LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3488 08.07.2013 Datum des Originals: 03.07.2013/Ausgegeben: 09.07.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1312 vom 5. Juni 2013 der Abgeordneten Kai Abruszat und Henning Höne FDP Drucksache 16/3187 Kanal-TÜV und steuerrechtliche Behandlung – welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung für eine bürgerfreundliche Lösung? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1312 mit Schreiben vom 3. Juli 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft , Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bekanntlich hat die Landtagsmehrheit von SPD und Grünen das Landeswassergesetz geändert . Eine verpflichtende Dichtheitsprüfung von privaten Abwasserkanälen in Wasserschutzzonen ist gesetzlich verankert worden. Einem Bericht der NRZ vom 04.06.2013 zufolge soll es ein Verfahren vor dem Finanzgericht Köln gegeben haben. Gegenstand des Verfahrens war offensichtlich die Frage, in welcher Form die Prüfung von Abwasserkanälen und die damit in Verbindung stehenden beziehungsweise anfallenden Kosten für den Hauseigentümer steuerrechtlich zu behandeln sind. Die Finanzverwaltung soll dabei den Kanal-TÜV als gutachterliche Leistung qualifiziert und eine steuerliche Begünstigung zugunsten des Hauseigentümers abgelehnt haben. Das Finanzgericht Köln soll aber demgegenüber entschieden haben, dass der Kanal-TÜV analog wie eine Handwerkerleistung zu werten ist, so dass zugunsten des Hauseigentümers ein unmittelbarer Steuervorteil in Höhe von 20% der Kosten in Betracht kommt. Gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts Köln soll die Finanzverwaltung angekündigt haben, Rechtsmittel einzulegen. Vorbemerkung der Landesregierung Nach einer Entscheidung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zur Anwendung des § 35a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes fallen Dichtheitsprüfungen nicht unter die Steuerermäßigung für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen , weil Gutachtertätigkeiten hiernach nicht begünstigt sind. Das davon abweichende Urteil des FG Köln ist bereits am 18. Oktober 2012 ergangen und wurde dem Bundesfinanzminis- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3488 2 terium und den obersten Finanzbehörden der Länder zur Kenntnis übersandt. Das Urteil hat dort nicht zu einer Änderung der Rechtsauffassung geführt. Das zuständige Finanzamt hat gegen das Urteil fristgerecht Revision eingelegt. Die Revision ist beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen VI R 1/13 anhängig. Sie begründet sich auch damit, dass rechtskräftigen Urteilen der Finanzgerichte keine Bindungswirkung über den entschiedenen Einzelfall hinaus zukommt. Insofern war die Revision auch zur abschließenden Klärung der Grundsatzfrage geboten. 1. Sind der Landesregierung über die in der Vorbemerkung skizzierte konkrete Ange- legenheit vor dem Finanzgericht Köln hinaus Fallkonstellationen bekannt, wonach es bei den Kosten des sogenannten Kanal-TÜVs zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen bei der steuerrechtlichen Einordnung bezüglich der Finanzverwaltung einerseits und dem jeweils steuerpflichtigen Hauseigentümer andererseits gekommen ist (wenn ja: Bitte eine Anzahl der vergleichbaren Fallkonstellationen nennen)? Weitere Fälle sind weder dem Finanzministerium noch den Oberfinanzdirektionen bekannt. Das ist möglicherweise auch darin begründet, dass das Urteil des Finanzgerichts Köln erst durch die Pressemitteilung öffentlich bekannt geworden ist. Eine genaue Sachermittlung durch Abfrage bei allen 106 Festsetzungsfinanzämtern und dort in allen Veranlagungsbezirken kann in der zur Verfügung stehenden Frist nicht geleistet werden . 2. Erwägt die Landesregierung die Finanzverwaltung in NRW anzuweisen, das Urteil des Finanzgerichts Köln im Hinblick auf zukünftige Fallkonstellationen zugunsten der Bürgerinnen und Bürger anzuwenden? Da die vom FG Köln abgelehnte Verwaltungsauffassung auf einer bundeseinheitlichen Beurteilung zur Anwendung eines Bundesgesetzes beruht, kann aus Gründen einer einheitlichen Rechtsanwendung keine davon abweichende Entscheidung isoliert für Nordrhein-Westfalen getroffen werden. Es entspricht den allgemeinen Verfahrensregeln, in derartigen Fällen - wie durch die Revisionseinlegung geschehen – eine höchstrichterliche Entscheidung durch den BFH herbeizuführen. Betroffene Hauseigentümer können jedoch bereits jetzt die Steuerermäßigung unter Hinweis auf die beim BFH anhängige Revision im Einspruchsverfahren beantragen ; diese Verfahren ruhen kraft Gesetzes bis zur BFH-Entscheidung. 3. Könnte aus Sicht der Landesregierung die im Land NRW hochumstrittene Prüf- pflicht bei der Bürgerschaft eine bessere Akzeptanz erfahren, wenn – auch vor dem Hintergrund, dass eine derartige Prüfpflicht in den meisten anderen Bundesländern nicht besteht – den betroffenen Hauseigentümern zumindest der unmittelbare Steuervorteil unbürokratisch gewährt wird? Das Land Nordrhein-Westfalen kann nach der gemeinsamen Entscheidung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder keinen von dieser Bewertung abweichenden Alleingang unternehmen.