LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3348 21.06.2013 Datum des Originals: 20.06.2013/Ausgegeben: 26.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1258 vom 22. Mai 2013 der Abgeordneten Monika Pieper PIRATEN Drucksache 16/3027 Zwangszuführungen zum Unterricht Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 1258 mit Schreiben vom 20. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und der Ministerin für Familie. Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zur Maßnahme der Zwangszuführungen von Schülern zum Unterricht gemäß §41 SchulG frage ich die Landesregierung: 1. In welchem Umfang wurden in den vergangenen fünf Jahren Zwangszuführun- gen von Schüler zum Unterricht durchgeführt? Bitte nach Schulformen aufschlüsseln . Hierzu liegen der Landesregierung keine Zahlen vor. 2. Wie schätzt die Landesregierung die Wirksamkeit von Zwangszuführungen im Hinblick auf die regelmäßige Teilnahme am Unterricht ein? § 41 Schulgesetz NRW (SchulG NRW) sowie der Runderlass „Überwachung der Schulpflicht “ des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 4.2.2007 (ABl. NRW. S. 155) sehen bei Schulpflichtverletzungen ein gestaffeltes Verfahren vor, bei dem stets die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gewahrt werden muss. Maßnahmen wie die zwangsweise Zuführung , das Ordnungswidrigkeitenverfahren oder der Verwaltungszwang nach dem Verwal- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3348 2 tungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG NRW) können nebeneinander, aber auch unabhängig voneinander im Falle von schwerwiegenderen Schulpflichtverletzungen angewandt werden . 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Rechtmäßigkeit von Zwangszuführungen, die ohne richterlichen Beschluss als Verwaltungsakt durchgeführt werden? Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für Zwangszuführungen findet sich in § 41 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW in Verbindung mit §§ 66 bis 75 VwVG NRW. Weitere Erläuterungen zum Verfahren finden sich unter Punkt 3.4 in dem unter Frage 2 angegebenen Runderlass. 4. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu den Maßnahmen vor, die zur Betreuung von Schulverweigerern in den Städten und Gemeinden durchgeführt werden? Die Förderung von Projekten zur Vermeidung schulischen Scheiterns trägt der Problematik von schulverweigernden Jugendlichen Rechnung. Diese Angebote richten sich an noch schulpflichtige junge Menschen, die den Unterricht nicht mehr oder nur noch sporadisch besuchen . Ziel so genannter Schulmüdenprojekte ist es, durch sozialpädagogische Begleitung oder auch über werkpädagogische Angebote eine persönliche Stabilisierung der Jugendlichen zu erreichen und Lernmotivation neu zu entwickeln. Die Projekte zur Vermeidung schulischen Scheiterns können als die Schule ersetzende Maßnahmen (Beschulung an einem anderen Ort), als präventive Maßnahmen der Beratung und Begleitung, als soziale Gruppenarbeit in Klassenverbänden oder auch als Blockangebote für Klassen und Gruppen stattfinden. Diese außerschulischen, alternativen Lernformen, sollen es „schulmüden“, aber noch schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern ermöglichen, ihre Schulpflicht bzw. einen Teil der Schulpflicht zu absolvieren und in den schulischen Unterricht zurück zu finden. Dies geschieht in Kooperation mit den Schulen und dem jeweiligen Schulamt. Im Jahr 2012 wurden in Nordrhein-Westfalen aus Mitteln des Kinder- und Jugendförderplanes 53 Projekte zur Vermeidung schulischen Scheiterns gefördert. Diese hatten rd. 6.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Einzelberatungen, Gruppenberatungen und in Werkstattangeboten . Darüber hinaus wurden durch das aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanzierte Bundesprogramm Schulverweigerung - Die 2. Chance, als Teil der Initiative „JUGEND STÄRKEN“, in Nordrhein-Westfalen an 34 Standorten Anlaufstellen in Form von lokalen Koordinierungsstellen geschaffen. Diese beraten Schülerinnen und Schüler, die ihren Schulabschluss durch aktive oder passive Schulverweigerung gefährden. Von September 2011 bis September 2012 konnten hierüber rd. 1.400 junge Menschen betreut werden. 5. Welche Maßnahmen zur Prävention von Schulmüdigkeit führt die Landesregie- rung derzeit durch? Einer drohenden „Schulmüdigkeit“ als ein komplexes Phänomen mit vielfältigen Einflussfaktoren auf sozialer, familiärer, schulischer und individueller Ebene soll auf schulischer Ebene insbesondere durch eine bestmögliche individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen begegnet werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3348 3 Die Gestaltung der individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern gehört zum Verantwortungsbereich der eigenverantwortlichen Schulen in NRW (Schulgesetz §§ 1, 2 und 50) und dient dem Ziel, alle Kinder und Jugendlichen nach ihren jeweiligen Fähigkeiten, Neigungen und Leistungen bestmöglich zu fördern. Hierbei werden die Schulen in vielfältiger Weise vom Land unterstützt, z.B. durch  eine Verbesserung der Rahmenbedingen für schulisches Arbeiten (Ausbau des Ganztags, etc.),  den Aufbau des landesweiten Netzwerks „Zukunftsschulen NRW“ (In diesem Netzwerk werden Schulen unter einem Dach zusammengefasst, die bereits Erfahrungen in der Netzwerkarbeit und der individuellen Förderung haben),  das Fortbildungsprogramm „Vielfalt fördern“ in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung . Eine weitere Unterstützung erfolgt durch das Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule - Beruf in NRW“, das alle Schülerinnen und Schüler in den Blick nimmt und möglichst vielen Jugendlichen einen erfolgreicheren Bildungsverlauf bzw. Start in die berufliche Ausbildung oder das Studium ermöglichen soll als es ihnen bisher möglich war.