. November 2011 eine Studie zur Gewalt gegen Frauen mit Behinderung. Demnach sind Frauen mit Behinderung nahezu doppelt so häufig Opfer von Gewalt wie nichtbehinderte Frauen. In einer Stellungnahme zu einer öffentlichen Anhörung des Bundestags, vom 12. November 2008 zum Thema „Situation der Frauenhäuser“ (federführend im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) wies die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF) darauf hin, dass nur etwa 10 Prozent aller Frauenhäuser in Deutschland über rollstuhlgerechte Räume verfügen. Über die Zahl der Angebote für Sehbehinderte, Hörgeschädigte , oder Frauen mit sog. geistiger Behinderung lägen - lt. Stellungnahme der ZIF aus dem Jahr 2008 - keine Erkenntnisse vor. Vorbemerkung der Landesregierung Daten über die Barrierefreiheit von Frauenhäusern werden in Nordrhein-Westfalen bisher nicht standardmäßig erhoben. Die Beantwortung der Kleinen Anfrage stützt sich deshalb auf die Ergebnisse einer eigens zu diesem Zweck durchgeführten Umfrage bei den landesgeförderten Frauenhäusern in Nordrhein-Westfalen sowie auf Datenmaterial des über das Internet zugänglichen bundesweiten Frauenhausfinders der Frauenhauskoordinierung. Die Angaben der dort registrierten Frauenhäuser und Frauenschutzwohnungen sind freiwillig und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/248 2 1. Wie viele Frauenhäuser sind derzeit in Nordrhein-Westfalen rollstuhlgerecht? (Bitte prozentual und in absoluten Zahlen angeben) Nach vorliegenden Informationen aus dem bundesweiten Frauenhausfinder sind derzeit sechs Frauenhäuser in Nordrhein-Westfalen rollstuhlgerecht. Das entspricht einem prozentualen Anteil von ca. 8 Prozent. Darüber hinaus bezeichnen sich nach den Rückmeldeergebnissen der landesgeförderten Frauenhäuser mindestens 3 andere Einrichtungen als "teilweise rollstuhlgerecht". Dies würde dann 12% entsprechen. 2. Wie viele Frauenhäuser sind derzeit bundesweit rollstuhlgerecht? (Bitte prozentual angeben) Den Daten aus dem bundesweiten Frauenhausfinder der Frauenhauskoordinierung e.V. zufolge sind derzeit bundesweit 38 Frauenhäuser rollstuhlgerecht. Das entspricht einem Anteil von ca. 11 %. 3. Welche Kenntnis hat die Landesregierung über die Zahl der nordrheinwestfälischen Angebote in Frauenhäusern für Sehbehinderte, Hörgeschädigte oder für Frauen mit sog. geistiger Behinderung? Nach den vorliegenden Rückmeldungen der landesweiten Umfrage verfügen sechs Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen über spezifische Angebote für Sehbehinderte, Hörgeschädigte oder Frauen mit sogenannter geistiger Behinderung. 4. Wie viele Zufluchtgesuche von Frauen mit Beeinträchtigungen/Behinderungen gab es jeweils 2005 bis 2011 in den nordrhein-westfälischen Frauenhäusern? Im Rahmen der jährlichen Erhebungen zum Berichtswesen der landesgeförderten Frauenhäuser werden keine Daten über Zufluchtsgesuche von Frauen mit Beeinträchtigungen /Behinderungen gesondert erfasst. Die Rückmeldungen zu der durchgeführten Abfrage lassen darauf schließen, dass im fraglichen Zeitraum zwischen 2005 bis 2011 insgesamt mindestens 200 Frauen mit unterschiedlichen Behinderungen in nordrhein-westfälischen Frauenhäusern aufgenommen wurden. Da aber in vielen Frauenhäusern in NordrheinWestfalen keine spezifische Datenerfassung zu dieser Fragestellung erfolgt, kann diese Frage nicht abschließend beantwortet werden. 5. Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung, um einen besseren Zu- gang zu Frauenhäusern für Menschen mit Beeinträchtigungen/Behinderungen zu gewährleisten? Die repräsentative Studie "Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland" belegt, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen in besonderem Maße gefährdet sind, Opfer von Gewalt im Geschlechterverhältnis zu werden. Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter bereitet derzeit einen Aktionsplan vor, der wichtige Ansatzpunkte zum Schutz von Frauen und Mädchen vor sexualisierter und häuslicher Gewalt aufzeigen soll. Zur inklusiven Ausrichtung dieses Aktionsplans werden - entsprechend den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention - auch Aktivitäten zum Schutz vor Gewalt an Frauen und Mädchen mit Behinderungen gehören. Die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/248 3 Landesregierung strebt an, in diesem Kontext eine Verbesserung des Zugangs zu Schutz und Hilfeeinrichtungen durch Anpassung an die besonderen Bedürfnisse weiblicher Opfer mit Behinderungen zu erwirken und wird bei der Umsetzung die Betroffenenverbände aktiv einbeziehen. Die vorgenannten Aktivitäten der Landesregierung finden ihren Niederschlag auch in dem Beschluss 9.3 unter dem Titel "Prävention gegen sexuelle Gewalt in Behinderteneinrichtungen und Schulen" der diesjährigen Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder, dem Nordrhein-Westfalen als Mitantragsteller beigetreten ist. Es wird insbesondere auf Ziffer 2 b dieses Beschlusses verwiesen. Demnach werden sowohl der Bund als auch die Länder über die jeweils zuständigen Fachministerkonferenzen gebeten, sich dafür einzusetzen, dass barrierefreie und bedarfsgerechte Zugänge zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten hergestellt und eine behindertengerechte Nutzung der Angebote ermöglicht werden.