LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2703 23.04.2013 Datum des Originals: 22.04.2013/Ausgegeben: 26.04.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 973 vom 14. März 2013 des Abgeordneten Oskar Burkert CDU Drucksache 16/2337 Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung bei der Verwendung von Bioziden bei der Gebäudedämmung vor? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 973 mit Schreiben vom 22. April 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut Medienberichten werden im Rahmen der Gebäudedämmung vornehmlich Wärmedämmverbund -Systeme aus Styropor verbaut, da es sich um die preiswerteste Variante zur Wärmedämmung handelt. Unangenehme Folge des Einbaus von Styropor-Dämmungen ist das Wachstum von Algen oder Schimmelpilzen. Um den Algen- und Schimmelpilzwuchs zu verhindern, werden vorbeugend Giftstoffe direkt in den Putz und in die Farben gemischt. Wenn ein Eigentümer zu diesem Vorgehen seine Zustimmung verweigert, dem verweigern im Gegenzug die Hersteller die Garantie. Problematisch ist, dass die Gifte durch Witterung und Regen ausgewaschen werden und im Laufe der Zeit in das Grundwasser gelangen. Das Umweltbundesamt hat bereits eigene Forschungsprojekte gestartet. Denn einige der Fassadengifte sind in der Landwirtschaft seit 15 Jahren verboten, weil sie die Umwelt schädigen. Gefährlich sind insbesondere biozide Stoffe , die sehr langlebig sind, kaum abgebaut werden und sich in der Nahrungskette anreichern. Zusätzlich ergeben sich Schwierigkeiten bei der Entsorgung, da die verbauten Bestandteile – Dämmplatten, Klebstoffe, Putz – als Sondermüll aufwendig entsorgt werden müssen. Darüber hinaus gibt es neben den Umweltaspekten zusätzlich sicherheitsrelevante Probleme beim Brandschutz. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2703 2 Vorbemerkung der Landesregierung Biozide umfassen ein breites Spektrum von Stoffen, die in einer großen Zahl von Anwendungen in Privathaushalten, im Gesundheitswesen, in Industrie und Gewerbe sowie in anderen Bereichen (z.B. Landwirtschaft) im Gebrauch sind. Der in dieser Kleinen Anfrage angesprochene Verwendungsbereich Gebäudedämmung umfasst insofern nur einen Ausschnitt der Verwendungen. Derzeit sind gemäß Angaben der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheines (IKSR) ca. 18.000 Biozid-Produkte auf dem deutschen Markt. 1. Welche bioziden Stoffe, die im Rahmen der Gebäudedämmung verbaut werden, sind der Landesregierung bekannt? (Bitte auflisten) Entsprechend der Richtlinie 98/8/EG fallen Biozid-Produkte, die bei der Gebäudedämmung eingesetzt werden, unter die Produktart 7 „Beschichtungsschutzmittel“ sowie unter die Produktart 10 „Schutzmittel für Mauerwerk; Produkte zum Schutz und zur Sanierung von Mauerwerk oder anderen Baumaterialien außer Holz gegen Befall durch Schadmikroorganismen und Algen“. In Deutschland sind rund 875 Biozidprodukte der Produktart 10 gemeldet. Wieviele davon marktrelevant sind, ist nicht bekannt. Eine abschließende Auflistung ist daher nicht möglich. Beispielhaft seien die folgenden Wirkstoffe genannt: Carbendazim, Diuron, Isoproturon, Terbutryn, Quarternäre Ammoniumverbindungen, Natrium und Zink-Pyrithion, Tebuconazol und Triclosan. 2. Welche Grenz- oder Auslösewerte gibt es für die genannten Stoffe? Grenz- oder Auslösewerte gibt es im Biozidrecht nicht; im Biozidrecht geht es um die Verwendung im Rahmen der Zulassung für den vorgesehenen Einsatzzweck und –bereich. 3. Welche gesundheitlichen Folgen treten in Folge der Anreicherung von Bioziden auf? Entscheidend für die Abschätzung von gesundheitlichen Folgen ist die Exposition, die im Einzelfall betrachtet werden muss. Eine pauschale Einschätzung gesundheitlicher Folgen aufgrund der Anreicherung von Bioziden ist nicht möglich. 4. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, dass die im Rah- men der Gebäudedämmung verbauten Materialien ins Erdreich gelangen? Zum Austrag von Bioziden aus verbauten Dämmmaterialien und damit dem möglichen Eintrag in Böden liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Der für die Fragestellung zuständige Sachverständigenausschuss des Deutschen Instituts für Bautechnik Berlin hat eine Projektgruppe eingerichtet, die ein Bewertungskonzept für beregnete Bauteile (z.B. Dächer, Fassaden, etc.) bzgl. möglicher Boden- und Grundwassergefährdung durch Biozidauswaschung entwickeln soll. Entsprechende Ergebnisse werden nicht vor 2015 erwartet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die im Anstrich der Wärmedämmung enthaltenen Biozide mit dem Regenwasser ausgetragen werden und u. a. auch in den Boden gelangen. Zum Austrag von Bioziden aus Dachmaterialien in Gewässer hat das LANUV ein Merkblatt (Gewässerbelastung durch den Eintrag von Bioziden aus Dachfarben – eine Risikoabschät- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2703 3 zung, LUA-Merkblatt Nr. 51, www.lanuv.nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk51/ merk51.pdf) erarbeitet. Zur Bewertung des Biozideintrags aus diesen Materialien in Böden besteht weiterer Forschungsbedarf, z.B. in Bezug auf die Einschätzung des Risikos im konkreten Anwendungsfall. Die Befunde lassen sich prinzipiell auf die Anstriche von Hausfassaden übertragen. 5. Mit welchen technischen Mitteln wird der Anstrich der Wärmedämmung aufge- bracht? Falls auf die Oberputzschicht (alternativ zu einer Keramikbekleidung ohne weitere Beschichtung ) eines Wärmedämmverbundsystems ein zusätzlicher Anstrich aufgebracht wird, erfolgt das mit malerhandwerksüblichen Arbeitsmitteln wie z.B. Pinseln.