LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3543 12.07.2013 Datum des Originals: 11.07.2013/Ausgegeben: 16.07.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1355 vom 20. Juni 2013 des Abgeordneten Josef Wirtz CDU Drucksache 16/3351 Behindert die Landesregierung Bergbaugeschädigte bei der Geltendmachung ihrer Schadensersatzansprüche gegenüber den Bergbaubetreibern? Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1355 mit Schreiben vom 11. Juli 2013 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 19. April hat der Landtag NRW eine Anhörung zum Bergrecht durchgeführt. Kontrovers wurde hierbei auch die Rolle der Markscheider diskutiert. Von Seiten der Betroffenenverbände wurde kritisiert, dass die für die Risswerkführung zuständigen Markscheider zumeist Angestellte der Bergbaubetreiber sind und daher eine Unabhängigkeit der Markscheider von den Bergbauunternehmen nicht gegeben sei. Dies sei für die Bergbaugeschädigten problematisch , da das Risswerk Grundlage für die Feststellung der Bausachverständigen sei, ob überhaupt ein Bergschaden vorliege. So wurde von Seiten der Betroffenenverbände kritisiert, dass Markscheider in einer Reihe von dokumentierten Fällen eintragungspflichtige Geländeabrisse , Erdspalten etc. nicht ins Risswerk aufnehmen würden. Ebenfalls wurde seitens der Betroffenenverbände massive Kritik an der Bergaufsicht des Landes geübt. Nicht nur, dass die zuständige Bezirksregierung Arnsberg es pflichtwidrig unterlassen würde, Anordnungen zur Eintragung von Erdspalten, Geländeabrissen etc. vorzunehmen . Angeblich würde die Landesregierung aktiv darauf hinwirken, dass eintragungspflichtige Sachverhalte kein Eingang in das Risswerk finden. Dem Ausschussprotokoll 16/228 des Unterausschusses Bergbausicherheit vom 19.04.2013 ist auf S.15/16 nachfolgende , unwidersprochene Aussage des Rechtsanwaltes Carsten Heise zu entnehmen: „Eine Nachtragung des Risswerks ist dennoch nicht erfolgt, und zwar in drei konkreten, mir bekannten Einzelfällen, obwohl im Anschluss an die Landtagssitzung vom 16.12.2011 ein Vertreter der Bezirksregierung beispielsweise in Anwesenheit von Herrn Terwiesche und mir zugesagt hat, dass gegenüber dem risswerkführenden Markscheider die Anordnung zur Nachtragung des Risswerkes erfolgen wird. Das ist meines Wissens nur deshalb nicht ge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3543 2 schehen, weil sich später das Wirtschaftsministerium NRW eingeschaltet hat und darauf hingewirkt hat, dass eine solche Anordnung zu unterbleiben habe.“ Vorbemerkung der Landesregierung In der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage wird der Eindruck erweckt, dass Bausachverständige ihre Feststellungen, ob ein Bergschaden vorliege, allein auf der Grundlage der Eintragungen von Erdspalten und Geländeabrissen in dem von einem Markscheider zu führenden Kartenwerk (Risswerk) treffen. Nach den der Landesregierung vorliegenden Informationen ist das nicht der Fall. Eine sachgerechte Beurteilung durch Bausachverständige berücksichtigt selbstverständlich die im Geschäftsbereich des Markscheiders erhobenen Daten (Messungsergebnisse ) und vorgenommen Eintragungen im Risswerk, erfordert aber eine deutlich darüber hinausgehende Befassung mit weiteren, für die Beurteilung der Schadensursache und –höhe maßgebenden Aspekten. Bei der zumeist erforderlichen Inaugenscheinnahme vor Ort werden erkennbare unstetige Bodenbewegungen ohnehin in die Betrachtungen einzubeziehen sein – unabhängig davon, ob es sich dabei um einen nach MarkscheiderBergverordnung eintragungspflichtigen Sachverhalt handelt oder nicht. In den in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage angesprochenen Fällen ist die Bergbehörde , die die Aufsicht über die Markscheider und die Ausführung markscheiderischer Arbeiten führt, den geäußerten Beschwerden jeweils und zum Teil mehrfach vor Ort nachgegangen. Die Einschätzung der Grundstückseigentümer und der von ihnen beauftragten Rechtsanwälte und Sachverständigen, dass eindeutig eintragungspflichtige Sachverhalte vorliegen, die bisher nicht im bergbaulichen Risswerk eingetragen seien, und daher eine behördliche Anordnung gegenüber dem vom Unternehmen mit der Risswerkführung beauftragten Markscheider zu treffen sei, wird von der Aufsicht führenden Bergbehörde nicht geteilt. Ihnen wurde dazu auch die Rechtsauffassung des Wirtschaftsministeriums und der Bezirksregierung Arnsberg zur Reichweite und zum Umfang der Anordnungsbefugnis hinsichtlich der Risswerkführung erläutert. Eine Eintragung „vermuteter Geländeabrisse“ ist nach der maßgebenden Markscheider-Bergverordnung nicht vorgesehen. Schon deshalb können sie nicht Gegenstand einer Anordnung sein. Aus diesen Gründen bestand für die von den Grundstückseigentümern und den von ihnen beauftragten Anwälten und Sachverständigen erwünschten Anordnungen in den benannten drei Fällen kein Anlass. Die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage angesprochene Aussage des genannten Rechtsanwalts in