LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3381 24.06.2013 Datum des Originals: 20.06.2013/Ausgegeben: 27.06.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1269 vom 22. Mai 2013 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/3028 Konsequenzen aus dem Brand eines Atomfrachters mit Uranhexafluorid für NRW Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1269 mit Schreiben vom 20. Juni 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und soziales, dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 1./2. Mai 2013 brannte im Hamburger Hafen der Atomfrachter „Atlantic Cartier“. Nur 500 Meter weiter feierten Zehntausende ahnungslos die Eröffnung des Evangelischen Kirchentags , unter anderem in Anwesenheit von Bundespräsident Gauck. An Bord der Atlantic Cartier waren unter anderem radioaktive Stoffe, darunter neun Tonnen Uranhexafluorid für die Urenco-Urananreicherungsanlage in Almelo. Da Uranhexafluorid (UF6) nicht mit Wasser gelöscht werden darf, suchte die Hamburger Feuerwehr nach Medienberichten in ganz Norddeutschland nach CO2, um die Flammen zu ersticken – allerdings blieb die Suche erfolglos. Bemerkenswert ist zudem, dass die Hamburger Feuerwehr nur deshalb gezielt die Atomfässer vom Deck des brennenden Schiffes holen konnte, weil sie über das Hamburger Gefahrgut -Informationssystem GEGIS über die Ladung und die Positionierung der Ladung genauestens informiert war. Die NRW-Landesregierung hat auf Nachfrage der PIRATEN noch am 13. März 2013 in Landtagsdrucksache 16/2317 ausdrücklich die Einführung eines ähnlichen Gefahrgut-Informationssystems für Atomtransporte durch NRW abgelehnt. Fakt ist jedoch, dass örtliche Katastrophenschutzbehörden, Feuerwehren und Kranken-Notfalldienste in NRW nicht über anstehende Atomtransporte, ihre Art, ihren Umfang und ihre konkrete La- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3381 2 dung informiert werden. Dadurch könnten die Feuerwehren in NRW nicht so zielgenau vorgehen wie die Feuerwehr in Hamburg. Da die UF6-Behälter nur für Brände bis zu 30 Minuten bei maximal 800 Grad Celsius ausgelegt sind, würde so im Katastrophenfall wertvolle Zeit vergehen, um eine Katastrophe abzuwenden . Zudem ist zu bedenken, dass bei Urantransporten von/nach Gronau in der Regel nicht nur ein UF6-Fass per Bahn transportiert wird, sondern jeweils zwischen 40 und 100. Mit dieser Menge wäre auch die Hamburger Feuerwehr am 1./2. Mai nicht fertig geworden. 1. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus dem schweren Brand des Atomfrachters Atlantic Cartier für den Katastrophenschutz in Bezug auf Atomtransporte durch NRW? Auf dem unter schwedischer Flagge fahrenden Frachter (ca. 52.000 t) kam es in einem PKW-Parkdeck mit ca. 70 Neuwagen aus bislang ungeklärter Ursache zu einem Brand. 30 Fahrzeuge brannten vollständig aus. Gefährliche Güter oder Stoffe waren zu keinem Zeitpunkt betroffen. Die Brandbekämpfung erfolgte durch Abschottung und Flutung des Brandbereichs mit Kohlenstoffdioxid (CO2) der schiffseigenen Löschanlage und anschließende Löscharbeiten der Feuerwehr. Im Hinblick auf die Besonderheiten des Transportmittels und die damit verbundene Schwierigkeit der Lokalisierung des Transportgutes ist ein vergleichbarer Fall in NordrheinWestfalen nicht vorstellbar. Die Landesregierung sieht deshalb keinen Anhaltspunkt, Schlussfolgerungen aus dem Ereignis zu ziehen. 2. Gab es auch in NRW am 1./2. Mai Anfragen aus Hamburg zur Lieferung von CO2? Der Landesregierung liegen keine Informationen vor, dass an die Leitstellen für Feuerschutz und Rettungsdienst der Kreise und kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen oder andere Landesdienststellen ein Unterstützungsersuchen zur Bereitstellung von CO2 erging. Die Abfrage zur Beschaffung von CO2 in Norddeutschland diente vorrangig der Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft der bordeigenen Löschanlage. 3. Wie sieht in NRW die Bereitstellung von CO2 für die Feuerwehren im Katastrophenfall konkret aus? Als Sonderlöschmittel steht CO2 in ortsfesten Löschanlagen überall dort zur Verfügung, wo es nach baurechtlichen Vorschriften bzw. durch Festlegung in einem Brandschutzkonzept für ein Gebäude oder eine bauliche Anlage gefordert ist. Darüber hinaus verfügen die Feuerwehren im Rahmen Ihrer örtlichen Gefährdungseinschätzung über jeweils angemessene Mengen CO2 in tragbaren bzw. mobilen Geräten. 4. Wird die Landesregierung nach dem schweren Brand in Hamburg die bisher ablehnende Haltung zur Einführung eines GEGIS-ähnlichen Systems für Atomtransporte durch NRW überdenken? Nein. Siehe Antwort zur Kleinen Anfrage 882 (Drucksache 16/2317). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3381 3 5. Wie wird die Landesregierung mit Blick auf den schweren Brand in Hamburg die Information der örtlichen Feuerwehren bzw. Katastrophenschutzbehörden in Bezug auf den Transport radioaktiver Materialien verbessern? Die Landesregierung bekommt von Transporten radioaktiver Stoffen im Vorfeld nur Kenntnis, wenn diese einer Meldepflicht unterliegen. Werden Transporte mit der sog. "48-StundenMeldung " dem Lagezentrum der Landesregierung beim Ministerium für Inneres und Kommunales gemeldet, so werden diese an das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW) sowie das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen weitergeleitet. Das LZPD NRW veranlasst die Information der zuständigen Polizeibehörden sowie ggf. weitere erforderliche Maßnahmen. Eine Zuständigkeit der Kreise und Kommunen ist hier nicht gegeben. Die erforderlichen Meldewege bei einem ggf. auftretenden Gefahren- /Unglücksfall im Zusammenhang mit einem solchen Transport sind über die Polizei zu den örtlichen Feuerwehren sichergestellt.