LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3052 27.05.2013 Datum des Originals: 23.05.2013/Ausgegeben: 29.05.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1099 vom 19. April 2013 des Abgeordneten Daniel Schwerd PIRATEN Drucksache 16/2700 Rückstellungen und Bezirksgliederung der Industrie- und Handelskammern in Nordrhein -Westfalen Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1099 mit Schreiben vom 23. Mai 2013 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In NRW existieren zurzeit 16 Industrie- und Handelskammern. Die Industrie- und Handelskammern sind Körperschaften öffentlichen Rechts und haben laut Bundesgesetz die Aufgabe , „das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen “. Der Bundesgesetzgeber hat eine Pflichtmitgliedschaft für alle Unternehmen und Gewerbetreibenden (mit Ausnahme von Handwerkern, Bauern und nicht im Handelsregister eingetragenen Freiberuflern) in der für sie örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer vorgeschrieben . Mit dieser Pflichtmitgliedschaft sind entsprechende finanzielle Pflichtbeiträge verbunden , die die Unternehmen und Gewerbetreibenden an die Industrie- und Handelskammern zahlen müssen. Aus diesen Einnahmen bilden die Industrie- und Handelskammern unter anderem Rücklagen . Laut Aussage der Landesregierung sind die Industrie- und Handelskammern verpflichtet , eine sogenannte Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 und 50 Prozent der Betriebsaufwendungen beträgt. Doch auch darüber hinaus könnten weitere, freie Rücklagen gebildet werden: So bestehe die Möglichkeit, eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 Prozent der Summe der Betriebsaufwendungen anzusammeln. Weitere, darüber hinausgehende Rücklagen seien ebenfalls möglich (vgl. Drs. 15/3698). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3052 2 Die bestehenden finanziellen Rücklagen der Industrie- und Handelskammern in NRW sind erheblich. Laut Auskunft der Landesregierung hatten die 16 Kammern in NRW im Jahr 2010 freie Rücklagen in Höhe von rund 111 Millionen Euro angesammelt – dazu kommen gesetzlich vorgeschriebene Ausgleichsrücklagen in fast gleicher Höhe (vgl. Drucksache 15/3698). Für die 111 Millionen Euro freier Rücklagen zahlen die Unternehmen und Gewerbetreibenden in NRW mit ihren Pflichtbeiträgen. 1. Wie setzen sich zum Stichtag 31.12.2012 die Rücklagen (in absoluten Zahlen, unterteilt nach Ausgleichs-, Liquiditäts- und sonstigen Rücklagen) der einzelnen Industrie- und Handelskammern in NRW zusammen? Nach Auskunft der Industrie- und Handelskammern können die Beträge der Rücklagen zum 31.12.2012 noch nicht abschließend angegeben werden, da noch nicht alle Industrie- und Handelskammern den Jahresabschluss zum 31.12.2012 durch ihre jeweilige Vollversammlung haben feststellen lassen. Basierend auf den festgestellten Jahresabschlüssen zum 31.12.2011 ergeben sich folgende Rücklagen: (In T €) Rücklagenhöhe zum 31.12.2011 davon Ausgleichsrücklage Liquiditätsrücklage Sonstige Rücklagen IHK Aachen 11.611 6.488 3.311 1.813 IHK Arnsberg 4.480 3.255 1.025 200 IHK Ostwestfalen zu Bielefeld 18.480 7.895 8.285 2.300 IHK Mittleres Ruhrgebiet 14.826 4.407 3.054 7.365 IHK Bonn/RheinSieg 6.280 4.903 1.337 40 IHK Lippe zu Detmold 3.819 2.271 1.468 80 IHK zu Dortmund 12.945 8.015 2.179 2.750 Niederrheinische IHK DuisburgWesel -Kleve zu Duisburg 11.405 7.920 0 3.485 IHK zu Düsseldorf 22.055 10.595 10.598 862 IHK zu Essen 12.150 5.666 4.537 1.946 SIHK Hagen 25.302 10.217 7.803 7.282 IHK zu Köln 42.898 11.716 12.275 18.906 IHK Mittlerer Niederrhein 17.596 8.905 1.100 7.591 IHK Nord Westfalen 37.672 12.400 12.529 12.743 IHK Siegen 6.545 3.300 3.130 115 IHK WuppertalSolingen - Remscheid 