LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2694 22.04.2013 Datum des Originals: 19.04.2013/Ausgegeben: 25.04.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 997 vom 21. März 2013 des Abgeordneten Dr. Wilhelm Droste CDU Drucksache 16/2464 Streichung der Förderung von PTA – Ausbildungsplätzen Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 997 mit Schreiben vom 19. April 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Schule und Weiterbildung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesförderung für PTA-Schulen von maximal 73 Euro pro Ausbildungsplatz soll gestrichen werden, wodurch das bisher schon durchschnittlich bei 200 Euro liegende Schulgeld deutlich ansteigen wird. Zusammen mit anderen Entwicklungen, wie Sparmaßnahmen von Städten und Kommunen, wird das Schulgeld teilweise bis zu 378 Euro betragen. Dadurch sind die 2.000 Lehrstellen, die an den ca. 16 PTA-Schulen NRWs angeboten werden, gefährdet ; teilweise haben PTA-Schulen schon ihre Schließung bekannt gegeben. Dem steht ein geringer erzielbarer Konsolidierungseffekt gegenüber (der Etattitel 68661, unter dem die PTA-Ausbildung geführt wird, umfasst rund 1,7 Millionen Euro). Vorbemerkung der Landesregierung Aufgrund des bekannten Konsolidierungsbedarfes im Landeshaushalt stand die Landesregierung in den vergangenen Wochen und Monaten vor der Herausforderung, strukturell nachhaltige Entlastungen für den Landeshaushalt zu erzielen. Statt einer prozentualen Verteilung entsprechender Kürzungen nur "mit dem Rasenmäher" auf eine Vielzahl dann ggf. in ihrem Fortbestand gefährdeter Programme und Projekte hat sich das MGEPA (Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter) entschieden, für seinen Ressortbereich die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2694 2 Einsparungen auf bestimmte Förderungen zu konzentrieren. Das betrifft auch die Förderung der Lehranstalten für pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten (PTA). Das Land beteiligte sich in den vergangenen Jahren als freiwillige Leistung mit einem Anteil von rund 25 Prozent an den Gesamtkosten der Ausbildung an den PTA-Lehranstalten. In einem für alle Beteiligten aufwändigen Förderverfahren wurde in den vergangenen Jahren ein monatlicher Höchstbetrag von 73 Euro pro Schülerin bzw. pro Schüler an 15 privaten und kommunalen PTA-Lehranstalten gewährt. Zwei weitere Schulen in Dortmund und Krefeld haben keine Landesförderung erhalten. Da bei der Förderung der PTA-Ausbildung im Falle einer gleichmäßigen prozentualen Kürzung "mit dem Rasenmäher" in allen Förderbereichen auch für sich genommen ein nicht mehr ökonomisches Verhältnis zwischen der ohnehin geringen Förderhöhe und dem mit dem Förderverfahren für alle Beteiligten verbundenen Verwaltungsaufwand entstanden wäre , hat sich die Landesregierung für einen schrittweisen, aber vollständigen Ausstieg aus der Förderung entschieden. Die freiwillige Förderung aus dem Haushalt des MGEPA soll beginnend mit dem Ausbildungsjahr 2013 Schritt für Schritt eingestellt werden. Alle aktuell laufenden Kurse genießen Vertrauensschutz und werden noch bis zu deren Ende gefördert. Die im Jahr 2013 neu beginnenden Kurse erhalten jedoch keine Förderung mehr. Die Entscheidung, schrittweise aus der freiwilligen Förderung der PTA-Lehranstalten auszusteigen , erfolgte auch im Hinblick auf vergleichbare andere Ausbildungen im Bereich der Gesundheitsfachberufe. Eine vergleichbare Landesförderung der Ausbildung wird für keinen anderen Gesundheitsfachberuf (Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie, etc.) gewährt. 1. In wie weit ist es mit der Bildungs- sowie allgemein mit dem Prinzip sozialer Ge- rechtigkeit vereinbar, dass ein angehender PTA pro Monat bis zu 378 € Schulgeld zahlen muss, während sein späterer Arbeitsgeber gebührenfrei Pharmazie studieren kann? Die PTA-Lehranstalten haben schon in der Vergangenheit Schulgeld in sehr unterschiedlicher Höhe erhoben. Nach den dem MGEPA vorliegenden Erkenntnissen beträgt das aktuelle Schulgeld bei den geförderten Lehranstalten zwischen 120 und 305 Euro pro Monat, an der nicht geförderten "Westfalen Akademie Dortmund GmbH" 370 Euro. Auch künftig wird das Schulgeld - selbst bei einer vom Land nicht intendierten vollständigen Übernahme der ausfallenden Landesförderung alleine durch die Auszubildenden - in den allermeisten Fällen deutlich unter 378 € liegen. Nach eigenen Darstellungen der Apothekenkammern und -verbände unter www.nrw-braucht-pta.de liegt das durchschnittliche Schulgeld bisher bei 200 €. Dieser Durchschnittssatz kann schon rechnerisch alleine durch den Wegfall der Landesförderung von maximal 73 € nicht auf 378 € steigen, auch wenn dieser Eindruck in der Öffentlichkeit derzeit manchmal erweckt wird, weil im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Apothekenkammern und -verbände der Betrag "bis zu 378 €" mindestens unter Inkaufnahme falscher Assoziationen dem bisherigen Durchschnittssatz an Schulgeld in Höhe von 200 Euro gegenübergestellt wird. Ziel des Landes ist aber keineswegs, dass die Auszubildenden über ein höheres Schulgeld die ausfallende