LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3209 10.06.2013 Datum des Originals: 03.06.2013/Ausgegeben: 13.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1110 vom 24. April 2013 der Abgeordneten Kai Abruszat, Ulrich Alda, Ralph Bombis, Dietmar Brockes, Angela Freimuth , Henning Höne, Marc Lürbke, Thomas Nückel, Dr. Robert Orth, Christof Rasche, Ingola Schmitz, Dirk Wedel, Dr. Ingo Wolf FDP Drucksache 16/2718 Kürzung der Denkmalförderung in NRW: Lässt die Landesregierung die Kommunen und ihre historischen Stadt- und Ortskerne im Stich? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 1110 mit Schreiben vom 3. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister, der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien, der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die landesweiten Proteste gegen die von der Landesregierung geplante Radikalkürzung bei der Denkmalförderung nehmen zu. Dieses ist verständlich, weil diese Planungen in einem diametralen Gegensatz zum Koalitionsvertrag der Regierungsparteien stehen, den die Regierungsparteien vereinbart haben. Ganz besonders betroffen wären von einer solchen grundsätzlichen Neuausrichtung auch zahlreiche Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Dieses gilt umso mehr, als dass es in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Kommunen mit historischen Stadt- und Ortskernen gibt. Die folgenden Städte und Gemeinden haben sich dabei zur sogenannten „Arbeitsgemeinschaft historische Stadt- und Ortskerne in NRW“ zusammengeschlossen : Minden, Bad Salzuflen, Lemgo, Detmold, Lügde, Blomberg, Schieder-Schwalenberg, HornBad Meinberg, Nieheim, Höxter, Brakel, Warburg, Rheda-Wiedenbrück, Rietberg, Lippstadt, Soest, Verl, Arnsberg, Meschede, Schmallenberg, Bad Berleburg, Hallenberg, Bad Laasphe, Siegen, Freudenberg, Warendorf, Werne, Steinfurt, Tecklemburg, Kallkar, Herten, Wachtendonk , Kempen, Krefeld, Düsseldorf, Velbert, Hattingen, Korschenbroich, Solingen, Hückes- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3209 2 wagen, Remscheid, Bedburg, Bergneustadt, Hennef, Stolberg, Nideggen, Aachen, Monschau , Schleiden, Mechernich, Bad Münstereifel, Hellenthal, Dalem. Zu Recht führt diese Arbeitsgemeinschaft auf ihrer Internetseite aus, dass besonders kleinere Kommunen „ihren besonderen Charme rund um Denkmäler, historische Straßen und Plätze bewahrt“ haben. Diese und andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen dürfen nicht allein gelassen werden. Angesichts der aktuellen Entwicklung bei den kommunalen Finanzen in NordrheinWestfalen , wonach trotz robuster Konjunktur die Kassenkredite der Kommunen Ende 2012 auf mehr als 23,7 Milliarden Euro angestiegen sind und damit über 1,5 Milliarden Euro höher liegen als im Vorjahr, brauchen die Kommunen zur Wahrung ihrer denkmalfördernden Verantwortung eine gesicherte Perspektive. 1. Inwieweit ist die von der Landesregierung geplante Veränderung der Denkmal- förderung mit insbesondere Artikel 6 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes vom 16. Januar 1992, aus welchem hervorgeht , dass sich jede Vertragspartei verpflichtet, „für die öffentliche finanzielle Unterstützung der archäologischen Forschung durch die gesamtstaatlichen, regionalen und kommunalen Behörden entsprechend der jeweiligen Zuständigkeit zu sorgen“ und dem vorausgegangenen Übereinkommen der zweiten Europäischen Konferenz der für das architektonische Erbe zuständigen Minister vom 3. Oktober 1985, welches Denkmäler, Ensembles und Denkmalzonen (vergleiche Artikel 1 des Übereinkommens) umfasst , vereinbar? Die Landesregierung fühlt sich sowohl dem Übereinkommen zum Schutz des Architektonischen Erbes in Europa von 1985 (sog. Übereinkommen von Granada) wie auch dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes von 1992 (sog. Übereinkommen von Malta) verpflichtet. Die Landesregierung stellt daher im Haushaltsjahr 2013 über 51 Mio. Euro für den Erhalt des baukulturellen Erbes in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung. 2. Welche Konsequenzen sieht die Landesregierung angesichts der Kürzungen der Denkmalförderung des Landes, wenn Kommunen in Haushaltssicherungskonzepten , im sogenannten Nothaushaltsrecht oder als Teilnehmer des „Stärkungspaktes Stadtfinanzen“ derart überschuldet oder von Überschuldung bedroht sind, dass sie ihrer denkmalfördernden Verantwortung nicht mehr gerecht werden können? Die Maßnahmen der Städte der Arbeitsgemeinschaft Historische Stadt- und Ortskerne im Rahmen ihrer Handlungskonzepte werden aus Mitteln des Städtebauförderungs-BundLänder -Programms „Städtebaulicher Denkmalschutz West“ finanziert. Die Landesmittel wurden für das Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr erhöht, um so alle bereitgestellten Bundesfinanzhilfen durch Kofinanzierung in Anspruch nehmen zu können. Während im Jahr 2012 Landesmittel in Höhe von 9.989 T€ zur Kofinanzierung von Bundesfinanzhilfen in Höhe von 7.135 T€ bereitgestellt wurden, belaufen sich die Landesmittel 2013 auf 11.334,4 T€ zur Kofinanzierung von Bundesfinanzhilfen in Höhe von 8.096 T€. Die Fortsetzung der Maßnahmen der Historischen Stadt- und Ortskerne ist damit nicht gefährdet . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3209 3 3. Wie beurteilt die Landesregierung die von ehemaligen Richterinnen und Richtern gemäß Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 09. April 2013 geäußerten juristischen Bedenken gegen die beschlossene Kürzung der Fördermittel ? Das zitierte Schreiben der ehemaligen Richterinnen und Richter vom April 2013 kritisiert insbesondere die kommunale Verwaltungspraxis, ihre Unteren Denkmalbehörden personell zu schwach und fachfremd zu besetzen und denkmalrechtliche Abwägungsverfahren durch Anwendung des § 34 Baugesetzbuch (BauGB) abzukürzen. Diese Entwicklung ist durch die Denkmalförderung nicht beeinflussbar, sie betrifft vielmehr die Anwendung und den Vollzug des bewusst auf kommunale Eigenverantwortung gründenden Denkmalschutzgesetzes. 4. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung angesichts der bevorstehenden, für 2014, spätestens 2015 anstehenden Novellierung des Gemeindefinanzierungsgesetzes aus denkmalförderpolitischer Sicht? Sinn und Zweck des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) ist es vorrangig, die kommunale Finanzmasse aufzustocken und die vorhandene Finanzausgleichsmasse unter Berücksichtigung von Finanzbedarf und Finanzkraft der Kommune zu verteilen (Aufstockungs- und Ausgleichsfunktion). Mit dem GFG kann zwar durch die Gewährung von zweckgebundenen Zuweisungen auch eine ordnungspolitische Lenkungsfunktion erfolgen, diese hat aber in finanzwirtschaftlich schwierigen Zeiten bei der Durchführung des kommunalen Finanzausgleichs zu Gunsten der genannten Funktionen zurückstehen. Die Aufnahme von Zweckzuwendungen zur Denkmalförderung in zukünftige Gemeindefinanzierungsgesetze ist derzeit nicht geplant. 5. Wie beurteilt die Landesregierung den Umstand vor dem Hintergrund des interkommunalen Wettbewerbs, dass Kommunen in anderen Bundesländern Denkmalförderung erhalten? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen.