LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 19.06.2013 Datum des Originals: 18.06.2013/Ausgegeben: 06.08.2013 (24.06.2013) Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Neudruck Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 3 der Fraktion der CDU Drucksache 16/2138 Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung im Elementar- und Primarbereich sowie im Übergang zu weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen Das Ministerium für Schule und Weiterbildung hat die Große Anfrage 3 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzministerium, dem Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales, dem Ministerium für Familie, Jugend, Kinder, Kultur und Sport, dem Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter und dem Chef der Staatskanzlei beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 2 Vorbemerkung der Großen Anfrage Der Erwerb und der Gebrauch der deutschen Sprache ist die grundlegende Fähigkeit für Kinder und Jugendliche, um am deutschen Bildungssystem erfolgreich teilhaben zu können. Seit 2007 wird daher auf Initiative der damaligen CDU-geführten Landesregierung in Nordrhein -Westfalen flächendeckend der Sprachstand aller Kinder zwei Jahre vor Einschulung erhoben. Nordrhein-Westfalen war damit das erste Bundesland, das flächendeckend den Sprachstand bei allen Kindern in dieser Altersgruppe erhebt und bei Bedarf eine verpflichtende Sprachförderung verlangt. Sprachauffälligkeiten bzw. Sprachentwicklungsauffälligkeiten bei Kindern werden am erfolgreichsten behoben, wenn Kinder in einer Kindertageseinrichtung über einen kontinuierlichen Zeitraum hinweg gefördert werden. Spätestens seit den Ergebnissen der PISA-Studie hat Nordrhein-Westfalen umfangreiche Maßnahmen im Bereich der vorschulischen Sprachförderung initiiert und umgesetzt. Für den stetigen Erfolg der Sprachförderung ist die Gestaltung des Überganges zwischen der Kindertageseinrichtung und der Grundschule von besonderer Bedeutung: Sprachfördermaßnahmen im Elementarbereich wirken insbesondere dann, wenn diese kontinuierlich fortgeführt werden. Das setzt voraus, dass Sprachfördermaßnahmen im Grundschulbereich den Sprachförderprogrammen aus dem Elementarbereich entsprechen und die Anforderungsprofile an den Sprachstand zwischen Elementar- und Grundschulbereich aufeinander abgestimmt sind. Mit den von der CDU-geführten Landesregierung 2010 auf den Weg gebrachten Grundsätzen zur Bildungsförderung für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Kindertageseinrichtungen und Schulen im Primarbereich in Nordrhein-Westfalen wurde erstmals der Versuch unternommen , eine systemübergreifende Förderung von Kindern im Elementar- und Primarbereich zu etablieren. Eine solche Förderung darf allerdings nicht auf die Grundschule beschränkt bleiben. Auch der Übergang zwischen Grundschule und weiterführender Schule muss hierbei berücksichtigt werden. Neben der Betrachtung der einzelnen Sprachfördermaßnahmen im Elementarund Primarbereich bedarf es daher aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion auch besonderer Maßnahmen in den weiterführenden Schulen. Darüber hinaus ist eine genauere Betrachtung der derzeitigen curricularen Anforderungen an das Fach „Deutsch“ in den Schulen erforderlich . Die Fraktion der CDU bittet vor dem dargestellten Hintergrund um die Beantwortung nachfolgender Fragestellungen durch die Landesregierung: Vorbemerkung der Landesregierung Eine frühzeitig einsetzende und durchgängige Sprachbildung ist nach Auffassung der Landesregierung eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Kinder und Jugendliche ihre Fähigkeiten und Potentiale entfalten können. Sprachbildung trägt dazu bei, die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, um möglichst früh die Grundlagen für eine erfolgreiche Schullaufbahn sowie einen erfolgreichen Lebens- und Berufsweg zu schaffen, Übergänge möglichst erfolgreich zu gestalten und Demokratie und interkulturelle Verständigung in Schule und Gesellschaft zu stärken. Bezogen auf die Große Anfrage geschieht dies im Rahmen der Bildungskette vom Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Schule über LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 3 die schulische und außerschulische Bildung bis hin zum Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung, ein Studium oder einen Beruf. Durchgängige Sprachbildung ist schließlich im Rahmen des Erwerbs der deutschen Sprache und von Fremdsprachen, auch im Hinblick der im Teilhabe- und Integrationsgesetz vom 06.02.2012 verankerten „Wertschätzung der natürlichen Mehrsprachigkeit“, zu betrachten. Dies entspricht auch den Ergebnissen internationaler Sprachentwicklungs- und Hirnforschung . Es kann kein „Sprach(en)lernen auf Vorrat“ geben. Jede Lern- und Entwicklungsstufe hat ihre eigenen Lernbedingungen. Daher ist ein Konzept durchgängiger sprachlicher Bildung über alle Lernstufen hinweg die einzig angemessene Lösung. Auf Grundlage eines solchen Verständnisses durchgängiger Sprachbildung wurde das ehemalige BLK-Programm „FÖRMIG“ („Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund “) entwickelt und in Zusammenarbeit mit dem FÖRMIG-Kompetenzzentrum an der Universität Hamburg u. a. in NRW erfolgreich durchgeführt. Die Maßnahmen werden bis heute im Rahmen des von einigen Ländern geförderten Programms „FÖRMIG-Transfer“ weitergeführt und implementiert. Die Zielrichtung einer Sprachstandsfeststellung und einer gezielten, und durchgängig angelegten Sprachförderung vor der Einschulung wird daher eindeutig geteilt. Eine vorschulische Sprachförderung wurde in Nordrhein-Westfalen bereits im Jahr 2001 eingeführt. Auch im Schulbereich gab es vor 2005 bereits erprobte Verfahren, beispielsweise „Deutsch als Zweitsprache “ und „Deutsch als Fremdsprache“, die in den folgenden Jahren kontinuierlich weiter entwickelt worden sind und auch heute noch weiterentwickelt werden. Die Landesregierung stimmt ausdrücklich auch der Auffassung zu, dass eine erfolgreiche Sprachförderung bzw. Sprachbildung am besten durch einen kontinuierlichen Besuch einer Kindertageseinrichtung erreicht werden kann, da Sprachbildung als selbstverständlicher Bestandteil eines Aufwachsens im kindgemäßen Miteinander im Alltag erfolgen muss und kompensatorische Angebote in punktueller Form nur ergänzende Funktion haben können. Das von der damaligen CDU/FDP-Regierung installierte Sprachstandsfeststellungsverfahren führte jedoch dazu, dass bis heute Sprachstandsfeststellung und Förderung nicht in einer Hand liegen. So sind das Schulamt bzw. die von ihm beauftragten Lehrkräfte nach § 36 Absatz 2 Schulgesetz für die eigentliche Sprachstandsfeststellung zwei Jahre vor der Einschulung zuständig, die auf den Ergebnissen aufbauende Förderung obliegt jedoch den pädagogischen Fachkräften in den Einrichtungen des Elementarbereichs. Diagnose und Förderung liegen also in unterschiedlicher institutioneller Verantwortung – auch wenn in der Durchführung der Sprachstandsfeststellung versucht wurde, nach dem ersten Durchgang im Jahre 2007 die Rolle der pädagogischen Fachkräfte des Elementarbereichs in der ersten Stufe des Verfahrens zu stärken. Da die Zuständigkeit durch die damalige Landesregierung in die Hände der Schulämter (bzw. der von ihnen beauftragten Lehrkräfte der Grundschulen) gelegt wurde, kam als Möglichkeit einer Diagnostik einzig ein punktuelles Testverfahren in Betracht, da die Grundschullehrkräfte im pädagogischen Alltag keine systematischen Kontakte zu Kindern dieser Altersgruppe haben. Punktuelle Testverfahren allein sind jedoch keine optimale Grundlage für die Feststellung sprachlicher Kompetenzen. Darauf hat Prof. Lilian Fried, die im Auftrag der damaligen Landesregierung die Testverfahren „Delfin 4“ und „Delfin 5“ entwickelt hat, wiederholt eindringlich hingewiesen. Auch Prof. Fried war es wichtig, dass Test und Förderung in eine Hand gehören, weshalb sie Förderempfehlungen entwickelt hat, die den pädagogischen Fachkräften im Elementarbereich zur Verfügung gestellt wurden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 4 Die Sprachkompetenz von zwei- und mehrsprachigen Kindern, Kindern mit einer verzögerten Sprachentwicklung in Deutsch und Kindern mit gestörter mehrsprachiger Entwicklung wird durch Delfin 4 nicht explizit erfasst. Es war von Beginn an alleiniges Ziel, in einem auf wissenschaftlicher Basis abgesicherten und landesweit einheitlichen Verfahren diejenigen Kinder zu ermitteln, bei denen die Sprachentwicklung nicht altersgemäß ist und die die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrschen. Die Landesregierung hat mit dem Koalitionsvertrag den Auftrag erhalten, die Sprachstandsfeststellung und die Sprachförderung gemeinsam mit den Trägern unter Einbeziehung von Wissenschaft weiterzuentwickeln. Ausgangspunkt der Notwendigkeit dieser Weiterentwicklung ist die von Anfang an und nach wie vor bestehende starke Kritik an dem derzeitigen Verfahren nach Delfin 4. Die Kritik richtet sich neben den bereits geschilderten Aspekten insbesondere auch darauf, dass mit Delfin 4 der Sprachstandsfeststellung im Verhältnis zur Sprachbildung eine unverhältnismäßig hohe Bedeutung beigemessen wurde und wird und das eigentlich anzustrebende Ziel einer guten sprachlichen Bildung des Kindes in den Hintergrund gerückt worden ist. So ist nach wie vor für die Fach- und Lehrkräfte in den Kindertageseinrichtungen und Schulen, aber auch für die Eltern nicht nachvollziehbar, warum der Sprachstand in einer prüfungsähnlichen Situation von Personen erfasst werden muss, die den Kindern nicht vertraut sind. Fachlich unumstritten ist, dass sich eine qualifizierte Bildungsarbeit professioneller Instrumente bedienen muss. Diese Instrumente sollten eine kontinuierliche und in den pädagogischen Alltag integrierte Beobachtung des Kindes ermöglichen. Des Weiteren sollten die Ergebnisse dieser Beobachtung Grundlage der weiteren Gestaltung der pädagogischen Arbeit und der individuellen Förderung der sprachlichen Bildung des Kindes sein. Bei allen weiteren Überlegungen zur Förderung der sprachlichen Bildung ist zu berücksichtigen , in welcher Weise Kinder ihren sprachlichen Bildungsprozess vollziehen. Sprache ist für das kindliche Denken und die Verständigung von enormer Bedeutung. Kinder erschließen sich die Welt schon sehr früh auch mit Hilfe der Sprache. Die sprachliche Entwicklung des Kindes ist eng gekoppelt an die aktive Auseinandersetzung des Kindes mit seiner unmittelbaren Umgebung und dies von Anfang an. Dabei folgt jedes Kind seinem eigenen Tempo. Um die Meilensteine der kindlichen Entwicklung und erst recht der sprachlichen Entwicklung erfolgreich erreichen zu können, braucht das Kind eine anregungsreiche Umgebung, Möglichkeiten des Experimentierens und eine Begleitung, die es ermutigt und wertschätzt in seinem Tun und ersten Verstehen der Welt. Die sprachliche Bildung des Kindes vollzieht sich in der alltäglichen Interaktion des Kindes mit seinen Bezugspersonen in der Familie und der Kindertageseinrichtung und Kindertagespflege. Wichtig ist dabei die individuelle Begleitung des Kindes bei seiner Entdeckung der Welt. Die Beantwortung der Großen Anfrage erforderte eine Abfrage bei den örtlichen Trägern von Tageseinrichtungen für Kinder. Für diese Abfrage wurde vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport ein Fragebogen über die Landesjugendämter an die Jugendämter versandt mit der Bitte, den Fragebogen an die Träger vor Ort weiterzuleiten und ausfüllen zu lassen bzw. für Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft auszufüllen. Obwohl die Abfrage parallel zu den vielfältigen anderen Aufgaben erfolgte, die von den Kindertageseinrichtungen zu bewältigen sind, liegt eine beachtliche Rücklaufquote vor. Das MFKJKS hat als Rücklauf 1.644 beantwortete Fragebögen und somit Auskunft über 5.379 (von 9.364) Einrichtungen erhalten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 5 I. Ergebnisse der Sprachstandsfestellungen zwei Jahre vor der Einschulung Vorbemerkung der Landesregierung zu den Antworten der Fragen 1 bis 4 Das Sprachstandsfeststellungsverfahren Delfin 4 wurde erstmals 2007 ein- und durchgeführt . Im Rahmen der kritischen Auseinandersetzung mit den Erfahrungen des ersten Durchgangs der Sprachstandsfeststellung wurden eine Fülle von schriftlichen, teilweise sehr ausführlichen Rückmeldungen von Eltern, Erzieherinnen und Erziehern sowie Lehrerinnen und Lehrern ausgewertet sowie zahlreiche Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern aller beteiligten Gruppen geführt. Im Ergebnis wurde das Verfahren zur Sprachstandsfeststellung im Jahre 2008 wesentlich überarbeitet mit dem Ziel, - die Rolle der Erzieherinnen und Erzieher zu stärken - den Aufwand insgesamt zu reduzieren - die notwendigen Informationen und Materialien allen Beteiligten früher zur Verfügung zu stellen. Eine wesentliche Änderung des Verfahrens betraf die erste Stufe der Sprachstandsfeststellung. Ab 2008 wurden die zunächst festgesetzten zwei Fallgruppen um eine dritte Fallgruppe erweitert : - Kinder, für die nach dem Test der ersten Stufe bereits feststeht, dass ihre Deutschkenntnisse hinreichend sind und ihre Sprachentwicklung altersgemäß ist: für diese Kinder ist das Verfahren nach der ersten Stufe beendet. - Kinder, bei denen die Ergebnisse der ersten Stufe kein eindeutiges Ergebnis erbracht haben: diese Kinder werden einige Wochen später in der zweiten Stufe einem vertiefenden Einzeltest unterzogen. - Kinder, bei denen bereits nach dem Testergebnis der ersten Stufe fest steht, dass sie eine zusätzliche Sprachförderung benötigen: für diese Kinder ist das Verfahren ebenfalls beendet, wenn auch die Erzieherin und Erzieher aus ihren bisherigen Erfahrungen mit dem Kind den zusätzlichen Sprachförderbedarf bestätigen. Aufgrund dieser Veränderung basieren die nachfolgenden Angaben in den Zeitreihen zum Teil auf unterschiedlichen Bezugsgrößen. Die von den Schulämtern gemeldeten Zahlen sind zu den Ergebnissen in der ersten und zweiten Stufe stichtagsbasiert. Insofern ergeben sich Ungenauigkeiten wegen der nach den Abfragestichtagen nicht weiter verfolgten „offenen“ Fälle. Auch sind die Angaben der Kommunen zur Anzahl der schulpflichtigen Kinder zwei Jahre vor Einschulung nicht abschließend . Bei den absoluten Zahlen ist zu beachten, dass wegen der Verschiebung des Einschulungsalters zum Schuljahr 2009/2010 auf den 31.08. und zum Schuljahr 2011/2012 auf den 30.09. der Erfassungszeitraum nicht immer genau 12 Monate umfasst hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 6 1. Wie viele Kinder wurden seit Einführung der Sprachstandsfeststellung getestet (aufgeteilt nach Jahren und nach Regierungsbezirken)? Die gewünschten Zahlen sind in der beigefügten Tabelle (Anlage: 1) nach Bezirksregierungen und Jahren aufbereitet worden. 