Landesförderung übernehmen müssen. Um die Finanzierung der bestehenden PTA-Lehranstalten nachhaltig zu ermöglichen, will das Land im Zuge der anstehenden Änderung des Heilberufsgesetzes (HeilBerG) vielmehr klarstellend eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass sich die Apothekerkammern des Landes - auch stärker als bisher - an der Finanzierung der Ausbildung der Pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten beteiligen können. Damit wird keine Finanzierungsverpflichtung geschaffen - letztlich obliegt es der Entscheidung der Kammern, inwieweit sie ihre Mitfi- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2694 3 nanzierung ausbauen oder die PTA-Schulen alternativ bei der Erschließung anderer Finanzierungsmöglichkeiten unterstützen. Die Kammern werden dabei jedoch zu berücksichtigen haben, dass die Ausbildung der Pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten ganz überwiegend unmittelbar den Apothekenleiterinnen und Apothekenleitern zugutekommt . Ein Wegfall der Landesförderung von rund 1,4 Mio. Euro pro Jahr würde im Falle einer vollständigen Übernahme durch die Apotheken eine Mehrbelastung pro Apotheke und Jahr von rund 290 Euro bedeuten. Dieser Betrag erscheint unter Berücksichtigung des - auch wirtschaftlichen - Interesses der Apothekerschaft an gut ausgebildetem Personal durchaus vertretbar . Was den Vergleich zwischen den anteilig schulgeldfinanzierten Gesundheitsberufen und den gebührenfreien Studiengängen angeht, so ist diese Unterscheidung historisch gewachsen und kann aufgrund des zwingenden Konsolidierungsbedarfs im Landeshaushalt nicht durch zusätzliche Landesfinanzierungen - die dann ja alle Gesundheitsberufe etc. umfassen müsste - aufgefangen werden. Umso sinnvoller erscheint es, dass die Inhaberinnen und Inhaber von Apotheken zu einem Zeitpunkt, zu dem sie wirtschaftlich von ihrer eigenen Ausbildung und eben zusätzlich auch von der Arbeitsleistung gut ausgebildeter PTA profitieren, einen Beitrag zur nachhaltigen Finanzierung der PTA-Ausbildung leisten. 2. Wie wird die Landesregierung dem sich schon abzeichnenden und durch den Wegfall noch verschärften Fachkräftemangel auf dem Fachgebiet der PTA entgegen wirken und z. B. absichern, dass die Apotheken in Ratingen ausreichend PTA einstellen können? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich eines Fachkräftemangels auf dem Fachgebiet der Pharmazeutisch-technischen Assistenz vor. 3. Wie wird sichergestellt, dass den Apotheken in Heiligenhaus genügend PTA zur Verfügung stehen, um die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten zu gewährleisten? Die Ausbildung an den bestehenden PTA-Lehranstalten hat sich bewährt. Sie gewährleistet insbesondere eine - ursprünglich gerade von den Apothekenkammern und -verbänden - gewünschte qualitative Ausbildung in enger Abstimmung mit den Vertretungen der Apothekerinnen und Apotheker. Die Ausbildung soll deshalb weiterhin an den staatlich anerkannten Lehranstalten für Pharmazeutisch -technische Assistentinnen und Assistenten stattfinden. Ein Fortbestand der PTA-Lehranstalten ist nach Überzeugung des MGEPA grundsätzlich auch ohne die freiwillige Förderung des Landes von bis zu 73 Euro pro Schülerin bzw. pro Schüler möglich. Über den konkreten Bedarf an PTA in Heiligenhaus liegen der Landesregierung keine Informationen vor, die vor diesem Hintergrund ein Versorgungsdefizit nahelegen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2694 4 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Befürchtung, dass durch die Streichung der Förderung gerade ein Berufsstand geschwächt wird, der überdurchschnittlich oft von Frauen (ca. 80 %) und Personen mit Migrationshintergrund ausgeübt wird? Der Berufsstand wird durch den Ausstieg aus der freiwilligen Förderung des Landes nicht geschwächt. 5. Wie steht die Landesregierung zu dem Vorschlag der Apothekenkammern, die PTA-Ausbildung an Berufskollegs zu verlagern? Nach intensiver Prüfung durch MGEPA und MSW (Ministerium für Schule und Weiterbildung) ist eine Überführung der Ausbildung in das öffentliche Schulsystem finanziell für den Landeshaushalt nicht darstellbar. Angesichts des notwendigen Bedarfs an Lehrkräften ergäben sich jährliche Kosten in Höhe von mindestens rund 8,5 Mio. Euro (statt bislang 1,4 Mio. Euro für die Förderung von Ausbildungsplätzen). Hinzu kämen Landeszuschüsse für etwaige Ersatzschulen . Die von den Apothekerkammern und -verbänden geforderte und als alternativlos propagierte Überführung der PTA-Ausbildung an die Berufskollegs würde zunächst eine Änderung des Schulgesetzes und der Ausführungsvorschriften voraussetzen. Unter dieser Prämisse käme eine Anerkennung der bestehenden Lehranstalten als Ersatzschulen nur in Frage, wenn diese die qualitativen Anforderungen an Ausstattung und Personal erfüllten, die an eine öffentliche Schule im Sinne des Schulgesetzes zu stellen wäre. Hiervon ist derzeit nicht auszugehen . Daher würde die von den Apothekerkammern und -verbänden geforderte propagierte Überführung der PTA-Ausbildung an die Berufskollegs voraussichtlich das "Aus" für die bestehenden PTA-Lehranstalten bedeuten.