LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3358 24.06.2013 Datum des Originals: 21.06.2013/Ausgegeben: 27.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1299 vom 31. Mai 2013 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/3116 NRW-Bürgschaft für Süßwarenunternehmen – Welche Informationen kann die Landesregierung für eine nachvollziehbare Haushaltskontrolle geben? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1299 mit Schreiben vom 21. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut eines Zeitungsartikels vom 29.06.2012 der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) erhielt das Dortmunder Süßwarenunternehmen van Netten GmbH eine Bürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen über knapp sechs Millionen Euro. In einem weiteren Zeitungsartikel der WAZ vom 03.01.2013 wird berichtet, dass die Landesregierung Anfang des Jahres dem Dortmunder Süßwarenunternehmen van Netten eine Bürgschaft von rund sieben Millionen Euro zusicherte. Wie nun am 29.05.2013 durch den Insolvenzverwalter Dr. Paul Fink bekannt wurde, wird das Traditionsunternehmen ab dem 01.06.2013 abgewickelt. Auch der letzte übrig gebliebene Investor habe sich Anfang der letzten Woche aufgrund zu hoher arbeitsrechtlicher Risiken zurückgezogen, sodass die Abwicklung des Unternehmens und Freistellung der Mitarbeiter als einzig logische Konsequenz für den Insolvenzverwalter übriggeblieben sei. Nachdem der Insolvenzverwalter nach Bekanntgabe des Insolvenzantrages nun seit acht Monaten erfolglos eine Lösung zur Rettung des Unternehmens gesucht hat, musste er den Beschäftigten nun mitteilen, dass die über 100 jährige Firmengeschichte zu Ende geht. Durch den Ausfall des Schuldners van Netten GmbH haben die Gläubiger des Unternehmens finanzielle Ansprüche gegenüber dem Land Nordrhein-Westfalen, sofern die Ansprü- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3358 2 che der Gläubiger nicht im Insolvenzverfahren gedeckt werden können. Dem Land Nordrhein -Westfalen wird somit aller Voraussicht nach ein finanzieller Schaden entstehen. Aus der „Bürgschaftsrichtlinie des Landes Nordrhein-Westfalen für die Wirtschaft und die freien Berufe sowie die Land- und Forstwirtschaft“ geht hervor, dass die Bürgschaftsvoraussetzungen für Kredite durch das Land nur erfüllt sind, wenn deren Rückzahlung durch den Kreditnehmer bei normalem wirtschaftlichem Ablauf erwartet werden kann. Zusätzlich dürfen Bürgschaften nur ausgesprochen werden, wenn die Kredite zur Sanierung auf einer Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzeptes zur dauernden Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit genutzt werden. Vorbemerkung der Landesregierung Landesbürgschaften werden auf der Grundlage der „Bürgschaftsrichtlinien des Landes Nordrhein -Westfalen für die Wirtschaft und die freien Berufe sowie die Land- und Forstwirtschaft“ (SMBl. NRW 651) übernommen. Das Finanzministerium entscheidet gemäß Nr. 9.2.1 der vorstehenden Richtlinien über die Bewilligung der Landesbürgschaft, nachdem zuvor der Landesbürgschaftsausschuss gem. Nr. 9.1.10 der Richtlinien mit Stimmenmehrheit Empfehlungen zu dem Antrag beschlossen hat. Nach Nr. 10 dieser Bürgschaftsrichtlinien sind alle Verhandlungen, Beratungen, Unterlagen und Auskünfte vertraulich zu behandeln und dürfen Dritten gegenüber nicht offenbart werden . Das gilt auch dann, wenn in diversen Presseartikeln eine solche Landesbürgschaft erwähnt wurde. Bereits im Antragsverfahren können die Antragsteller davon ausgehen, dass ihre Angaben einschließlich der Tatsache, dass eine Landesbürgschaft beantragt worden ist, vertraulich behandelt werden. Im Gegenzug wird ein umfassender Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse gewährt. Vor diesem Hintergrund ist eine Beantwortung der gestellten Fragen 1 – 3 nicht möglich, hinsichtlich der Frage 4 kann die Beantwortung nur in allgemeiner Form erfolgen. 1. Wie viele Bürgschaften wurden für das Unternehmen van Netten GmbH ausge- sprochen? 2. In welchem Umfang wurden Bürgschaften für das Süßwarenunternehmen aus- gesprochen? 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung vor, wie es trotz des schlüssi- gen Sanierungskonzeptes (nach Nr. 3.3 der Bürgschaftsrichtlinie) zu einer Insolvenz und nun angekündigten Abwicklung des Unternehmens kommen konnte? Siehe Vorbemerkung. 4. Wie ist eine Vergabe einer Bürgschaft mit Nr. 3.1 der Bürgschaftsrichtlinie des Landes Nordrhein-Westfalen vereinbar, wenn eine Insolvenz des Unternehmens in unmittelbarer zeitlicher Nähe im Raum stand? Die Beratung der Bürgschaftsanträge erfolgt auf der Grundlage eines von der PricewaterhouseCoopers AG erstellten umfangreichen Gutachtens durch den Landesbürgschaftsausschuss . Dem Landesbürgschaftsausschuss gehören unter anderem Persönlichkeiten mit LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3358 3 umfangreichen Kenntnissen und Erfahrungen des Kreditgeschäfts an. Nach eingehender Beratung des jeweiligen Bürgschaftsantrages gibt der Landesbürgschaftsausschuss gegenüber dem Finanzministerium eine Empfehlung ab. Sodann wird ggfs. durch das Finanzministerium eine Bürgschaftsbewilligung ausgefertigt. Diese Bürgschaftsbewilligung ist mit einem Widerrufsvorbehalt für den Fall versehen, dass zwischen Erteilung der Bürgschaftsbewilligung bis zur Aushändigung der Bürgschaftsurkunde eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Bürgschafts-/Kreditnehmers eintritt. Gemäß Nr. 9.2.4 der Bürgschaftsrichtlinien werden Kreditnehmer und Kreditgeber verpflichtet, vor Aushändigung der Bürgschaftsurkunde eintretende/bekannt werdende wesentliche Verschlechterungen der wirtschaftlichen Verhältnisse, wie sie sich aus dem Antrag und den ergänzenden Angaben in der Sitzung des Landesbürgschaftsausschusses ergeben, der PricewaterhouseCoopers AG mitzuteilen. Mit dieser Regelung wird regelmäßig erreicht, dass auch bei einem größeren Zeitabstand zwischen Bürgschaftsbewilligung und Anforderung der Bürgschaftsurkunde der Bürge aktuelle Informationen über die Unternehmensentwicklung erhält. Bei einer etwaigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens nimmt der Kreditgeber u.a. ausführlich Stellung, ob der Kapitaldienst für den Bürgschaftskredit dennoch ordnungsgemäß erbracht werden kann. Sofern der Vortrag des Kreditgebers nicht nachvollziehbar ist, wird die Bürgschaftsbewilligung widerrufen und somit die Bürgschaftsurkunde nicht ausgehändigt. Mit diesem Verfahren wird in der Regel sichergestellt, dass auf etwaige Verschlechterungen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen noch rechtzeitig reagiert werden kann. Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich im Einzelfall die dem Antrag zugrunde liegenden Planungen nicht realisieren lassen und das Antrag stellende Unternehmen in eine existenzgefährdende Lage gerät.