LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3051 27.05.2013 Datum des Originals: 24.05.2013/Ausgegeben: 29.05.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1112 vom 24. April 2013 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/2725 Zwischenbilanz von www.lebensmitteltransparenz.nrw.de Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1112 mit Schreiben vom 24. Mai 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nicht zuletzt wegen der neuerlichen Lebensmittelskandale werden die Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend sensibler für Verbraucherinformationen im Lebensmittelbereich. Deshalb müsste die durch das Land zum 1. September 2012 ergänzend eingeführte Internetseite www.lebensmittltransparenz.nrw.de von den Verbraucherinnen und Verbrauchern intensiv genutzt und entsprechend aufgerufen werden. Vorbemerkung der Landesregierung Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG NRW) hat jüngst in drei Beschlüssen vom 24. April 2013 (Az. 13 B 192/12, 13 B 215/13 und 13 B 238/13) den zuständigen Behörden der Lebensmittelüberwachung wegen verfassungsrechtlicher Mängel des zugrunde liegenden Bundesgesetzes untersagt, die bei Betriebskontrollen festgestellten lebensmittel- und hygienerechtlichen Mängel sowie Grenzwertüberschreitungen im Internet auf der dafür vorgesehenen Plattform www.lebensmitteltransparenz.nrw.de zu veröffentlichen. Das Land hat daraufhin die Plattform vorläufig bis zu einer verbindlichen Klärung der Rechtslage geschlossen . In den drei aufgeführten, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschlüssen hat das OVG NRW die Auffassung vertreten, dass die bundesgesetzliche Rechtsgrundlage des § 40 Absatz 1a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) verfas- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3051 2 sungswidrig sei, da sie die Dauer der Veröffentlichungen zeitlich nicht begrenze. Die Information der Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmers stelle angesichts ihrer weitreichenden Verbreitung über das Internet und ihrer potentiell gewichtigen wirtschaftlichen Auswirkungen eine besonders weitgehende Form eines Eingriffs in die Rechte der betroffenen Unternehmen dar. Deshalb müsse der Gesetzgeber die zeitliche Wirkung dieser Veröffentlichung durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken. Das Verbraucherschutzministerium hatte zwar auf dem Erlasswege eine automatische Löschung der Daten nach Ablauf eines Jahres vorgesehen. Eine derartige Regelung unterhalb des Gesetzesrangs hält das OVG jedoch nicht für ausreichend. Infolgedessen hat das Verbraucherschutzministerium die vorläufige Schließung der Internetplattform per Erlass vom 25.04.2013 veranlasst und folgt damit anderen Ländern wie Bayern oder Baden-Württemberg, die bereits im Februar und im März 2013 nach entsprechenden Entscheidungen ihrer Verwaltungsgerichtshöfe Veröffentlichungen gemäß § 40 Absatz 1a LFGB einstweilen gestoppt hatten. Abgesehen davon, dass neue Veröffentlichungen auf der Internetplattform einstweilen unterbleiben, sind auch die bisher eingestellten Datensätze über Verstöße oder Überschreitungen nicht mehr abrufbar. Eine Fortsetzung der Veröffentlichungspraxis erscheint, insbesondere auch im Hinblick auf künftige, absehbar ablehnende Gerichtsentscheidungen, derzeit nicht vertretbar. Ungeachtet dessen beabsichtigt das Verbraucherschutzministerium jedoch, an der Internetplattform www.lebensmitteltransparenz-nrw.de grundsätzlich festzuhalten und nach einer verbindlichen Klärung der Rechtslage die Veröffentlichungen wiederaufzunehmen. Die laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren werden bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weitergeführt, sofern die jeweiligen Antragsteller ein Hauptsacheverfahren einleiten. Der Bundesrat hat die Problematik der Rechtsgrundlage des § 40 Absatz 1a LFGB bereits in seinen Stellungnahmen in den BR-Drs. 789/12 (B) und 151/13 (B) aufgegriffen. Die Länder halten eine Überarbeitung der Vorschrift durch den Bundesgesetzgeber zur Schaffung von mehr Rechtsklarheit und besseren Vollziehbarkeit in dem vom Bundesrat angemahnten Umfang für dringend geboten. Eine Arbeitsgruppe der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz hat inzwischen einen Erfahrungsbericht zu Umsetzung und Vollzug des § 40 Absatz 1a LFGB erstellt, der dem Bundesgesetzgeber als Erkenntnisquelle für notwendige Änderungen des § 40 Absatz 1a LFGB dienen kann. 1. Wie viele „Unique-Visitors“ hatte die Internetseite www.lebensmittelwarnung.nrw.de in den ersten sechs Monaten seit deren Einführung ? (Bitte Zugriffszahlen differenziert nach den einzelnen Monaten von Anfang September 2012 bis Ende Februar 2013 angeben.) Im Zeitraum vom 03.09.2012 – 28.02.2013 – die ersten 6 Monate - erfolgten samt 969.465 Seitenansichten, davon im September 2012: 320.527 Seitenansichten Oktober 2012: 111.242 Seitenansichten November 2012: 151.044 Seitenansichten Dezember 2012: 81.292 Seitenansichten Januar 2013: 63.192 Seitenansichten und im Februar 2013: 242.168 Seitenansichten LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3051 3 2. Welche Kosten sind für die Einführung der Internetseite „www.lebensmitteltransparenz.nrw.de“ entstanden? Die Sachkosten der Einführung lagen bei 13.570,76 € inkl. Mehrwertsteuer. Die Personalkosten des Fachbereichs 83 beim Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV ) betrugen in diesem Zusammenhang 2190,00 €. Somit ergibt sich eine Gesamtsumme von 15.760,76 €. 