LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3474 04.07.2013 Datum des Originals: 03.07.2013/Ausgegeben: 09.07.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1298 vom 31. Mai 2013 der Abgeordneten Henning Höne und Kai Abruszat FDP Drucksache 16/3078 Wie bürgerfreundlich und rechtssicher ist die Dichtheitsprüfung wirklich? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1298 mit Schreiben vom 3. Juli 2013 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung nimmt für sich in Anspruch, das Landeswassergesetz in Bezug auf die Dichtheitsprüfung bürgerfreundlich novelliert und damit Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen zu haben. Einige Anforderungen müssten noch durch eine Rechtsverordnung konkretisiert und festgeschrieben werden. Der Regierungsentwurf der Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasseranlagen - Selbstüberwachungsverordnung Abwasser – sieht für bestehende Abwasserleitungen, die zur Fortleitung häuslichen Abwassers dienen und in Wasserschutzgebieten liegen, die Durchführung einer regelmäßigen Dichtheitsprüfung vor. In jüngerer Zeit sind Zweifel aufgekommen, ob die §§ 60, 61 Landeswassergesetz i.V.m. §§ 60, 61 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Ausgestaltung einer verpflichtenden Dichtheitsprüfung in Wasserschutzgebieten durch eine Landesverordnung darstellen. Denn nach Maßgabe des § 52 WHG sind abschließend aufgezählte „besondere Anforderungen in Wasserschutzgebieten“ in der Wasserschutzgebietsverordnung oder auf behördliche Entscheidung im Einzelfall festzulegen. Hierzu zählt u.a. die Durchführung bestimmter auf das Grundstück bezogener Handlungen, wie die Dichtheitsprüfung. Ob über diese Vorschrift hinaus, die zugleich in Absatz 4 eine Entschädigungspflicht für unzumutbare Beschränkungen des Eigentums enthält, weitere landesrechtliche Beschränkungen überhaupt möglich sind, ist daher zweifelhaft. Da die nordrhein-westfälischen Wasserschutzgebietsverordnungen keine Verpflichtung zur Durchführung der Dichtheitsprüfung vorsehen, besteht für die Bürger allerdings keine Rechtssicherheit und Klarheit infolge der rot-grünen Neuregelung der Dichtheitsprüfung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3474 2 Garant für eine wirklich bürgerfreundliche Regelung wäre zudem gewesen, die von der Dichtheitsprüfungspflicht betroffene Öffentlichkeit an dem Verordnungsverfahren zu beteiligen , um sachdienliche Hinweise berücksichtigen zu können. Hieran bestand seitens der Landesregierung aber kein Interesse. „Wir müssen von Anfang an aus Betroffenen Beteiligte machen. Das entmündigt unser politisches System nicht, sondern stärkt im Gegenteil unsere Demokratie“. Entgegen der Worte von Ministerpräsidentin Kraft ist es gerade kein Leitbild für das Regierungshandeln von SPD und Grünen in NRW. 1. Aus welchen Gründen hält die Landesregierung die in der Selbstüberwachungs- verordnung Abwasser vorgesehene Verpflichtung zur regelmäßigen Dichtheitsprüfung in Wasserschutzgebieten im Hinblick auf die abschließenden Regelungen in § 52 WHG für zulässig? § 52 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) regelt besondere Anforderungen in Wasserschutzgebieten und ergänzt die in § 51 WHG enthaltene Regelung über die Voraussetzungen für die verordnungsrechtliche Festsetzung von Wasserschutzgebieten. Beide Regelungen sind Ausfluss der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates, die natürlichen Lebensgrundlagen - hier die Gewässer - zu schützen. Die Regelungen ergänzen die allgemeinen Gewässerschutzregelungen in der Weise, dass für eine Aufgabe der Daseinsvorsorge besondere Vorsorgeaspekte für einen lokal begrenzten Bereich (Wasserschutzgebiet) geregelt sind bzw. in der Verordnung geregelt werden können. Die bundesrechtlichen Regelungen ermöglichen letztlich alle Maßnahmen, die dazu beitragen können, eine Gefährdung des mit der Schutzgebietsfestsetzung verfolgten Zwecks auszuschließen. Die Regelungen in §§ 51 und 52 WHG sind nach Art. 72 Abs. 1 des Grundgesetzes der Ergänzung und Konkretisierung durch das Landesrecht zugängliche Vorschriften. Dabei ist unerheblich, ob die landesrechtlichen Regelungen in Ausführungsvorschriften für die Wasserschutzgebiete oder für die Abwasserbeseitigung getroffen werden. Vor diesem Hintergrund sind konkretisierende Regelungen zu §§ 60 und 61 WHG für Wasserschutzgebiete zulässig. 2. Inwiefern teilt die Landesregierung die Auffassung, dass in Wasserschutzgebieten die Verpflichtung zur Dichtheitsprüfung und evtl. nachfolgender Sanierung entschädigungspflichtig ist? Die Verpflichtung zur Zustands- und Funktionsprüfung ergibt sich aus den Anforderungen des Wasserhaushaltsgesetzes (§ 60 Abs.1 WHG), danach müssen Abwasseranlagen nach den allgemeinen Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden. Auch ist derjenige, der eine Abwasseranlage betreibt, verpflichtet, ihren Zustand selbst zu überwachen (§ 61 Abs. 2 WHG). Diese Anforderung gilt bundesweit. Diese gesetzliche Pflicht gilt für Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. für Besitzerinnen und Besitzer von privaten Abwasserleitungen ; woher Entschädigungspflichten entstehen könnten, ist daher nicht erkennbar. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3474 3 3. Aus welchen Gründen legte die Landesregierung keinen Wert darauf, die betroffene und in Bürgerinitiativen landesweit organisierte Öffentlichkeit am Anhörungsverfahren zu beteiligen? Das Anhörungsverfahren richtet sich nach der „Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen (GGO)“. Unabhängig hiervon ist der Entwurf der Verordnung für alle Bürgerinnen und Bürger im Internet unter http://www.landtag.nrw.de /portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV16-829.pdf verfügbar. Fachliche Anregungen wurden und werden gerne entgegengenommen.