LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3611 19.07.2013 Datum des Originals: 18.07.2013/Ausgegeben: 24.07.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1342 vom 12. Juni 2013 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/3311 Handlungsnotwendigkeiten durch Mehrkosten für Asylbewerberleistungen im Jahr 2012 Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1342 mit Schreiben vom 18. Juli 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das statistische Landesamt IT.NRW vermeldete am 11. Juni 2013, dass in NordrheinWestfalen zehn Prozent mehr Empfänger von Asylbewerberleistungen zum 31.12.2012 ge- zählt wurden. Ende 2012 erhielten in Nordrhein‑Westfalen 44.862 Personen Leistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs (sog. Regelleistungen) nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (+ 4.048 / +9,9 %) Seit dem Jahr 2010 ist die Zahl der Hilfebeziehenden zum dritten Mal in Folge angestiegen. 5.527 Menschen erhielten neben den Regelleistungen zusätzliche Leistungen bei Krankheit, in der Schwangerschaft oder bei einer Geburt. Erhebliche finanzielle Mehrbelastungen durch eine signifikant höhere Anzahl von Empfängern von Regelleistungen im Vergleich zum Vorjahr haben unter anderem die Städte Leverkusen (+50,8 %), Düsseldorf (+27,6 %), Remscheid (+46,9%) und Solingen (+39,9 %). Aber auch der kreisangehörige Raum hat durch gestiegene Regelleistungsempfängerzahlen mit finanziellen Belastungen zu kämpfen. So haben die Kreise Steinfurt (+23,9 %), Euskirchen (+28,3 %) und Wesel (+24,5 %) im Vergleich zum Vorjahr mehr Asylbewerberregelleistungen zu zahlen. Die Grundlage der Landeserstattung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz ist aber die Bestandzahl des Vorjahres. Bei den enormen Steigerungsraten wird die auf „alten“ Zahlen beruhende Landeserstattung den aktuellen Flüchtlingszahlen und kommunalen Belastungen nicht gerecht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3611 2 Denn, so IT.NRW aktuell, 72,6 % der Empfänger erhielten Grundleistungen in Form von Sachleistungen, Wertgutscheinen oder Geldleistungen; 27,4 Prozent bekamen Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Empfänger verteilten sich, nach Angaben des statistischen Landesamtes , auf insgesamt 25.566 Haushalte; 8.641 Personen (33,8 %) waren in Gemeinschaftsunterkünften , 11.081 (43,3 %) dezentral und 5.844 (22,9 %) in anderen Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Die Bruttoausgaben für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beliefen sich in NRW im Jahr 2012 auf rund 282,1 Millionen Euro, das waren 29,8 Millionen Euro bzw. 11,8 % mehr als 2011. 1. Welche Maßnahmen des Landes sind zu erwarten, um die steigende Anzahl von Asylbewerbern in den Kommunen zu bewältigen? Nach § 44 Asylverfahrensgesetz sind die Länder verpflichtet, für die Unterbringung Asylsuchender die dazu erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen. Um dieser Verpflichtung gerecht zu werden, ist das Land derzeit dabei, seine Aufnahmekapazitäten den steigenden Asylbewerberzahlen anzupassen. Nach § 1 Abs. 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) sind die Gemeinden verpflichtet, ihnen zugewiesene ausländische Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen. Diese Aufgabe führen die Kommunen in eigener Zuständigkeit aus. 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Notwendigkeit einer Änderung der Pauscha- len nach § 4 FlüAG, angesichts der Tatsache, dass Grundlage für die Erstattungen im Jahre 2013 die Bestandszahl der Flüchtlinge zum 01.01.2012 ist, die Flüchtlingszahlen allerdings im Laufe des Jahres stark angestiegen sind und somit den kommunalen Belastungen nicht gerecht wird? Bei der Landeserstattung nach FlüAG handelt es sich um eine pauschale Landeserstattung, mit der sich das Land an den Kosten der Gemeinden beteiligt. Aus haushaltstechnischen Gründen orientiert sich diese Erstattung an den Bestandszahlen des Vorjahres: Um die Höhe der Landeszuweisung zu ermitteln bedarf es geprüfter Bestandszahlen. Die endgültigen Bestandszahlen zum Stichtag 01.01. stehen in der Regel erst Mai / Juni eines jeden Jahres fest und werden im Ministerialblatt veröffentlicht. Diese Zahlen können für die Auszahlungen im laufenden Haushaltsjahr nicht herangezogen werden, da der Landeshaushalt i.d.R. im Jahr zuvor verabschiedet wird. Dies bringt mit sich, dass die Kommunen in Zeiten steigender Asylbewerberzahlen erst im Folgejahr eine entsprechend angepasste höhere Landeserstattung erhalten und in Zeiten sinkender Asylbewerberzahlen die Landeserstattung erst verspätet reduziert wird. Nach den Regelungen des § 4 Abs. 3 FlüAG beläuft sich die Höhe der pauschalierten Landeserstattung - vorbehaltlich der Verabschiedung des Haushalts 2014 - im Jahr 2014 auf 91.130.000 Euro unter Berücksichtigung der Bestandszahlen zum 01.01.2013. In 2012 lag der Betrag bei 54.033.00 Euro und in 2013 bei 64.310.000 Euro. 3. Wie beurteilt die Landesregierung eine kommunalfreundlichere Ausgestaltung der Landesleistungen? siehe Antwort zu Frage 4 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3611 3 4. Angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Höhe der Leistungen nach dem AsylbLG: Wie plant die Landesregierung die Kommunen bei den ohnehin schon hohen Kosten zu entlasten? Um die Gemeinden zusätzlich im Hinblick auf das Urteil des BVerfG zu entlasten, hat das Land bereits für das Jahr 2012 eine gesonderte (pauschale) Landeszuweisung in Höhe von 7,15 Mio. Euro gewährt. Im Jahr 2013 ist eine gesonderte Zuweisung von 14,4 Mio. Euro erfolgt. Der Gesetzentwurf des FlüAG sieht für das Jahr 2014 zusätzlich eine Summe von rund 20 Mio. Euro vor (vgl. Antwort zu Frage 2). 5. Welche konkreten Schritte plant die Landesregierung bezüglich der Problematik der Erstunterbringung in den Kommunen, ohne auf Ausweichunterkünfte zurückgreifen zu müssen? Nach § 1 FlüAG sind die Kommunen verpflichtet, die ihnen zugewiesenen Personen nach § 2 FlüAG aufzunehmen. Dafür haben sie ausreichend Unterbringungsplätze vorzuhalten. In welcher Form die Unterbringung erfolgt, liegt in der Entscheidung der jeweiligen Kommune.