3. Wie viele Mitarbeiter sind mit der Pflege der Internetseite www.lebensmitteltransparenz.nrw.de betraut? Die technische Entwicklung und Fortentwicklung der Internetseite bzw. der Datenbank erfolgte durch einen externen Dienstleister. Die weitere Pflege der Datenbank erfolgt im Fachbereich 83 des LANUV. Die Eingabe und Pflege der Datensätze erfolgt in eigener Zuständigkeit ausschließlich durch einzelne eingewiesene Mitarbeiter der Kreisordnungsbehörden bzw. des LANUV im Bereich der Futtermittelüberwachung. 4. Wie viel Zeit vergeht zwischen der Feststellung einer Beanstandung und der Veröffentlichung auf www.lebensmitteltransparenz.nrw.de (Bitte Durchschnitt in Tagen sowie den Fall mit dem kürzesten bzw. mit dem längsten Zeitintervall angeben )? Für die Beantwortung dieser Frage wird die unten stehende tabellarische Darstellung gewählt . Für die Ermittlung der in der Tabelle angegebenen Zeitintervalle wurden im Fall von Grenzwertüberschreitungen bei Lebensmitteln und Futtermitteln im Sinne von § 40 Abs. 1a Nr. 1 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) die Arbeitstage berechnet, die zwischen der Erstellung des Gutachtens einer untersuchten Probe und der Veröffentlichung auf www.lebensmitteltransparenz.nrw.de lagen. Für die Ermittlung der angegebenen Zeitintervalle im Fall von Hygieneverstößen i. V. m. einem voraussichtlichen Bußgeld in Höhe von 350 € im Sinne von § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB wurden hingegen die Arbeitstage berechnet, die zwischen dem Tag der Kontrolle und der Veröffentlichung auf www.lebensmitteltransparenz.nrw.de lagen. Zeitintervall bis zur Veröffentlichung in Arbeitstagen (ohne Wochenenden) durchschnittlich kürzestes längstes § 40 Abs. 1 a Nr. 1 LFGB (Grenzwertüberschreitungen Lebensmittel) 39 3 75 § 40 Abs. 1 a Nr. 1 LFGB (Grenzwertüberschreitungen Futtermittel) 26 18 30 § 40 Abs. 1 a Nr. 2 LFGB (Hygieneverstöße i. V. m. zu erwartendem Bußgeld über 350 €) 42 6 129 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3051 4 Anhörungsverfahren können inklusive der einzuräumenden Frist zur Einlegung von Rechtsmitteln von den in der Tabelle genannten Zeitintervallen bis zu 30 Arbeitstage umfassen. Im Einzelfall kann der Betroffene auf Anhörung und die Einlegung von Rechtsmitteln verzichten, was zu einer deutlichen Verkürzung dieses Zeitintervalls führen kann. Inzwischen ist das Portal www.lebensmitteltransparenz.nrw.de jedoch wegen der eingangs erwähnten Entscheidungen des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster „offline“ geschaltet, so dass derzeit keine neuen Einträge erfolgen. 5. Welche Erfahrungen mit ähnlichen Informationsinstrumenten anderer Bundes- länder sind der Landesregierung bekannt? Durch die bundesweit bisher uneinheitliche Auslegung der gesetzlichen Rechtsgrundlage des § 40 Abs. 1a LFGB fällt die Handhabung der Bundesländer zur Veröffentlichung der lebensmittelrechtlichen Informationen im Internet sehr unterschiedlich aus. Die Internetseiten sind unterschiedlich aufgebaut und werden auch unterschiedlich intensiv von den Bundesländern gepflegt. Neben allgemeinen Informationen zur Vorschrift des § 40 Abs. 1a LFGB werden die lebensmittelrechtlichen Verstöße in der Regel wie in Nordrhein-Westfalen tabellarisch dargestellt. Nach Inkrafttreten der Vorschrift im September 2012 wurden die ersten Einträge zu lebensmittelrechtlichen Verstößen von Bayern Mitte September ins Netz gestellt. Daraufhin folgten Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen. Bis Mitte April hatten 7 Bundesländer Verstöße gegen das Lebensmittel- bzw. Futtermittelrecht veröffentlicht. Davon hatte Bayern 115 Fälle veröffentlicht, Baden-Württemberg 50, Hessen 35, Nordrhein-Westfalen 43, Niedersachsen 9, Sachsen 4 sowie Rheinland-Pfalz einen Verstoß. Die übrigen Bundesländer hatten bis dahin keine Internetplattform eingerichtet bzw. keinen lebensmittelrechtlichen Verstoß auf ihrer Internetplattform gemeldet. Aufgrund verschiedener Gerichtsentscheidungen in verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren sind die Internetseiten von Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein -Westfalen bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage nicht mehr in Betrieb.