LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3293 17.06.2013 Datum des Originals: 17.06.2013/Ausgegeben: 20.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1279 vom 24. Mai 2013 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/3047 Stärkungspakt Stadtfinanzen: Wie will die Landesregierung die Ausfinanzierung des Stärkungspaktgesetzes ab 2014 konkret regeln? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1279 mit Schreiben vom 17. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ende des Jahres 2011 haben FDP, SPD und Grüne das sogenannte Stärkungspaktgesetz als Hilfe zur Selbsthilfe für finanziell notleidende Kommunen auf den Weg gebracht. Ausgewählte Städte und Gemeinden, die sich zu einem harten Sparkurs verpflichten, werden im Rahmen dieses Programms bei der Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs unterstützt. Zur Finanzierung des Stärkungspaktes stellt das Land für die Jahre 2011 bis 2020 jeweils 350 Millionen Euro aus Haushaltsmitteln zur Verfügung. Zudem regelt § 2 Abs. 2 des Stärkungspaktgesetzes die Bereitstellung aufwachsender Komplementärmittel aus der kommunalen Familie für die Jahre 2012 bis 2020. Ab 2014 sollen diese Komplementärmittel insgesamt 310 Millionen Euro pro Jahr umfassen. 115 Millionen Euro werden dabei aus der Finanzausgleichsmasse der Gemeindefinanzierungsgesetze bereitgestellt. Die Finanzierung der verbleibenden 195 Millionen Euro wurde auf Initiative der FDP-Landtagsfraktion hingegen noch nicht abschließend geregelt. Im ursprünglichen Gesetzentwurf der damaligen rot-grünen Minderheitsregierung war vorgesehen , den fehlenden Betrag bei vermeintlich finanzstarken Kommunen einzusammeln, die sich durch kluge und entbehrungsreiche Sparbemühungen bislang ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung erhalten konnten. Damit hätten SPD und Grüne das vorbildliche Handeln LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3293 2 dieser Kommunen konterkariert und ihnen jedwede Motivation für eine sparsame Haushaltspolitik genommen. In § 2 Abs. 3 ihres Gesetzentwurfs hieß es damals: „Zudem wird eine Solidaritätsumlage (Abundanzumlage) in Höhe von jeweils 195 000 000 Euro in den Jahren 2014 bis 2020 nach Maßgabe der jeweiligen Gemeindefinanzierungsgesetze erhoben“ Diese leistungsfeindliche Zwangsabgabe, die zahlreiche Kommunen mit halbwegs intakten Haushalten zu den Hilfeempfängern von Morgen gemacht hätte, wurde auf Veranlassung der FDP im Rahmen der Verhandlungen aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Nach Abschluss der Verhandlungen kommentierte die BILD-Zeitung am 30.11.2011: „So hat die FDP den Solidarbeitrag der reichen Städte (wie Düsseldorf), die solide gewirtschaftet , eisern gespart haben, aus dem Gesetzestext herausverhandelt“. Vergleichbare Zitate fanden sich auch im Kölner Stadtanzeiger, in den Aachener Nachrichten , in der Neuen Westfälischen oder in der Rheinischen Post. Nie hat die FDPLandtagsfraktion Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie eine – wie auch immer geartete Abundanz- bzw. Solidaritätsumlage – für unverantwortlich hält und dieser auch im Rahmen der Gemeindefinanzierungsgesetze 2014ff nicht zustimmen wird. Selbstverständlich hat diese Aussage auch weiterhin Geltung. SPD und Grüne hingegen haben bereits mehrfach verdeutlicht, die Zwangsabgabe notfalls ohne die Stimmen der FDP einführen zu wollen. Auf diversen Veranstaltungen hat Innenminister Jäger immer wieder angekündigt, dass seine Landesregierung an der leistungsfeindlichen Idee der Abundanzumlage festhalte. Seit der Neuwahl des Landtags im Jahr 2012 hat Rot-Grün für dieses Vorhaben eine eigene Mehrheit und kann es auch gegen den Willen der Opposition umsetzen. In der Vergangenheit sind der Landesregierung und dem Landtag aus der kommunalen Familie zahlreiche Schreiben zugegangen, die vor den verheerenden