2. Am Ende der 1. Stufe der Sprachstandsfeststellung werden die Kinder auf der Basis einer Entscheidungsmatrix Fallgruppen zugeordnet: Wie stellen sich die Ergebnisse der ersten Stufe der Sprachstandsfeststellung unter Berücksichtigung der Fallgruppen dar (aufgeteilt nach Jahren und nach Regierungsbezirken)? Die gewünschten Zahlen sind in der beigefügten Tabelle (Anlage: 2) nach Bezirksregierungen und Jahren aufbereitet worden. Da die Berücksichtigung aller drei Fallgruppen für diese Frage entscheidend war, beginnt die Zahlenreihe 2008, also nach Überarbeitung des Verfahrens . 3. Wie viele Kinder haben direkt an der zweiten Stufe des Sprachstandsfeststellungsverfahren teilgenommen, weil sie keine Kindertageseinrichtung besucht haben (aufgeteilt nach Jahren und nach Regierungsbezirken)? Kinder, die direkt an der zweiten Stufe des Sprachstandsfeststellungsverfahrens teilgenommen haben, weil sie keine Kindertagesseinrichtung besuchen, wurden nicht explizit erfasst. Die Gruppe der Kinder, die an der zweiten Stufe des Sprachstandsfeststellungsverfahrens teilnehmen, setzt sich aus folgenden Gruppen zusammen: - Kinder, über die nach der ersten Stufe noch keine eindeutige Aussage gemacht werden konnte - Kinder, die an der ersten Stufe nicht teilgenommen haben, weil sie beispielsweise krank oder noch nicht in Nordrhein-Westfalen gemeldet waren - Kinder, die keine Kindertagesstätte besuchen und unmittelbar zur zweiten Stufe eingeladen werden - - Kinder, bei denen in der ersten Stufe kein Förderbedarf festgestellt wurde, die aber auf Wunsch der Erziehungsberechtigten im Einzeltest an der zweiten Stufe teilnehmen sollen. Unter Verwendung der Daten aus der Antwort zu den Fragen 2 und 4 ließe sich allenfalls die ungefähre Anzahl derjenigen Kinder errechnen, die erst in Stufe 2 am Sprachstandsfeststellungsverfahren teilgenommen haben. Die Größenordnung der Beteiligung an der ersten und an der zweiten Stufe des Verfahrens ist aus den Anlagen 2 und 3 ersichtlich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 7 4. Wie stellen sich die Ergebnisse der zweiten Stufe des Sprachstandsfeststellungsverfahren dar (aufgeteilt nach Jahren, nach Regierungsbezirken und nach Besuch einer Kindertageseinrichtung/kein Besuch einer Kindertageseinrichtung )? Die Daten der zweiten Stufe sind in der beigefügten Tabelle (Anlage: 3) nach Bezirksregierungen und Jahren aufbereitet worden. In den Abfragemasken wurden Angaben zum Besuch einer Kindertagesstätte immer nur für die Kinder erbeten, bei denen zusätzlicher Sprachförderbedarf festgestellt wurde. Leider liegen auch zu diesem Punkt nur unvollständige Daten vor. In der Regel sind Kinder in Tageseinrichtungen bereits in der ersten Stufe erreicht worden und statistisch nur dann in der zweiten Stufe erfasst worden, wenn der Test in der ersten Stufe noch nicht eindeutig war. Im Hinblick auf den ohnehin schon hohen Verwaltungsaufwand in den Schulämtern bei der Datenerfassung und -rückmeldung wurde auf Nachfragen hierzu verzichtet. 5. Wie stellen sich die Ergebnisse der Sprachstandsfeststellung für die Kinder dar, die aufgrund der Testergebnisse in der ersten Stufe an der zweiten Stufe teilgenommen haben (aufgeteilt nach Fallgruppen aus der ersten Stufe, nach Jahren und nach Regierungsbezirken)? siehe Antwort zu Frage 3 6. Wie stellen sich die Sprachförderbedarfe nach Abschluss der zweiten Stufe unter Einbezug der Familiensprache dar (aufgeteilt nach Jahren, nach Familiensprache und nach Regierungsbezirken)? Die Ergebnisse über die Anzahl der Kinder mit zusätzlichem Sprachförderbedarf aus der ersten und zweiten Stufe des Verfahrens sind den Tabellen (Anlage 2 und 3) zu entnehmen. Die Rückmeldungen der Schulämter zu den Familiensprachen der Kinder, bei denen zusätzlicher Sprachförderbedarf festgestellt wurde, beruhen auf Angaben der Lehrkräfte bzw. der pädagogischen Fachkräfte des Elementarbereiches, die dabei nicht immer auf Fakten zurückgreifen konnten, sondern sich ggf. auf eigene professionelle Einschätzung verlassen haben (eigene Wahrnehmung, Befragung, Information durch Eltern oder Erzieherinnen und Erzieher usw.). Allerdings sind diese Informationen nicht vollständig, was quantitative Interpretationen problematisch macht. Auszug aus der Fachinformation: „Auf dem Ergebnisbogen ist bei der Familiensprache des Kindes (soweit bekannt) zu unterscheiden und anzukreuzen: - deutsch (in der Familie wird nur deutsch gesprochen), - nicht deutsch (in der Familie wird nicht deutsch gesprochen). - zweisprachig mit deutsch (in der Familie wird deutsch und eine andere Sprache gesprochen ).“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 8 7. Was sind nach Auffassung der Landesregierung die Ursachen für die festgestellten Sprachdefizite bzw. für die Entwicklung des Sprachförderbedarfs über die letzten Jahre? Über mögliche Ursachen für die festgestellten Sprachförderbedarfe liegen keine gesicherten Daten vor. Der Delfin-Test ermittelt mit Blick auf unterschiedliche Bereiche sprachlichen Handelns lediglich, ob die Sprachentwicklung der Kinder altersgerecht ist und ob zusätzlicher Sprachförderbedarf vorliegt, auf die möglichen Ursachen gibt der Test keine Hinweise. Auch für die Entwicklung der Quote von Kindern mit zusätzlichem Sprachförderbedarf liegen der Landesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor. Vergleicht man die Zahlen zwischen 2008 und 2012, also nach der Überarbeitung des 2007 erstmalig durchgeführten Sprachstandsfeststellungsverfahrens „Delfin 4“, so ist die Gruppe der Kinder mit festgestelltem Sprachförderbedarf annähernd konstant bei etwa 24 % (23,3 % in 2008 bis 24,82 % in 2011). 8. Wie wird die gesamte Sprachkompetenz von zwei- bzw. mehrsprachigen Kindern erfasst, um zwischen Kindern mit einer verzögerter Sprachentwicklung in Deutsch und Kindern mit gestörter mehrsprachiger Entwicklung zu unterscheiden ? 9. Sind im Rahmen der Sprachstandsfeststellung Unterschiede zwischen ein- und mehrsprachigen Kindern feststellbar bzw. gibt es Sprachauffälligkeiten bei Kindern mit Zuwanderungsgeschichte? Im Screeningverfahren nach „Delfin 4“ werden die phonologische Sensitivität, die lexikalischsemantischen Fähigkeiten, die morphosyntaktischen Fähigkeiten, die pragmatischen und die metasprachlichen Fähigkeiten erfasst. Die Materialien dienen ebenso nicht dem Ziel (und sind für sich allein genommen nicht geeignet), die Notwendigkeit einer sprachtherapeutischen bzw. logopädischen Übungsbehandlung zu erkennen. Sollten sich bei der Sprachstandsfeststellung Anzeichen dafür ergeben, sollen die Eltern beraten werden, Kontakt mit Kinderärztin- oder -arzt oder HNO-Ärztin/Arzt aufzunehmen und dort prüfen zu lassen, ob das Kind ggf. eine Therapie benötigt. Es geht bei der Feststellung von Sprachförderbedarf nach § 36 Schulgesetz also nicht um eine medizinische Sprachtherapie, sondern um eine Sprachförderung im pädagogischen Sinne. Das heißt: Kinder, bei denen aus medizinisch verordneten Gründen eine Sprachtherapie erfolgt, sind nicht grundsätzlich von der Sprachstandsfeststellung zwei Jahre vor der Einschulung ausgenommen, da eine pädagogische Sprachförderung in der Bildungssprache Deutsch unabhängig von einer Sprachtherapie sinnvoll und notwendig sein kann. Unabhängig von den Sprachstandsfeststellungsverfahren zeigt sich den pädagogischen Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen im Rahmen ihrer Arbeit mit allen Kindern häufig der Bedarf für eine sprachtherapeutische Abklärung. So gaben rund 91 Prozent der erfassten Träger und Einrichtungen an, dass sie den Eltern bzw. Sorgeberechtigten Hinweise zur Überprüfung eines therapeutischen Bedarfs im Rahmen der Sprachentwicklung des Kindes geben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 9 II. Sprachförderung im Elementarbereich 1. Welche Ziele werden von der Landesregierung im Zusammenhang mit der Sprachförderung im Elementarbereich, die an die Sprachstandsfeststellung anknüpft , formuliert bzw. vorgegeben? Nach dem am 01.08.2008 in Kraft getretenen Kinderbildungsgesetz (KiBiz) gilt: §13 Abs. 1 „Tageseinrichtungen führen die Bildung, Erziehung und Betreuung nach einem eigenen träger - oder einrichtungsspezifischen pädagogischen Konzept durch.“ sowie § 13 Abs. 6 Satz 1 bis 3 „Zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages gehört die kontinuierliche Förderung der Sprachentwicklung des Kindes im Sinne des § 22 Abs. 3 SGB VIII. Das pädagogische Konzept nach Absatz 1 muss auch Ausführungen zur Sprachförderung enthalten. Verfügt ein Kind nicht in altersgemäß üblichem Umfang über deutsche Sprachkenntnisse, hat die Tageseinrichtung dafür Sorge zu tragen, dass es eine zusätzliche Sprachförderung erhält.“ Die Landesregierung wird die Weiterentwicklung der Sprachförderung in Nordrhein- Westfalen auf der Grundlage der in der Vorbemerkung aufgezeigten Leitgedanken gestalten. 2. Welche Sprachförderprogramme werden im Elementarbereich in NRW zum Einsatz gebracht? Von den Einrichtungen, die eine Rückmeldung gegeben haben, setzen rund 91 Prozent ein oder mehrere Sprachförderprogramme ein. Rund 6 Prozent haben kein Sprachförderprogramm im Einsatz und knapp 3 Prozent haben keine Angabe gemacht. Folgende Sprachförderprogramme sind im Einsatz: Sprachförderprogramm* Zahl der Einrichtungen Prozent Hören-Lauschen-Lernen/ Würzburger Trainingsprogramm ** 2551 47 vom Träger entwickeltes Sprachförderprogramm 1925 36 Wir verstehen uns gut – Elke Schlösser** 1330 24 KonLab** 1205 22 Sprachförderung nach Delfin 4** 889 17 Wuppi´s Abenteuer - Reise durch die phonologische Bewusstheit** 498 9 Language Route - Ich bin Max** 416 8 Sonstige (ca. 50 weitere Nennungen) 1859 35 *Mehrfachnennung möglich ** Erläuterung der Sprachförderprogramme s. Antwort zu Frage II 3. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 10 3. Sind die zum Einsatz kommenden Sprachförderprogramme bzw. deren Inhalte und Zielsetzungen geeignet, Kinder auf die grundschulischen Sprachanforderungen vorzubereiten? In der Bewertung der Träger und Einrichtungen ergibt sich folgendes Bild: Einstufung Name des Sprachförderprogramms* v o ll s tä n d ig g e e ig n e t – in % te il w e is e g e e ig n e t – i n % k a u m g e e ig n e t – in % k e in e A n g a b e – in % Hören-Lauschen-Lernen/ Würzburger Trainingsprogramm 49 47 2 2 vom Träger entwickeltes Sprachförderprogramm 63 15 0 22 Wir verstehen uns gut – Elke Schlösser 19 57 0 24 KonLab 43 55 1 1 Sprachförderung nach Delfin 4 23 66 6 5 Wuppi´s Abenteuer - Reise durch die phonologische Bewusstheit 57 42 0 1 Language Route - Ich bin Max 73 19 0 8 Sonstige 46 47 6 1 *Mehrfachnennungen möglich Zu Inhalt und Ausrichtung der o. g. Sprachförderkonzepte wird, der gängigen Fachliteratur folgend, ergänzend folgende Erläuterung zum Programm und zur fachlichen Einschätzung gegeben: Hören-Lauschen-Lernen 1 u. 2 oder Würzburger Trainingsprogramme Hierbei handelt es sich um ein mehrfach wissenschaftlich evaluiertes und für wirksam eingeschätztes Trainingsprogramm für Kinder vor der Einschulung zur Prävention von Lese- Rechtschreib-Schwierigkeiten, das Kinder auf den Schriftspracherwerb vorbereitet. Das Programm setzt ein zuvor durchgeführtes Screening zur Ermittlung einer möglichen Lese- Rechtschreib-Schwierigkeit voraus. Solche Screeningverfahren stellen das Bielefelder Screening – BISC oder das Heidelberger auditive Screening in der Einschulungsuntersuchung - HASE dar. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 11 Das in Nordrhein-Westfalen in vielen Tageseinrichtungen für Kinder eingesetzte Bielefelder Screening und daran anknüpfende spezielle Förderprogramm „Hören-Lauschen-Lernen“ erfolgt i.d.R. in Ergänzung der Programme und Förderstrategien der allgemeinen Sprachbildung bzw. zusätzlichen Sprachförderung. Wir verstehen uns gut. Methoden und Bausteine zur Sprachförderung für deutsche und zugewanderte Kinder – Elke Schlösser Dieses Programm zielt auf die Prävention von Sprachentwicklungsstörungen und die Flankierung des Erwerbs einer gemeinsamen Verkehrssprache durch Erhöhung des Grundwortschatzes , Steigerung der kindlichen Ausdrucksweise und Förderung grammatikalischer Lerninhalte . Das Material besteht aus neun aufeinander aufbauenden Bausteinen, die sich an der Lebenswelt der Kinder orientieren und ergänzt werden um didaktische Hinweise zu unterschiedlichen Themen, wie z.B. Elternarbeit, interkulturelle Pädagogik und Mehrsprachigkeit. Die Konzeption sieht eine Sprachförderung in Kleingruppen ein- bis zweimal pro Woche für ca. 20 bis 30 Minuten vor und/oder eine Integration der Bausteine in den pädagogischen Alltag. Die Bausteine sind in die vier Teilbereiche Sprachziel, Methodik, Materialien und Reflexion der Sprachförderkraft über die Gestaltung der pädagogischen Einheit eingeteilt. KonLab KonLab ist ein Sprachförderprogramm nach Zivi Penner der Konstanzer Labor GmbH für Kinder von 3 bis 6 Jahren, das mehrere Materialpakete umfasst für die Arbeit in Kleingruppen für ca. zehn bis fünfzehn Minuten täglich und drei- bis fünfmal wöchentlich. Es handelt sich um ein dreistufiges Sprachförderprogramm, das nicht den situationsbezogenen, allgemeinen Spracherwerb der deutschen Sprache im Fokus hat, sondern den Erwerb kontextreduzierter und abstrakter Formen des Sprachgebrauchs. Es beinhaltet die drei aufeinander aufbauenden Module Sprachrhythmus/Wortbildung, Grammatik und Sprachverstehen. Delfin 4 – Sprachförderorientierungen Die von Frau Prof. Fried von der Technischen Universität Dortmund entwickelte Handreichung zur Sprachförderung „Delfin 4 – Sprachförderorientierungen“ zielt auf den autodidaktischen Ausbau der eigenen Sprachkompetenzen der pädagogischen Fachkräfte ab. Somit enthält die Handreichung Informationen und Materialien zur Unterstützung bei der Planung und Reflektion von Maßnahmen der zusätzlichen Sprachförderung für die Kinder, die nach der Sprachstanderfassung Delfin 4 einen besonderen Förderbedarf aufweisen. Die Handreichung enthält u. a. folgende Bausteine: Wortschatz, Morphosyntax, Phonembewusstheit, Erzählen, Artikulation, Elternarbeit, Selbst- und Teamqualifizierung. 2008 ist allen Tageseinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen die Handreichung „Delfin 4 – Sprachförderorientierungen “ zugesandt worden. Wuppis Abenteuer- Reise durch die phonologische Bewusstheit Hierbei handelt es sich um ein Sprachförderprogramm vorrangig zur Förderung der phonologischen Bewusstheit mit ergänzenden Bausteinen in den Bereichen Literacy, Aufmerksamkeit und Konzentration sowie auch Wortschatz und Artikulation. Das Programm, das in einen Handlungsrahmen eingebettet ist, ist als systematischer Kurs für Kleingruppen, differenziert nach den beiden Altersgruppen Kinder im letzten Halbjahr vor der Einschulung und Kinder bis zu diesem Zeitpunkt. Das Programm enthält für die Anwendung Materiallisten und Wortlisten für Reim-, Silben- und Lautspiele, Vorlesegeschichten, Kopiervorlagen für Bildkarten, etc. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 12 Language Route - Ich bin Max Das in den Niederlanden entwickelte und mit dem Begleitmaterial „Ich bin Max“ für Deutschland weiterentwickelte Sprachförderkonzept zielt auf eine Förderung des Spracherwerbs durch eine verstärkte und gezielte Interaktion zwischen pädagogischer Fachkraft und Kind im Alltag ab. Das hierfür entwickelte Material „Ich bin Max“ soll eine breit angelegte sprachförderliche Gestaltung des kindlichen Alltags unterstützen. Language Route beinhaltet fünf sich ergänzende Bausteine der Sprachförderung: Effektive Gespräche führen, interaktive Wortschatzförderung , beginnende Lese- und Schreibfähigkeiten fördern, Einbeziehung der Eltern und Einbeziehung moderner Medien. Bewertung der Landesregierung: In einer generellen Einschätzung aller Sprachförderprogramme ist zunächst festzustellen, dass die fachliche Bewertung stark davon abhängt, wie sie in den Einrichtungen eingesetzt werden und ob sie z.B. als alltagintegrierte oder zusätzliche Förderstrategie im Sprachförderkonzept der Einrichtung verankert sind. Über die Wirksamkeit von Sprachförderprogrammen und ihre Strategien zeigen wissenschaftliche Forschungsergebnisse insgesamt kein klares Bild. In der Fachwissenschaft gibt es mit Blick auf abgeschlossene und geplante Evaluationen eine kritische Einschätzung hinsichtlich der Nachhaltigkeit von nicht alltagsintegrierten Förderstrategien. Allgemein ist der fachliche Diskussionsstand in Bezug auf die Wirksamkeit der Sprachförderprogramme noch nicht hinreichend konsolidiert. Vor diesem Hintergrund wurde in der Steuerungsgruppe zur „Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich“ von Bund und Ländern gemäß Artikel 91b Abs. 2 GG eine gemeinsame Initiative von Bund und Ländern im Bereich „Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Leseförderung“ beschlossen. Das hieraus hervorgegangene Forschungsvorhaben „Bildung durch Sprache und Schrift – BISS“ hat die wissenschaftliche Überprüfung der Wirksamkeit und die Weiterentwicklung von Diagnoseinstrumenten und Förderansätzen zum Ziel (siehe auch Antwort auf Frage 15 Abschnitt II). Nordrhein-Westfalen ist an der Umsetzung des Programms beteiligt und wird die Weiterentwicklung der Sprachförderung in unserem Land mit diesem Vorhaben verzahnen. 4. Welche Sprachförderprogramme werden im Elementarbereich in NRW zur Förderung der Erstsprache, sofern diese nicht die deutsche Sprache ist, zum Einsatz gebracht? Nach Angaben der Träger und Einrichtungen werden folgende Programme bzw. Ansätze eingesetzt: „Rucksack“ „Griffbereit“ Mehrsprachige Bilderwörterbücher „native speaker“ Die von den RAAs (Regionale Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien) in Nordrhein-Westfalen entwickelten Programme „Rucksack“ (4 bis LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 13 6 Jahre) und „Griffbereit“ (U3) zielen auf die Förderung der deutschen Sprache, die Stärkung der allgemeinen Entwicklung, die Förderung der Sprachkompetenz in der Muttersprache, eine interkulturelle Erziehung und die Integration in Gesellschaft und Institutionen der frühkindlichen Bildung ab. 5. Wie lassen sich die zum Einsatz kommenden Sprachförderprogramme klassifizieren (alltagsintegrierte Sprachförderkonzeption, additive Sprachförderung oder andere)? In der Bewertung der Träger und Einrichtungen ergibt sich folgendes Bild: Einstufung* Name des Sprachförderprogramms a ll ta g s in te g ri e rt e S p ra c h fö rd e ru n g - in % z u s ä tz li c h e S p ra c h - fö rd e ru n g - i n % b e id e - i n % a n d e re - i n % k e in e A n g a b e – i n % Hören-Lauschen-Lernen/ Würzburger Trainingsprogramm 7 40 35 1 13 vom Träger entwickeltes Sprachförderprogramm 30 15 73 2 17 Wir verstehen uns gut – Elke Schlösser 24 41 32 0 5 KonLab 8 38 59 0 0 Sprachförderung nach Delfin 4 5 54 27 0 14 Wuppi´s Abenteuer - Reise durch die phonologische Bewusstheit 6 52 36 0 6 Language Route - Ich bin Max 78 3 13 0 6 Sonstige 37 26 34 1 2 *Mehrfachnennungen möglich Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle Programme im Sinne der Frage eindeutig klassifiziert werden können, da sie methodisch und pädagogisch unterschiedlich eingesetzt werden können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 14 6. Inwieweit bauen diese Sprachförderprogramme auf den Erkenntnissen aus der Sprachstandserhebung auf und wird damit den individuellen Förderbedürfnissen der einzelnen Kinder Rechnung getragen werden? Bezogen auf alle erfassten Einrichtungen gaben rund 85 Prozent der Einrichtungen an, dass die von ihnen eingesetzten Sprachförderprogramme auf den Erkenntnissen ihrer Sprachstandserhebung aufbauen. Rund 12 Prozent gaben an, dass die Sprachförderprogramme nicht auf den Ergebnissen der Sprachstandserhebung aufbauen und etwa 3 Prozent machten hierzu keine Angabe. Nach den Angaben der Träger und Einrichtungen werden folgende Verfahren zur Erhebung des Sprachstandes eingesetzt: Sprachstandserhebungsverfahren im Einsatz* Anzahl der Einrichtungen Prozent Delfin 4 5262 98 SISMIK/SELDAK** 3110 58 Bielefelder Screening (BISC) 2647 49 andere 1261 23 *Mehrfachnennungen möglich ** SISMIK - Sprachverhalten und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern in Kindertageseinrichtungen SELDAK - Sprachentwicklung und Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern Nach den Angaben der Träger und Einrichtungen ergibt sich folgendes Verhältnis zwischen den Erkenntnissen aus der Sprachstandserhebung und den eingesetzten Sprachförderprogrammen : Sprachförderung baut darauf auf* Sprachstandserhebung v o ll s tä n d ig - in % te il w e is e - in % k a u m - in % K e in e A n g a b e in % Delfin 4 38 52 13 11 SISMIK/ SELDAK 48 55 2 5 Bielefelder Screening (BISC) 59 26 12 3 andere 65 21 3 11 *Mehrfachnennungen berücksichtigt Nach den Bewertungen der Träger und Einrichtungen ergibt sich zum Zusammenhang von Sprachförderprogrammen und individuellen Förderbedürfnissen der Kinder folgendes Bild: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 15 entspricht den individuellen Förderbedürfnissen Sprachförderprogramm v o ll s tä n d ig – i n % te il w e is e - in % k a u m - in % g a r n ic h t - in % k e in e A n g a b e - in % Hören-Lauschen-Lernen/ Würzburger Trainingsprogramm 35 31 2 0 32 vom Träger entwickeltes Sprachförderprogramm 73 33 1 0 29 Wir verstehen uns gut – Elke Schlösser 32 55 0 0 13 KonLab 31 54 0 0 15 Sprachförderung nach Delfin 4 21 57 5 10 7 Wuppi´s Abenteuer - Reise durch die phonologische Bewusstheit 38 33 0 0 29 Language Route - Ich bin Max 30 6 0 0 64 Sonstige 66 38 2 0 3 *Mehrfachnennungen berücksichtigt 7. Wie sind die Sprachförderprogramme der jeweiligen Träger in Bezug auf Förderdauer und Umfang konzipiert? Siehe Tabelle (Anlage 4) 8. Wie werden Erzieherinnen/Erzieher im Rahmen ihrer Ausbildung für die Übernahme und Durchführung der Sprachförderung im Elementarbereich qualifiziert? Sprachbildung ist eine der Querschnittsaufgaben der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern , die in allen Lernfeldern des Lehrplans an Berufskollegs aufgegriffen wird. Das kompetenzorientierte Qualifikationsprofil (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.2011) benennt unter den Querschnittsaufgaben in der Ausbildung sozialpädagogischer Fachkräfte mit besonderer Bedeutung auch: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 16 - „Sprachliche Bildung im Sinne einer kontinuierlichen Begleitung und Unterstützung der Sprachentwicklung mit dem Ziel, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zu einer weitreichenden sprachlichen Kompetenz zu führen, die sie befähigt, sich angemessen und facettenreich ausdrücken zu können und vielfältigen Verstehensanforderungen gerecht zu werden“. 9. Welche Fortbildungsangebote stehen den Erzieherinnen/Erziehern für die Übernahme und Durchführung der Sprachförderung im Elementarbereich zur Verfügung ? Nach den Angaben der Träger und Einrichtungen stehen folgende Fortbildungsangebote zur Verfügung: Fortbildungsangebot* Prozent trägereigene Angebote 72 externe Angebote 88 Einzelqualifizierung 73 Teamqualifizierung 64 umfangreiche Zusatzqualifizierung mit Zertifikat (z.B. Aufbaubildungsgang an Fachschule) 54 Fortbildung zu Einzelfragen 55 Fortbildung für den Einsatz bestimmter Sprachförderprogramme 75 Teilnahme an Kongressen und Fachvorträgen 79 andere 12 keine Angabe 1 *Mehrfachnennungen möglich 10. Inwieweit erfolgen im Rahmen der Aus- bzw. Fortbildung der Erzieherinnen /Erzieher Schulungen zur Abgrenzung „Sprachförderbedarf – Sprachtherapiebedarf “? Der an den Berufskollegs angebotene Aufbaubildungsgang „Sprachförderung“ enthält u. a. Unterrichtseinheiten zur „Sprachdiagnostik“ und zur „Sprachförderung“, in denen die genannte Abgrenzung thematisiert wird. Nach Angaben der Träger und Einrichtungen ergibt sich für den Bereich der Fortbildung folgendes Bild: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 17 sehr umfangreich umfangreich wenig umfangreich gar nicht keine Angabe 5% 45% 26% 8% 16% 11. Wie hat sich in den letzten fünf Jahren die Anzahl der Kinder mit Sprachtherapiebedarf in NRW entwickelt (aufgeteilt nach Regierungsbezirken und Altersklassen )? Bei den schulärztlichen Einschulungsuntersuchungen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) werden die einzuschulenden Kinder im Hinblick auf eine eventuell vorhandene umschriebene Entwicklungsstörung des Sprechens und der Sprache untersucht. Der schulärztliche Dienst initiiert – falls erforderlich – eine weitere Diagnostik, damit die betroffenen Kinder noch möglichst vor Schulbeginn eine Sprachtherapie beginnen können. Der Anteil der Kinder, bei denen die Schulärztin oder der Schularzt eine Sprachentwicklungsstörung feststellte, stieg von 17,0 % im Jahr 2007 auf 20,1 % im Jahr 2011. 12,6 % der Kinder waren zum Zeitpunkt der Einschulungsuntersuchung 2007 bereits in sprachtherapeutischer Behandlung. Im Jahr 2011 waren es 15,2 %. Mussten die Schulärztinnen und Schulärzte bei den Einschulungsuntersuchungen für das Jahr 2007 bei 4,4 % der untersuchten Kinder eine weitere Diagnostik oder ärztliche Behandlung initiieren, war dies im Jahr 2011 bei 4,9 % der Kinder der Fall. Mädchen sind von Sprachentwicklungsstörungen weniger häufig betroffen als Jungen. Bei den Einschulungsuntersuchungen 2011 wurde bei 15,8 % der Mädchen eine Sprachentwicklungsstörung schulärztlich festgestellt – bei den Jungen waren es 24,1 %. Eine ähnliche Tendenz zeigt die Statistik der ambulanten Behandlungsdiagnosen der Kassenärztlichen Vereinigungen für die Diagnose „Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache“ (ICD-10 F80). In der Altersgruppe der 1 bis 4-Jährigen wurde im Jahr 2007 bei 15,7 % - bezogen auf alle Kinder dieser Altersgruppe, die in Nordrhein- Westfalen wohnen - eine umschriebene Sprachentwicklungsstörung diagnostiziert (Privatversicherte sind hierbei nicht erfasst). Im Jahr 2011 war dies bei 18,5 % der Kinder dieser Altersgruppe der Fall. In der Altersgruppe der 5 bis 9-Jährigen waren es im Jahr 2007 10,7 % und im Jahr 2011 13,2 % der Kinder, für die diese Diagnose gestellt wurde. Auch hier zeigt sich, dass Jungen häufiger betroffen sind als Mädchen. In der Altersgruppe der 1 bis 4-Jährigen wurde im Jahr 2011 für 15,5% der Mädchen die Diagnose gestellt – bei den Jungen waren es 21,4 %. In der Altersgruppe der 5 bis 9-Jährigen lagen die Werte für die Mädchen bei 10,5 % und für die Jungen bei 15,8 %. Insgesamt ist für beide 5-Jahres-Altersgruppen zwischen 2007 und 2011 ein jährlicher Anstieg der Behandlungsdiagnosen um ca. 5 % zu beobachten. Aus den Daten lässt sich nicht ableiten, wie viele dieser Kinder in eine Sprachtherapie überwiesen wurden. Die Auswertung der schulärztlichen Einschulungsuntersuchungen 2011 nach Regierungsbezirken zeigt ein uneinheitliches Bild: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 18 Schulärztliche Einschulungsuntersuchungen 2011 Regierungsbezirk Aufgrund der schulärztlichen Untersuchung musste eine weitere Diagnostik oder ärztliche Behandlung durch den ÖGD initiiert werden Das Kind war zum Zeitpunkt der schulärztlichen Untersuchung in ärztlicher Behandlung Düsseldorf 5,2% 15,0% Köln 5,4% 17,2% Münster 5,3% 14,1% Detmold 4,6%, 12,9% Arnsberg 3,8% 15,2% Daten aus Bonn, Kreis Kleve, Köln und dem Rhein-Sieg-Kreis liegen für 2011 nicht vor. N= 143946 (März 2013) Aufgrund der sehr heterogenen Bevölkerungsstrukturen in den einzelnen Regierungsbezirken mit unterschiedlichen Anteilen städtischer und ländlicher Regionen sind die Unterschiede auf dieser Ebene wenig aussagefähig. 12. Was sind nach Auffassung der Landesregierung die Ursachen für die Entwicklung des Sprachtherapiebedarfes von Kindern (unter Berücksichtigung der Beantwortung zu Frage 11)? Anhand der dargestellten Werte zu Frage 11 lassen sich aus Sicht der Landesregierung leider keine wissenschaftlich fundierten Kausalitäten ableiten. Festzustellen ist jedoch, dass in den letzten Jahren das Problem der Sprachentwicklung bei Kindern gesellschaftlich verstärkt diskutiert wurde. Die erhöhte Sensibilisierung und der Einsatz neuer Screeninginstrumente hat die Erkennungsrate für Sprachentwicklungsstörungen sehr wahrscheinlich erhöht – mit der Folge, dass vermehrt Kinder einer Sprachtherapie zugeführt werden. Mit der Einführung des sozialpädiatrischen Screenings für Schuleingangsuntersuchungen (SOPESS) für die schulärztlichen Untersuchungen im Jahr 2009 konnte das schulärztliche Screening des ÖGD im Bereich Sprachentwicklung wesentlich verbessert werden. Dieses Untersuchungsverfahren ermöglicht es der Schulärztin oder dem Schularzt, medizinisch relevante Sprachentwicklungsstörungen zu erkennen und die notwendigen therapeutischen Schritte einzuleiten. Ungünstige Umgebungsbedingungen wie niedriger sozioökonomischer Status, mangelnde Anregung sowie sozioökonomische Belastungen können sich nachteilig auf die Sprachentwicklung auswirken. Bei unzureichender Behandlung können Sprachentwicklungsstörungen ein Risikofaktor für die Schullaufbahn, Ausbildung und den späteren beruflichen Werdegang darstellen. Auf freiwilliger Basis werden bei den Einschulungsuntersuchungen durch den ÖGD sozialdemographische Daten, wie die Schulbildung und die berufliche Bildung der Eltern erfasst. Das Landeszentrum Gesundheit ermittelt aus diesen Angaben einen Bildungsindex. Anhand dieses Bildungsindexes lassen sich Vergleiche zwischen Kindern aus Familien mit „niedriger LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 19 Bildung“, „mittlerer Bildung“ und „hoher Bildung“ erstellen. Etwa je ein Viertel der Eltern werden den Kategorien „niedrige Bildung“ bzw. „hohe Bildung“ zugeordnet. Die Hälfte der Eltern fällt dementsprechend in die Kategorie „mittlere Bildung“. Die folgende Tabelle zeigt den statistischen Zusammenhang zwischen dem Bildungsniveau des Elternhauses und der Häufigkeit von Sprachentwicklungsstörungen. Schulärztliche Einschulungsuntersuchungen 2011 Sprach- und Sprechstörungen Bildung der Eltern Aufgrund der schulärztlichen Untersuchung musste eine weitere Diagnostik oder ärztliche Behandlung durch den ÖGD initiiert werden Das Kind war zum Zeitpunkt der schulärztlichen Untersuchung in ärztlicher Behandlung niedrige Bildung 7,9% 18,7% mittlere Bildung 4,6% 13,4% hohe Bildung 3,4% 10,4% N= 55554 (März 2013) Besonders hervorzuheben ist, dass ein entsprechender diagnostischer oder therapeutischer Bedarf bei fast 8% der Kinder aus einem bildungsfernen Milieu erst durch die schulärztlichen Untersuchungen aufgedeckt wird. Die schulärztlichen Untersuchungen tragen somit zu einer erheblichen Verbesserung der Chancengleichheit dieser Kinder bei. In Bezug auf den Migrationshintergrund – gemessen an der Erstsprache des Kindes – ergibt sich auf Grundlage der schulärztlichen Untersuchungen folgendes Ergebnis: Schulärztliche Einschulungsuntersuchungen 2011 Sprach- und Sprechstörungen Migration (erfasst durch die Erstsprache) Aufgrund der schulärztlichen Untersuchung musste eine weitere Diagnostik oder ärztliche Behandlung durch den ÖGD initiiert werden Das Kind war zum Zeitpunkt der schulärztlichen Untersuchung in ärztlicher Behandlung deutsch 4,3% 14,7% andere Erstsprache 6,6% 16,5% N= 134840 (März 2013) Bei 6,6% der Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache musste der schulärztliche Dienst eine Behandlung initiieren – bei den Kindern mit deutscher Erstsprache waren dies 4,3 %. Kinder ohne Migrationshintergrund waren zu 14,7 % zum Zeitpunkt der schulärztlichen Untersuchung bereits in sprachtherapeutischer Behandlung. Bei den Kindern mit Migrationshintergrund waren es 16,5 %. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 20 Quellen: Daten der schulärztlichen Einschulungsuntersuchungen NRW, Ambulante Behandlungsdiagnosen, Kassenärztliche Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe 13. In welcher Weise werden im Rahmen der Sprachförderung im Elementarbereich die Eltern bzw. Sorgeberechtigten bei der Sprachentwicklung ihrer Kinder einbezogen ? Nach Angaben der Träger und Einrichtungen ergibt sich folgendes Bild: Was?* Prozent Regelmäßige Elterngespräche 98 Empfehlungen von Sprachfördermaßnahmen für zuhause/ außerhalb Kindertageseinrichtung 79 Einbezug der Eltern in den Kindergartenalltag 67 Durchführung von Programmen für Eltern bzw. Eltern und Kinder in den Kindertageseinrichtungen (wie z.B. Rucksack, Griffbereit etc.) 46 Hinweise auf Überprüfung von therapeutischem Bedarf im Rahmen der Sprachentwicklung 91 andere 16 gar nicht 0 keine Angabe 0 *Mehrfachnennungen möglich 14. Inwieweit wird in Kindertageseinrichtungen das Testmaterial zu „Delfin 5“ eingesetzt , um beispielsweise die Entwicklungsschritte eines Kindes, welches an Sprachfördermaßnahmen teilgenommen hat, zu evaluieren? Nach Angaben der Träger und Einrichtungen ergibt sich folgendes Bild: vollständig teilweise kaum gar nicht keine Angabe 3% 22% 29% 39% 6% 15. Wie wird in NRW die Wirksamkeit der einzelnen Sprachförderprogramme nachgewiesen ? Zur systematischen Erforschung der Wirksamkeit haben Bund und Länder unter Beteiligung der Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) und der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) ein gemeinsames Vorhaben zur Sprachdiagnostik und Sprach- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 21 förderung beschlossen. Mit der Initiative "Bildung durch Sprache und Schrift (BISS)" wird ein fünfjähriges Forschungs- und Entwicklungsprogramm auf den Weg gebracht, das die sprachliche Bildung von Kindern sowie die in den Ländern eingeführten zahlreichen Angebote zur Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Leseförderung im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Effizienz wissenschaftlich überprüft und weiterentwickelt. An dem Programm, das im Herbst 2013 starten wird, wird Nordrhein-Westfalen mit je 8 Verbünden aus dem Elementar-, dem Primar- und dem Sekundarstufen I -Bereich teilnehmen. Die Trägerschaft des Programms liegt bei einem von Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek von der Universität zu Köln geleitetem Konsortium. Im Rahmen des Programms soll bundesweit vor allem die Wirksamkeit bestehender Sprachförderprogramme untersucht werden. Die Ergebnisse sollen schrittweise zur Weiterentwicklung der laufenden Maßnahmen zur Sprachförderung und Sprachbildung genutzt werden. Unabhängig davon gibt es einzelne Untersuchungen zur Wirksamkeit von Sprachförderprogrammen , die in das Bund-Länder-Programm einbezogen werden, beispielsweise eine Evaluation des Programms „KOALA“ durch Prof. Dr. Reich, Universität Landau, und des Programms Rucksack KiTa und Rucksack Schule durch Prof. Dr. Roth an der Universität zu Köln. Gute Gelingensbedingungen von Sprachbildung und Sprachförderung bieten u.a. die Verknüpfung des Erwerbs der Bildungssprache Deutsch und von weiteren Sprachen, einschließlich der wertschätzenden Einbeziehung von Herkunftssprachen, sowie die enge Einbeziehung der Eltern. In Nordrhein-Westfalen sieht die Einschätzung der Wirksamkeit der Sprachförderung aus Sicht der Träger der Kindertageseinrichtungen wie folgt aus: Rund 93 Prozent der erfassten Einrichtungen haben angegeben, dass die Wirksamkeit der Sprachförderprogramme nachgewiesen wird. Nach Angaben der Träger und Einrichtungen ergibt sich zum Nachweis der Wirksamkeit im Einzelnen folgende Übersicht: Wie?* Prozente allgemeine wissenschaftliche Evaluation 30 eigene wissenschaftliche Evaluation 13 Rückmeldung der Grundschulen 59 regelmäßige Beobachtung und Dokumentation 96 Sonstiges 17 nein 1 keine Angabe 5 *Mehrfachnennungen möglich LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 22 16. Wie wirksam sind die einzelnen Sprachförderprogramme im Elementarbereich? Nach Bewertung der Träger und Einrichtungen ergibt sich folgendes Bild: Einstufung* Sprachförderprogramm s e h r g u t w ir k s a m - in % g u t w ir k s a m - in % w ir k s a m – i n % w e n ig e r w ir k s a m - in % n ic h t w ir k - s a m - i n % k e in e A n g a - b e - in % Hören-Lauschen-Lernen/ Würzburger Trainingsprogramm 35 29 16 1 1 18 vom Träger entwickeltes Sprachförderprogramm 24 25 22 0 0 29 Wir verstehen uns gut – Elke Schlösser 11 18 46 0 1 24 KonLab 15 36 39 2 0 8 Sprachförderung nach Delfin 4 6 25 64 3 14 14 Wuppi´s Abenteuer - Reise durch die phonologische Bewusstheit 14 51 24 3 0 13 Language Route – Ich bin Max 63 24 12 0 0 10 Sonstige 27 40 28 1 0 5 *Mehrfachnennungen berücksichtigt III. Sprachfördermaßnahmen im Primarbereich 1. Bei wie vielen Kindern wurde im Rahmen der Anmeldung zur Grundschule ein Sprachstandsfeststellungsverfahren in den letzten fünf Jahren durchgeführt (aufgeteilt nach Jahren und nach Regierungsbezirken)? Diese Daten werden nicht landesweit erfasst. Zwar bestimmt § 36 Absatz 3 Schulgesetz, dass die Schule bei der Anmeldung feststellt, „ob die Kinder die deutsche Sprache hinreichend beherrschen, um im Unterricht mitarbeiten zu können“; dies basiert jedoch nicht auf einer landesweit einheitlichen Testdiagnostik, an der alle Kinder teilnehmen müssen. Das Anmeldeverfahren zur Aufnahme in die Grundschule ist in der Ausbildungsordnung Grundschule (AO-GS) geregelt. Die Verwaltungsvorschriften Nr. 1.5 zu § 1 Abs. 5 AO-GS schreiben vor: „1.51 Ergeben sich beim Anmeldegespräch der Schulleiterin oder des Schulleiters oder einer von ihr oder ihm beauftragten Lehrkraft mit dem Kind, das nicht an dem Sprachstandsfeststellungsverfahren zwei Jahre vor der Einschulung teilgenommen hat, Anhaltspunkte dafür, LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 23 dass es die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, stellt die Schule seinen Sprachstand in einem standardisierten Verfahren fest. 1.52 Ergibt bei der Anmeldung ein Gespräch der Schulleiterin oder des Schulleiters oder einer von ihr oder ihm beauftragten Lehrkraft mit dem Kind Anhaltspunkte dafür, dass es die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, stellt die Schule seinen Sprachstand in einem standardisierten Verfahren fest. Dafür wählt sie eines der Verfahren aus, die das Ministerium empfiehlt. Die Teilnahme des Kindes an dem Verfahren ist verbindlich.“ Die standardisierten Verfahren sind in der Antwort zur nachfolgenden Frage ausführlich beschrieben . 2. Was sind die wesentlichen Merkmale der fünf in Grundschulen in NRW anwendbaren Sprachstandsfeststellungsverfahren („Kenntnisse in Deutsch als Zweitsprache erfassen“, „Fit in Deutsch“, „Sprachstandsüberprüfung und Förderdiagnostik für Ausländerkinder“, „CITO-Sprachtest“ und „Delfin 5“)? Verfahren 1: „Kenntnisse in Deutsch als Zweitsprache erfassen“: Das vom Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung in München entwickelte Screening-Verfahren ermöglicht die Einschätzung der Kenntnisse in Deutsch als Zweitsprache sowie des Sprachverhaltens des Kindes bei der Anmeldung. Dieses vierstufige Verfahren kann nach Stufe 1 oder 2 (ca. 15 bis 30 Minuten) abgebrochen werden, wenn das Kind ausreichende Deutschkenntnisse und damit eine positive Prognose für die Sprachentwicklung erkennen lässt. Das komplette Durchlaufen aller vier Stufen sollte auf zwei Tage verteilt werden. Das Verfahren gibt Hinweise für eine gezielte Sprachförderung des getesteten Kindes . Verfahren 2: „Fit in Deutsch“: Dieses dreistufige Screening-Verfahren wurde vom Niedersächsischen Kultusministerium entwickelt. Zehn Monate vor der Einschulung kann mit Hilfe dieses Verfahrens festgestellt werden, ob das Kind in schulrelevanten Bereichen der sprachlichen Kommunikation einer Förderung bedarf. Das Verfahren bietet Kriterien für die mögliche sprachliche Zusatzförderung . Es kann nach der zweiten Stufe abgebrochen werden, wenn das Kind sich im Gespräch angemessen äußert. Das Durchlaufen aller drei Stufen dauert ca. 30 Minuten. Verfahren 3: „Sprachstandsüberprüfung und Förderdiagnostik für Ausländer- und Aussiedlerkinder (SFD)“: Der mit Unterstützung des Senators für Bildung und Wissenschaft in Bremen entwickelte Einzeltest eignet sich für Überprüfungen des Sprachstands von Kindern mit Migrationshintergrund . Die angebotenen Hilfen bei der Interpretation der Ergebnisse erlauben die Einstufung der Kinder in eine von drei Fall- oder Sprachgruppen. Diese korrespondieren mit Vorschlägen für konkrete Fördermaßnahmen. Das Verfahren kann nicht abgebrochen werden und dauert pro Kind etwa eine Stunde. Die Auswertung dauert ca. 45 Minuten. Verfahren 4: CITO - Test Zweisprachigkeit: Der Test wurde vom niederländischen Testinstitut CITO mit Unterstützung des damaligen Landesinstituts für Schule und der Stadt Duisburg entwickelt. Der Test ist computerbasiert und kann mit mehreren Kindern gleichzeitig durchgeführt werden. Die Durchführung des LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 24 Tests dauert etwa 40 Minuten. Die Ergebnisse stehen unmittelbar nach Beendigung des Tests zur Verfügung. Der Test dient allein der Ermittlung eines rezeptiven Sprachvermögens von Kindern mit Migrationshintergrund , die Deutsch als Zweitsprache gelernt haben. Bei den Kindern, deren Familiensprache Türkisch ist, wird mit Hilfe des Tests auch ihr Sprachstand in Türkisch ermittelt . Mit dem Test können auch die Sprachkenntnisse von Kindern mit Deutsch als Erstsprache erhoben werden. Auf der Grundlage der Testergebnisse erstellt das Programm für jedes Kind ein Sprachstandsprofil, aus dem die Schule individuelle Fördermaßnahmen ableiten kann. Verfahren 5: „Delfin 5“: „Delfin 5: Besuch im Weltall (BiW)“ ist ein standardisiertes Screeningverfahren auf der wissenschaftlichen Grundlage des Feststellungsverfahrens Delfin 4, mit dem bei Kindern im Alter von fünf Jahren der Sprachstand in zentralen Bereichen des Deutschen (Bildungssprache ) überprüft werden kann. Aufgabe von Delfin 5 ist es, die Kinder herauszufiltern, • deren Sprachentwicklung nicht altersgemäß ist und/oder • die die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrschen. Den Kindertageseinrichtungen kann das Verfahren als zusätzliches Instrument dienen, um den aktuellen Sprachstand der Kinder zu bestimmen und um die weitere Förderung der Kinder zu planen. Delfin 5 ist ein Einzeltest. Er umfasst Aufgaben zu vier Sprachbereichen, die laut Forschung präzise erkennen lassen, ob bei einem Kind Sprachentwicklungsrisiken gegeben sind. Delfin 5 enthält neun Untertests mit Aufgaben zu den nachfolgenden vier Bereichen: - Aufgabenbereich (1) Wortschatz Untertests: Wortverständnis und Wortproduktion - Aufgabenbereich (2) Phonembewusstheit Untertests: Reime erkennen, Wörter unterteilen und Anlaute er- kennen - Aufgabenbereich (3) Morpho-Syntax Untertests: Sätze nachsprechen, Pluralbildung und grammatikal ische Korrektheit - Aufgabenbereich (4) Erzählfähigkeit Untertest: Bilderzählung - Aufgabenbereich (4) Erzählfähigkeit Untertest: Bilderzählung 3. Was sind die Anforderungen an die deutsche Sprache, die ein Kind zum Zeitpunkt der Anmeldung einer Grundschule beherrschen sollte? Die Schulpflicht gilt unabhängig vom jeweilig erreichten Sprachstand. Es gibt daher keine formulierten Anforderungen an Kinder in Bezug auf die deutsche Sprache zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Grundschule. Entsprechende Kompetenzerwartungen werden jedoch im Rahmen schulischer Bildung durch die Lehrpläne für das Ende der Schuleingangsphase formuliert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 25 4. Inwieweit berücksichtigen die im Rahmen des Elementarbereiches eingesetzten Sprachfördermaßnahmen diese (grund-) schulischen Anforderungen? Siehe hierzu Antwort zu Frage II Nr. 3. 5. Bei wie vielen der getesteten Kinder wurde in den letzten fünf Jahren im Rahmen der Anmeldung zu einer Grundschule ein Sprachförderbedarf festgestellt (aufgeteilt nach Jahren und nach Regierungsbezirk)? Siehe dazu Antwort zu Frage III.1. 6. Welche Rückschlüsse können aus den Sprachstandsfeststellungen (bei Anmeldung zur Grundschule) in Bezug auf die Qualität der Sprachförderung in den Kindertageseinrichtungen gezogen werden? Keine, da sich die Überprüfung des Sprachstands bei Anmeldung zur Grundschule in der Regel nur auf diejenigen Kinder bezieht, die nicht am Feststellungsverfahren nach Delfin 4 teilgenommen haben. 7. Wie viele Kinder, die im Rahmen der Sprachstandsfeststellung im Elementarbereich an Sprachfördermaßnahmen teilgenommen haben, haben auch in der Grundschule an weiteren Maßnahmen zur Sprachförderung teilgenommen? Der aufnehmenden Grundschule sind Daten eines Kindes aus dem Elementarbereich aus Datenschutzgründen nur bekannt, wenn die Erziehungsberechtigten bei der Anmeldung zur Grundschule einer entsprechenden Weitergabe der Daten eines Kindes aus der Kindertagesstätte an die aufnehmende Grundschule zustimmen. Ob und in welchem Umfang diese Daten von Eltern weitergereicht werden, wird im Rahmen der Schulstatistik nicht erhoben. Grundschulen in Nordrhein-Westfalen erarbeiten in Lehrer- und Fachkonferenzen ein Förderkonzept für die jeweilige Schule. Dieses kann Maßnahmen sowohl der inneren Differenzierung als auch der äußeren Differenzierung sowie zusätzliche Förderangebote umfassen. Neben den Fördermaßnahmen enthält das Förderkonzept auch Aussagen darüber, mit welchen Diagnoseverfahren und zu welchen Zeitpunkten die Lernentwicklung der Schülerinnen und Schüler überprüft werden. Hierzu zählt auch die Feststellung des Sprachstandes. Nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 Ausbildungsordnung Grundschule (AO-GS) wird jedes Kind individuell gefördert. Die Förderung erfolgt vor allem im Unterricht, darüber hinaus aber auch in damit verbundenen außerunterrichtlichen Fördermaßnahmen. 8. Wie wird sichergestellt, dass Kinder, die beim Verlassen einer Kindertageseinrichtung über weiteren Sprachförderbedarf verfügen, auch in der Grundschule eine adäquate weitere Sprachförderung erhalten? Jede Grundschule ermittelt im Rahmen einer schulischen Diagnostik den Lern- und Entwicklungsstand jeder Schülerin bzw. jedes Schülers. Hierzu zählt auch die sprachliche Entwicklung . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 26 „Kinder, die bis zum Eintritt in die Grundschule noch keine ausreichende deutsche Sprachkompetenz entwickeln konnten, werden durch schulische Fördermaßnahmen soweit unterstützt , dass sie im Unterricht mitarbeiten können. Das betrifft Kinder, die in einer spracharmen Umgebung aufwachsen und vor allem jene Kinder, deren Muttersprache oder Herkunftssprache nicht Deutsch ist. Ihnen wird im Rahmen der Vorgabe des Landes auch muttersprachlicher Unterricht angeboten.“ (Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule NRW, S. 12). Dieses Anrecht der Kinder, auf individuelle Förderung ist auch in der Ausbildungsordnung Grundschule festgeschrieben: „(1) Schülerinnen und Schüler werden durch die Grundschule individuell gefördert. Dies gilt vor allem für Kinder, die besonderer Unterstützung bedürfen, um erfolgreich im Unterricht mitarbeiten zu können. Das schulische Förderkonzept kann Maßnahmen der äußeren wie der inneren Differenzierung sowie zusätzliche Förderangebote umfassen.“ (§ 4 Abs. 1 AO-GS NRW). „Individuelle Förderung“ im Unterricht hat ihren Ursprung in einer kooperativen Unterrichtsentwicklung des Kollegiums, die auch außerunterrichtliche Angebote der Sprachförderung und Sprachbildung mit einbezieht. Es setzt sich in diesem Bereich Ziele, einigt sich auf grundlegende Indikatoren für gelingende individuelle Förderung und bezieht diese auf die einzelnen Fächer. Das schulinterne Förderkonzept wird regelmäßig evaluiert und daraufhin angepasst. Ein solcher systemischer Ansatz stellt damit ein abgestimmtes schulinternes Spiralcurriculum in den Mittelpunkt und verhindert reines additives Fördern. Die Schuleingangsphase (Klassen 1 und 2) bietet vor diesem Hintergrund besondere Möglichkeiten , ein Kind entsprechend seiner individuellen Entwicklung zu fördern. Benötigt eine Schülerin bzw. ein Schüler mehr Zeit zum Lernen, weil beispielsweise noch Defizite im sprachlichen Bereich bestehen, so kann die Schuleingangsphase auch in drei Schulbesuchsjahren durchlaufen werden. Der Besuch im dritten Jahr wird nicht auf die Dauer der Schulpflicht angerechnet. Durchgängige Sprachbildung ist schließlich im Rahmen des Erwerbs der deutschen Sprache und von Fremdsprachen, auch im Hinblick der im Teilhabeund Integrationsgesetz vom 6.2.2012 verankerten „Wertschätzung der natürlichen Mehrsprachigkeit “ zu betrachten. 9. Wie stellt sich der weitere Ablauf dar, wenn bei einem Kind im Rahmen der Anmeldung zur Grundschule ein Sprachförderbedarf festgestellt wird? Wenn bei der Anmeldung zur Grundschule bei einem Kind ein Sprachförderbedarf festgestellt wird, soll die Schule „[…] Kinder ohne die erforderlichen Sprachkenntnisse zum Besuch eines vorschulischen Sprachförderkurses verpflichten, soweit sie nicht bereits in einer Tageseinrichtung für Kinder entsprechend gefördert werden.“ (§ 36 Abs. 3 SchulG). Hierzu können Fördermittel im Anschluss an die Sprachstandsfeststellungen im Rahmen der Grundschulanmeldung in Höhe von derzeit 350 Euro pro Kind gewährt werden, wenn das Kind nicht am Delfin-4-Verfahren teilgenommen hat. Die Sprachförderung findet in der Regel in den von den Jugendämtern benannten Familienzentren oder Kindertageseinrichtungen vor Ort statt. Nimmt ein Kind – entgegen der Verpflichtung durch die Schule – an einem vorschulischen Sprachförderkurs in einem Familienzentrum nicht teil, so liegt eine Ordnungswidrigkeit nach § 126 SchulG vor. „(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig als Eltern nicht dafür sorgt, dass ein zur Teilnahme an einem vorschulischen Sprachförderkurs verpflichtetes Kind regelmäßig daran teilnimmt.“ (§ 126 Abs. 1.3). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 27 Eine solche Ordnungswidrigkeit kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Mit Eintritt in die Schule wird ein Kind mit Sprachdefiziten im Rahmen der individuellen Förderung durch die Schule gefördert. 10. Welche Sprachförderprogramme werden in den nordrhein-westfälischen Grundschulen zum Einsatz gebracht? Das Ministerium für Schule und Weiterbildung schreibt angesichts der sehr unterschiedlichen regionalen und sozialen Rahmenbedingungen der rund 3000 Grundschulen in Nordrhein- Westfalen keine einheitlichen Sprachförderprogramme für den Einsatz in den Schulen vor. Es liegt in der pädagogischen Verantwortung der Schulen, im Rahmen ihrer Schulprogrammarbeit eigenverantwortlich ein auf den jeweiligen Schulstandort und unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen abgestimmtes Sprachförderkonzept zu erstellen. Hierbei kommen auch kommunal angebotene Sprachförderprogramme, wie beispielsweise DEMEK, ELLERESSEMENE, Rucksack Schule oder KOALA zum Einsatz: DEMEK (Deutschlernen in mehrsprachigen Klassen) beruht auf dem Prinzip der generativen Textproduktion. Die Kinder bekommen einen vorgegebenen Text und tauschen nach und nach einzelne Elemente (z. B. Subjekte, Prädikate) durch andere aus, wodurch sich die grammatische Struktur ändert. Jedes Kind erstellt seinen eigenen Text und lernt dadurch implizit die Besonderheiten der deutschen Sprache. Im Zentrum steht der Regelunterricht. Dem Förderunterricht kommt dabei die Aufgabe zu, das im Regelunterricht Erlernte zu ergänzen und zu vertiefen und die Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern. ELLERESSEMENE ist ein Sprachförderprogramm, das bereits in der Kindertagesstätte genutzt und dann in der Grundschule aufbauend eingesetzt werden kann. Dabei lernen alle Kinder in Kindertageseinrichtung und Grundschule zunächst einmal einen Grundwortschatz, auf dessen Basis weitere Sprach- und Sacharbeit stattfindet. Dieser bildet die kleinste gemeinsame Kommunikationsbasis für alle Kinder. Ausgehend vom Grundwortschatz erfolgt dann der systematische Sprachaufbau, zunächst durch Artikelkennzeichnung. Die korrekte Artikelkennzeichnung bildet die Grundlage für die Satzarbeit, bei der das Kind in die Lage versetzt werden soll, grammatisch und inhaltlich korrekte Sätze zu produzieren und Sprachäußerungen zu verstehen. Eine Symbolschrift dient als visuelle Unterstützung der Satzarbeit und hilft den Kindern dabei, grammatische Bezüge herzustellen. In Wortbildungsübungen wird den Kindern bewusst gemacht, dass verschiedene Wortkombinationen neue Wortbedeutungen hervorrufen oder ein und dasselbe Wort in unterschiedlichen Zusammenhängen benutzt werden kann. In der Grundschule wird auf diesem Wissensstand aufgebaut und die Sprachkompetenz mehr und mehr erweitert. Rucksack Schule ist ein Programm der RAA in NRW, das sprachsensiblen Regelunterricht in allen Fächern mit Elternbildung verbindet. Die Anforderungen des Lernens in der Grundschule werden den Eltern vermittelt und Unterrichtsinhalte des Regelunterrichts mit Anregungen für familiäre Unterstützung parallelisiert vermittelt. Womöglich, wird das Programm mit Koala verbunden. KOALA (KOordinierte ALphabetisierung im Anfangsunterricht der Grundschule) ist als Angebot für den Primarbereich konzipiert worden und ist auf 2 Jahre hin ausgelegt. Zielsetzung ist die koordinierte Alphabetisierung im Anfangsunterricht der Grundschule. KOALA ist ein Konzept zur Alphabetisierung von zweisprachigen Kindern durch eine systematische Alphabetisierungsmethode in zwei Sprachen, wobei die Unterrichtsmethode, die kontrastive Arbeit und Sachunterrichtsthemen aufeinander abgestimmt werden. Das Konzept basiert auf der Kooperation der Klassenlehrerin/des Klassenlehrers und der Muttersprachenlehrkraft. Von LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 28 Anfang an wird in den sogenannten Team-Teaching-Stunden kontrastiv gearbeitet, sodass die Kinder die Unterschiede zwischen der deutschen und z. B. türkischen Sprache erkennen und lernen, Fehler zu vermeiden. Kinder, die mit der deutschen Muttersprache aufwachsen, profitieren von dieser Sprachbetrachtung, da ihnen Grundsätze und Strukturen der deutschen Sprache bewusster werden. Türkische Kinder erfahren eine Ich-Stärkung. Als erfreulicher weiterer Effekt stellt sich meistens größeres Verständnis und Toleranz für die jeweils andere Sprache und Kultur ein. Weitere Erkenntnisse über gelingende Konzepte zur Sprachbildung in Schulen könnten sich auch aus dem Forschungsvorhaben „Bildung durch Sprache und Schrift – BISS“ ergeben (vgl. Antwort zur Frage 15). 11. Wie wird die Sprachförderung für förderungsbedürftige Schüler/Innen im schulischen Alltag organisiert (Lerngruppen, alltagsintegrierte Sprachförderung und/oder vgl.)? Die Sprachförderung von förderungsbedürftigen Schülerinnen und Schülern im schulischen Alltag basiert auf schulinternen Förderkonzepten im Unterricht. Die Sprachförderung kann über innere und äußere Differenzierung organisiert sein: - Bei der inneren Differenzierung nehmen die Schülerinnen und Schüler am Regelunterricht teil und erhalten differenzierte Materialien oder Aufgabenstellungen, die ihrem individuellen Lernstand entsprechen und sie dabei unterstützen, ihre Sprachkompetenz weiterzuentwickeln . Besonders in offenen Lernsituationen und im jahrgangsgemischten Lernen bieten sich gute Möglichkeiten der inneren Differenzierung. - Bei der äußeren Differenzierung erhalten die Schülerinnen und Schüler eine spezielle Förderung in Kleingruppen. Diese kann als zusätzliche Förderung vor und nach dem Unterricht stattfinden oder in bestimmten Unterrichtsphasen anstelle des planmäßigen Unterrichts. Viele Schulen organisieren auch sogenannte „Förderbänder“, d.h. Zeiten, in denen differenzierte Unterrichtsangebote für Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Klassen angeboten werden, um sowohl den begabten Schülerinnen und Schülern, als auch denen mit Unterstützungsbedarfen, eine leistungsangepasste Unterstützung zu bieten. Diese Angebote richten sich explizit an Schülerinnen und Schüler mit Sprachförderbedarfen. Im Rahmen von FörMig wurden von den Ländern Sachsen und Schleswig-Holstein gemeinsam Niveau-Beschreibungen DaZ für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund entwickelt und von der TU Dresden wissenschaftlich begleitet. Diese können als Grundlage genutzt werden, um den Bedarf an sprachlicher Förderung im Primarbereich, wie auch im Bereich der Sekundarstufe I zu definieren bzw. zu analysieren. 12. Wie erfolgt die Sprachförderung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Schwerpunkt „Sprache“ in der Regelgrundschule? Ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt Sprache bzw. eine Sprachbehinderung kann vorliegen, wenn „der Gebrauch der Sprache nachhaltig gestört und mit erheblichem subjektiven Störungsbewusstein sowie Beeinträchtigungen in der Kommunikation verbunden ist, so dass er bzw. sie durch schulbegleitende oder zeitlich begrenzte stationäre Maßnahmen nicht behebbar ist.“ (§ 5 Abs. 2 Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (AO-SF)). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 29 Sprachförderung geschieht in allgemeinen Schulen wie in Förderschulen nach einer individuellen Lernausgangsanalyse und entsprechend der individuell für die jeweilige Schülerin bzw. den jeweiligen Schüler erforderlichen Maßnahmen. Dies kann im Unterricht, d.h. in der Klassensituation, aber auch in Einzel- oder Kleingruppenförderung geschehen. Unerlässlich ist die Planung und Durchführung sonderpädagogischer Förderung/ Förderplanerstellung und ggf. der sprachtherapeutischen Maßnahmen, die Zusammenarbeit aller Beteiligten (Kind, Eltern, Lehrkräfte, Fachdienste), die gemeinsame Gestaltung sprachförderlicher Angebote in Unterricht und Schule (Lehrkräfte), die Berücksichtigung sonderpädagogischer Belange im Unterricht sowie die Förderung des gemeinsamen Lebens und Lernens der Schülerinnen und Schüler durch die Unterstützung der Kontakte untereinander in Unterricht und Schulleben. Sonderpädagogische Förderangebote sind inhaltlich und organisatorisch in die Unterrichtsvorhaben der allgemeinen Schule einzugliedern. 13. Wie hat sich die Anzahl der Beantragungen für zweckgebundene Stellen, die gemäß dem Konzept für die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte und beantragt werden können, in den letzten fünf Schuljahren entwickelt (auf-geteilt nach Regierungsbezirken)? Die Stellen zur „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund; Verwendung der Stellen für Integrationshilfen“ wurden gemäß Erlass vom 19.07.2004 verteilt. Dabei wurden die Schuljahre 2010/2011 und 2011/2012 zusammengefasst. Ab dem Schuljahr 2012/2013 werden die Integrationsstellen aufgrund Erlass vom 29.06.2012 „Vielfalt gestalten – Teilhabe und Integration durch Bildung; Verwendung von Integrationsstellen“ verteilt . Der anliegenden Tabelle (Anlage 5) sind sowohl die zugewiesenen als auch die beantragten und als förderwürdig eingestuften Maßnahmen – hier gleich Stellen – aufgeteilt nach Bezirksregierungen der letzten fünf Schuljahre zu entnehmen. 14. Welche Fördermaßnahmen sind in der Grundschule für Kinder vorgesehen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist? Das Zusammentreffen von Menschen fordert einen wertschätzenden und sensiblen Umgang mit kultureller Differenz und Vielfalt. Dies ist eine Grundvoraussetzung zur Herstellung von Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit. Integration orientiert sich daher als Querschnittsaufgabe an den Bedarfen und Potenzialen der Menschen mit Migrationshintergrund in ihren verschiedenen Lebenslagen sowie an den Prinzipien des „Diversity Management“, der Interkulturalität, der Mehrsprachigkeit und der individuellen Förderung. An Grundschulen in Nordrhein-Westfalen findet für Kinder, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, Förderung in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) statt. Hierzu entwickeln die Schulen eigene Förderkonzepte, die speziell auf die Schülerschaft des Einzugsgebiets der jeweiligen Grundschule ausgerichtet sind (siehe dazu auch Antwort auf Frage III 10). Lehrkräfte können Fortbildungsangebote zur DaZ-Förderung wahrnehmen. Neben den für schulische Fortbildung zuständigen Kompetenzteams in den 53 Schulamtsbezirken bieten auch die zurzeit im Ausbau befindlichen Kommunalen Integrationszentren NRW (ehemals Regionalen Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA)) entsprechende Angebote an. An der RAA in Remscheid beispielsweise werden Fortbildungen speziell für LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 30 Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter im Rahmen ihrer zweiten Phase der Lehramtsausbildung an Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) in NRW angeboten. Ziel der Verwendung von Integrationsstellen ist die Teilhabe und Integration durch Bildung, insbesondere im Hinblick auf interkulturelle Unterrichts- und Schulentwicklung und durchgängige Sprachbildung. Die Integrationsstellen werden gleichermaßen für in Nordrhein- Westfalen bereits seit längerer Zeit lebende wie neu zugezogene Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund verwandt, insbesondere in Schulen, Wohngebieten und Regionen mit einem hohen Anteil von Menschen in wirtschaftlichen und sozialen Problemlagen. Schulen stellen einen Antrag auf Durchführung eines Vorhabens unter Zuweisung von Integrationsstellen . Der Antrag enthält ein schulisches Integrationskonzept. Die Bewilligung erfolgt nach Abschluss einer schriftlichen Zielvereinbarung zwischen Schulaufsicht und Schulleitung auf der Grundlage der im Antrag enthaltenen Angaben. Die in den Anträgen beschriebenen Ziele sind spezifisch, d. h. eindeutig definiert und so präzise wie möglich, evaluierbar. Sie sind von den Beteiligten akzeptiert, realistisch und somit im Projektzeitraum umsetz- und terminierbar. Die Umsetzung kann ggf. auch mit Zwischenschritten erfolgen. 15. In welcher Weise erfolgt im Rahmen der Grundschule eine Sprachförderung von Kindern in ihrer jeweiligen Erstsprache? Nach § 1 Schulgesetz hat jeder junge Mensch ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung. Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte werden in Nordrhein-Westfalen bereits vor Aufnahme in die Grundschule sprachlich gefördert. Darüber hinaus wird in Nordrhein-Westfalen Unterricht in der Herkunftssprache angeboten. Für die Kinder und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte sind die mitgebrachten Herkunftssprachen und die Kultur der Herkunftsländer Teil ihrer Identität; sie sind für ihre Persönlichkeitsentwicklung von besonderer Bedeutung. Überdies ist Mehrsprachigkeit ein kultureller Reichtum in einer immer stärker zusammenwachsenden Welt. Der Unterricht in der Herkunftssprache ist ein zusätzliches Angebot, das für die am meisten in Nordrhein-Westfalen gesprochenen Herkunftssprachen von Schülerinnen und Schülern mit einer Zuwanderungsgeschichte nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen und organisatorischen Möglichkeiten und unter staatlicher Schulaufsicht an den Schulen eingerichtet wird. Herkunftssprachlicher Unterricht wird in der Primarstufe dort angeboten, wo die Anzahl der Kinder einer gemeinsamen Herkunftssprache die Bildung einer mindestens 15 Schülerinnen und Schüler umfassenden Lerngruppe dauerhaft ermöglicht. Der herkunftssprachliche Unterricht ergänzt in der Regel mit fünf Wochenstunden den Unterricht in Regelklassen und Vorbereitungsklassen der Primarstufe. Aufgabe des Unterrichts ist es, auf der Grundlage des gültigen Lehrplans die herkunftssprachlichen Fähigkeiten in Wort und Schrift zu erhalten, zu erweitern und wichtige interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln. Zurzeit wird der Herkunftssprachenunterricht in Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Farsi, Griechisch, Italienisch, Kroatisch , Kurmanci, Mazedonisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Serbisch, Slowenisch, Spanisch und Türkisch angeboten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 31 16. Wie bauen die zum Einsatz kommenden Sprachförderprogramme inhaltlich auf den Sprachförderprogrammen aus dem Elementarbereich auf bzw. knüpfen an diese an, um eine durchgehend konsistente Sprachförderung von Kindern mit Förderbedarfen sicherzustellen? Das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen schreibt keine landesweiten Förderprogramme für Grundschulen vor. Und auch nach § 13 Abs. 1 i. V. m. Abs. 6 KiBiz führen die Träger von Kindertageseinrichtungen die Bildung, Erziehung und Betreuung – und damit auch die Sprachförderung – nach einem eigenen träger- oder einrichtungsspezifischen pädagogischen Konzept durch. Da zudem in einer Schulklasse Kinder verschiedenen Alters mit unterschiedlichen Begabungen, aus sehr unterschiedlichen Elternhäusern und aus verschiedenen Tageseinrichtungen zusammenkommen, handelt es sich in jedem Fall um eine sehr heterogene Schülerschaft, sodass das Prinzip der individuellen Förderung die angemessene pädagogische Antwort auf die Herausforderungen jeder Lerngruppe in der Schuleingangsphase ist. Jede Grundschule in Nordrhein-Westfalen erstellt im Rahmen ihrer Schulprogrammarbeit ein Förderkonzept für alle Kinder, die in die Grundschule aufgenommen werden, unabhängig davon, aus welcher Kindertagesstätte das Kind stammt. Durch die systematische Verbesserung wurden gute Grundlagen für eine Kooperation von Elementar- und Primarbereich geschaffen, in der sich Grundschulen und Kindertageseinrichtungen in der Regel über ihre pädagogische Arbeit austauschen und Förderkonzepte miteinander abstimmen. Wenn die Eltern der Weitergabe der Bildungsdokumentation an die Grundschule zustimmen, kann darauf die individuelle Förderung ihres Kindes aufgebaut werden. 17. Wie werden die Lehrkräfte in Bezug auf die Übernahme und Durchführung von Sprachfördermaßnahmen in der Grundschule ausgebildet? Das Lehrerausbildungsgesetz 2009 hat für alle Lehrämter obligatorisch den Bereich „Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte“ mit mindestens 6 Leistungspunkten eingeführt. An allen Lehrer ausbildenden Hochschulen sind darüber hinaus Sprachförderprojekte (Mercator-Stiftung und Projekt „Chancen der Vielfalt nutzen lernen“ von MAIS und MSW) angesiedelt, die überwiegend Sprachförderung im Grundschulbereich in die Lehrerausbildung integrieren. Der Lernbereich „Sprachliche Grundbildung“ ist zudem von allen Studierenden im Lehramt Grundschule obligatorisch mit 55 Leistungspunkten zu belegen . 18. Welche Fortbildungsangebote stehen für Lehrkräfte in diesem Bereich zur Verfügung ? Die 53 Kompetenzteams für Lehrerfortbildung in den Kreisen und Städten unterbreiten Fortbildungsangebote zur Sprachstandsfeststellung und zur Sprachförderung. Im Schuljahr 2011/12 haben 449 Lehrkräfte an Fortbildungen zur Sprachstandsfeststellung und 2.460 Lehrkräfte an Fortbildungen zur Sprachförderung teilgenommen. Darüber hinaus wird zurzeit über die landesweite Koordinierungsstelle der Kommunalen Integrationszentren (bisherige RAA-Hauptstelle) ein Pool von Lehrkräften zur Beratung und Qualitätsentwicklung von Schulen im Bereich einer durchgängigen Sprachbildung aufgebaut. Gemeinsam mit den Bezirksregierungen und auf der Grundlage der Ergebnisse von „FÖR- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 32 MIG“ und „FÖRMIG-Transfer“ werden Konzepte wie die oben beschriebenen DEMEK, KOA- LA, QUISS, ELLERESSEMENE, Rucksack Schule systematisch und flächendeckend zugänglich gemacht. Eine enge Zusammenarbeit mit den Kompetenzteams ist vorgesehen. Der geplante Beratungspool wird schrittweise bis zum 01.08.2014 aufgebaut. Ziel ist es, die kommunalen Integrationszentren bei der Koordination und Unterstützung von Schulen bei der Durchführung durchgängige Sprachbildung und interkultureller Schulentwicklung systematisch zu qualifizieren und zu begleiten. Erste Voraussetzungen wurden durch das vom Ministerium für Schule und Weiterbildung gemeinsam mit der Stiftung Mercator initiierte Projekt „Sprachsensible Schulentwicklung in sozialen Brennpunkten“ geschaffen, das zum 01.02.2013 gestartet wurde und das beginnend mit den Klassen 5 und 6 vorwiegend Hauptschulen, Gesamtschulen und Sekundarschulen anspricht. Weiterhin wurde ebenfalls zum 01.02.2013 ein Vertrag des Ministeriums für Schule und Weiterbildung mit der Universität Duisburg/Essen zum ebenfalls von der Stiftung Mercator geförderten Projekt „pro DAZ“ abgeschlossen, in dem es um die Weiterentwicklung und Implementation von „Deutsch als Zweitsprache“ geht. Angesichts der zunehmenden Zahl neu zuwandernder Menschen, beispielsweise aus Bulgarien und Rumänen, soll auch die Qualifizierung von „Deutsch als Fremdsprache“ (DAF) ausgeweitet werden. 19. In welcher Weise werden die Eltern bzw. Sorgeberechtigten im Rahmen der Grundschule bei der Sprachförderung ihrer Kinder einbezogen? Es ist grundständiger Auftrag einer jeden Grundschule, die Eltern bei der Erziehungs- und Bildungsarbeit einzubeziehen. Dies vollzieht sich durch „Information über die Richtlinien und Lehrpläne sowie durch die Rückmeldungen der Lehrkräfte über den Unterricht, die Bewertungskriterien und den Leistungsstand sowie die Möglichkeit am Unterricht teilzunehmen“ (Richtlinien und Lehrpläne 2008, S. 18). Darin ist die Sprachförderung einbezogen, da sie integraler Bestandteil des Unterrichtsangebotes ist. Eltern werden dadurch in die Lage versetzt , zu Hause mit ihren Kindern über die Arbeit im Unterricht zu sprechen, sie zum Lernen anzuhalten und sich mit den Lehrkräften über Lernfortschritte und Lernschwierigkeiten auszutauschen (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 18 „Rucksack/Schule“). Zudem ist in den letzten Jahren viel für die Verbesserung der Partizipation von Eltern in der Schule unternommen worden (z. B. Elternnetzwerk NRW/ „Integration gemeinsam“). Grundsätzlich ist für jedes Kind mit anderer Familiensprache als Deutsch unter Einbeziehung aller Fächer ein individueller Förderplan zu entwickeln, durchzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Nach Möglichkeit sollen die Eltern einbezogen werden. 20. Welche Vorgaben bestehen für die Bildungssprache „Deutsch“ im Rahmen der Grundschule? In den Richtlinien und Lehrplänen der Grundschule für das Fach Deutsch wird der Begriff „Bildungssprache“ nicht verwendet. In der Fachliteratur ist die Bildungssprache ein zentraler Bereich des Deutschen. Zu ihr gehört „die stark formale, wohlgeformte, monologische Ausdrucksweise der öffentlichen Rede. Sie erlaubt weitgehende gesellschaftliche Partizipation. Alltagssprache hingegen enthält eher informelle, wenig durchgeformte, dialogische Redeweisen. Ihre Verwendung ist 'im Privaten' funktional. Sie erlaubt aber nur eingeschränkt die Teilhabe an relevanten Bereichen des öffentlichen Raums. Das Bildungssystem ist der Ort für die Einführung in das facettenreiche LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 33 Repertoire der Bildungssprache, das weitgehende gesellschaftliche Teilhabe erlaubt. Zugleich ist Bildungssprache das Medium der im Laufe einer Bildungsbiographie zunehmend abstrakten, von fachlichen Anforderungen und durch Schriftlichkeit geprägten Sprache der Vermittlung von schulischem Wissen“ (http://www.foermig.uni-hamburg.de). Insbesondere bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern hat Delfin 4 deshalb nicht die Funktion , deren gesamte Sprachkompetenz zu erfassen, sondern deren Sprachkompetenz in zentralen Bereichen des Deutschen (Bildungssprache). Der Erwerb der deutschen Sprache ist für Schülerinnen und Schüler, deren Familiensprache nicht Deutsch ist, eine wichtige Voraussetzung für ihren Bildungserfolg und die Entfaltung ihrer Potentiale und Fähigkeiten im deutschen Schulsystem. Sprachförderung sollte daher so früh wie möglich beginnen. Die Arbeit in der Grundschule setzt die ggf. vor Schuleintritt im Elementarbereich begonnene Sprachförderung kontinuierlich und systematisch fort. Dabei muss die Grundschule die Sprachfähigkeiten so weit fördern, dass sich erfolgreiches Lernen in den weiterführenden Schulen anschließen kann. Um die jeweilige Lernausgangslage zu ermitteln, sind fortlaufende Beobachtungen der Lernentwicklungen sowie Sprachstandserhebungen in regelmäßigen Abständen als Grundlage für die individuelle Förderung unumgänglich . Die sprachliche Förderung von Kindern nicht deutscher Herkunft erfolgt nicht nur im Deutschunterricht oder im Förderunterricht. Eine gezielte und systematische Hinführung zur Bildungssprache ist Aufgabe und Verantwortung aller Lehrkräfte und muss in allen Fächern verankert sein. Um thematische Abstimmungen zu erreichen bzw. kontrastive Spracharbeit zu ermöglichen, ist eine enge Koordinierung der Unterrichtsarbeit aller Lehrerinnen und Lehrer einschließlich der Lehrkräfte des herkunftssprachlichen Unterrichts erforderlich. Verdeckte Sprachschwierigkeiten Bei vielen Kindern nichtdeutscher Herkunft ist von verdeckten Sprachschwierigkeiten auszugehen . Sie haben einerseits besondere Fähigkeiten entwickelt, sich mit mangelndem Wortschatz und geringen morphologischen Kenntnissen in der mündlichen Alltagskommunikation zu bewähren; andererseits erreichen sie jedoch zu selten die für erfolgreiches schulisches Lernen notwendigen Anforderungen einer kontextreduzierten, kognitiv anspruchsvollen, schriftlichen Fachkommunikation. Typische Fehlermuster gezielt bearbeiten Die Schwierigkeiten beim Erlernen der deutschen Sprache ergeben sich aus Besonderheiten , die das Deutsche von vielen Herkunftssprachen unterscheiden. Um typische Fehlermuster , z.B. bei der Verbstellung, der Kasuswahl oder der Adjektivflexion, vorbeugend und gezielt intervenierend aufgreifen zu können, ist es für alle Lehrerinnen und Lehrer von entscheidender Bedeutung, diese Besonderheiten der deutschen Sprache zu kennen. Grundlage der Wortschatzarbeit sind Sammlungen von Fachwortschatzlisten, die Informationen über die grammatischen Eigenschaften der Wörter enthalten (z.B. Angabe des Artikels und der Mehrzahlform). Die grammatischen Eigenschaften der Fachwörter und deren Verwendung sowie die drei Satztypen mit der jeweils unterschiedlichen Stellung des Verbs sollten im Kontext thematisiert und geübt werden: im Deutsch- und im Deutschförderunterricht systematisch in didaktischen Schleifen, im Unterricht der anderen Fächer situationsorientiert und begleitend . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 34 Spezifische Schwierigkeiten des Deutschen sind z. B.: die Vielzahl von Möglichkeiten, den Plural von Nomen zu bilden die verschiedenen Deklinationstypen und ihre jeweiligen Endungen; ein besonderes Problemfeld ist hier die grammatische Kongruenz zwischen Artikeln, Adjektiven und Nomen die unregelmäßigen Verben die unterschiedliche Perfektbildung mit „haben“ und „sein“ der Satzrahmen im Deutschen, der durch das zwei- oder mehrteilige Prädikat gebildet wird die von der Satzart abhängige Wortstellung mit der Zweitstellung, Spitzenstellung oder Endstellung der Personalform des Verbs die Vielzahl bedeutungsverändernder Morpheme (Vorsilben, Nachsilben) die Bildung und Bedeutung substantivischer Zusammensetzungen Die strukturellen Unterschiede zwischen dem Deutschen und den Familiensprachen der Kinder führen als sog. spezifische Interferenzen zu objektiven Lernschwierigkeiten für die Kinder mit anderer Familiensprache. Sprachvergleichende Betrachtungen und Darstellungen können hier das Verständnis und die Bearbeitung manchmal scheinbar unerklärlicher Fehler erleichtern. Oft helfen auch Kontakt und Kooperation mit den Unterrichtenden des Herkunftssprachlichen Unterrichts. Grundsätzlich ist für jedes Kind mit anderer Familiensprache unter Einbeziehung aller Fächer ein individueller Förderplan zu entwickeln, durchzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Nach Möglichkeit sollen die Eltern einbezogen werden (s. Frage III 19). „Ein spezifischer Förderunterricht ist erforderlich, wenn Kinder in solchen sprachlichen Bereichen Probleme haben, die den deutschen Kindern in der Regel keine Schwierigkeiten machen .“ (Richtlinien und Lehrpläne 2008, S. 24). 21. Welche Änderungen wurden in den vergangenen fünf Jahren an den Vorgaben für die Bildungssprache „Deutsch“ in den Grundschulen vorgenommen? In den vergangenen fünf Jahren sind keine Änderungen an den Richtlinien und Lehrplänen vorgenommen worden. 22. Welche Anforderungen bestehen an das Beherrschen der Bildungssprache „Deutsch“ am Ende der Grundschulzeit? Im Lehrplan Deutsch für die Grundschule sind die erwarteten Kompetenzen am Ende der Klasse 4 konkret ausgewiesen (vgl. Richtlinien und Lehrpläne 2008, S. 28 ff.). Da sich die Sprachstandsfeststellung und die Sprachförderung zunächst auf die „gesprochene Sprache“ konzentriert, führt die folgende Zusammenstellung beispielhaft auf, welche Kompetenzen im Bereich „Sprechen und Zuhören“ von allen Schülerinnen und Schülern am Ende der Klasse 4 auf dem ihnen jeweils möglichen Niveau erwartet werden: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 35 „2.1 Sprechen und Zuhören Die Schülerinnen und Schüler entwickeln ihre Fähigkeiten weiter, sich verständlich, sprachlich korrekt und adressaten- und situationsgerecht auszudrücken. Anderen zuzuhören, sich an Gesprächsregeln zu halten sowie Meinungsunterschiede und Konflikte konstruktiv zu lösen , nehmen bei der Entwicklung einer Gesprächskultur einen wichtigen Stellenwert ein. Beim Erzählen und im szenischen Spiel erwerben die Schülerinnen und Schüler wirksame Ausdrucksmittel und lernen sie kreativ einzusetzen. 1.1 Schwerpunkt: Verstehend zuhören Die Schülerinnen und Schüler zeigen Zustimmung oder Ablehnung stellen gezielt Rückfragen (z. B. bitten um Erklärungen, fragen nach Hintergründen oder Beispielen) 1.2 Schwerpunkt: Gespräche führen Die Schülerinnen und Schüler bringen Gesprächsbeiträge wie eigene Ideen und Meinungen ein und greifen die Beiträge anderer auf beachten gemeinsam entwickelte Gesprächsregeln (z. B. beim Thema bleiben) begründen eigene Meinungen beschreiben eigene Gefühle (z. B. Angst in Streitsituationen) und reagieren auf die Befindlichkeiten anderer begründen eigene Meinungen diskutieren gemeinsam Anliegen und Konflikte und suchen nach Lösungen 1.3 Schwerpunkt: Zu anderen sprechen Die Schülerinnen und Schüler sprechen artikuliert und an der gesprochenen Standardsprache orientiert sprechen funktionsangemessen: erzählen, informieren, argumentieren verwenden sprachliche und sprecherische Mittel gezielt: Wortschatz, Intonation, Körpersprache planen Sprechbeiträge für Gesprächssituationen situationsangemessen (z. B. Lernergebnisse vorstellen, Vorschläge für die Streitschlichtung vorbereiten) beschreiben gelernte Inhalte mit Fachbegriffen (z. B. Gattungsbegriffe wie Märchen, Fabel, Gedicht) fassen gelernte Sachverhalte zusammen und tragen sie – auch durch Medien gestützt – vor sprechen über Lernerfahrungen und unterstützen andere in ihrem Lernprozess LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 36 1.4 Schwerpunkt: Szenisch spielen Die Schülerinnen und Schüler versetzen sich in eine Rolle und gestalten sie sprecherisch, gestisch und mimisch gestalten Situationen in verschiedenen Spielformen.“ (vgl. Richtlinien und Lehrpläne Grundschule 2008, S. 27 – 29) „Sprechen und Zuhören ist immer auch soziales Handeln. Es geht insgesamt darum, eigene Gedanken und Gefühle auszudrücken, Informationen zu geben und zu verarbeiten, auf andere einzuwirken, Probleme zu klären und Entscheidungen zu treffen sowie Verantwortung zu übernehmen und mit anderen zusammen zu arbeiten. Die Fähigkeit, eigene Arbeits- und Lernprozesse zu entwickeln und mit anderen zu reflektieren, nimmt ebenfalls einen wichtigen Stellenwert ein. Gelingende mündliche Verständigung erfordert differenzierte Ausdrucksmöglichkeiten auf der verbalen und der nonverbalen Ebene. Schülerinnen und Schüler lernen, sich in Gesprächen an gemeinsam erarbeitete Regeln zu halten, eigene Positionen sachlich und fair zu vertreten, die Überlegungen anderer zu bedenken und ggf. die eigene Sichtweise zu revidieren. Beim Erzählen und beim szenischen Spielen verarbeiten sie Erlebnisse und erproben vielfältige Darstellungsmöglichkeiten für Gedanken und Gefühle. Im reflektierenden Gespräch über die Wirkung der eingesetzten Mittel entwickeln sie ihre Ausdrucksmöglichkeiten und damit ihre Persönlichkeit. Schwerpunkte sind: Verstehend zuhören, Gespräche führen, Zu anderen sprechen, Szenisch spielen.“ (vgl. Richtlinien und Lehrpläne Grundschule 2008, S. 25) IV. Sprachfördermaßnahmen in weiterführweiterführenden Schulen 1. Wie wird die methodische Kontinuität in der Bildungssprache „Deutsch“ zwischen Grund- und weiterführenden Schulen sichergestellt? Die Kernlehrpläne aller Schulformen der Sekundarstufe I knüpfen an die Kompetenzerwartungen am Ende der Klasse 4 der Grundschule an mit dem Ziel, die sprachlichen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler, d.h. ihre Verstehens-, Ausdrucks- und Verständigungsfähigkeit weiterzuentwickeln. Der Deutschunterricht baut dabei auf den in der Grundschule erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf und bereitet auf den Übergang in weitere Ausbildungszusammenhänge vor (vgl. Kernlehrpläne Deutsch für die Schulformen der Sekundarstufe I). Der fächerübergreifenden Bedeutung der Bildungssprache Deutsch tragen die Lehrpläne insofern Rechnung, als sie dem Deutschunterricht für das sprachliche Lernen in allen Fächern orientierende Funktion zuweisen, indem Elemente sprachlichen Lernens und Sprachfragen aus anderen Fächern und für andere Fächer genutzt werden. Die Sprachkompetenzen von Kindern und Jugendlichen anderer Herkunftssprachen werden in den Kernlehrplänen als Chance begriffen, dass sie aus ihren Erfahrungen der Mehrsprachigkeit einen Beitrag zur vertieften Sprachkompetenz und Sprachbewusstheit leisten können . Gleichzeitig wird aber auch darauf verwiesen, dass sie in besonderer Weise breit angelegter sprachlicher Lernangebote und Fördermaßnahmen bedürfen und dass bei der Leistungsbewertung „ihre sprachliche Biografie angemessen zu berücksichtigen“ sei. Dies wird in den jeweiligen Kapiteln der Kernlehrpläne zur Leistungsfeststellung dahingehend konkreti- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 37 siert, dass für diese Schülerinnen und Schüler im Bereich der sprachlichen Darstellungsleistung die Lernausgangslage sowie der individuelle Lernfortschritt ebenso bedeutsam ist wie der bereits erreichte Lernstand. 2. In welcher Weise wird beim Wechsel von einer Grund- zu einer weiterführenden Schule ein möglicherweise bestehender Sprachförderbedarf festgestellt? Zurzeit gibt es keine wissenschaftlich erprobten und validen Tests, die an Schulen der Sekundarstufe I eingesetzt werden könnten. Insofern erheben die Schulen Lernausgangslagen mit unterschiedlichen pädagogischen Instrumentarien. Dazu gehört in einem Teil der Schulen auch der Einsatz des an der Gesamtschule Duisburg-Meiderich entwickelten „Duisburger Sprachstandstests“. Ergebnisse zur Weiterentwicklung und zur Implementation von Testverfahren werden vor allem vom Bund-Länder-Programm „Bildung in Sprache und Schrift“ erwartet . 3. Sind die vorhandenen Instrumente geeignet, die Sprachfördermaßnahmen in den Grundschulen auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen? Siehe Antwort auf Frage 2. 4. Welche Sprachfördermaßnahmen werden in den weiterführenden Schulen in NRW zum Einsatz gebracht? Sprachbildung ist eine durchgängige Querschnittsaufgabe aller Schulformen. Sie beschränkt sich nicht auf das Fach Deutsch, sondern findet in allen Fächern statt. Über die Ausgestaltung eines schuleigenen Konzepts zur Sprachbildung entscheidet die einzelne Schule im Rahmen ihres Schulprogramms. Eine zentrale Vorgabe oder Erhebung zu bestimmten Maßnahmen erfolgt nicht. In der Hauptschule ist die Stärkung der Sprach- und Lesekompetenz Grundlage für erfolgreiches Lernen in allen Bereichen. Ein besonderer Schwerpunkt der Jahrgangsstufe 5/6 liegt deshalb in der Förderung einer altersgemäßen Sprachentwicklung und der Beherrschung der deutschen Sprache als Unterrichtssprache. Da die deutsche Sprache für eine große Anzahl der Schülerinnen und Schüler der Hauptschule nicht ihre Herkunftssprache ist, stehen insbesondere für diese Altersgruppe zur Stärkung der Kompetenz in der Unterrichtssprache Deutsch speziell ausgebildete Lehrkräfte in den Kompetenzteams auf Schulamtsebene zur Verfügung. Bei der Erarbeitung schuleigener Förderkonzepte werden Hauptschulen, die unter besonders schwierigen Rahmenbedingungen arbeiten, durch speziell qualifizierte SprachFörderCoaches unterstützt. Gesamtschulen, die zusätzliche Stellen für die Sprachförderung in den Klassen 5 und 6 in Anspruch nehmen möchten (siehe Ausführungen zu Ziffer IV.2), sind dazu verpflichtet, ein schuleigenes Förderkonzept zu erstellen, in dem die Beteiligung aller Fächer, die Verknüpfung mit anderen Maßnahmen zur Sprachförderung und ihre Verankerung im Schulprogramm beschrieben werden sollen. Das Förderkonzept ist zwischen der jeweiligen Schule und der oberen Schulaufsicht abzustimmen. Unabhängig davon können Gesamt- und Sekundar- und Gemeinschaftsschulen weitere Sprachfördermaßnahmen anwenden. Die Schulen entscheiden in eigener Verantwortung, welche Sprachfördermaßnahmen an ihren Schulen eingesetzt werden. Beispielhaft sind hier genannt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 38 Sprachbildung im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht für mehrsprachige und einsprachige Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5/6, 7/8 sowie 9/10 Leseschule NRW Lese- und Schreibstrategien in der Sekundarstufe I Intensive Sprachförderung von Seiteneinsteigerinnen und Seiten-einsteigern ohne Deutschkenntnisse in der Sekundarstufe I. Für Realschulen ist die Förderung der deutschen Sprache vor dem Hintergrund der sich zunehmend verändernden Klientel der Schülerinnen und Schüler unerlässlich. Wenngleich es kein einheitliches Förderkonzept für Realschulen des Landes gibt, verfügen alle Realschulen über schulinterne Förderpläne im Rahmen der individuellen Förderung. Hierfür werden an der Realschule die Ergänzungsstunden genutzt, die laut Ausbildungsordnung im Umfang von 14 Jahreswochenstunden zur Verfügung stehen. Förderung in der deutschen Sprache darf jedoch nicht nur defizitorientiert erfolgen. Aufgrund der großen Zahl der Jugendlichen, die nach der Klasse 10 in die Oberstufe eines Gymnasiums oder einer Gesamtschule wechseln, werden Fördermaßnahmen initiiert, die stärkenorientiert angesetzt sind. Einzelne Schulen verfügen über sehr ausgefeilte Förderkonzepte, teilweise mit universitärer Begleitung. 5. In welcher Weise knüpfen die Sprachförderung in den weiterführenden Schulen an die Sprachfördermaßnahmen in den Grundschulen an? In der Erprobungsstufe steht im Vordergrund, vorhandene Strategien und Gestaltungsmöglichkeiten von schriftlicher und mündlicher Kommunikation zu sichern und zu erweitern. Insbesondere geht es dabei um die gezielte Erweiterung des Basiswissens in Bezug auf den normgerechten Umgang mit der Schriftsprache Deutsch und Bildungssprache, dies spiegelt sich auch in den Kompetenzerwartungen wider. 6. Wie ist die Bildungssprache Deutsch curricular in den weiterführenden Schulen verankert? In den 2011 und 2012 in Kraft gesetzten neuen Kernlehrplänen für alle Fächer der Hauptschule und einige Fächer der Realschule und Gesamtschule sind Hinweise und Vorgaben zu einem sprachsensiblen Fachunterricht als eigenes Kapitel bzw. als Anhang im Kernlehrplan berücksichtigt. Im webbasierten Unterstützungssystem ‚Lehrplannavigator‘ finden sich darüber hinaus unterrichtspraktische Beispiele sowie Materialien für sprachförderlichen Fachunterricht . Dieses Internetangebot wird ständig weiter entwickelt und ausgebaut. 7. Welche Änderungen wurden in den Curricula „Deutsch“ für die weiterführenden Schulen in den vergangenen fünf Jahren vorgenommen? Die unter Punkt 6. skizzierten curricularen Vorgaben zum sprachförderlichen Fachunterricht werden zukünftig Bestandteil aller neu entwickelten Kernlehrpläne – auch im Fach Deutsch. Bisher wurden, wie oben dargestellt, Vorgaben zum sprachsensiblen Fachunterricht in den LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3328 39 Kernlehrplan Deutsch für die Hauptschule in 2011 sowie in den Kernlehrplan Deutsch für die Abendrealschule mit Inkraftsetzungserlass vom 04.12.2012 aufgenommen. Anlage: 1 zur Frage I.1 Übersicht über alle im Verfahren getesteten Kinder Reg.Bezirk 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Arnsberg 35077 30717 32093 31148 25955 29288 Detmold 21580 19268 20151 19762 16374 18133 Düsseldorf 46710 43002 44033 44376 37197 42109 Köln 42403 38599 39931 39798 34002 38061 Münster 26279 23402 23977 23845 19720 22151 NRW 172049 154988 160185 158929 133248 149742 Anlage: 2 zur Frage I.2 Übersicht über die Ergebnisse der ersten Stufe Reg-Bezirk 2007 2008 2009 2010 2011 2012 gelb grün rot gelb grün rot gelb grün rot gelb grün rot gelb grün rot gelb grün Arnsberg 13685 17461 4603 8452 14621 5499 9094 15090 5468 7634 15148 5014 5664 12931 5833 6074 15157 Detmold 7383 11247 2168 4295 9700 2469 4813 10534 2426 4775 10231 2287 3575 8882 2596 3633 10082 Düsseldorf 17663 24207 6226 11455 21544 7210 11233 21897 7418 10508 22679 6633 8040 19547 7951 8221 22459 Köln 15430 22616 4242 10408 20814 5812 10306 21267 5676 9713 21702 5032 6848 17844 6224 7388 21527 Münster 9354 14856 2672 7006 12441 2974 6887 12962 3214 6128 13075 2827 5020 10569 3167 4841 12530 NRW 63515 90387 19911 41616 79120 23964 42333 81750 24202 38758 82835 21793 29147 69773 25771 30157 81755 Bemerkungen: rot= Kinder, die eine zusätzliche Sprachförderung benötigen gelb= Kinder, bei denen der Test noch nicht eindeutig war und die an der zweiten Stufe teilnehmen sollen grün= Kinder, deren Deutschkenntnisse hinreichend sind und ihre Sprachentwicklung altersgemäß war Anlage: 3 zur Frage I.4 Übersicht über die Ergebnisse der zweiten Stufe Reg,-Bezirk 2007 2008 2009 2010 2011 2012 rot grün rot grün rot grün rot grün rot grün rot grün Arnsberg 7224 10392 3639 7854 3623 7881 3457 7075 2568 5442 2646 5652 Detmold 3450 6883 1720 5680 1761 5387 1795 5310 1319 3886 1288 4167 Düsseldorf 8819 13684 4879 10353 4733 10193 4910 9369 3768 7249 3859 7840 Köln 6838 12949 4942 8601 3860 8992 3903 8517 3275 7851 3032 7278 Münster 4102 7321 2249 6040 2330 5711 2258 5298 1663 4661 1723 4731 NRW 30433 51229 17429 38528 16307 38164 16323 35569 12593 29089 12548 29668 Bemerkungen: rot= Kinder, die eine zusätzliche Sprachförderung benötigen grün= Kinder, deren Deutschkenntnisse hinreichend sind und ihre Sprachentwicklung altersgemäß war Anlage 4 zur Antwort der Landesregierung zur Großen Anfrage zu II Frage 7 *Mehrfachnennung möglich Einrichtungen Kommunale Kirchliche Freie Sonstige Gesamt Anzahl der Einrichtungen Prozent Anzahl der Einrichtungen Prozent Anzahl der Einrichtungen Prozent Anzahl der Einrichtungen Prozent Anzahl der Einrichtungen Prozent Anzahl 1801 2268 978 332 5379 Pro Tag* 15 Min. 309 17 547 24 447 46 94 28 1397 26 30 Min. 201 11 398 18 176 18 49 15 824 15 45 Min. 166 9 182 8 81 8 39 12 468 9 60 Min. 287 16 33 1 14 1 4 1 338 6 mehr 17 1 54 2 28 3 37 11 136 3 Pro Woche* 1x 113 6 351 15 118 12 59 18 641 12 2x 167 9 368 16 34 3 65 20 634 12 3x 463 26 186 8 75 8 16 5 740 14 4x 112 6 124 5 39 4 13 4 288 5 5x 217 12 285 13 172 18 89 27 763 14 Alltagsintegriert nicht zeitlich erfassbar 1524 85 1894 84 226 23 / 3644 68 Einrichtungen Kommunale Kirchliche Freie Sonstige Gesamt Anzahl der Bögen Minuten Anzahl der Bögen Minuten Anzahl der Bögen Minuten Anzahl der Bögen Minuten Anzahl der Bögen Minuten Minuten Gesamt pro Woche 130 116 523 97 227 82 99 93 979 95 Schuljahr 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 Anlage zu 111. Nr.13 zugewiesene Integrationsstellen Arnsberg Arnsberg* Detmold 660,0 a) 440,0 659,6 a) 439,7 659,6 50,6 439,7 659,6 50,6 439,7 652,4 50,6 433,0 Detmold* 62,1 60,2 . 75,2 75,2 317 . , * nicht berückSichtigte Maßnahmen (in Stellen) a) Angaben nicht dokumentiert Düsseldorf 830,0 829,5 829,5 829,5 822,8 "j:l" t"3r : 5 Düsseldorf* '. Köln Köln* Münster Münster * 73,7 691,0 124,0 387,0 56,4 24,5 690,5 130,5 . 386,7 56,7 92,1 690,5 157,0 386,7 . 70,1 92,1 689,5 158,0 386,7 70,1 108,8 682,5 165,5 379,7 86,5 Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/3328