LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3198 06.06.2013 Datum des Originals: 06.06.2013/Ausgegeben: 11.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1222 vom 6. Mai 2013 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/2878 Stärkungspakt Stadtfinanzen: Welche Rechte und Pflichten hat der „Sparkommissar“? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1222 mit Schreiben vom 6. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Als Hilfe zur Selbsthilfe für finanziell notleidende Städte und Gemeinden hat der Landtag Ende 2011 mit den Stimmen von FDP, SPD und Grünen das sogenannte Stärkungspaktgesetz verabschiedet. Im Rahmen dieses Hilfsprogramms unterstützt das Land ausgewählte Kommunen bei der Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs. Im Gegenzug verpflichten sich die Stärkungspakt-Teilnehmer zu einem harten Sparprogramm. Der Stärkungspakt wird sowohl aus Landesmitteln als auch durch die kommunale Solidargemeinschaft finanziert. Zur Rechtfertigung dieses Einsatzes öffentlicher Gelder ist ein zielgerichteter und effizienter Mitteleinsatz unabdingbar. Stärkungspaktteilnehmer, die gegen diese Maßgabe verstoßen und sich nicht an ihre Einsparverpflichtungen halten, bekommen daher gemäß § 8 des Stärkungspaktgesetzes einen Beauftragten im Sinne des § 124 der Gemeindeordnung NRW zur Seite gestellt. Konkret heißt es hierzu in § 8 Abs. 1 des Stärkungspaktgesetzes : „Kommt die Gemeinde ihrer Pflicht zur Vorlage des Haushaltssanierungsplans nicht nach, weicht sie vom Haushaltssanierungsplan ab oder werden dessen Ziele aus anderen Gründen nicht erreicht, setzt die Bezirksregierung der Gemeinde eine angemessene Frist, in deren Lauf die Maßnahmen zu treffen sind, die notwendig sind, um die Vorgaben dieses Gesetzes und die Ziele des Haushaltssanierungsplans LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3198 2 einzuhalten. Sofern die Gemeinde diese Maßnahmen innerhalb der gesetzten Frist nicht ergreift, ist durch das für Kommunales zuständige Ministerium ein Beauftragter gemäß § 124 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen zu bestellen.“ Für diese, im Sinne der Fairness notwendige, Rechtsfolge hat sich die FDP-Landtagsfraktion während der Verhandlungen zum Stärkungspaktgesetz explizit eingesetzt. Laut Ankündigung der Landesregierung in der Sitzung des Kommunalausschusses am 3. Mai 2013 wird es infolge der endgültigen Ablehnung des Haushaltssanierungsplans der Stadt Nideggen durch den örtlichen Rat in den kommenden Wochen erstmalig zur Entsendung eines Beauftragten im Sinne des Stärkungspaktgesetzes kommen. Mit dieser Maßnahme betritt die Landesregierung aufsichtsrechtliches Neuland. Denn obwohl die Gemeindeordnung hinsichtlich des Instituts des Beauftragten einige Rahmenbedingungen festlegt, ist dessen praktische Ausgestaltung nicht näher geregelt. In § 124 der Gemeindeordnung NRW hießt es lediglich: „Wenn und solange die Befugnisse der Aufsichtsbehörde nach den §§ 121 bis 123 nicht ausreichen , kann das für Inneres zuständige Ministerium einen Beauftragten bestellen, der alle oder einzelne Aufgaben der Gemeinde auf ihre Kosten wahrnimmt. Der Beauftragte hat die Stellung eines Organs der Gemeinde.“ Welche Qualifikation ein Beauftragter mitbringen muss, welche Entscheidungskompetenzen er im Detail hat oder nach welchen Maßgaben er konkret handeln muss, ist nicht weiter geregelt . Vorbemerkung der Landesregierung Bei der Bestellung eines Beauftragten für den Rat der Stadt Nideggen für die Haushaltsbelange der Stadt handelt es sich um einen Einzelfall. Der Rat der Stadt Nideggen hatte sich trotz Vorlage eines den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Haushaltssanierungsplans durch die Verwaltung geweigert, diesen zu beschließen. Daher war nach dem Stärkungspaktgesetz ein Beauftragter zu bestellen. Der Beauftragte muss nun die Maßnahmen ergreifen , die erforderlich sind, damit die Stadt Nideggen die Vorgaben des Stärkungspaktgesetzes erfüllen kann. Er soll die Konsolidierung nach dem Stärkungspaktgesetz in Gang setzen. Die Bestellung des Beauftragten durch das Ministerium für Inneres und Kommunales und sein Handeln richten sich an diesem Ziel aus. 1. Welche genauen Anforderungen stellt die Landesregierung an die Qualifikation (akademische Ausbildung, Berufserfahrung, Ortskenntnis etc.) eines Beauftragten im Sinne des Stärkungspaktgesetzes? Diese Frage kann abstrakt nicht sachgerecht beantwortet werden. Ihre Beantwortung hängt immer von der individuellen Situation vor Ort ab. Im Fall der Stadt Nideggen war zu berücksichtigen , dass der