Wirkungen der Abundanz - bzw. Solidaritätsumlage warnen. Beispielsweise hat der Landrat des Kreises Gütersloh , Herr Sven-Georg Adenauer, in einem Brief an Innenminister Jäger mit Hilfe von Modellrechnungen eindrucksvoll gezeigt, welche Belastungen eine solche Zwangsabgabe in den Kommunen seines Kreisgebiets bzw. bei den abundanten Kommunen in ganz NRW nach sich ziehen würde. Die Verunsicherung in der kommunalen Familie ist groß. Sie betrifft nicht nur die angeblich wohlhabenden Kommunen, die um die Solidität ihrer Haushalte bangen müssen. Sie betrifft auch etliche Stärkungspakt-Teilnehmer, die infolge des Zahlensalats in der amtlichen Statistik des Landes mit erheblichen Kürzungen ihrer Hilfszuweisungen rechnen müssen. Es ist davon auszugehen, dass hierdurch viele Haushaltssanierungspläne entwertet werden, die vor Ort in mühevoller Kleinarbeit von den kommunalen Verwaltungen, Mandatsträgern sowie den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet wurden. Zwischenzeitlich hat sich herausgestellt, dass die chaotischen Verhältnisse in der amtlichen Statistik keineswegs – wie seitens der Landesregierung suggeriert – allein auf Falschmeldungen der Kommunen zurückzuführen sind. Das Problem scheint viel tiefer in der Systematik der kommunalen Finanzstatistik verankert zu sein, für welche das Land verantwortlich zeichnet. Es ist davon auszugehen, mit den Fehlern beim Stärkungspakt lediglich die Spitze des Eisbergs eines insgesamt insuffizienten Systems entdeckt zu haben, auf dessen Grundlage die Politik Entscheidungen über Milliardenbeträge treffen soll. Hinsichtlich der Neuberechnung der Stärkungspakt-Mittel muss die von Rot-Grün geplante kompensationslose Kürzung kommunaler Hilfszahlungen daher zumindest hinterfragt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3293 3 Vor diesem Hintergrund brauchen die Städte und Gemeinden in NRW schnellstmöglich Klarheit darüber, wie mit der weiteren Ausfinanzierung des Stärkungspaktes weiter verfahren wird und wie die Landesregierung unzumutbare Härten vermeiden will. Die Landesregierung darf nicht zulassen, dass Städte und Gemeinden durch Zwangsabgaben oder die Umverteilung verbindlich zugesagter Hilfsgelder handlungsunfähig werden. Während die FDPLandtagsfraktion in ihrem Haushaltskonzept bereits Vorsorge für die kommunale Familie getroffen hat und dieser 195 000 000 Euro mehr im Jahr zur Verfügung stellen will, findet sich in den Finanzplanungen der rot-grünen Landesregierung bislang kein vergleichbarer Posten. 1. Welche konkreten Planungen verfolgt die Landesregierung hinsichtlich der Ein- führung einer sogenannten Abundanz- bzw. Solidaritätsumlage zur Kofinanzierung des Stärkungspaktes ab 2014? 2. Welche Kommunen will die Landesregierung mit welchen konkreten Beträgen ab dem Jahr 2014 im Rahmen der geplanten Abundanz- bzw. Solidaritätsumlage zur Kofinanzierung des Stärkungspaktes belasten (bitte tabellarische Aufstellung)? 3. Hat die Landesregierung vor, die zur Kofinanzierung des Stärkungspaktes her- angezogenen Kommunen durch eine Aufstockung des Gemeindefinanzierungsgesetzes im Sinne der Haushaltsplanungen der FDP zu entlasten? 5. Welche sonstigen Maßnahmen plant die Landesregierung, um Belastungen der Kommunen durch ihre Abundanz- bzw. Solidaritätsumlage sowie die ausstehende Umverteilung der Stärkungspaktmittel abzumildern? Die Landesregierung wird nach Abschluss der internen Beratungen dem Landtag einen Gesetzentwurf zur Finanzierung der weiteren Komplementärmittel gem. § 2 Absatz 2 Stärkungspaktgesetz vorlegen. 4. Plant die Landesregierung Kompensationsleistungen für Stärkungspakt- Kommunen, denen durch die Neuberechnung der Stärkungspaktmittel bereits zugesagte Finanzhilfen entzogen werden? Nein - im Übrigen ist eine Rückforderung bereits gezahlter Konsolidierungshilfen für die Jahre 2011 und 2012 nicht beabsichtigt.