LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3533 10.07.2013 Datum des Originals: 10.07.2013/Ausgegeben: 15.07.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1320 vom 7. Juni 2013 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/3217 Drohende Umsatzsteuerpflicht für ehrenamtliche kommunale Mandatsträger – Was tut die Landesregierung? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1320 mit Schreiben vom 10. Juli 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Kommunalpolitik lebt vom Ehrenamt. Bund und Land sollten daher nicht nur in Sonntagsreden das kommunale Ehrenamt fördern, sondern auch Taten folgen lassen, wenn zum Beispiel Schieflagen im Bereich der Entschädigungen für Mitglieder kommunaler Vertretungskörperschaften drohen. Nach den dem Fragesteller zur Verfügung stehenden Informationen sollen die obersten Finanzbehörden der Länder in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen bereits darüber diskutiert haben, ob und inwieweit Vergütungen, welche kommunale Ratsund Kreistagsmitglieder erhalten, möglicherweise der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Nach Auffassung der Finanzbehörden sollen Entgelte für ehrenamtliche Tätigkeiten regelmäßig dann umsatzsteuerfrei sein, wenn die Entschädigung den Betrag in Höhe von 50 Euro pro Stunde nicht übersteigt und die Vergütung insgesamt den Betrag von 17.500 Euro jährlich nicht übersteigt. Wenn jedoch eine Pauschale im Monat oder eine jährlich laufend gezahlte pauschale Vergütung erfolgt, die unabhängig vom tatsächlichen Zeitaufwand bezahlt wird, soll dieses definitiv der Umsatzsteuerpflicht anheimfallen. Zahlreiche Kommunen nutzen die Möglichkeiten der Entschädigungsverordnung und zahlen Vergütungen pauschal. Darüber hinaus haben insbesondere Mitglieder kommunaler Vertretungskörperschaften in großen Kreisen und kreisfreien Städten bereits heute bei Wahrnehmung verschiedener Funktionen jährliche Entschädigungsansprüche, die über dem o. a. Betrag in Höhe von 17.500 Euro liegen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3533 2 Vorbemerkungen der Landesregierung Nach § 4 Nr. 26 UStG ist die ehrenamtliche Tätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei. Zu unterscheiden sind hierbei die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG, die ehrenamtliche Tätigkeiten für juristische Personen des öffentlichen Rechts betrifft, sowie der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG, die ehrenamtliche Tätigkeiten für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe oder für privatrechtliche Empfänger betrifft. Die Tätigkeit der in der Kleinen Anfrage benannten kommunalen Rats- und Kreistagsmitarbeitern fällt demnach dem Grunde nach unter die Regelung des § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob für die Tätigkeit eine pauschale oder eine nach Zeitaufwand berechnete Entschädigung gezahlt wird. Sowohl die Vorbemerkung als auch die Fragen 1 – 4 beziehen sich jedoch auf die Voraussetzung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG zur Höhe der erhaltenen „angemessenen“ Vergütung. Bei Leistungen für juristische Personen des öffentlichen Rechts ist eine derartige Angemessenheitsprüfung, die an die Höhe der Vergütung anknüpft, jedoch nicht vorgesehen, da davon ausgegangen wird, dass Zahlungen der öffentlichen Hand stets als angemessen anzusehen sind. Die Sorge einer drohenden Umsatzsteuerpflicht für ehrenamtliche kommunale Mandatsträger ist demnach unbegründet. Die Fragen 1 bis 4 erübrigen sich somit. 1. Inwieweit hat sich die Landesregierung in den Abstimmungsgesprächen zwischen den obersten Finanzbehörden der Länder und dem Bundesministerium der Finanzen da-hingehend eingebracht, dass eine Umsatzsteuerpflicht wie in der Vorbemerkung skizziert verhindert werden kann? Siehe Vorbemerkungen. 