LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3121 03.06.2013 Datum des Originals: 03.06.2013/Ausgegeben: 06.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1043 vom 9. April 2013 des Abgeordneten Christof Rasche FDP Drucksache 16/2554 Ist die geplante Umweltzone in Erwitte mehr als Symbolpolitik? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1043 mit Schreiben vom 3. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aufgrund der Überschreitung des zulässigen Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid (NO2) am Messpunkt Soester Straße 9a in Erwitte, sind Maßnahmen zur verkehrlichen Entlastung am Knotenpunkt B1/B55/L734 notwendig. Eine adäquate Entlastungsmöglichkeit ist der Bau der B55n, ebenso könnte der Bau der B1n Abhilfe schaffen. Entscheidende Schritte zur Forcierung einer solchen Lösung hat die Landesregierung bisher nicht unternommen. Stattdessen plant die Landesregierung offensichtlich die Einführung einer Umweltzone in Erwitte. Ob diese Umweltzone zu einer nachhaltigen und langfristigen Verringerung der Verkehrsbelastung und der damit verbundenen Stickstoffbelastung führt, wird bezweifelt. Vielmehr wird darin eine Symbolpolitik vermutet, die zudem durch die Einfahrverbote große Nachteile für Unternehmen, Industrie, Handwerk und Landwirtschaft verursacht . In Konsequenz wird diese Symbolpolitik damit Arbeitsplätze in Erwitte und der Region gefährden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3121 2 1. Welche Grundlagen von Daten, Informationen und Umfragen sind für die Landesregierung bzw. die ausführende Bezirksregierung zur Einrichtung der Umweltzone in Erwitte notwendig? Die Einrichtung von Umweltzonen setzt voraus, dass eine solche Maßnahme in einem Luftreinhalteplan zur Minderung bestehender Belastungen festgelegt wurde. Luftreinhaltepläne sind bei der Überschreitung von Grenzwerten zu erstellen. Sie müssen Emissionsbetrachtungen sowie Ergebnisse von Immissionsmessungen und Modellierungen, die Analyse der Ursachen der Grenzwertüberschreitung und Maßnahmen für die künftige Grenzwerteinhaltung enthalten. Die Maßnahmen müssen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, Verursachergerechtigkeit und möglicher Alternativen betrachtet werden. Die Erstellung von Luftreinhalteplänen wird durch Projektgruppen, in denen neben den Behörden auch Interessenverbände vertreten sind, begleitet. In den Projektgruppensitzungen werden die Maßnahmen erörtert. Vor Inkrafttreten werden Luftreinhaltepläne öffentlich ausgelegt . Mögliche Einwände werden von der Bezirksregierung als zuständiger Behörde aufgegriffen . 2. Ist die Einrichtung einer weiteren Messstation an der Lippstädter Straße, die weit mehr befahren wird, als der Standort Soester Straße 9a, seitens der Landesregierung abgelehnt worden? Die Stadt Erwitte hat sich mit einer entsprechenden Anfrage an das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) gewendet. Das LANUV hat festgestellt, dass am Standort Soester Straße 9a das Verkehrsaufkommen und vor allem das Lkw-Aufkommen am höchsten ist. Daher ist zu erwarten, dass die Luftschadstoffbelastung dort höher ist als an dem angefragten Standort Lippstädter Straße. Zusätzliche Messungen an der Lippstädter Straße würden keinen Erkenntnisgewinn mit sich bringen. Gleichwohl ist der Bereich der Lippstädter Straße Bestandteil des Luftreinhalteplangebietes und damit in die Maßnahmenplanung mit einbezogen. 3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um die Überschreitung des zulässigen Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Erwitte zu beheben? Die Überschreitung kann durch Inkraftsetzung des Luftreinhalteplans Erwitte mit entsprechenden Maßnahmen behoben werden. Der motorisierte Straßenverkehr ist die Hauptursache für die hohe NO2-Belastung. Nach Prüfung verschiedener Varianten zur Verkehrsverlagerung in der Projektgruppe zum Luftreinhalteplan Erwitte wurde offenbar, dass Minderungen zeitnah durch den Ausschluss von stark emittierenden Fahrzeugen erzielt werden können . Die Zeitschiene ist bei der Maßnahmenplanung wesentlich, da die Mitgliedstaaten durch die EU-Luftqualitätsrichtlinie an Fristen für die Grenzwerteinhaltung gebunden sind. 4. Teilt die Landesregierung die allgemeine Auffassung, dass der Bau der B55n und der B1n die beste, wenn nicht sogar die einzige Alternative ist, die zu einer nachhaltigen und längerfristigen Entlastung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger führen würde? Wie bereits zu Frage 3 ausgeführt, sind in Erwitte kurzfristig Maßnahmen erforderlich, um die verkehrsbedingten Luftschadstoffbelastungen zu senken und damit den Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner zu verbessern. Da der NO2-Grenzwert seit 2010 einzu- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3121 3 halten ist, müssen – unabhängig von den weiteren Straßenplanungen – kurzfristig durchführbare Maßnahmen zur Verbesserung der Immissionssituation realisiert werden. Zur weiteren Planung einer Ortsumgehung im Zuge der B55 ist unabhängig davon jetzt – nachdem die Ergebnisse der FFH-Verträglichkeit und Artenschutzprüfung vorliegen - vor Ort eine Entscheidung herbeizuführen, welche Variante weiter verfolgt wird. Der Bau von Ortsumgehungen kann durch eine Verlagerung des Verkehrs in Kombination mit weiteren Maßnahmen mit zu einer Entlastung von Ortsbereichen führen, wobei im Gegenzug die Auswirkungen auf Flächenverbrauch und Naturschutz abzuwägen sind. 5. Wie bewertet die Landesregierung – insbesondere vor dem Hintergrund der im Gespräch mit Wirtschaftsminister Duin am 21. Februar 2013 geäußerten Kritik der Betriebsräte der Erwitter Zementwerke – die Vor- und Nachteile der geplanten Umweltzone für Unternehmen, Industrie, Handwerk und Landwirtschaft? In der Gesprächsrunde am 21. Februar 2013 mit Herrn Minister Duin in einem Erwitter Zementwerk ist die Thematik der Umweltzone in Erwitte nicht angesprochen worden. Grundsätzlich werden allerdings stets die Vor- und Nachteile für Unternehmen, Industrie, Handwerk und Landwirtschaft im Rahmen der Abwägung zur notwendigen Art und zum Ausmaß der Luftreinhalteplanung des Landes berücksichtigt (vgl. auch Antwort zu Frage 1).