LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3360 24.06.2013 Datum des Originals: 21.06.2013/Ausgegeben: 27.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2659 vom 17. April 2013 der Abgeordneten Dietmar Brockes und Henning Höne FDP Drucksache 16/2659 Zurückhalten von CO2-Emissionsrechten ab 2013 – Hat die Landesregierung eine einheitliche Position zum europäischen Emissionshandelssystem? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1091 mit Schreiben vom 21. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das 2005 geschaffene Emissionshandelssystem (EHS) ist ein europäischer Markt für Treibhausgasemissionen mit einer Obergrenze für Emissionen. Diese Obergrenze wird über einen längeren Zeitraum heruntergesetzt, so dass die dem Handelssystem unterliegenden Unternehmen kontinuierlich weniger Emissionen ausstoßen dürfen. Im Vergleich zu 2005 sollen die Emissionen im Jahr 2020 um 21 Prozent gesenkt werden. Die Unternehmen erhalten oder kaufen die Emissionszertifikate von den Mitgliedsstaaten, dabei entspricht ein Zertifikat einer Tonne CO2-Emissionen. Aufgrund der festgelegten Gesamtmenge von Zertifikaten ist die Einhaltung der CO2-Minderungsziele unabhängig von Zertifikatpreisen gesichert. Im Zuge der Wirtschaftskrise, aber auch aufgrund der Vorgaben der europäischen und nationalen Klimaschutz- und Energiepolitik (z.B. EEG) sind in den letzten Jahren weniger CO2- Zertifikate abgerufen worden, als ursprünglich vorgesehen. Dies führte zu einem Preiseinbruch auf dem Zertifikatemarkt. Die EU-Kommission plant nun, 900 Millionen Zertifikate später versteigern zu lassen als bisher beabsichtigt. Das sogenannte Backloading soll zu einer vorübergehenden Verknappung und damit zu Preissteigerungen führen. Aus Sorge, dass ein solcher Eingriff das Vertrauen der Teilnehmer in den Markt schädigen könnt und eine Preiserhöhung die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie beein- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3360 2 trächtigen könnte und die Mehrkosten an private Haushalte weitergegeben werden müssten, hat das Plenum des Europäischen Parlaments am 16. April 2013 mit einer knappen Mehrheit den Kommissionsvorschlag abgelehnt. Der Vorschlag, die Versteigerung der Zertifikate zu verschieben, wurde zurück in den Umweltausschuss des Europaparlaments verwiesen. Wie BILD vom 17. April 2013 berichtet, hat Wirtschaftsminister Duin in einem Brief vom 15. April 2013 an die nordrhein-westfälischen Mitglieder des Europäischen Parlaments für eine Ablehnung des Kommissionsvorschlags geworben. Mit Blick auf den Erhalt der energieintensiven Industrie in NRW und der dazugehörigen Arbeitsplätze sei die von der Kommission vorgeschlagene künstliche Verknappung der Zertifikate ein unnötiger und gefährlicher Eingriff in einen funktionierenden Markt. Das derzeit bestehende Rechtsinstrument solle bis 2020 in dieser Form unverändert erhalten bleiben. BILD vom 17. April 2013 berichtet ebenfalls, dass der grüne Amtskollege, Umweltminister Remmel, mit einer an denselben Empfängerkreis gerichteten – bisher unveröffentlichten – „Pressemitteilung“ „Minister Remmel: EU-Parlament muss Klimaschutz stärken“ für eine Zustimmung zum Backloading geworben hat. Nach Auffassung von Remmel sei das Handelssystem dagegen reformbedürftig, da der Zertifikatmarkt wegen geringerer als erwarteter Preise nicht funktioniere. Diese unterschiedlichen Äußerungen der Mitglieder der Landesregierung müssen verwundern . Zum einen liegt die Federführung innerhalb der Landesregierung für Fragen der europäischen Energie- und Klimaschutzpolitik bei beiden Ministern gemeinsam, so dass die Vertretung einer einheitlichen Position zu erwarten wäre. Zum anderen erklärten am 10. April 2013 sowohl Minister Duin gegenüber dem Wirtschaftsausschuss, als auch Minister Remmel gegenüber dem Umweltausschuss, die Landesregierung habe eine gemeinsame Position was die Zukunft des Emissionshandels anginge. 1. Hat die Landesregierung eine einheitliche Position zum sog. Backloading von Emissionszertifikaten? Die Landesregierung hat sich im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz am 21. März 2013 eindeutig positioniert und festgestellt, dass der europäische Emissionshandel zeitnah gestärkt werden soll, um damit einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Stabilisierung des Strompreises zu leisten. Entsprechend setzt sich die Landesregierung auf allen Ebenen für die Stärkung des Emissionshandels ein. Konsequenz dieser Positionierung ist die Forderung einer Verknappung der Emissionszertifikate , die derzeit strittig zwischen Europäischem Parlament, Rat und Kommission diskutiert wird. Auch im Rahmen der Diskussion mit der Bundesregierung über eine "Strompreisbremse" haben der Wirtschafts- und der Umweltminister gemeinsam zu einer Positionsbestimmung der Bundesländer beigetragen: Laut Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz von 21.03.2013 soll „der europäische Emissionshandel zeitnah gestärkt werden, um einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Stabilisierung des Börsenstrompreises zu leisten.“ In diesem Sinne haben der Umweltminister und der Wirtschaftsminister dem Landtag und seinen Ausschüssen schon berichtet. In diesem Zusammenhang gibt es bei der Umsetzung rechtliche, wirtschaftliche und klimapolitische Fragen, die noch in der Landesregierung diskutiert werden. Dies gilt auch für die Um- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3360 3 setzung im Rahmen des "Backloading", was zurzeit Gegenstand der Diskussion zwischen Europäischem Parlament, Rat und Kommission ist. Entsprechend gibt es auch Diskussionen innerhalb der Bundesregierung. Die Abstimmungen innerhalb der Landesregierung zeigen, dass an den für die Weichenstellung der zukünftigen Politik wichtigen Stellen, an denen eine einheitliche Positionierung der Landesregierung gefragt ist, diese auch erfolgt. 2. Wie lautet diese Position? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Seit wann hat die Landesregierung diese Position? Siehe Antwort zu Frage 1. 4. Sind die an die Europaabgeordneten gerichteten Bitten der Minister Duin und Remmel, den Kommissionsvorschlag zum Backloading abzulehnen bzw. ihm zuzustimmen , mit dieser Position der Landesregierung vereinbar? Siehe Antwort zu Frage 1. 5. Aus welchen Gründen ist die als Pressemitteilung bezeichnete Mitteilung „Minis- ter Remmel: EU-Parlament muss Klimaschutz stärken“ bis zum Zeitpunkt der Frageeinreichung noch nicht veröffentlicht worden? Die Pressemitteilung ist am Dienstag, 16.04.2013, um 10:30 Uhr an die Medien verschickt und damit veröffentlicht worden.