LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2695 22.04.2013 Datum des Originals: 22.04.2013/Ausgegeben: 25.04.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 986 vom 15. März 2013 des Abgeordneten Dr. Wilhelm Droste CDU Drucksache 16/2451 Reform des Landespflegerechts in Nordrhein-Westfalen Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 986 mit Schreiben vom 22. April 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Vor wenigen Tagen hat Landespflegeministerin Steffens eine Pressemitteilung mit dem Titel „Pflege zuhause und im vertrauten Quartier stärken- Bau zusätzlicher Pflegeheime überflüssig machen“ zur Reform des Landespflegerechts sowie des Wohn- und Teilhabegesetzes (WTG) veröffentlicht. Danach soll Ziel der Reform die Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen für die Erleichterung neuer Wohnformen im Alter als Alternative zu Heimen, zur Verstärkung von Angeboten zur Verhinderung von Pflegebedürftigkeit sowie zur Förderung der Unterstützung bei Pflegebedürftigkeit im vertrauten Wohnquartier sein. Im Rahmen der Reform des Landespflegrechts sollen unter anderem Kommunen verpflichtet werden, entsprechend ihrer individuellen örtlichen Strukturen Angebote zur Verhinderung von Pflegebedürftigkeit sowie zur Entlastung pflegender Angehöriger vor Ort zu planen. Zudem sollen zur Unterstützung der kommunalen Pflegeplanung Fördermittel in Gesamthöhe von rund 8,7 Millionen Euro in einem „Landesförderplan Alter und Pflege“ gebündelt werden, aus dem Kreise und kreisfreie Städte auch einen Personalkostenzuschuss für die Einstellung einer Quartiersmanagerin/eines Quartiersmanagers erhalten können. Trotz der Bereitstellung finanzieller Mittel stellt die beabsichtigte Reform des Landespflegrechts die Kommunen absehbar vor neue Herausforderungen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2695 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat in einem breiten partizipativen Prozess mit den gesellschaftlich relevanten Gruppen und Institutionen die notwendige Weiterentwicklung des Landespflegerechts und des Wohn- und Teilhabegesetzes beraten. Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat als Ergebnis der Folgerungen aus diesem Prozess unter Zugrundelegung ihrer politischen Ziele den Entwurf eines "Gesetzes zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen (GEPA NRW)" erarbeitet. Dieser Entwurf wurde gemäß Beschluss des Kabinetts vom 19. Februar 2013 am 21. Februar 2013 entsprechend der gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung (GGO) den zu beteiligenden Stellen außerhalb der Landesregierung zur Anhörung mit der Bitte um Stellungnahme bis zum 5. April 2013 zugeleitet und zeitgleich den Fraktionen des Landtags zur Kenntnis gegeben. Die abschließenden Beratungen der Landesregierung zum Entwurf und die Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag sind nach Abschluss der Arbeiten zur Auswertung sämtlicher Anregungen aus der Verbändeanhörung noch vor der Sommerpause 2013 geplant. Die in der Kleinen Anfrage angesprochene Pressemitteilung war wie auch das Pressegespräch an deren Erscheinungstag Teil der selbstverständlichen Informationsverpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit zum Fortgang der Novellierungs-Arbeiten sowie zu Inhalt und Zielstellung des Anhörungsentwurfs, der einen wichtigen Zwischenschritt im Reformprozess darstellt. Die Landesregierung nimmt entsprechend ihrem Verständnis von offener und breiter Partizipation das Anhörungsverfahren ebenso ernst wie die vorherige Beteiligung von Organisationen und Institutionen bei der Erarbeitung von Reforminhalten. Die Anhörung wird zeigen, ob die Themen im Entwurf überzeugend erfasst, gewichtet und rechtstechnisch in gebotener Klarheit aufbereitet worden sind. Insoweit sind die Dinge derzeit noch offen und können durchaus noch Veränderungen erfahren. Daher stehen auch die folgenden Antworten zwangsläufig unter dem