LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3540 12.07.2013 Datum des Originals: 11.07.2013/Ausgegeben: 16.07.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1329 vom 11. Juni 2013 der Abgeordneten Dirk Wedel und Marcel Hafke FDP Drucksache 16/3273 Projekt „Gelbe Karte“ im Landgerichtsbezirk Wuppertal Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 1329 mit Schreiben vom 11. Juli 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach § 45 Absatz 2 Jugendgerichtsgesetz sowie den Richtlinien zur Förderung der Diversion im Jugendstrafverfahren (Diversionsrichtlinien) kann der Staatsanwalt von der Verfolgung einer Straftat absehen, wenn eine erzieherische Maßnahme durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters noch die Erhebung einer Anklage für erforderlich hält. Das darauf aufsetzende Projekt "Gelbe Karte“ soll junge Kriminalitätseinsteiger frühzeitig "abfangen", bevor sie massiv auf die schiefe Bahn geraten. Möglichst bald nach der Tatbegehung werden jugendliche Straftäter an einem bestimmten Tag gemeinsam mit ihren Eltern zu einem „Gelbe-Karte-Termin“ geladen. In der Regel findet dieser Termin bei der örtlichen Polizei statt. Dort werden die Beschuldigten zunächst von der Polizei vernommen und durch die Jugendgerichtshilfe angehört. Abschließend entscheidet die ebenfalls anwesende Staatsanwaltschaft, ob erzieherische Maßnahmen gegen den Beschuldigten zu verhängen sind. In Betracht kommen zum Beispiel die Ableistung von Sozialstunden, die Teilnahme an einem „Anti-Gewalt-Training“ oder eine Schadenswiedergutmachung. In dem „Gelbe-KarteTermin “ wird den jungen Straftätern eindringlich verdeutlicht, dass sie dieses Mal noch einmal mit einer Verwarnung davon gekommen sind. Das Projekt „Gelbe Karte“ ermöglicht schnelle erzieherische Reaktionen ohne förmliche Hauptverhandlung und bietet eine äußere Struktur, in der Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendgerichtshilfe gemeinsam an einem Tag und am selben Ort eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren alsbald nach der Tat abwickeln. Eine bessere Vernetzung und Kooperation der beteiligten Einrichtungen soll auch hier zu einer spürbaren Verfahrensbeschleunigung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3540 2 führen. Mit dem anschaulichen Begriff "Gelbe Karte" wird jungen Menschen zudem der Warn- und Appellcharakter frühzeitiger Reaktionen besonders deutlich vor Augen geführt. Bis 2009 wurde das Projekt in Nordrhein-Westfalen an 18 Standorten, unter anderem den zum Landgerichtsbezirk Wuppertal zugehörigen Amtsgerichtsbezirken Mettmann, Remscheid , Solingen, Velbert und Wuppertal, eingeführt. Mittlerweile wird das Projekt in Nordrhein -Westfalen in 21 Amtsgerichtsbezirken praktiziert (http://www.jm.nrw.de/JM/justizpolitik/schwerpunkte/jugendkriminalitaet/index.php). 1. An jeweils wie vielen Tagen im Jahr wurden seit 2008 in den jeweiligen Amtsge- richtsbezirken des Landgerichts Wuppertal „Gelbe-Karte-Termine“ durchgeführt? Hierzu liegen der Landesregierung keine validen Daten vor. Eine entsprechende Statistik gibt es nicht. Eine Sondererhebung, die von Hand vorzunehmen wäre, ist in der Kürze der Zeit nicht möglich. 2. Wie viele Beschuldigte haben seit 2008 jährlich in den jeweiligen Amtsgerichtsbe- zirken des Landgerichts Wuppertal an „Gelbe-Karte-Terminen“ teilgenommen bzw. wurden dazu geladen? Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. 3. In wie vielen Fällen wurde seit 2008 jährlich nach Durchführung eines „Gelbe- Karte-Termins“ in den jeweiligen Amtsgerichtsbezirken des Landgerichts Wuppertal das Verfahren nach Verhängung erzieherischer Maßnahmen gegen den Beschuldigten eingestellt? Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. 4. In jährlich wie vielen Fällen seit 2008 wurde in den jeweiligen Amtsgerichtsbezir- ken des Landgerichts Wuppertal nach Durchführung eines „Gelbe-Karte-Termins“ Anklage erhoben? Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. 5. Aus welchen Gründen wurde an einzelnen Standorten im Landgerichtsbezirk Wuppertal das Projekt „Gelbe-Karte“ gegebenenfalls nur noch in geringerem Umfang durchgeführt, eingestellt bzw. ist geplant, das Projekt einzustellen? Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen. Der Leitende Oberstaatsanwalt in Wuppertal hat darüber hinaus berichtet, soweit feststellbar, habe sich an einigen Standorten die Zahl der „Gelbe-Karte-Termine“ verringert. Dies beruhe darauf, dass nach dem Ergebnis der im Auftrag des Justizministeriums in den Jahren 2007 bis 2009 durchgeführten Evaluierung durch das Kriminologische Seminar der Universität Bonn eine Durchführung der Diversionstage/„Gelbe-Karte-Termine“ nur dann sinnvoll erscheine , wenn deren Anwendungsbereich - so die Studie - auf „gewichtigere“ Fälle begrenzt werde, die sich „im Grenzbereich zwischen Diversion und Anklage bewegen und ein Gefährdungspotential beim Beschuldigten erkennen lassen". Die aus der Studie resultierenden Er- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3540 3 kenntnisse hätten zu einer strikteren Auswahl geeigneter Fälle durch die Staatsanwaltschaft geführt. Eine Einstellung der Diversion nach dem Modell der „Gelben-Karte“ sei nicht geplant .