LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2511 27.03.2013 Datum des Originals: 27.03.2013/Ausgegeben: 02.04.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 938 vom 25. Februar 2013 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/2215 Pensionskosten und Vorsorgestrategie – wie erfolgreich und sinnvoll ist eigentlich der Versorgungsfonds für Nordrhein-Westfalen? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 938 mit Schreiben vom 27. März 2013 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Beamte und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen werden - anders als Angestellte des Landes – auch nach Eintritt in den Ruhestand aus den laufenden Haushalten bezahlt. Somit sind für das Land nicht nur aktuelle Lohnzahlungen relevant, sondern auch die Zahlungen an Pensionäre. Viele Jahrzehnte wurde für diese sich abzeichnenden Kosten keinerlei Vorsorge getroffen. Das Problem ist erkannt und gesetzliche Regelungen des Bundes (§14 Bundesbesoldungsgesetz ) wurden durch die Einführung der „Versorgungsrücklage des Landes Nordrhein -Westfalen“ umgesetzt. Flankiert wurden diese gesetzlich vorgegebenen Regeln unter schwarz/gelber Regierungszeit durch die zusätzliche Errichtung eines „Versorgungsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“, in den für jeden ab den 31.12.2005 eingestellten Beamten oder Richter monatlich eine Rücklage in aufwachsender Höhe eingezahlt wird (01.01.2012: 554,90€). Dies wurde im Rahmen einer Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt, die langfristig ausgeglichene Haushalte vorsah. Ziel war es, durch diese Maßnahme einen Teil der impliziten Verschuldung - die Pensionskosten - in die Haushaltsplanung aufzunehmen und somit zukünftige Generationen zu entlasten. Das Ziel ausgeglichener Haushalte wäre unter schwarz/gelber Regierungszeit im Jahr 2008 erreicht worden. Die Finanzmarktkrise und damit verbundene wegbrechende Steuereinnahmen haben die Konsolidierungsbemühungen jedoch erschwert. Mittlerweile sind wir unter der jetzigen Landesregierung trotz Rekordsteuereinnahmen weit von ausgeglichenen Haushalten entfernt. In der Mittelfristigen Finanzplanung signalisiert die Landesregierung sogar, dass LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2511 2 ausgeglichene Haushalte in Nordrhein-Westfalen nur durch zusätzliche Steuererhöhungen möglich sein werden. Die Pensionskosten werden laut einer Studie des Forschungszentrum Generationenverträge (FZG) im Jahr 2020 rund 6,5 Mrd. € p.a. betragen (FZG Juli 2010). Das Thema auszublenden ist demnach fatal. Da die Landesregierung jedoch wie oben beschrieben die Haushalte nicht ausgleicht, müssen die Rücklagen sowohl für die Versorgungsrücklage als auch den Versorgungsfonds des Landes momentan und in absehbarer Zukunft durch neue Schulden finanziert werden. Das Land verschuldet sich also am Kapitalmarkt, um das Geld anschließend wieder beim Kapitalmarkt anzulegen. Daraus ergeben sich auf der einen Seite Sollund auf der anderen Seite Habenzinsen. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Strategie langfristig nicht sinnvoll sein kann. Nichtsdestotrotz herrscht auf Grund der weltweiten Schuldenkrise und der von den Kreditgebern antizipierten Gesamthaftung der deutschen Gebietskörperschaften durch das bündische Prinzip ein historisch tiefes Zinsniveau für die Kreditaufnahme des Landes NordrheinWestfalen . In dieser Sondersituation ist es für das Land Nordrhein-Westfalen möglich, trotz Schuldenfinanzierung Gewinne aus den Anlagen in den Versorgungsfonds zu erzielen. Die aus der Geldanlage erzielte Marge hilft dem Land Nordrhein-Westfalen in Zukunft bei der Bewältigung der Pensionskosten. Gegenläufig wirkt sich auf diese Gewinne jedoch noch die Inflation aus. Auch vor diesem Hintergrund versuchen die kommunalen Versorgungskassen möglichst hohe Renditen unter minimalen Risiken zu erzielen und legen die Rücklagen professionell am Kapitalmarkt an. So erzielten bspw. die Kommunalen Versorgungskassen Westfalen-Lippe (kvw) eine durchschnittliche Rendite von 5% auf das Fondsvermögen (kvw Jahresbericht 11I12). Vorbemerkungen der Landesregierung Die Versorgungsrücklage (Pensionsrückstellungen für die Zeit nach dem Jahr 2017) und der Versorgungsfonds (zur Finanzierung der Versorgungsaufwendungen der Beamtinnen /Beamten und Richterinnen/ Richter des Landes, deren Dienstverhältnis zum Land nach dem 