LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3748 09.08.2013 Datum des Originals: 08.08.2013/Ausgegeben: 14.08.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1319 vom 6. Juni 2013 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/3216 Intendierte Haushaltseinschnitte der Landesregierung für das Jahr 2014 – Welche Informationen zu seinen zukünftigen Plänen hat der Finanzminister den beiden Regierungsfraktionen bereits gegeben? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1319 mit Schreiben vom 8. August 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nordrhein-Westfalen braucht endlich eine solide und verantwortungsvolle Haushaltspolitik, um attraktive Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand sowie mehr Generationengerechtigkeit in der Finanzpolitik herzustellen. Um perspektivisch wieder Gestaltungsspielräume zu schaffen, ist die Rückführung der Schuldenlast des Landes die vordringlichste politische Aufgabe. Eine Landespolitik, die weiterhin auf Verschuldung setzt, ist unsozial, da die Zinslast die für das Land verfügbaren Finanzmittel reduziert. Sie geht zulasten notwendiger Zukunftsinvestitionen. Eine solche Politik ist auch nicht nachhaltig, da zukünftigen Generationen hohe Zins- und Tilgungslasten aufgebürdet werden. Die Bedingungen für eine Konsolidierung des Landeshaushalts sind in der jetzigen Phase denkbar gut: Im Jahr 2013 plant die Landesregierung mit Rekordeinnahmen. Trotz dieser positiven Einnahmeentwicklung und dem Umstand, dass bereits der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen die rot/grüne Neuverschuldung als nicht mehr verfassungskonform hat stoppen müssen, setzt die rot/grünen Landesregierung aber weiterhin auf neue Schulden, um die Ausgaben zu finanzieren. Sachverständige warnen in öffentlichen Anhörungen zu den Haushaltsgesetzen regelmäßig, dass bei dieser verantwortungslosen Vorgehensweise ein ausgeglichener Haushalt selbst LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3748 2 zum grundgesetzlich spätest möglichen Termin, dem Jahr 2020, nicht realistisch ist. Die Schuldenbremse schreibt aber genau dieses vor. Szenarien politischer Handlungsunfähigkeit gilt es frühzeitig zu verhindern. Allein ein Anstieg des Zinsniveaus um nur einen Prozentpunkt würde dem Land einen Handlungsspielraum in der Größe von über einer Milliarde Euro pro Jahr rauben – die Abhängigkeit der Handlungsfähigkeit zukünftiger Landesregierungen vom Kapitalmarkt würde durch diese Politik weiter zunehmen. Die Konsequenzen zeichnen sich dabei bereits im laufenden Jahr ab: Die Finanzen reichen trotz Rekordeinnahmen nicht aus, um den Beamten des Landes ihre verdiente Teilhabe an der Lohnentwicklung des öffentlichen Dienstes zu gewähren und die Inflation auszugleichen. Weite Teile der Beamtenschaft werden damit von der Landesregierung gezielt durch einen Reallohnverlust an der Haushaltskonsolidierung beteiligt, während an anderer Stelle bisher keine Sparanstrengungen erkennbar sind. Der Handlungsbedarf zur Konsolidierung der Haushalte wächst mit zunehmender Zeit. Deshalb ist es folgerichtig, dass der Finanzminister laut Medienberichten konkrete Sparpläne für den Landeshaushalt 2014 erarbeitet hat. Diese hat er bislang jedoch offenbar nur der ihn stützenden SPD-Landtagsfraktion vorgestellt. Um die umfassende Auseinandersetzung aller Parlamentarier mit den neuen Sparideen des Finanzministers zeitnah zu ermöglichen, ist es geboten, das gesamte Parlament über seine Planungen mit möglicherweise weitreichenden Folgen einzubeziehen. 1. Welche angedachten Volumina neuer Sparvorstellungen liegen der Landesregie- rung jeweils für die einzelnen Ressorts sowie insgesamt für den Landeshaushaltsentwurf 2014 bereits heute vor? 2. Welche konkreten Maßnahmen oder Projekte im neuen Landeshaushaltsentwurf 2014 stehen in den einzelnen Ressorts sowie insgesamt für Kürzungen zur Disposition ? 