LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3296 17.06.2013 Datum des Originals: 17.06.2013/Ausgegeben: 20.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1272 vom 22. Mai 2013 der Abgeordneten Kai Abruszat, Marc Lürbke, Thomas Nückel, Dr. Robert Orth, Dirk Wedel, Ralf Witzel FDP Drucksache 16/3031 Kommunale Beamtenbesoldung: Plädiert die Landesregierung für mehr Freiheit und Wettbewerb zugunsten kommunaler Dienstherren? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1272 mit Schreiben vom 17. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die von der rot-grünen Landesregierung beabsichtigten Nullrunden für Beamtinnen und Beamte bestimmter Besoldungsgruppen sorgt in NRW für großen Unmut. Neben den Beamten des Landes sind auch die beamteten Dienstkräfte der Kommunen in NRW betroffen. Dieses liegt an dem bislang praktizierten Rechtsrahmen, wonach die Besoldungen von Landes- und Kommunalbeamten parallel geregelt werden. Der Rat der Stadt Dortmund hat, mit ausdrücklicher Zustimmung der Dortmunder SPD-Fraktion, die rot-grüne Landesregierung aufgefordert , die Tarifergebnisse bzw. Abschlüsse der tariflich Beschäftigten auf alle Beamtinnen und Beamten zu übertragen. Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Norbert Römer MdL, wird in der Rheinischen Post vom 15.05.2013 damit wiedergegeben, dass er zurzeit prüfen lasse, ob und inwieweit dem Anliegen des Dortmunder Stadtrates entsprochen werden könne . Im gleichen Zeitungsbericht fordert der Städte- und Gemeindebund ausdrücklich eine generelle Dienstherrenklausel, damit Kommunen die Möglichkeit erhalten, zukünftig selbst über die Bezüge ihrer Beamtinnen und Beamten entscheiden zu können. Im Bereich der tariflich Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gibt es bereits heute zwischen Ländern und Kommunen eine unterschiedliche tarifliche Gestaltung durch gesonderte Tarifverträge. Die Personalstrukturen des Landes und der Kommunen sind im Übrigen höchst unterschiedlich . Während beim Land überwiegend Beamtinnen und Beamte beschäftigt werden, kom- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3296 2 men bei den Kommunen in NRW überwiegend tariflich Beschäftigte zum Einsatz. Besondere Bedeutung haben bei den Kommunen Beamtinnen und Beamte besonderer Fachgruppen. Um eine tragfähige Personalentwicklung gewährleisten zu können, sind gerade die Kommunen darauf angewiesen, zum Beispiel in den Bereichen der Feuerwehr, des Gesundheitswesens und des Bautechnischen Dienstes, attraktive Bedingungen auch im Vergleich zur Privatwirtschaft bieten zu können. 1. In welcher Form können bereits jetzt nach Beurteilung der Landesregierung Kommunen in NRW bei den Bezügen ihrer eigenen Beamtinnen und Beamten von den vom Land vorgegebenen Regelungen abweichen? § 6 des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LBesG) eröffnet den Kommunen die Möglichkeit, ihren Beamtinnen und Beamten Leistungsbezüge vergleichbar den Entgelten für Tarifbeschäftigte nach § 18 TVöD zu zahlen. Voraussetzungen sind, dass ein einheitliches betriebliches System der Zahlung von Leistungsentgelten für Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte gilt und dass der Dienstherr keine Leistungsprämien oder -zulagen nach der Verordnung über die Gewährung von Prämien und Zulagen für besondere Leistungen gewährt. Weitere Möglichkeiten, bei den Bezügen ihrer eigenen Beamtinnen und Beamten von den vom Land vorgegebenen Regelungen abzuweichen, bestehen für die Kommunen aus rechtlichen Gründen nicht (siehe zu Frage 2). 2. Wie beurteilt die Landesregierung eine sogenannte „Dienstherrenklausel“, um Kommunen die Möglichkeit zu geben, bei den Bezügen ihrer Beamtinnen und Beamten vom Land abweichende, günstigere Regelungen zu treffen? Einer „Dienstherrenklausel“ oder auch sog. „Öffnungsklausel“ steht der Gesetzesvorbehalt des § 2 Abs. 1 des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (ÜBesG NRW) entgegen. Danach ist die Besoldung der Beamtinnen und Beamten durch Gesetz zu regeln. § 2 Abs. 1 ÜBesG NRW hat dabei (nur) deklaratorische Bedeutung. Die Regelung gibt die Verfassungsrechtslage wieder; die Regelungszuständigkeit des Gesetzgebers für die Besoldung ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Der Gesetzesvorbehalt in § 2 Abs. 1 ÜBesG NRW kann deshalb auch nicht einfachgesetzlich aufgehoben werden. Der verfassungsrechtlich verankerte Gesetzesvorbehalt enthält ein Regelungsmonopol und einen Handlungsauftrag für den Gesetzgeber. Der Gesetzgeber muss die Bezahlung aus dem Amt und die Grundstrukturen der Besoldung selbst bestimmen. Der Gesetzesvorbehalt gilt auch für Maßnahmen zur Anpassung der Besoldung. Beamtinnen und Beamte müssen die Höhe ihrer Besoldungsansprüche unmittelbar dem Gesetz entnehmen können. Der Gesetzesvorbehalt schließt zwar zusätzliche Leistungen zur Besoldung nach dem statusrechtlichen Amt - wie z.B. Stellenzulagen oder Leistungszulagen - in einem vorgegebenen gesetzlichen Rahmen nicht aus (so z.B. Leistungsbezüge für Beamtinnen und Beamte der Kommunen nach § 6 des LBesG, s.o. zu Frage 1). Die zusätzlichen Leistungen müssen aber einen besonderen Bezug zu einer Dienstaufgabe oder zur Güte einer Dienstleistung haben und dürfen im Ergebnis nicht einer Alimentationsverbesserung am Gesetz vorbei dienen. Insoweit enthält der Gesetzesvorbehalt eine Leistungssperre. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3296 3 Der Gesetzgeber darf die Grundstrukturen der Besoldung nicht der Regelung durch die Exekutive überlassen. Da Kommunen staatsrechtlich zur Exekutive gehören und keine Gesetzgebungskompetenz haben, widerspräche eine Regelung auf kommunaler Ebene somit eindeutig dem verfassungsrechtlich verankerten Gesetzesvorbehalt. Zwar können Kommunen durch ihr Satzungsrecht grundsätzlich auch legislative Gewalt ausüben . Rechtsgrund dafür ist das in Art. 28 GG garantierte Selbstverwaltungsrecht der Kommunen („Satzungsautonomie“). Zum Bereich der kommunalen Selbstverwaltung gehört u.a. auch die Personalhoheit der Kommunen (Auswahl, Anstellung, Beförderung und Entlassung von Kommunalbeschäftigten). Die Personalhoheit umfasst jedoch nicht die grundsätzliche Ausgestaltung der Bezahlung der Beamtinnen und Beamten. Die (bloße) Satzungsautonomie der Kommunen reicht nicht soweit, dass sie dem im Verfassungs- und Besoldungsrecht verankerten Gesetzesvorbehalt Rechnung tragen könnte. 3. Gibt es in anderen Bundesländern nach Kenntnis der Landesregierung bereits Strukturen und Erfahrungen ähnlich einer vom Rat der Stadt Dortmund gewünschten Regelung? Nein. 4. Könnte nach Einschätzung der Landesregierung eine kommunale Dienstherren- klausel eine von mehreren geeigneten Instrumenten sein, die Kommunen bei ihren Bemühungen zu unterstützen, eine erfolgreiche Personalbindung und Personalgewinnung von Beamtinnen und Beamten mit besonderen Kompetenzen zu erreichen? Nein, siehe zu Frage 2. 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit, eine kommunale Diensther- renklausel im Rahmen eines befristeten Modellprojektes zugunsten interessierter Kommunen gegebenenfalls auch unterschiedlicher Gemeindegrößenklassen zu erproben und an-schließend zu evaluieren? Aus rechtlichen Gründen (s.o. zu Frage 2) besteht diese Möglichkeit nicht.