LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3074 31.05.2013 Datum des Originals: 29.05.2013/Ausgegeben: 05.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1106 vom 23. April 2013 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/2711 Dauerlagerung von Uranoxid an der Urananreicherungsanlage Gronau“ Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1106 mit Schreiben vom 29. Mai 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt , Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Beim Betrieb der Urananreicherungsanlage Gronau fallen jedes Jahr mehrere Tausend Tonnen abgereichertes Uranhexafluorid (UF6) als Abfallprodukt an. Dieses darf in Gronau auf dem Gelände der von der Urananreicherungsfirma Urenco betriebenen Urananreicherungsanlage derzeit im Freien (!) zeitlich „unbefristet“ gelagert werden Ab 2014 soll in einer eigens dafür in Bau befindlichen oberirdischen Lagerhalle nach Auskunft der Bundesregierung vom 22. März 2013 (Bundestagsdrucksache 17-12446) das abgereicherte Uran in Form von Uranoxid zeitlich „unbefristet“ lagern dürfen. Diese neue Lagerhalle , deren Bau 2005 von der damaligen rot-grünen Landesregierung genehmigt wurde, ist nicht gegen Flugzeugabstürze verbunkert. Die sogenannte „Dekonversion“ von Uranhexafluorid in Uranoxid findet derzeit in einer Areva-Atomanlage in Südfrankreich statt. Nach Angaben der Bundesregierung soll die Dekonversion voraussichtlich ab 2016 in einer neu geplanten Urenco-Dekonversionsanlage auf dem Gelände der Urenco-Urananreicherungsanlage Capenhurst in Großbritannien stattfinden . Nach Auskunft der Bundesregierung vom 1. Dezember 2011 (Bundestagsdrucksache 17- 8041) reicht das Freilager für Uranhexafluorid in Gronau für maximal fünf Betriebsjahre, die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3074 2 neue Lagerhalle für Uranoxid für maximal zehn Betriebsjahre. Bei einem zeitlich unbefristeten Betrieb der Urananreicherungsanlage Gronau müsste also in Gronau alle zehn Jahre mit dem Bau einer Lagerhalle für 60 000 Tonnen Uranoxid gerechnet werden. Die Landesregierung hat in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass der Uranmüll aus Gronau aus „wasserrechtlichen Gründen“ nicht mit mittel- und schwachradioaktivem Atommüll endgelagert werden könne, sondern in das auf absehbare Zeit nicht existente BundesEndlager für hochradioaktiven Atommüll eingelagert werden müsse. Nach Auskunft der Urenco plant diese am Urenco-Standort Capenhurst in Großbritannien zum Beispiel eine Langzeitlagerung von Uranoxid bis ins Jahr 2120! Ein derartiges Modell scheint in Gronau von Urenco auch geplant sein. 1. Trifft die Aussage der Bundesregierung zu, dass die Urenco in der im Bau befind- lichen oberirdischen, unverbunkerten Lagerhalle in Gronau tatsächlich bis zu 60 000 Tonnen Uranoxid zeitlich unbefristet lagern darf? Die Genehmigung des Uranoxidlagers ist Bestandteil der 2005 erteilten Genehmigung nach §7 des Atomgesetzes (AtG) zum Endausbau der Urananreicherungsanlage Gronau. Genehmigungen von Anlagen nach §7 AtG können gemäß §17 AtG nicht befristet werden. Der Richtigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die für das Uranoxidlager gestattete Lagerkapazität 50.000 t abgereichertes Uran, was einer Masse von 58.962 t Uranoxid entspricht, beträgt. 2. Welche Ziele hat die Landesregierung 2005 bei der Erteilung der zeitlich unbefris- teten Lagerungsgenehmigung für 60 000 Tonnen Uranoxid in einer oberirdischen, unverbunkerten Lagerhalle in Gronau verfolgt? Es wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. 3. In welcher Höhe muss die Urenco derzeit Rückstellungen für eine sichere Endla- gerung des in Gronau anfallenden abgereicherten Uranhexafluorids vornehmen? Entsprechend den Festlegungen der Genehmigungsbescheide sind für Stilllegung und Entsorgung Rückstellungen zu bilden. Bis heute wurden Rückstellungen in Höhe von ca. 136 Mio. Euro gebildet. 4. Wie bewertet die Landesregierung die zusätzlichen Atomtransporte – und die da- mit verbundenen Gefahren für die Menschen in NRW entlang der Transportstrecken – von abgereichertem Uranhexafluorid zur „Dekonversion“ nach Südfrankreich und ab 2016 nach Großbritannien, die dann als Uranoxid-Transporte nach Gronau zurückkommen, vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung immer wieder betont, unnötige Atomtransporte von einem Zwischenlager ins nächste unterbinden zu wollen? Mit der sicherheitstechnisch vorteilhaften Dekonversion von Uranhexafluorid in das chemisch stabilere Uranoxid sind keine unnötigen Atomtransporte von einem Zwischenlager ins nächste verbunden, weil eine Zwischenlagerung nur in der Urananreicherungsanlage Gronau stattfindet . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3074 3 5. Wie bewertet die Landesregierung vor dem Hintergrund der Auskunft der Bundesregierung , dass das Uranoxidlager von Urenco nur für 10 Betriebsjahre reichen wird, die Aussicht, dass in Gronau bei einem zeitlich unbefristeten Betrieb der Urananreicherungsanlage alle zehn Jahre eine neue Lagerhalle für 60 000 Tonnen Uranoxid beantragt, genehmigt und gebaut werden müsste? Der Bau einer weiteren Lagerhalle für Uranoxid wäre genehmigungspflichtig und ist derzeit rein spekulativ, weil er von zukünftigen unternehmerischen und betrieblichen Maßgaben und Entscheidungen abhängt.