LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3181 04.06.2013 Datum des Originals: 03.06.2013/Ausgegeben: 10.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1105 vom 23. April 2013 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/2710 Endlagerung des Uranmülls aus der Urananreicherungsanlage Gronau Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1105 mit Schreiben vom 3. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die sichere Langzeit-Entsorgung des deutschen Atommülls – auch als „Endlagerung“ tituliert – beherrscht seit langem ohne greifbare Ergebnisse die politische Diskussion. Durch die Urananreicherung in Gronau fallen jedes Jahr mehrere Tausend Tonnen abgereichertes Uranhexafluorid als Abfall an. 2005 genehmigte die damalige rot-grüne Landesregierung der multinationalen Urananreicherungs -Firma Urenco den drastischen Ausbau der Urananreicherungsanlage Gronau. Damit verbunden war die Genehmigung für den Bau einer oberirdischen, unverbunkerten Lagerhalle für bis zu 60 000 Tonnen Uranoxid (U3O8) auf dem Gelände der Urananreicherungsanlage Gronau. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken (Bundestagsdrucksache 17-12446) teilt das Bundeswirtschaftsministerium am 22. März 2013 als Antwort auf die Fragen 18 und 19 mit, die Lagerung des Urans in der 2014 betriebsbereiten Lagerhalle auf dem Werksgelände sei zeitlich „unbefristet“. Zudem dürfe die Urenco selbst entscheiden, ob der abgereicherte Uranmüll als „Wertstoffreserve“ oder aber doch als Atommüll zu werten sei. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3181 2 Vorbemerkung der Landesregierung Anlagengenehmigungen nach §7 des Atomgesetzes (AtG) können gemäß §17 AtG nicht befristet werden. Genehmigungen zum Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 7 Abs. 1 Strahlenschutzverordnung zum Beispiel in der Nuklearmedizin, in der Forschung oder in Industriebetrieben werden in der Regel nicht befristet. Die Lagerung radioaktiver Stoffe im Rahmen solcher Genehmigungen erfolgt nur im Rahmen des Umgangs. Endet der Umgang, werden angefallene radioaktive Abfälle an die Landessammelstelle abgeliefert . 1. Trifft die Aussage der Bundesregierung zu, dass die Urenco tatsächlich selbst entscheiden darf, ob das abgereicherte Uranhexafluorid sowie das später dekonvertierte Uranoxid tatsächlich als „Wertstoff“ oder als Atommüll zu sehen ist? Nach § 9a des Atomgesetzes (AtG) hat der Betreiber dafür zu sorgen, dass anfallende radioaktive Reststoffe schadlos verwertet oder als radioaktive Abfälle geordnet beseitigt werden. Urenco als Betreiberfirma der Urananreicherungsanlage Gronau betrachtet das bei der Urananreicherung entstehende abgereicherte Uran (Tails) als Wertstoff, weil in ihm noch ein beträchtlicher Anteil des spaltbaren lsotops U-235 verbleibt, welcher abhängig von wirtschaftlichen Faktoren durch Weiterabreicherung zur Kernbrennstofferzeugung genutzt werden kann. Sollte eine Weiterverwendung nicht absehbar sein, muss das abgereicherte Uran als radioaktiver Abfall endgelagert werden. In den atomrechtlichen Genehmigungen für die Urananreicherungsanlage Gronau ist deshalb u.a. geregelt, dass spätestens ab einer TailsLagerauslastung von 50 % mit der Errichtung des Zwischenlagers für Uranoxid (Uranoxidlager ) und den weiteren Vorbereitungen zur Tailsentsorgung (Dekonversion von Uranhexafuorid in das chemisch stabile Uranoxid) zu beginnen und der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde jährlich ein Verbleibensnachweis von Tails für sechs Jahre im Voraus vorzulegen ist. Die Prüfung dieses Verbleibensnachweises durch die atomrechtliche Aufsichtsbehörde beinhaltet auch die Frage der Verwertung oder Entsorgung des abgereicherten Urans. Sollte nach Annahmebereitschaft eines Endlagers keine Verwertungsmöglichkeit bestehen ist das Uranoxid - ggf. auf atomaufsichtliche Anordnung hin - an das Endlager abzuliefern. 2. Welche objektiven Kriterien gibt es im Genehmigungsbescheid von 2005 oder in einem anderen Genehmigungsbescheid in Zusammenhang mit dem Bau bzw. dem Ausbau der Urananreicherungsanlage Gronau, wann und unter welchen Bedingungen abgereichertes Uran, das bei der Urananreicherung als Abfallstoff anfällt, als Atommüll zu sehen ist? Es wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. 3. Wie will die Landesregierung vermeiden, dass die Urenco die zeitlich unbefriste- te Lagerungsmöglichkeit von bis zu 60 000 Tonnen Uranoxid in Gronau nicht zu einer kostengünstigen oberirdischen „End“-Lagerungsmöglichkeit missbraucht? Es wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3181 3 4. Welche rechtlichen bzw. politischen Möglichkeiten hat die Landesregierung, eine faktische Endlagerung der bis zu 60 000 Tonnen Uranoxid in Gronau zu verhindern ? Es wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. 5. Welche anderen oberirdischen bzw. unterirdischen Lagerstätten von Nuklearma- terial oder Atommüll gibt es in Deutschland, die mit einer unbefristeten Lagerungsgenehmigung versehen sind (bitte nach Ort, Art der Atomanlage und dem jeweiligen Lagerungsinhalt aufschlüsseln)? In NRW gibt es keine unterirdischen Lagerstätten für die Lagerung radioaktiver Abfälle (,‚Nuklearmaterial“ bzw. „Atommüll“). In der Landessammelstelle für radioaktive Abfälle des Landes Nord-rhein Westfalen werden schwachradioaktive Abfälle bis zur Abführung an eine Anlage des Bundes (Endlager) gelagert . Die Genehmigung der Landessammelstelle ist nicht befristet; sie ist keine kerntechnische Einrichtung i.S.d. § 2 Abs. 3a Nr. 1. Atomgesetz und damit keine „Atomanlage“. Die Forschungszentrum Jülich GmbH lagert in verschiedenen Einrichtungen auf ihrem Forschungsgelände schwach und mittelradioaktive Abfälle bis zur Ablieferung an eine Anlage des Bundes. Die Genehmigungen für diese Lagerung sind nicht befristet. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.