LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3317 18.06.2013 Datum des Originals: 18.06.2013/Ausgegeben: 21.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1265 vom 21. Mai 2013 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/3024 Atomtransporte von Belgien durch NRW nach Ahaus Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1265 mit Schreiben vom 18. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft , Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Es gibt immer wieder Berichte, dass Atomtransporte von Belgien aus NRW durchqueren und dabei auch Zwischenstopps im Zwischenlager Ahaus einlegen. Die Landesregierung setzt sich zwar im Koalitionsvertrag für eine Verhinderung „unnötiger Atomtransporte durch NRW“ ein, doch veröffentlicht sie tatsächliche Atomtransporte nur auf Nachfrage. Eine konsistente Informationspolitik und eine politische klare Linie zur Verhinderung von Atomtransporten durch NRW ist nicht zu erkennen. Vorbemerkung der Landesregierung Von Transporten mit radioaktiven Stoffen, die von der belgischen Staatsgrenze kommend NRW durchqueren - sogenannte Transittransporte -, erhält die Landesregierung nur Kenntnis , wenn die für die Erteilung der Genehmigung zur Beförderung zuständige Behörde eine sog. "48-Stunden Meldung" in der Beförderungsgenehmigung als Nebenbestimmung (gem. § 17 Atomgesetz AtG) verlangt. Zu der Beaufsichtigung, Genehmigung, Meldeverpflichtung und zu der dadurch möglichen Registrierung von Transporten mit radioaktiven Stoffen hatte die Landesregierung bereits mehrfach, zuletzt in den Antworten zu den Kleinen Anfragen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3317 2 720, 792 und 804 (Drucksachen 16/1801, 16/2091 und Drucksache 16/2181), Stellung genommen . Zunächst wird darauf hingewiesen, dass die Veröffentlichung erteilter Genehmigungen zur Beförderung radioaktiver Stoffe bzw. konkreter Daten aus diesen Genehmigungen weder das Atomgesetz (AtG) noch die Strahlenschutzverordnung vorsieht. Transporte radioaktiver Stoffe unterliegen einem umfassenden Sicherungs- und Schutzkonzept, das betreiberseitige Sicherungs- und staatliche Schutzmaßnahmen miteinander verzahnt. Unter Sicherung wird der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkung Dritter (SEWD) verstanden. Um die Wirksamkeit dieser Maßnahmen nicht zu gefährden, können Einzelheiten zu bevorstehenden sicherungsrelevanten Transporten von radioaktiven Stoffen nicht veröffentlicht werden. Genehmigungen zur Beförderung von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen sind zu erteilen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. § 4 Abs. 2 Atomgesetz und § 18 Abs. 1 Strahlenschutzverordnung). Was die „Verhinderung von Atomtransporten durch NRW“ angeht, zu der der Fragesteller keine „politisch klare Linie“ erkennt, hatte die Landesregierung in der vergangenen Legislaturperiode geprüft, ob ein Transportmoratorium für sonstige radioaktive Stoffe verhängt werden kann. Diesbezüglich hatte die Landesregierung auf die Frage 2 der Kleinen Anfrage 1288 (Drucksache 15/3691) wie folgt geantwortet: „Ein Moratorium im Sinne des Beschlussantrags Nr. 3 in der Drucksache 15/1687 kann aufgrund des Prüfergebnisses aus rechtlichen Gründen nicht verhängt werden.“ Im Zusammenhang mit der Beförderung von Kernbrennstoffen, die das Bundesamt für Strahlenschutz auf Antrag nach Vorlage der Voraussetzungen nach § 4 Atomgesetz genehmigt, hatte die Landesregierung im Rahmen ihrer Antwort auf die 4. Frage in der Kleinen Anfrage 1288 deutlich gemacht, dass Transporte nur verhindert werden können, „wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung von Genehmigungen zur Beförderung nicht vorliegen . Unmittelbare rechtliche Handlungsmöglichkeiten des Landes gegen genehmigte Beförderungen bestehen nicht.“ Zudem hatte die Landesregierung in der Antwort zur Kleinen Anfrage 792 (Drucksache 16/2091) zu dieser Thematik folgendes ausgeführt: "Im Genehmigungsverfahren des Bundesamtes für Strahlenschutz nach § 4 AtG für die Beförderung von Kernbrennstoffen wird das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NordrheinWestfalen (MIK NRW) über die "Kommission Sicherung und Schutz kerntechnischer Einrichtungen und Anlagen (KoSikern)“ beteiligt. Diese Beteiligung im Rahmen einer Stellungnahme an die Genehmigungsbehörde beschränkt sich auf die Geltendmachung polizeilicher Belange . Unmittelbare rechtliche Handlungsmöglichkeiten des Landes gegen bundesseitig genehmigte Beförderungen von Kernbrennstoffen (z.B. Zustimmung/Ablehnung) bestehen nicht. Transporte sonstiger radioaktiver Stoffe nach § 16 StrlSchV, die unter die Zuständigkeit der Landesbehörden fallen, kann die Landesregierung nur verhindern, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung von Genehmigungen zur Beförderung sonstiger radioaktiver Stoffe nicht vorliegen. " Gleichwohl hat die Landesregierung bei sämtlichen Transporten durch NRW seit 2010, bei denen das Ministerium für Inneres und Kommunales über die KoSikern und gemäß der Geschäftsordnung der KoSikern an der Stellungnahme beteiligt wurde, darauf hingewiesen, dass die Landesregierung Nordrhein-Westfalen Atomtransporte ablehnt. Im Falle der dennoch erteilten Genehmigung wurde durch das MIK NRW über die KoSikern darauf hingewirkt , nordrhein-westfälische Strecken von der Genehmigung auszunehmen. Da sich diese LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3317 3 Einwände auf politische und nicht auf polizeifachliche Bewertungen bezogen, wurden diese in der Stellungnahme der KosiKern an die Genehmigungsbehörde nicht berücksichtigt. 1. Wie viele Atomtransporte aus Belgien haben NRW seit 2010 durchquert bzw. er- reicht (bitte aufschlüsseln nach Abfahrts- und Zielort, Transportmittel sowie Art und Menge der beförderten radioaktiven Materialien)? Seit 2010 sind der Landesregierung insgesamt 45 Transittransporte mit radioaktiven Stoffen mittels 48-Stunden-Meldung bekannt geworden, die, über einen belgischen Grenzübergang kommend, NRW durchquert haben. Entsprechende Transporte über einen belgischen Grenzübergang mit Zielort in NRW sind der Landesregierung in dem genannten Zeitraum nicht gemeldet worden. 2. Welche Landesbehörden waren bei der Genehmigung bzw. Beaufsichtigung die- ser Atomtransporte jeweils beteiligt? Die o. a. Transittransporte wurden durch das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt. Gemäß der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes (ZustVO ArbtG) sind die Kreispolizeibehörden in NRW für die Aufsicht über die Beförderung von radioaktiven Stoffen einschließlich Kernbrennstoffe nach § 19 AtG im Straßenverkehr zuständig. Im Weiteren wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung zur Antwort auf die Kleine Anfrage 408 (Drucksache 16/1101) verwiesen. 3. In welchen Fällen hat die Landesregierung konkret versucht, Atomtransporte aus Belgien durch NRW zu unterbinden? Wie in der Vorbemerkung dargestellt, hat die Landesregierung im Rahmen der Beteiligung über die KoSikern deutlich gemacht, dass sie Atomtransporte durch NRW ablehnt und darauf hingewirkt, nordrhein-westfälische Strecken von der Genehmigung auszunehmen. Zur Konkretisierung wird auf die Antwort der Landesregierung zur Frage 4 der Kleinen Anfrage 792 (Drucksache 16/2091) verwiesen. 4. Welche Atomtransporte aus Belgien haben im Zwischenlager Ahaus einen Zwischenstopp /Übernachtungsstopp eingelegt (bitte aufschlüsseln nach Datum, Art des Transports, Abfahrts- und Zielort sowie Grund und Länge des jeweiligen Aufenthalts im Zwischenlager Ahaus)? Es fanden keine Transporte mit Kernbrennstoffen oder mit sonstigen radioaktiven Stoffen aus Belgien in das Transportbehälterlager Ahaus statt, auch nicht zum Zweck eines „Zwischenstopps “. 5. Wie oft ist das Zwischenlager Ahaus in der Vergangenheit auch für andere Atomtransporte als Zwischenstopp/Übernachtungsstopp genutzt worden (bitte aufschlüsseln nach Datum, Art des Transports, Abfahrts- und Zielort sowie Grund und Länge des jeweiligen Aufenthalts im Zwischenlager Ahaus)? Derartige Fälle sind der Landesregierung nicht bekannt.