LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2641 16.04.2013 Datum des Originals: 16.04.2013/Ausgegeben: 19.04.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 989 vom 21. März 2013 des Abgeordneten Hubertus Fehring CDU Drucksache 16/2456 Könnten ungenutzte Wasserrechte in Ostwestfalen profitabel zur Energiegewinnung durch Wasserkraft beitragen? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 989 mit Schreiben vom 16. April 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Wirtschaft , Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Kreis Höxter, einschließlich des Altkreises Warburg, ist von alters her ein Kreis, in dem die Wasserkraft durch Mühlen zur Getreideverarbeitung genutzt wurde. Viele Dörfer besitzen noch heute die entsprechende Führung der Mühlengräben neben den natürlichen Bachläufen . Auf Grund der Tallage hinter dem Eggegebirge gab es eine historisch gewachsene Wassermühlenstruktur. Für das Betreiben einer Wassermühle wurden Wasserrechte ausgegeben , die Mühlenbesitzern zugeeignet wurden und für die gegebenenfalls ein Obolus entrichtet werden musste. So soll es allein im Kreis Höxter mehrere Dutzend Mühlen mit entsprechenden Wasserrech- ten in den Dörfern gegeben haben.
Während ein Teil der noch gültigen Wasserrechte heute nicht aktiv genutzt wird, sind andere Wasserrechte heute bereits verfallen. Es gilt zu bedenken , ob durch eine erneute Vergabe dieser Wasserrechte und die Restauration der dazu gehörigen baulichen Anlagen diese Wassermühlen zur Stromerzeugung betrieben werden könnten. Positive Beispiele dazu gibt es im Kreis bereits. Da Wasserkraft die billigste Art der erneuerbaren Energie im Rahmen der Stromerzeugung ist, sollten entsprechende Ressourcen in OWL genutzt werden. Dies gilt insbesondere vor LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2641 2 dem Hintergrund, dass Strom aus Wasserkraft (im Gegensatz zu Solar- und Windenergie) grundlastfähig ist. Vorbemerkung der Landesregierung Die Gewässer in Ostwestfalen-Lippe sind ausweislich des Bewirtschaftungsplans und Maßnahmenprogramms gemäß EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (LT-Vorlage 14/2881) insbesondere im Hinblick auf ihre Struktur und die Durchgängigkeit in einem nicht guten Zustand . Aus diesem Grund sieht der behördenverbindliche Bewirtschaftungsplan ProgrammMaßnahmen vor. Zur weiteren Konkretisierung wurden von den unteren Wasserbehörden unter Einbeziehung der Fachöffentlichkeit sogenannte Umsetzungsfahrpläne erarbeitet. Dort wurden maßnahmenträgerbezogen unter Festlegung der zeitlichen Prioritäten u. a. auch Maßnahmen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit an den vorhandenen Wehren und Stauanlagen aufgelistet. In der Folge werden sich die zuständigen Wasserbehörden auch mit den bestehenden oder nicht bestehenden Wasserrechten beschäftigen und in jedem Einzelfall über das weitere Vorgehen entscheiden müssen. Das Land NRW hat Ende der 1990er Jahre Wehre und Stauanlagen kartieren lassen (Querbauwerkkartierung ). Zur Vervollständigung und Aktualisierung wurde im Jahr 2012 eine erneute Kartierung durchgeführt. Diese Daten werden voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2013 vollständig vorliegen, so dass dann eine umfassende Analyse zu den noch wirtschaftlich erschließbaren Potenzialen erfolgen kann. Die auf der Basis der alten Querbauwerkskartierung 2006 in einer Studie ermittelten Potenziale der Wasserkraft sind daher heute nicht mehr zutreffend, zumal sich die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert haben und einige Anlagen inzwischen umgebaut oder Wasserrechte zurückgegeben worden sind. Eine neue Potenzialstudie zur Wasserkraft ist aktuell für den Regierungsbezirk Arnsberg in Arbeit; sie soll nachfolgend auch für die übrigen Regierungsbezirke erstellt werden. 1. Ist der Landesregierung bekannt, welche ungenutzten Wasserrechte in den Krei- sen Höxter, Lippe und Paderborn noch bestehen? Die Wasserrechte sind i. d. R. von den jeweiligen unteren Wasserbehörden erteilt oder auf der Basis einer u. U. Jahrhunderte langen Benutzung „ersessen“ worden und liegen nur zum Teil in dem bei den Bezirksregierungen geführten Wasserbuch vor. Ob diese Wasserrechte genutzt werden oder nicht, ist der Landesregierung nicht umfassend bekannt. Im Jahr 2006 wurde in Nordrhein-Westfalen eine Potenzialstudie erarbeitet, in der sowohl an den bereits genutzten Standorten als auch an Wehren, die bisher nicht zur WK-Erzeugung genutzt worden sind, die installierbare technische Leistung berechnet wurde. Nach dieser nicht mehr aktuellen Studie waren in den drei Kreisen insgesamt 11 Standorte untersucht worden, von denen 10 bereits über eine Wasserkraftanlage verfügten. Von diesen wurden zwei Altanlagen nicht betrieben, eine weitere wird aufgegeben und die Wehranlage in eine raue Rampe umgebaut. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2641 3 2. Verfügt die Landesregierung über verlässliche Zahlen zu den ehemaligen Wassermühlen und ihrer heutigen Nutzung? Nein. Im Wasserbuch sind die ehemaligen Wassermühlen nicht als solche gekennzeichnet. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Aus der Erfassung 2006 lässt sich ableiten, dass mindestens vier der untersuchten Anlagen alte Mühlenstandorte sind. 3. Wie viele der ungenutzten Wasserrechte könnten voraussichtlich wirtschaftlich profitabel genutzt werden? Die Frage kann aufgrund der Unsicherheiten zum Bestand (s. Antworten zu Fragen 1 und 2) nur pauschal beantwortet werden: Gemäß aktuellem Kenntnisstand ist das technische Wasserkraftpotenzial im Regierungsbezirk Detmold aufgrund des eher geringen Gefälles und der niedrigen Wasserführung der kleineren Gewässer insbesondere für Neuanlagen mit einer installierten Leistung von größer 100 kW weitgehend erschlossen. Die vorhandenen Altanlagen verfügen über eine installierte Leistung zwischen 14 und max. 220 kW. 4. Gibt es Berechnungen auf der Basis der vorhandenen betriebenen Wasserturbi- nen, wie viel KWh Strom aus den ungenutzten Wasserrechten erzeugt werden könnte? Zu dieser Frage ergibt die Studie aus 2006, dass für den bisher nicht genutzten Standort noch ca. 30 kW ausbaubar wären. Durch Optimierung der Altanlagen ließe sich eher ein Energiegewinn erzielen. Belastbare Zahlen liegen erst nach Erarbeitung der neuen Potenzialstudie vor.