LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2686 22.04.2013 Datum des Originals: 19.04.2013/Ausgegeben: 25.04.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 994 vom 13. März 2013 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/2461 Geldwäschegesetz, Pflegequartiere, Hygieneampel und Integrationskurse – Ein Tag in NRW und viele zusätzliche Belastungen für die Kommunen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 994 mit Schreiben vom 19. April 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales, dem Justizminister, dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft , Natur- und Verbraucherschutz und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 7. März 2013 berichteten verschiedene Medien über unterschiedliche Initiativen der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Nur eines haben alle Maßnahmen gemeinsam, die Kommunen sollen diese ausführen, und das trotz der weiterhin äußerst angespannten Finanzsituation der Städte und Gemeinden. Allein die Tatsache, dass die Summe der kommunalen Kassenkredite weiter ansteigt und mittlerweile die Marke von 25 Milliarden Euro erreicht hat, ist ein eindeutiger Indikator dafür, dass die kommunale Finanzkrise weiter zunimmt . Dennoch sollen, nach Ansicht der Landesregierung weitere Aufgaben von den Kommunen übernommen werden. Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin plant die wohnortnahe Pflege zu stärken und forderte dabei die Kommunen auf, dabei ein größeres Engagement der Kommunen ein. Die Landesregierung will die Kommunen „stärker in die Pflicht nehmen“ Angebote im vertrauten Lebensraum älterer Menschen zu schaffen. Die bislang freiwillige Leistung Wohnviertel zu koordinieren, soll über eine Gesetzänderung auch für Nothaushaltskommunen möglich werden. Mehr Mittel vom Land sollen die Kommunen aber nicht erhalten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2686 2 Am selben Tag erklärte der nordrhein-westfälische Arbeits- und Sozialminister im WDR, dass dem Problem steigender Sozialkosten durch Armutseinwanderung aus Rumänien und Bulgarien durch einen Rechtsanspruch auf Integrationskurse auch für EU-Bürger begegnet werden könne. Dies müsste wiederum von den Kommunen geleistet werden. Zeitgleich plant die Landesregierung nach einem Verordnungsentwurf die verschärfte Aufsicht über Firmen, die das neue Geldwäschegesetz des Bundes zwingend vorsieht, den Kommunen zu übertragen. Und auch die im NRW-Alleingang geplante „Hygieneampel“ von Minister Remmel geht nun in Duisburg und Bielefeld an den Start. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die o.g. Maßnahmen vor dem Hintergrund der schon jetzt bundesweit größten Aufgaben- und damit Kostenbelastung der nordrhein -westfälischen Kommunen? Die Landesregierung unterstützt die nordrhein-westfälischen Kommunen im Rahmen ihrer Möglichkeiten in vielen Bereichen bei der Wahrnehmung ihrer pflichtigen und freiwilligen Aufgaben. Wie jedes staatliche Handeln ist auch die kommunale Verwaltungstätigkeit nicht statisch, sondern muss sich neuen Problemlagen und sich ändernden Bedürfnissen stellen. Alle Vorhaben der Landesregierung, die einen kommunalen Bezug aufweisen, werden in enger Abstimmung mit den Kommunalen Spitzenverbänden geplant und umgesetzt. 2. Wie kann, nach Ansicht der Landesregierung, die Konsolidierung der Kommu- nalfinanzen gelingen, wenn den NRW-Kommunen immer neue Aufgaben, Pflichten und Zuständigkeiten übertragen werden? Die Landesregierung achtet auf eine strikte Einhaltung der gesetzlichen Konnexitätsvorgaben . Für die Landesregierung ist der Dialog mit den Kommunen nur als Dialog auf Augenhöhe denkbar. Einen wesentlichen Beitrag zur Konsolidierung der Kommunalfinanzen leistet das Land durch den Stärkungspakt Stadtfinanzen. Das Land unterstützt derzeit 61 überschuldete oder von Überschuldung bedrohte Kommunen mit direkten Finanzhilfen, um ihnen den Haushaltsausgleich aus eigener Kraft bis zum Jahr 2021 zu ermöglichen. Bis zum Jahr 2020 werden hierfür insgesamt 5,85 Mrd. Euro aufgebracht, 3,5 Mrd. Euro hiervon sind reine Landesmittel. Mit diesem Programm geht das Land bis an die Grenzen seiner finanziellen Belastbarkeit. Die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen kann durch das Land allein aber nicht vollständig beseitigt werden. Sie liegt maßgeblich darin begründet, dass den Kommunen vor allem im Bereich der sozialen Leistungen über Jahrzehnte durch Bundesgesetze Pflichten auferlegt wurden, ohne dass eine auskömmliche Gegenfinanzierung erfolgt ist. Die Landesregierung setzt sich seit ihrer Regierungsübernahme dafür ein, dass der Bund endlich dieser Verantwortung gerecht wird. Die schrittweise Übernahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung muss zukünftig ergänzt werden durch eine maßgebliche Beteiligung des Bundes an der Eingliederungshilfe, wie dies der Bund auch im Rahmen des Fiskalpaktes zugesagt hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2686 3 3. Wird die Landesregierung die Möglichkeiten einer Konsolidierung bei den Kommunen durch Reduzierung von Aufgaben und Standards nutzen? Im Hinblick auf die Erfahrungen u. a. aus dem Umgang mit dem Gesetz zur Befreiung von kommunalbelastenden Standards für das Land Nordrhein-Westfalen (Standardbefreiungsgesetz - StaBefrG NRW) setzt die Landesregierung auf einen verantwortungsvollen Umgang bei der Beibehaltung und Aufstellung von Standards. Darüber hinaus werden die kommunalen Spitzenverbände bei der Vorbereitung von Gesetzen und Verwaltungsvorschriften, die die Belange der Gemeinden und Gemeindeverbände wesentlich berühren, möglichst frühzeitig eingebunden. Die stets vorzunehmende Abwägung, ob es der Standards zwingend bedarf, bedeutet jedoch nicht, dass gänzlich auf Standards verzichtet werden könnte. Die auch in anderen Bundesländern festgestellte mangelnde Inanspruchnahme der Befreiungsmöglichkeiten deutet letztlich darauf hin, dass relevante Standards der kommunalen Praxis nicht durch Landes-, sondern vielmehr durch Bundesrecht und das Recht der Europäischen Gemeinschaft vorgegeben werden, weshalb dem Land in diesem Bereich oft allenfalls ein eingeschränkter Handlungsspielraum verbleibt. Auch bei der Frage der Übertragung neuer Aufgaben auf die Kommunen setzt die Landesregierung auf eine verantwortungsvolle Entscheidung unter Abwägung aller Umstände im Einzelfall . 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Gefahr, dass jegliche Konsolidierungsbe- mühungen der Kommunen durch neue Aufgaben- und Pflichtenübertragungen konterkariert werden? Wie zu Frage 2) ausgeführt, wird die Landesregierung auf der Landesebene auch weiterhin auf eine strikte Einhaltung der gesetzlichen Konnexitätsvorgaben achten und die kommunalen Spitzenverbände stets frühzeitig einbeziehen. Die Landesregierung wird sich wie bislang intensiv dafür einsetzen, dass auch der Bund künftig seiner Verantwortung gerecht wird.