LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3183 04.06.2013 Datum des Originals: 03.06.2013/Ausgegeben: 10.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1177 vom 24. April 2013 des Abgeordneten Hendrik Wüst CDU Drucksache 16/2801 Rückgang von Unternehmensgründungen in Nordrhein- Westfalen Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1177 mit Schreiben vom 3. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Dem Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft vom 11.04.2013 ist zu entnehmen , dass die Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland in den letzten Jahren stark gesunken ist. Das IW Köln sieht dringenden Handlungsbedarf, da die Wirtschaft Frischluftzufuhr in Form von Gründungen braucht. Während bestehende Unternehmen ihre Stärke in der Weiterentwicklung von Produkten und Diensten sehen, bringen Newcomer oft Neuerungen auf den Markt 1. Wie viele Unternehmensgründungen gab es in den Jahren 2005-2012 in Nord- rhein-Westfalen? (Bitte nach Kalenderjahren getrennt aufführen) Im Zeitraum 2005 bis 2012 gab es nach den Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn auf der Basis der Gewerbeanzeigenstatistik insgesamt 648.409 Unternehmensgründungen in Nordrhein-Westfalen. Angaben nach Kalenderjahren finden sich in Tabelle 1. Die Entwicklung des Gründungsgeschehens in NRW folgt dem bundesweit rückläufigen Trend bei den Gründungen. Die Zahl der Unternehmensgründungen ist in NordrheinWestfalen im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr deutlich um -13,4% auf 66.865 Gründungen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3183 2 zurückgegangen. In allen Ländern zeigt sich eine ähnlich rückläufige Entwicklung, wobei im Durchschnitt aller Länder sogar ein Rückgang der Unternehmensgründungen in Höhe von - 14,5% zu verzeichnen ist. Damit setzt sich das rückläufige Gründungsgeschehen aus dem Jahr 2011 (NRW: -2,9% und Deutschland: -3,6%) verstärkt fort. Die Gründe hierfür liegen insbesondere bei den Änderungen zur Gewährung des Gründungszuschusses durch die Bundesregierung, die zum 28. Dezember 2011 in Kraft getreten sind. Die geförderten Gründungen aus der Arbeitslosigkeit sanken in NRW im Jahr 2012 um 79,9% bzw. 21.968 Förderfälle gegenüber dem Vorjahr. Über Gründungen im Bereich der Freien Berufe liegen für diesen Zeitraum keine Daten vor. Die Gesamtzahl aller Unternehmensgründungen einschließlich der Gründungen in den Freien Berufen ist schätzungsweise um den Faktor 1,3 höher als die Zahl der in Tabelle 1 ausgewiesenen gewerblichen Unternehmensgründungen. 2. Wie viele dieser Unternehmensgründungen konnten sich dauerhaft am Markt etablieren? Die amtliche Statistik enthält keine Informationen über die Entwicklung von Unternehmensgründungen . Aussagen zur Entwicklung und Bestandsfestigkeit von Gründungen können nur auf der Grundlage spezifischer Studien abgeleitet werden. Über den in Frage stehenden Zeitraum und das Land NRW gibt es unseres Wissens keine Untersuchungen. Das IfM Bonn hat jedoch auf der Datenbasis des Umsatzsteuerpanels 2001-2009 die Überlebensraten der Gründerkohorten der Jahre 2002 bis 2008 für Deutschland analysiert. Es zeigte sich, dass die Austrittsrate stets im ersten Jahr nach der Gründung am höchsten ist und mit zunehmendem Unternehmensalter kontinuierlich sinkt. Bis zu Beginn des 5. Jahres nach der Gründung überlebt in der Regel rund die Hälfte der ursprünglichen Gründerpopulation. Die Überlebensraten unterschiedlicher Kohorten sind in Abbildung 1 dargestellt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3183 3 Bei Übertragung der Ergebnisse auf NRW ist davon auszugehen, dass von den in Tabelle 1 ausgewiesenen 648.409 Unternehmensgründungen Ende 2013 zwischen 320.000 und 340.000 Unternehmen noch am Markt agieren. 3. Wie viele Arbeitsplätze wurden durch die Neugründungen seit 2005 in Nordrhein- Westfalen geschaffen? Durch die gewerblichen Unternehmensgründungen wurden in den Jahren 2005 bis 2012 jeweils zum Zeitpunkt der Gründung in der Summe knapp 1,3 Millionen Arbeitsplätze geschaffen . Die überwiegende Mehrzahl der Gründungen erfolgt in Form einer SoloSelbstständigkeit . Hier werden zusätzlich zu dem Arbeitsplatz, den der Gründer/die Gründerin für sich selbst schafft, keine weiteren Arbeitsplätze bereitgestellt. In der in Tabelle 2 aufgeführten Gründungspopulation entfielen 814.685 Arbeitsplätze auf den Gründer/die Gründerin selbst. Weitere 481.412 Arbeitsplätze wurden darüber hinaus für Beschäftigte bereitgestellt. Ausführliche Angaben enthält Tabelle 2. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3183 4 Wie viele Arbeitsplätze durch die Unternehmensgründungen seit 2005 in NordrheinWestfalen insgesamt geschaffen wurden, lässt sich aus den Bestandsdaten zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung nicht ermitteln. Dafür müssten Paneldaten zu den neugegründeten Unternehmen und deren Beschäftigten über den Zeitraum von 2005 bis 2012 analysiert werden . Daten dazu liegen dem IfM Bonn nicht vor. 4. Welchen Anteil haben die seit 2005 gegründeten Unternehmen am BIP des Lan- des Nordrhein-Westfalen? Über den Beitrag von neu gegründeten Unternehmen zum BIP gibt es keine Informationen – weder von der amtlichen Statistik noch aus wissenschaftlichen Studien. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Unternehmensgründungen in Nordrhein-Westfalen zu fördern und zu unterstützen? STARTERCENTER NRW Gemeinsam mit den Handwerkskammern, den Industrie- und Handelskammern und den kommunalen Spitzenverbänden hat das Wirtschaftsministerium NRW im Jahr 2006 die Einrichtung der STARTERCENTER NRW als zentrale Anlaufstellen für Gründungen in NRW vereinbart. Landesweit wurden 82 STARTERCENTER NRW durch die Partner errichtet und werden durch diese finanziert und mit Personal ausgestattet. Alle STARTERCENTER NRW unterziehen sich einer regelmäßigen Zertifizierung, damit eine landesweit vergleichbare Beratungsqualität sichergestellt ist. Gründerinnen und Gründer aller Branchen können sich in den STARTERCENTERN NRW bei der Erstellung ihrer Businesspläne beraten lassen. Schließlich unterstützen die STARTERCENTER NRW mit Hilfe des Formularservers NRW bei der Identifizierung und Erledigung der jeweils notwendigen Gründungsformalitäten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3183 5 Eine Erhebung zur Beratungstätigkeit in den STARTERCENTERN NRW hat ergeben, dass im Jahr 2012 rund 16.600 Gründungsberatungen durchgeführt wurden. Wie in den Vorjahren ist damit rund jede vierte Haupterwerbsgründung in NRW durch ein STARTERCENTER NRW begleitet worden. Finanzierung von Gründungen Das Land NRW und der Bund stellen über ihre Förderbanken (NRW.BANK und KfW Bankengruppe ) verschiedene Förderkredite zur Finanzierung von Existenzgründungen (Bsp. NRW.BANK.Gründungskredit, ERP-Gründerkredit StartGeld und ERP-Gründerkredit – Universell ) zur Verfügung, die über eine Hausbank zu beantragen sind. Bei nicht ausreichenden Sicherheiten kann die Bürgschaftsbank NRW mit Ausfallbürgschaften helfen (bis 100.000 Euro kann die Antragstellung auch ohne Hausbank erfolgen). NRW/EU.Mikrodarlehen Gerade Gründer und junge Unternehmen (bis 3 Jahre) mit kleinem Kreditbedarf haben oft Probleme mit einer Finanzierung über die Hausbank. Die Mikrodarlehen werden im Bereich von 5.000 bis 25.000 Euro angeboten. Wer von seiner Hausbank keinen Kleinstkredit für die Unternehmensgründung erhält, kann beim STARTERCENTER NRW das NRW/EU.Mikrodarlehen der NRW.BANK beantragen. Eine Stellung von Sicherheiten ist nicht notwendig. Zwingende Voraussetzung ist eine Beratung im zuständigen STARTERCENTER NRW, dessen positives Votum zum Gründungsvorhaben und die Inanspruchnahme einer Begleitberatung durch ehrenamtliche Senior-Coaches oder freie Berater. Die Laufzeit für das Mikrodarlehen beträgt sechs Jahre, wovon das erste Halbjahr tilgungsfrei ist. Förderung von technologie- und wissensbasierten Gründungen Die Stärkung der Innovationskultur in Nordrhein-Westfalen ist erklärtes Ziel der Landesregierung . Eine wichtige Rolle spielt dabei die Intensivierung des Wissens- und Technologietransfers aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen in wissensbasierte und technologieorientierte Gründungen. Ziel einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium ist es daher, von der Preseed- über die Seedphase bis hin zur Phase der Markterschließung ein abgestimmtes Unterstützungsinstrumentarium zu entwickeln und umzusetzen, das Gründungsinteressierten sowie technologie- und wissensbasierten Unternehmen den Start ermöglicht bzw. erleichtert („Transfer-Offensive NRW“).