31.12.2005 begründet wurde bzw. begründet wird) sind rechtlich und wirtschaftlich getrennte Sondervermögen. Wie der Bund und alle anderen Länder hat NRW im Jahr 1999 aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben (§ 14a Bundesbesoldungsgesetz a.F.) ein Sondervermögen „Versorgungsrücklage “ eingerichtet. Ziel ist dabei, die insbesondere durch die hohen Neueinstellungszahlen in den 1960er- und 1970er-Jahren zum Ende des nächsten Jahrzehnts eintretenden Versorgungslasten für einen Zeitraum von etwa 2018 bis 2030 abzufedern. Durch eine Ergänzung des Versorgungsfondsgesetzes NRW ist zum 01.01.2006 unter der schwarz-gelben Regierung zusätzlich zu der Versorgungsrücklage ein Sondervermögen „Versorgungsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“ errichtet worden. 2006 brachte die schwarz-gelbe Regierung einen Haushalt mit einer Nettoneuverschuldung von 4,1 Mrd. EUR ein. Nach Theorie des Abgeordneten Kai Abruszat, wonach ein Versorgungsfond in Jahren von Neuverschuldungen keinen Sinn macht, hätte Schwarz/Gelb den Versorgungfonds nicht einführen dürfen. Im Gegensatz dazu steht die Landesregierung zur Vorsorge für Pensionskosten und hält eine Auflösung des Versorgungsfonds bzw. Minimierung der Rücklagenzuführung zugunsten des laufenden Haushalts und zum Nachteil zukünftiger Generationen, wie es in Niedersachsen in 2011 und 2012 bzw. in Bayern ab 2011 geschehen ist, nicht für geboten. Im Übrigen werden für den Versorgungsfonds und die Versorgungsrücklage grundsätzlich nur Anlagen zu Zinskonditionen vorgenommen, die auch bei Schuldenfinanzierung einen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2511 3 Gewinn hervorbringen. Aufgrund der guten Bonität des Landes NRW sind die Zinssätze, die das Land für Kredite zahlen muss, niedriger als die Zinssätze, zu denen Anlagen für Fonds und Rücklage getätigt werden. Unter Zugrundelegung der Vorbemerkungen des Fragestellers erfolgt die Beantwortung für beide Sondervermögen, auch wenn die Fragestellung nur den Versorgungsfonds aufgreift. 1. Wie hoch waren die Soll-, Habenzinsen und Nettorenditen der Rücklagen für den Versorgungsfonds im Jahresdurchschnitt prozentual zur Basis der jeweils vorhandenen Rücklagen in den vergangenen Jahren 2010, 2011 und 2012? Die Versorgungsrücklage hat im Jahr 2010 insgesamt eine laufende Verzinsung von 3,91 % und im Jahr 2011 von 4,02 % erwirtschaftet. Der Versorgungsfonds hat im Jahr 2010 eine entsprechende Verzinsung von 4,09 % und im Jahr 2011 von 4,01 % erwirtschaftet. Angaben für das Jahr 2012 können erst nach Auswertung des Jahresberichts der Deutschen Bundesbank über die dort verwalteten Anlagen erfolgen. Der Bericht liegt bisher noch nicht vor. 2. Mit welchen Nettorenditen rechnet die Landesregierung im Jahr 2013 pro ange- legtem Euro? Renditeprognosen für das laufende Jahr sind nicht möglich. 3. Welche Vor- und Nachteile würden sich aus Sicht der Landesregierung bei einer Bündelung der Verwaltung der Rücklagen des Versorgungsfonds mit den kommunalen Versorgungskassen ergeben? Die Beantwortung erfolgt mit Frage 4. 4. Welche Vor- und Nachteile würden sich für das Land durch eine Pensionstreu- hand bzw. Contractual Trust Arrangement (CTA) ergeben? Die Anlagen für die Versorgungsrücklage und für den Versorgungsfonds werden überwiegend durch die Deutsche Bundesbank verwaltet. Die Zusammenarbeit hat sich aus Sicht der Landesregierung bewährt. Es sind keine Gründe ersichtlich, von der bisherigen Verfahrensweise abzuweichen. 5. Neben den Sollzinsen fallen weitere Kosten an, beispielsweise für die Verwaltung der Rücklagen. Wie hoch sind alle mit dem Versorgungsfonds verbundenen Kosten absolut und prozentual zur Basis der Rücklagen (bitte aufgegliedert nach Kostenarten)? Die durch die Landesverwaltung (im Wesentlichen Finanzministerium Nordrhein-Westfalen und Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen) erbrachten Leistungen erfolgen als zusätzliche Aufgabenzuweisung ohne Personalaufwuchs. Eine rechnerische Trennung der für Versorgungsfonds und Versorgungsrücklage eingesetzten anteiligen Sachund Personalausgaben ist nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2511 4 Für die durch die Deutsche Bundesbank erbrachten Leistungen für die Sondervermögen fallen lediglich Depotgebühren im niedrigen dreistelligen Bereich an sowie die üblichen Handelsgebühren beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren.