LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3220 11.06.2013 Datum des Originals: 11.06.2013/Ausgegeben: 14.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1230 vom 11. Mai 2013 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/2930 Public Corporate Governance Kodex des Landes Nordrhein-Westfalen – Welche Auswirkungen haben die Neuregelungen für eine verantwortungsvolle und gute Unternehmensführung sowie Kontrolle für die Landesbeteiligungen? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1230 mit Schreiben vom 11. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Jahr 2002 hat die damalige Bundesregierung den von einer Regierungskommission erarbeiteten Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) vorgelegt, an dessen Einhaltung sich seitdem alle börsennotierten deutschen Unternehmen gebunden fühlen. Es wird mit dem Kodex das Ziel verfolgt, die in Deutschland geltenden Regeln für Unternehmensleitung und Unternehmensüberwachung für nationale wie internationale Investoren transparent zu machen, um so das Vertrauen in die Unternehmensführung deutscher Gesellschaften zu stärken. Der Kodex regelt dabei nicht alle Einzelheiten im Detail, sondern gibt einen Rahmen vor, in dem sich die Unternehmen bewegen können. Es wird empfohlen, dass auch nicht börsennotierte Unternehmen diese Regelungen auf rein freiwilliger Basis beachten. In der Folgezeit sind die im DCGK notierten Regelungen auch für öffentliche Gesellschaften von besonderem Interesse geworden, zumal diese oftmals an anderen Kriterien gemessen werden als Privatunternehmen. So haben in den vergangenen Jahren bereits der Bund, aber auch etliche Städte in Nordrhein-Westfalen für Unternehmen mit ihrer jeweiligen Beteiligung einen Public Corporate Governance Kodex (PCGK) eingeführt und damit allgemein sichtbar festgeschrieben, was für sie eine gute öffentliche Unternehmensführung bis hin zu ethischen Verhaltensweisen der Führungen von Unternehmen und Organisationen ausmacht. Bei den Großstädten unseres Landes sind beispielsweise Köln, Bonn, Düsseldorf oder Essen zu LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3220 2 nennen, die zum Teil über eine erhebliche Anzahl und gewichtige Volumina kommunaler Beteiligungen an großen öffentlichen Unternehmen verfügen. Es ist der Umstand ausdrücklich zu begrüßen, dass sich nun auch das Land NordrheinWestfalen auf den Weg zu mehr Transparenz, Anforderungsgerechtigkeit sowie Kontrolle aufgemacht und einen PCGK vorgelegt hat. In Zeiten eines wachsenden Partizipationsbedürfnisses auf Seiten der Bürgerschaft bei den Entscheidungen von Politik und öffentlicher Hand ist es zeitgemäß und dringend geboten, dass endlich verbindliche Rahmenvorgaben bei der Leitung, Steuerung und Überwachung von Unternehmen mit Landesbeteiligung festgelegt werden, auch umso das Vertrauen in Institutionen zurückzugewinnen und für die Öffentlichkeit nachvollziehbarer zu gestalten – liegen doch bei öffentlichen Unternehmen im weitesten Sinne die Eigentümerrechte sogar eigentlich direkt beim Steuerzahler und Bürger. Auch die Vereinigung der Aufsichtsräte in Deutschland e. V. (VARD) hat unlängst für ihre Mitglieder als Leitbild die VARD-Berufungsgrundsätze für den Aufsichtsrat in Deutschland formuliert. Konkret werden in Corporate Governance Codices Anforderungen an die Besetzung von Überwachungsorganen formuliert, die beispielsweise dort regeln, wie viele kontrollierende Mandate eine Einzelperson insgesamt wahrnehmen darf. Auch werden sinnvolle fachliche Qualifikationsvoraussetzungen oder zeitliche Verfügbarkeiten seitens der Aufsichtsräte sowie die Unabhängigkeit der jeweiligen Personen definiert. Vor dem Hintergrund komplexer Entscheidungen in finanziellen Größenordnungen, die bei einem Landesbetrieb Milliardengrößenordnungen betreffen können, ist es für NordrheinWestfalen von erheblicher Bedeutung, zukünftig besonderes Augenmerk darauf zu legen, welche Persönlichkeiten Leitungs- wie Überwachungsfunktion in landeseigenen Betrieben übernehmen. Für das Parlament ist es daher nach Verabschiedung des PCGK von hohem Interesse zu erfahren, welche Auswirkungen die Neuregelungen für eine verantwortungsvolle und gute Unternehmensführung sowie Kontrolle für die Landesbeteiligungen aus Sicht der den Kodex initiiert habenden Landesregierung konkret zu erwarten sind. 1. Namentlich welche einzelnen öffentlichen Unternehmen, Beteiligungen und Insti- tutionen des Landes Nordrhein-Westfalen werden enumerativ von den Neuregelungen des PCGK erfasst? (bitte Auflistung beifügen) Die in den Anwendungsbereich des Public Corporate Governance Kodex des Landes Nordrhein -Westfalen (PCGK NRW) fallenden Unternehmen werden in Tz. 1.2 PCGK NRW durch die Vorgabe von Kriterien festgelegt. Nach diesen Kriterien haben die Ressorts, die für die Verwaltung sowie für die Aufsicht zuständig sind, die jeweiligen Unternehmen zu identifizieren . Erst nach Abschluss dieser Prüfungen kann eine Auflistung der von PCGK NRW erfassten Unternehmen erstellt werden. Die Übersicht soll zum Stichtag 31.12.2013 erstellt werden . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3220 3 2. An jeweils welchen konkreten Stellen kommt es durch den neuen PCGK nun in der Folge zu personellen Veränderungen im Vergleich zur bisherigen Aufgabenwahrnehmung in den öffentlichen Unternehmen, Beteiligungen und Institutionen des Landes Nordrhein-Westfalen? In der vorstehenden Antwort wurde dargelegt, dass derzeit in einem ersten Schritt die unter den PCGK NRW fallenden Unternehmen ermittelt werden. In einem zweiten Schritt werden die Auswirkungen des Kodex auf die Unternehmen konkretisiert. Erst danach ergeben sich Erkenntnisse zu personellen Veränderungen. 3. Bis zu welchem Zeitpunkt hat sich die Landesregierung vorgenommen, sowohl die notwendige Überprüfung aller öffentlichen Beteiligungen auf Einhaltung des neuen PCGK als auch die gegebenenfalls aus den dann festgestellten Inkompatibilitäten resultierenden Veränderungen bei Positionsbesetzungen vorgenommen zu haben? Es ist beabsichtigt, die Überprüfung der Einhaltung des PCGK NRW sowie die gegebenfalls notwendigen Veränderungen bei Positionsbesetzungen bis Mitte nächsten Jahres durchzuführen . 4. Bei jeweils welchen Kapiteln hat sich die Landesregierung bei der Erstellung des neuen PCGK an den einschlägigen Normen sowohl des DCGK als auch den Berufungsgrundsätzen für den Aufsichtsrat der Vereinigung der Aufsichtsräte in Deutschland e. V. (VARD) oder vergleichbaren Regelungen anderer Bundesländer orientiert? Der PCGK NRW wurde nach Tz. 1.1 Absatz 2 PCGK NRW auf der Grundlage des DCGK in Anlehnung an den Public Corporate Governance Kodex des Bundes (PCGK Bund) erstellt. Der PCGK Bund berücksichtigt den zu börsennotierten Aktiengesellschaften abweichenden Gesellschafterkreis sowie den Umstand, dass zahlreiche Bundesbeteiligungen an Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH bestehen. Da das Land Nordrhein-Westfalen eine mit der des Bundes vergleichbare Beteiligungsverwaltungsstruktur aufweist, wurde der PCGK Bund zum Orientierungsmaßstab gemacht. 5. An jeweils welchen einzelnen Stellen des neuen PCGK sind seitens der Landes- regierung andere Regelungen als im DCGK oder bei VARD unter Angabe der dafür maßgeblichen Gründe getroffen worden? Wie in der Antwort zu Frage 4 ausgeführt, orientiert sich der PCGK NRW am PCGK Bund. Dabei geht der PCGK NRW mit seinen Regelungen teilweise über die des Bundes hinaus. Im Folgenden werden beispielhaft 3 wesentliche Regelungen aufgegriffen: Beraterverträge So enthalten Tz. 3.5.6 und 4.7.4 PCGK NRW strengere Vorgaben für den Abschluss von Beraterverträgen mit ehemaligen Geschäftsführungs- und Aufsichtsgremiumsmitgliedern. Auf diese Weise soll insbesondere der Informationsanspruch der Öffentlichkeit im Land Nordrhein-Westfalen besondere Berücksichtigung finden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3220 4 Gleichstellungsgerechte Teilhabe von Frauen und Männern Ein Schwerpunkt des PCGK NRW liegt bei seiner Befassung mit der gleichstellungsgerechten Teilhabe von Frauen und Männern. Bis Ende 2015 empfiehlt der Landeskodex in Tz. 4.5.1 PCGK NRW eine Geschlechterquote von 30 %. Darüber hinaus regt er die Einhaltung einer Geschlechterquote von 40 % an. Ab dem 01.01.2016 steigert der PCGK NRW die empfohlene Quote auf 40 %. Der PCGK Bund enthält keine entsprechende Geschlechterquote. Hierbei orientiert sich der PCGK NRW an dem vom Landeskabinett gebilligten Gesetzentwurf zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen. Dieser Gesetzentwurf sieht vor, dass sich der Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften jeweils zu mindestens 30 % aus Angehörigen beider Geschlechter zusammensetzt, ab 2022 zu mindestens 40%. Aus- und Fortbildung von Organmitgliedern Nach Tz. 4.5.1 PCGK NRW soll das Unternehmen die Mitglieder des Überwachungsorgans bei den für ihre Aufgaben erforderlichen Aus- und Fortbildungen angemessen unterstützen. Der Bundeskodex trifft diesbezüglich keine Aussagen. Unter Beachtung des Grundsatzes der Selbstverantwortlichkeit der Organmitglieder sollen diese bei der Aus- und Fortbildung und somit letztendlich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben vom Unternehmen angemessen unterstützt werden. Angemessene Unterstützung könnte insbesondere ein Angebot von Schulungen seitens des Unternehmens bedeuten, die Spezialthemen des Unternehmens behandeln.