2. Wie beurteilt die Landeregierung die in Rede stehende Handhabung zur Umsatzsteuerproblematik von ehrenamtlicher Tätigkeit im Hinblick auf die bestehende Entschädigungsverordnung, welche bislang u.a. die Möglichkeit der Pauschalentschädigung für Mitglieder kommunaler Vertretungskörperschaften vorsieht? Siehe Vorbemerkungen. 3. Inwieweit müssen aus Sicht der Landesregierung die Kommunen vor Ort ihr eigenes Satzungsrecht verändern, um einer Umsatzsteuerpflicht im Hinblick auf die Entschädigung der Mitglieder ihrer kommunalen Vertretungen zu entgehen? Siehe Vorbemerkungen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3533 3 4. Sofern die Landesregierung eine Änderung der kommunalen Satzungen gemäß Frage 3 für notwendig erachtet: Welche kommunalverfassungsrechtlichen Problemstellungen sieht die Landesregierung bei den etwaigen Satzungsänderungen, wenn quasi fiktiv eine durchschnittliche Anzahl von Tätigkeitsstunden verankert wird? Siehe Vorbemerkungen. 5. Welche Auswirkungen hat aus Sicht der Landesregierung die in der Vorbemerkung beschriebene Umsatzsteuerproblematik für Mitglieder in kommunalen Aufsichtsräten und Verwaltungsräten bzw. sonstigen Aufsichtsgremien sowie etwaiger Gremien zur Wahrnehmung kommunaler Mitgliedschaftsrechte? Die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage beschriebene Umsatzsteuerproblematik hat für die benannten ehrenamtlich tätigen Personen kommunaler Mandatsträger keine Auswirkungen, da sich keine rechtlichen Änderungen ergeben haben. Bei anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten, die für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe oder für privatrechtliche Empfänger ausgeübt werden, ist zusätzliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG, dass das Entgelt für die Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht. Zur Sicherung bundesweit einheitlicher Maßstäbe, bis zu welcher Höhe die Aufwandsentschädigung für eine ehrenamtliche Tätigkeit noch angemessen ist, wurde durch ein BMF-Schreiben vom 02.01.2012 mit Wirkung zum 01.04.2012 festgelegt, dass die Angemessenheit zwar grundsätzlich nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu beurteilen ist, jedoch regelmäßig eine Entschädigung in Höhe von bis zu 50 € je Tätigkeitsstunde als angemessen anzusehen ist, sofern die Vergütung für die gesamten ehrenamtlichen Tätigkeiten den Betrag von 17.500 € im Jahr nicht übersteigt. Die Neuregelung ersetzt aus Vereinfachungsgründen nur die Einzelfallprüfung für die Fälle mit Vergütungen unterhalb der betragsmäßigen Grenze. Die darüber hinaus mögliche Einzelfallprüfung zur Angemessenheit der Entschädigung kann ergeben, dass (wie bisher) auch höhere Vergütungen umsatzsteuerfrei sein können. Auch bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe oder für privatrechtliche Empfänger schließt eine pauschale Zahlung je nach Vertragsgestaltung im Einzelfall die Steuerbefreiung nicht aus. So ist die Steuerbefreiung z. B. gegeben, wenn der Vertrag zwar eine pauschale Aufwandsentschädigung vorsieht, aber zugleich festgehalten ist, dass der Ehrenamtliche durchschnittlich eine bestimmte Anzahl an Stunden pro Woche/Monat/Jahr tätig ist und die maßgeblichen Betragsgrenzen nicht überschritten werden. Zudem greift aus Vereinfachungsgründen bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die Steuerbefreiung auch dann, wenn der Jahresgesamtbetrag der Entschädigungen den Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nummer 26 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht übersteigt. Eines tatsächlichen Stundennachweises bedarf es auch in diesen Fällen nicht. Da eine Schlechterstellung der ehrenamtlichen Tätigkeiten somit nicht erfolgt ist, musste die Landesregierung keine drohende Umsatzsteuerpflicht verhindern.