Vorbehalt nachfolgender Änderungen der aktuell diskutierten Entwürfe . Dies voraus geschickt beantworte ich die Fragen, soweit es zu Grundsätzen und leitenden Vorstellungen möglich ist, wie folgt: 1. Inwieweit sieht die Landesregierung die Kommunen in personeller, fachlicher und finanzieller Hinsicht tatsächlich in der Lage, der in der Reform des Landespflegerechts beabsichtigten Verpflichtung zur Planung von Angeboten zur Verhinderung von Pflegebedürftigkeit sowie zur Entlastung pflegender Angehöriger in ausreichendem Umfang nachzukommen? Nach geltendem Recht sind die Städte und Kreise in Nordrhein-Westfalen sowohl im Rahmen ihrer Verpflichtung zur kommunalen Daseinsvorsorge als auch explizit für eine auskömmliche Pflegeangebotsstruktur und konkrete Unterstützung der von Pflege bedrohten oder betroffenen Menschen eigenverantwortlich pflichtig - § 8 Absatz 2, § 9 SGB XI in Verbindung mit § 2 Absatz 1, § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1. - 3., Satz 2, § 10 Absatz 1, § 11 PfG NW in Verbindung mit § 3 Absatz 1 PflFEinrVO, § 12 Absatz 2 Satz 1, Absatz 2 PfG NW in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Satz 1 PflFEinrVO, § 14 Absatz 2 PfG NW. Dies schließt präventive Maßnahmen ein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2695 3 Die geplante Reform des Landespflegerechts konstituiert hier also keine neuen Verpflichtungen , sondern konkretisiert die Verpflichtungen lediglich im Hinblick auf bestimmte Themenbereiche wie Prävention und die Unterstützung pflegender Angehöriger. Auch für ältere Menschen Angebote in ihrem vertrauten Lebensumfeld zu schaffen, ist keine neue Aufgabe der Kommunen, sondern eine Weiterentwicklung der in den Kommunen als Teil ihrer Daseinsvorsorge bereits durchgeführten Aktivitäten für ältere Menschen. Soweit im Rahmen des Gesetzgebungsvorhabens beabsichtigt ist, die Verpflichtungen konkreter zu formulieren, sollen die Kommunen zudem durch eine ausdrückliche kostenmäßige Beschränkung ihrer Verpflichtungen auf ersparte anderweitige Aufwendungen geschützt werden. Ziel des Reformvorhabens ist in diesem Kontext, den Kommunen bessere Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen, um die Herausforderungen des demographischen Wandels bewältigen zu können. Den Kommunen sollen insbesondere gesetzlich noch wirksamere Instrumente an die Hand gegeben werden, mit deren Hilfe sie durch rechtzeitige präventive Strukturveränderungen künftige Folgelasten im Bereich kommunaler Pflichtaufgaben verhindern oder reduzieren können. Dem dient u.a. die Ausrichtung der Reformarbeiten an einer gelingenden Quartiersgestaltung , um es den Menschen zu ermöglichen, so lange wie möglich in der eigenen Häuslichkeit leben zu können. Die Alternative, die Zunahme der Pflegebedürftigen perspektivisch durch den Ausbau von Pflegeplatzkapazitäten in stationären Einrichtungen auffangen zu wollen, würde die Kommunen als Sozialleistungskostenträger vor erdrückende Probleme stellen. Die Landesregierung ist davon überzeugt, dass das frühzeitige Ergreifen umsichtiger präventiver Maßnahmen ein wesentlicher Beitrag ist, höhere Folgekosten zu vermeiden. Dennoch soll nur eine eingeschränkte Verpflichtung der Kommunen zum Ergreifen der präventiven Maßnahmen bestehen. Für die Umsetzung solcher präventiver Maßnahmen, sollen die Kommunen nur Mittel einsetzen, die sie ansonsten aufgrund der erforderlichen pflegerischen Angebote hätten aufwenden müssen. Finanziell darüber hinausgehende Verpflichtungen enthält das Reformvorhaben nicht. Alle Vorhaben der Landesregierung, die einen kommunalen Bezug aufweisen, werden zudem in enger Abstimmung mit den Kommunalen Spitzenverbänden geplant und umgesetzt. Die Landesregierung achtet dabei auf eine strikte Einhaltung der gesetzlichen Konnexitätsvorgaben . Dies berücksichtigt auch der Entwurf des GEPA NRW. Soweit bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden neue Belastungen anfallen, werden diese durch Entlastungen an anderer Stelle vollständig kompensiert. Des Weiteren werden die Landschaftsverbände durch den im GEPA NRW vorgesehenen zukünftigen Wegfall des Anspruchs auf Pflegewohngeld bei Berechtigten, die bereits einen Anspruch nach dem Bundesversorgungsgesetz haben, um voraussichtlich rd. 16 Mio. € p.a. entlastet. Im Übrigen steht die Landesregierung zum Thema Konnexität im Rahmen des aktuellen Reformvorhabens im Austausch mit den Kommunalen Spitzenverbänden. Die Stellungnahmen werden sorgfältig ausgewertet. Das Ergebnis bleibt abzuwarten. 