LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2728 24.04.2013 Datum des Originals: 24.04.2013/Ausgegeben: 29.04.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1062 vom 10. April 2013 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/2575 Dichtheitsprüfung – Plant die Landesregierung eine „Lex Becker“? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1062 mit Schreiben vom 24. April 2013 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit den Stimmen der regierungstragenden Fraktionen SPD und Bündnis90/Die Grünen wurde am 27. Februar 2013 eine Novellierung des Wassergesetzes für das Land NordrheinWestfalen im Landtag verabschiedet. Das so geänderte Landeswassergesetz regelt die verpflichtende Funktionsprüfung für private Abwasserkanäle (die sog. „Dichtheitsprüfung“) neu. Nach Maßgabe einer noch von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung (Selbstüberwachungsverordnung Abwasser) sollen bei Abwasserleitungen der Häuser, die innerhalb von Wasserschutzgebieten liegen, die Prüfpflichten beibehalten werden. § 8 Abs. 3 des vom Umweltministerium vorgestellten Verordnungsentwurfes sieht vor: „Innerhalb von Wasserschutzgebieten sind bestehende Abwasserleitungen, die zur Fortleitung häuslichen Abwassers dienen und die vor dem 1. Januar 1965 errichtet wurden, und bestehende Abwasseranlagen, die zur Fortleitung industriellen oder gewerblichen Abwassers dienen und vor dem 1. Januar 1990 errichtet wurden, bis spätestens zum 31. Dezember 2015 prüfen zu lassen. Alle anderen Abwasserleitungen sind erstmals bis spätestens zum 31. Dezember 2020 prüfen zu lassen.“ Dieser Verordnungsentwurf steht im Einklang mit dem Parlamentsbeschluss vom 27. Februar 2013 worin die Landesregierung aufgefordert wird, die bisher geltenden erstmaligen Prüffristen in Wasserschutzgebieten beizubehalten. Ausnahmen sind nicht vorgesehen (Drucks. 16/1265). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2728 2 Am 27. Dezember 2012 hat der Parlamentarische Staatssekretär im Ministerium für Klimaschutz , Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Herr Horst Becker MdL (Bündnis90/ Die Grünen), die Pressemitteilung „Ungleichbehandlung der Anwohnerinnen und Anwohner des Naafbachtals bei Dichtheitsprüfung durch meine Initiative verhindert!“ veröffentlicht (http://horst-becker.de/2012/12/horst-becker-mdlpst-ungleichbehandlung-deranwohnerinnen -und-anwohner-des-naafbachtals-bei-dichtigkeitspruefung-durch-meineinitiative -verhindert/, Abruf am 08.04.2013). In dieser Pressemitteilung erklärt Herr Becker, dass auf seine Bitte hin die zu beteiligenden Fachabteilungen des Umweltministeriums zum Ergebnis kamen, dass die verpflichtende Funktionsprüfung für die „Wasserschutzzone im Naafbachtal nicht gelten wird, weil dort zur Zeit und auch in absehbarer Zeit kein Trinkwasser gewonnen wird.“ Die Landesregierung hat solcherlei Ausnahmen bisher abgelehnt. Noch in der abschließenden Plenardebatte zum Gesetzgebungsverfahren hatte Frau Ministerin Löhrmann in Vertretung für Herrn Minister Remmel im Namen der Landesregierung erklärt, sie halte es für „unabdingbar , in Wasserschutzgebieten an den geltenden Fristen festzuhalten“ (Plenarprotokoll 16/22, S. 1738). Eine Einschränkung in Bezug auf die gegenwärtige bzw. zukünftige Trinkwassergewinnung erfolgte weder in dieser, noch in vorangegangenen Debatten. Solche Änderungen liefen auch dem erklärten Ziel der Landesregierung entgegen, mit der Neuregelung Klarheit und Rechtssicherheit bei der Dichtheitsprüfung zu schaffen. Vorbemerkung der Landesregierung Der Landtag hat am 27. Februar 2013 eine Änderung des Landeswassergesetzes verabschiedet , diese ist am 16. März in Kraft getreten. Hiermit verbunden ist eine Verordnungsermächtigung , in der die Zustands- und Funktionsprüfung näher geregelt werden soll. Die Verordnung wird derzeit erarbeitet. Sobald ein vom Kabinett beschlossener Entwurf vorliegt, werden die Verbände gemäß § 97 in Verbindung mit § 84 Absatz 1 GGO beteiligt. Die Ergebnisse der Beteiligung werden dem Parlament vorgelegt . Der Verordnungsentwurf sieht immer eine Dichtheitsprüfung beim Neubau einer privaten Abwasserleitung vor. In Wasserschutzgebieten ist eine Prüfung der Funktionsfähigkeit von bestehenden privaten Abwasserleitungen bis 2015 bzw. bei neueren Abwasserleitungen (nach 1965 bzw. bei Ableitung gewerblichen Abwassers nach 1990 errichtet) bis 2020 vorgesehen ; dies soll dem herausgehobenen Schutzbedürfnis der Ressource Trinkwasser im besonderen Rechnung tragen. Die Trinkwasserversorgung ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge . Trinkwasser ist das wichtigste Lebensmittel, das präventiv geschützt werden muss. Bezüglich des Naafbachtals, das als FFH-Gebiet ausgewiesen ist, wird darauf hingewiesen, dass an dieser Stelle für die Planung, Genehmigung und den Bau einer Talsperre weder ein absehbarer Bedarf noch eine absehbare Planungsabsicht besteht. 1. Plant die Landesregierung eine „Lex Becker“, nach der es Ausnahmen bei der verpflichtenden Funktionsprüfung privater Abwasserkanäle in Wasserschutzgebieten , die sich im Wahlkreis des Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Becker befinden und in denen gegenwärtig kein Trinkwasser gewonnen wird, geben kann? Nein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2728 3 2. Falls Frage 1 bejaht wird: Wie stellt die Landesregierung sicher, dass im Falle einer Ausnahme auch zukünftig kein Trinkwasser im Naafbachtal gewonnen wird? Zur Beantwortung wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Welche weiteren Ausnahmen zur verpflichtenden Funktionsprüfung sind von der Landesregierung geplant, über die die Bürger bisher im Unklaren gelassen wurden ? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Vorbemerkung und die Antwort zu Frage 1 verwiesen . Die in Rede stehende Rechtsverordnung wird von der obersten Wasserbehörde mit Zustimmung des Landtags erlassen. Die Ergebnisse der anstehenden Verbändeanhörung werden in diese Beratungen eingebracht. 4. Inwieweit schließt sich die Landesregierung der Einschätzung des Parlamentari- schen Staatssekretärs Becker an, dass bei der Differenzierung nach Wasserschutzgebieten im Vollzug der verpflichtenden Funktionsprüfung privater Abwasserkanäle eine „Ungleichbehandlung“ und damit eine Ungerechtigkeit besteht ? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 5. In welchen weiteren Fällen hat der Parlamentarische Staatssekretär im Umwelt- ministerium Prüfbitten an die an Recht und Gesetz gebundenen Beschäftigten der Fachabteilungen gerichtet, mit der Bitte, dass Ergebnis ihrer rechtlichen und fachlichen Prüfungen an dessen Vorgabe auszurichten? Derartige Prüfbitten – wie in der Frage suggeriert – gab und gibt es nicht.