4.981 4.528 0 453 Summe 253.044 112.482 72.630 67.932 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3052 3 2. Inwiefern hält es die Landesregierung für sinnvoll, Obergrenzen für die Bildung freier Rücklagen der Industrie- und Handelskammern in NRW festzulegen? Im Finanzstatut der Industrie- und Handelskammern sind freie Rücklagen nicht vorgesehen. Mit der Einführung des kaufmännischen Rechnungswesens in den Jahren 2006 - 2008 wurden auch die Rücklagen neu geregelt. Die Ausgleichsrücklage ist eine Pflichtrücklage. Sie dient dazu, Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen und darf derzeit zwischen 30 v. H. und 50 v. H. der geplanten Betriebsaufwendungen betragen. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage bis zu 50 v. H. der geplanten Betriebsaufwendungen gebildet werden. Deren Zweck ist es, die Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten sicherzustellen. Zudem können andere zweckgebundene Rücklagen etwa zur Renovierung von Gebäuden oder zur Ersatzbeschaffung für IT gebildet werden . Die Bildung von Rücklagen und deren Dotierung bedarf einer Beschlussfassung der Vollversammlung. Ab dem Geschäftsjahr 2014 ist vorgesehen, durch Modifizierungen bei den Rücklagen die Transparenz weiter zu erhöhen. Die Ausgleichsrücklage bleibt unverändert als Pflichtrücklage erhalten. Deren Zweck besteht zukünftig darin, alle ergebniswirksamen Schwankungen auszugleichen. Die Höchstdotierung bleibt bei 50 v. H. der geplanten Betriebsaufwendungen, die Mindestdotierung von 30 v. H. fällt weg. Bestehende Liquiditätsrücklagen sind bis spätestens zum 31.12.2018 aufzulösen. Bei den zweckbestimmten Rücklagen sind der Verwendungszweck und der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss anzugeben und hinreichend zu konkretisieren. Eine Festlegung von Obergrenzen ist bei zweckgebundenen Rücklagen nicht sinnvoll. 3. Welche objektiven Kriterien sprechen aus Sicht der Landesregierung für die der- zeitige Bezirksgliederung der Industrie- und Handelskammern in NRW? 5. Welche Argumente sprechen aus Sicht der Landesregierung für bzw. gegen eine Reduzierung der Anzahl von Industrie- und Handelskammern in NRW? Die Fragen 3 und 5 werden zusammen beantwortet: Aus Sicht der Landesregierung spiegeln die derzeitigen IHK-Bezirke gewachsene Wirtschaftsregionen wieder, in denen der Austausch zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Politik gut funktioniert. Die 16 Industrie- und Handelskammern in NRW sind in ihren seit mehr als 30 Jahren unveränderten Bezirken anerkannte Gesprächspartner für Politik und Verwaltung. Bei regionalübergreifenden Aufgaben setzen die IHKn verstärkt auf Kooperationslösungen, die auf die spezifischen Anforderungen der Aufgabe und auf die Veränderungen der Wirtschaftsbeziehungen abgestimmt sind. Mit den Änderungen im § 10 IHKG, der seit dem 12. Dezember 2008 in Kraft ist, ist den IHKn die Möglichkeit zur übergreifenden Zusammenarbeit auch über Bundeslandgrenzen hinaus eröffnet. Zur Erfüllung von IHK-Aufgaben dürfen die IHKn seit Ende 2008 öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse bilden. Eine effiziente Aufgabenerfüllung ist vor diesem Hintergrund in den vorhandenen Strukturen auch für die Zukunft gesichert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3052 4 4. Wann wurden letztmals Industrie- und Handelskammern in NRW errichtet oder aufgelöst? Die heutige Struktur der 16 Industrie- und Handelskammern in NRW besteht unverändert seit 1977. Im Zuge der kommunalen Neuordnung entstanden in den 1970er Jahren aus Zusammenschlüssen die IHK Mittlerer Niederrhein aus den IHKn in Krefeld, Mönchengladbach und Neuss und die IHK Wuppertal – Solingen – Remscheid aus den IHKn der genannten Städte.