2. Wie beurteilt die Landesregierung insoweit die bereits vorhandenen Strukturen in den Städten des Kreises Mettmann Die Landesregierung wird nicht in die örtlichen Entscheidungen und Planungen eingebunden . Weder ist dies vorgesehen, noch erhebt sie darauf Anspruch. Dem entsprechend verfügt die Landesregierung nicht über Detailkenntnisse, die für eine Bewertung und zur Beantwortung der Frage erforderlich sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2695 4 3. Welche finanziellen Auswirkungen hat die geplante Reform des Landespflegerechts für die Städte des Kreises Mettmann? Wie bei Frage 1 ausgeführt erwartet die Landesregierung durch das Reformvorhaben keine negativen finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinden. 4. Von welchen beruflichen und persönlichen Anforderungsprofilen geht die Lan- desregierung im Hinblick auf die Besetzung der Stellen einer Quartiersmanagerin /eines Quartiersmanagers aus? 5. Inwiefern beabsichtigt die Landesregierung, die Kommunen bei der Auswahl ge- eigneter Persönlichkeiten zur Besetzung der Stelle einer Quartiersmanagerin /eines Quartiersmanagers zu unterstützen? Der Quartiersbegriff ist kein geschützter oder eindeutig definierter Begriff, sondern orientiert sich in seiner Definition an den lokalen Bedingungen vor Ort. Die Landesregierung versteht unter 'Quartier', was vor Ort in den jeweiligen Kommunen von den Menschen dort als "ihr Quartier" empfunden wird, das sie entwickeln wollen. Durch sie wird der Bezugs- und Handlungsrahmen für die altengerechte Quartiersentwicklung entlang der lokalen Rahmenbedingungen jeweils definiert. Unter dem Begriff "Quartiersmanagerin/Quartiersmanager" sind dementsprechend Personen zu verstehen, die diese lokal definierte Bezüge gestalten und insbesondere die Bildung von Netzwerken, die bedarfsgerechte Entwicklung der Infrastruktur, die Umsetzung partizipativer Prozesse etc. initiieren und unterstützen. Welche Qualifikationen hierfür erforderlich oder hilfreich sind, richtet sich nach der konkreten lokalen Aufgabenbeschreibung. Deshalb kann es keine vorgeschriebene Qualifikation einer/eines Quartiersmanagerin/-managers geben, denn die Bedürfnisse und Bedingungen vor Ort sind sehr unterschiedlich. Mit einem festgeschriebenen Qualifikationsprofil könnte man diesen nicht gerecht werden. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die konkrete Tätigkeit einer Quartiersmanagerin /eines Quartiersmanagers von besonderem Wert und besonderer Effizienz ist. Sie möchte die Kommunen hierbei unterstützen und prüft bei besonders förderfähigen zeitlich befristeten Projekten einen befristeten Personalkostenzuschuss. U.a. hierzu soll als transparente Grundlage ein Landesförderplan Alter und Pflege geschaffen und gemeinsam mit der Praxis erarbeitet werden. Die Landesregierung hat auch hierzu Aussagen in dem Entwurf des GEPA getroffen. Die Stellungnahmen hierzu bleiben abzuwarten. Schon jetzt steht als landesseitige Unterstützung der Kommunen für die Beratung seit dem 1. Juni 2012 das vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter eingerichtete Landesbüro altengerechte Quartiere.NRW zur Verfügung. Das Landesbüro soll über die landesweiten Unterstützungsangebote beraten und kann dabei auch Hilfestellungen bei der Aufgabenbeschreibung und einer Profilanalyse für Personen geben, die lokal das Quartiersmanagement unterstützen sollen.