der Anhörung am 19.04.2013 im Unterausschuss Bergbausicherheit, die Landesregierung (hier das Wirtschaftsministerium) habe aktiv darauf hingewirkt, dass eintragungspflichtige Sachverhalte keinen Eingang in das Risswerk finden, wird daher zurückgewiesen . Die vg. Aussage blieb auch nicht unwidersprochen, wie dies in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage ausgeführt ist. Der Vertreter des Wirtschaftsministeriums hat in der Sitzung des Unterausschusses Bergbausicherheit am 14.06.2013 entsprechend Stellung genommen . Ebenso weist auch die Bezirksregierung Arnsberg die Aussage zurück, Vertreter der Bezirksregierung Arnsberg hätten gegenüber dem benannten Rechtsanwalt zugesagt, dass in drei konkret benannten Fällen gegenüber dem risswerkführenden Markscheider die Anordnung zur Nachtragung des Risswerks erfolgen wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3543 3 1. Welche Gründe hatte die Landesregierung, in den von Rechtsanwalt Heise beschriebenen Fällen die Eintragung eintragungspflichtiger Sachverhalte in das Risswerk zu unterbinden? Die mit der Frage getroffene Aussage, die Landesregierung habe die Eintragung eintragungspflichtiger Sachverhalte in das Risswerk unterbunden, trifft nicht zu. 2. Ist es nach Ansicht der Landesregierung für die Akzeptanz des Bergbaus in Nord- rhein-Westfalen förderlich, dass der Eindruck entsteht, die Landesregierung würde zu Lasten der vom Bergbaugeschädigten in die Risswerkführung eingreifen? Wie in der Antwort auf Frage 1 klargestellt wurde, hat es ein solches Eingreifen der Landesregierung in die Risswerkführung nicht gegeben. Nach Auffassung der Landesregierung wird durch die ungerechtfertigten Behauptungen das Vertrauen der Bergbaubetroffenen in eine den gesetzlichen Anforderungen und den Interessen der Betroffenen Rechnung tragende behördliche Aufsicht gestört. Selbst nach Auffassung einer Interessenvertretung Bergschadensbetroffener, die nach eigenen Angaben jährlich ca. 6.000 bis 7.000 Schadensfälle betreut, führten die öffentlich verbreiteten Behauptungen, dass die Bergschadensbearbeitung manipuliert werde, zu einem solchen fälschlichen Eindruck bei den Betroffenen. Es sei zu befürchten, dass durch derartige Berichte viele Geschädigte unnötig verunsichert werden und durch zu oberflächliche Diskussion und durch falsche Schwerpunktsetzung in weiten Bereichen der Sozialfrieden aufs Spiel gesetzt wird (Positionspapier des Verbandes bergbaugeschädigter Haus- und Grundeigentümer vom 20.03.2013). 3. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um diesen Eindruck aus- zuräumen? Das Wirtschaftsministerium hat eine Initiative ergriffen, um insbesondere die Situation der von bergbaulichen Auswirkungen betroffenen Bürgerinnen und Bürgern insgesamt weiter zu verbessern. Ziel ist es, eine verbindliche Vereinbarung über die dazu notwendigen und beitragenden Maßnahmen zu treffen. Dazu führt das Wirtschaftsministerium zurzeit intensive Gespräche mit den Unternehmen und den Interessenvereinigungen Bergbaubetroffener sowie mit politischen Mandatsträgern und weiteren Akteuren. Dabei wird es mit Blick auf die Risswerkführung darum gehen, mehr Transparenz bei der Prüfung von Beanstandungen für den jeweils betroffenen Grundstückseigentümer zu schaffen und die Nachvollziehbarkeit bergbehördlicher Entscheidungen zu verbessern. Die von der Bezirksregierung Arnsberg geleitete Arbeitsgruppe „Risswerkführung“, in der Mitglieder verschiedener Interessenvertretungen Bergbaubetroffener und einzelne Bergschadensbetroffene mit den von ihnen beauftragten Anwälten mitwirken, hat bereits unabhängig von der derzeit bestehenden Rechtslage, die lediglich die Eintragung ausgewählter schadensrelevanter Sachverhalte in das Risswerk vorschreibt, ein Verfahren für eine erweiterte Dokumentation von Sachverhalten erarbeitet, die potenziell bergschadensrelevant sein können. Auf der Grundlage der Arbeitsergebnisse führt seit 2012 die RAG AG zusätzlich zu den gesetzlich ohnehin erforderlichen Aufzeichnungen durch anerkannte Markscheider diese „Dokumentation besonderer Sachverhalte“. Auch damit soll Schadensbetroffenen die Geltendmachung und Durchsetzung von Ersatzansprüchen erleichtert werden. Über die Möglichkeiten , solche schadensrelevanten Sachverhalte in die vg. Dokumentation aufnehmen zu LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3543 4 lassen, haben zuletzt der Landtag am 24.06.2013 und bereits vor einiger Zeit die Bezirksregierung Arnsberg öffentlichkeitswirksam informiert. Die Landesregierung geht davon aus, dass auch die Interessenvertretungen Bergbaubetroffener ihre Mitglieder unterrichten. Die Landesregierung wird die nach einer Evaluationsphase gewonnenen Erfahrungen nutzen , um im Bundesrat einen Antrag zur Änderung der bundesgesetzlichen Vorschriften im Sinne der Betroffenen einzubringen. 4. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um zukünftig die Entste- hung eines solchen Eindrucks zu vermeiden? Es wird auf die Beantwortung zur Frage 3 verwiesen.