Beauftragte an die Stelle des Rates tritt, die Bürgermeisterin also weiterhin uneingeschränkt die Verwaltung leitet, des Weiteren, dass es einen von der Verwaltung vorgelegten Haushaltssanierungsplan 2012 gibt, der laut Sitzungsvorlage die gesetzlichen Ziele erreicht und schließlich, dass es sich um eine kleine kreisangehörige Stadt handelt. Der ausgewählte Beauftragte (Herr Ralph Ballast) bringt alle Voraussetzungen für die Wahrnehmung dieser Aufgabe in der Stadt Nideggen mit. Er ist seit Januar 2011 in der Kommunalaufsicht des Dezernats 31 der Bezirksregierung Köln tätig, seit Dezember 2011 betreute LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3198 3 er die Stadt Nideggen im Stärkungspakt. Er ist deshalb ebenso umfassend mit den rechtlichen Rahmenbedingungen nach dem Stärkungspaktgesetz und der Gemeindeordnung vertraut , wie auch mit den haushaltswirtschaftlichen, politischen und bürgerschaftlichen Gegebenheiten vor Ort. Er benötigt deshalb keine längere Einarbeitungszeit. Während seiner Tätigkeit als Beauftragter wird die Bezirksregierung Köln Herrn Ballast nicht im Bereich der Aufsicht über die Stadt Nideggen einsetzen. 2. Inwieweit können die Verwaltung und der Rat dazu verpflichtet werden, mit dem Beauftragten, unter anderem durch die Bereitstellung der für seine Arbeit notwendigen Informationen, zusammenzuarbeiten? Gemäß § 124 Satz 2 GO NRW hat der Beauftragte die Stellung eines Organs der Gemeinde. Im vorliegenden Fall tritt er - soweit es notwendig ist, um die Vorgaben des Stärkungspaktgesetzes zu erreichen - an die Stelle des Rates der Stadt. Konkret hat der Beauftragte folgende Aufgaben: Er soll kurzfristig einen Haushaltssanierungsplan 2012 verabschieden, mit dessen Verabschiedung der Rat nach dem Stärkungspaktgesetz bereits seit dem 1. Juli 2012 in Verzug ist. Darauf aufbauend soll er auch den bereits seit dem 1. Dezember 2012 fälligen Haushalt 2013 inkl. des Haushaltssanierungsplans 2013 - als Fortschreibung des Plans 2012 - beschließen. Schließlich hat er die Aufgabe, die örtlichen Steuersätze für die Grundsteuern und die Gewerbesteuer an die Vorgaben des Haushaltssanierungsplans anzupassen . Eine besondere Verpflichtung der Verwaltung, mit dem Beauftragten zusammenzuarbeiten, gibt es nicht. Sie ist auch nicht erforderlich. Der Bürgermeister bereitet nach der Gemeindeordnung die Beschlüsse des Rates vor und führt sie durch (vgl. § 62 Absatz 2 GO NRW). Da der Beauftragte für die Dauer seiner Einsetzung die alleinige Zuständigkeit für alle haushaltsrelevanten Beschlüsse hat, ist die Verwaltung verpflichtet, seine Beschlüsse vorzubereiten und nach den gesetzlichen Vorgaben durchzuführen. Die Verwaltung in Nideggen hat bisher keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie dieser gesetzlichen Verpflichtung nachkommen und den Beauftragten unterstützen wird. 3. Mit welchen konkreten Handlungs-, Entscheidungs- und Sanktionsbefugnissen ist der Beauftragte ausgestattet? Um diese zu Frage 2) genannten Beschlüsse treffen zu können, sind dem Beauftragten an Stelle des Rates alle in der Stadt Nideggen zu treffenden Entscheidungen gemäß § 41 Absatz 1 Buchstaben h), i) und p) GO NRW übertragen, sowie alle zur Vorbereitung dieser Entscheidungen erforderlichen Beschlüsse. Es ist beabsichtigt, die Bestellung des Beauftragten aufzuheben, sobald der Haushaltssanierungsplan 2013 von der Bezirksregierung genehmigt wurde. 4. In welcher Höhe wird die Arbeit des Beauftragten sowie ggf. die Arbeit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vergütet? (Bitte bei der Beantwortung auch die entsprechen-den Bemessungskriterien darstellen) Der Beauftragte erhält für seine Tätigkeit kein zusätzliches Entgelt, sondern nimmt diese im Rahmen seines Hauptamtes bei der Bezirksregierung Köln wahr. Da es sich bei der Stadt Nideggen um eine kleine kreisangehörige Stadt mit weniger als 11.000 Einwohnern handelt LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3198 4 und die Bürgermeisterin weiterhin uneingeschränkt die Verwaltung leitet, benötigt der Beauftragte keine eigenen Mitarbeiter. 5. Welche genauen (standardisierten) Abstimmungs- und Berichtspflichten hat der Beauftragte gegenüber der Landesregierung? Abstimmungen und Berichte folgen nicht standardisierten Vorgaben, sondern den zeitlichen und inhaltlichen Notwendigkeiten. Zunächst sind die erforderlichen Auftaktbeschlüsse in Nideggen zu fassen, die es der Verwaltung ermöglichen, den Haushaltsentwurf 2013 und die Fortschreibung des Haushaltssanierungsplans 2013 zu erstellen. Mit deren Vorlage kann erst nach der Sommerpause gerechnet werden.