3. Welche Überlegungen zum Volumen der Sparvorschläge im Landeshaushalts- entwurf 2014 sowie zu den einzelnen denkbaren Einsparmaßnahmen hat der Finanzminister diesbezüglich unlängst vor bzw. mit der SPD-Landtagsfraktion erörtert ? Die Fragen 1 bis 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung hat am 09.07.2013 mit dem Haushaltsentwurf 2014 einen weiteren Schritt zur Konsolidierung beschlossen. Er sieht vor, die Neuverschuldung gegenüber 2013 um eine Milliarde Euro auf 2,4 Milliarden Euro zu verringern. Damit kommt die Landesregierung dem Ziel, bis 2017 strukturelle Einsparungen von einer Milliarde Euro zu erreichen, ein großes Stück näher. Die Neuverschuldung wird gegenüber dem Vorjahr um rund 30 Prozent verringert. Gegenüber dem Haushaltsplan 2010 fällt sie sogar um 63,6 v. H. niedriger aus. Das Kabinett hat sich auf Einsparungen für die Ressorts von insgesamt 865 Millionen Euro verständigt. Dazu trägt auch eine gestaffelte Erhöhung bei der Beamtenbesoldung und strukturelle Umstellungen auf Darlehen bzw. Kürzungen bei Förderprogrammen bei. Die Personalausgaben erreichen 23,2 Milliarden Euro. Die Gesamtstellenzahl wird auf 284.585 abgesenkt. Unter dem Strich fallen 2.304 Vollzeitstellen weg. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3748 3 Als nächster Schritt werden dem Landtag im September der Entwurf des Haushaltsgesetzes und der Entwurf des Haushaltsplans vorgelegt. Finanzminister Norbert Walter-Borjans hat den SPD-Landtagsabgeordneten auf Einladung der Fraktionsführung die in den letzten Jahren auf dem Weg zur Haushaltskonsolidierung erreichten Ziele dargelegt und ihnen die Herausforderungen beschrieben, die zur Einhaltung der Schuldenbremse bis zum Jahr 2020 noch zu bewältigen sind. 4. Welches aggregierte Haushaltsvolumen konnte von der Landesregierung durch die Arbeiten des Effizienzteams sowohl bislang konkret eingespart als auch als Potential für den Landeshaushalt 2014 erschlossen werden (Effizienzteamrendite )? (Volumina bitte getrennt ausweisen) Die Landesregierung hat zum Haushalt 2013 im Bereich der Förderprogramme strukturelle und damit fortwirkende Einsparungen durch Kürzungen und Darlehensumstellungen in Höhe von rund 150 Mio. EUR beschlossen. Derzeit werden weitere Förderprogramme auf die Möglichkeit hin untersucht, die Zuschussförderung vor allem in den Bereichen EU und Gemeinschaftsaufgaben (GA) auf eine Darlehensförderung umzustellen, wobei im Bereich der GAFörderungen eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen auf Bundesebene erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund wurde die Landesregierung im Januar 2013 unter anderem über die Finanzministerkonferenz initiativ tätig, vgl. Effizienzteam-Sachstandsbericht vom 12.03.2013 an den Haushalts- und Finanzausschuss (HFA), Vorlage 16/746. Darüber hinaus ist das Effizienzteam in den Bereichen demografischer Wandel, Aufgabenkritik , Binnenmodernisierung, Landesgesellschaften und Personalausgaben tätig, um Konsolidierungspotenziale zu erschließen, vgl. HFA-Vorlage 16/200. Ferner wurden durch die Zusammenlegung der beiden Oberfinanzdirektionen Münster und Rheinland die Weichen für ein jährliches Einsparungspotential i.H.v. 10 Mio. EUR gestellt. 5. Wie stellt sich aus heutiger Sicht die Erreichung der grundgesetzlichen Vorgabe eines Neuverschuldungsverbotes spätestens zum Zeitpunkt 2020 für das Land auf der Basis aktueller Prognosen der Haushaltsentwicklung sowie politischer Handlungsvornahmen realistischerweise für den Finanzminister dar? (bitte unter Angabe der Parameter und Berechnungsgrundlagen) Zur Einhaltung der Schuldenbremse 2020 hat die Landesregierung einen konsequenten Konsolidierungspfad eingeschlagen. Bis 2017 sollen so strukturelle Einsparungen im Gesamtumfang von einer Milliarde Euro realisiert werden. Die Nettoneuverschuldung wird bis 2020 schrittweise auf Null sinken. Dauerhaft konsolidierte Landesfinanzen basieren auf einem Dreiklang aus Zukunftsinvestitionen , gezieltem Sparen und angemessenen Einnahmen. Mit der Reduzierung der strukturellen Nettoneuverschuldung in 2014 auf 2,4 Mrd. EUR, in 2015 auf 1,9 Mrd. EUR, in 2016 auf 1,4 Mrd. EUR und in 2017 auf unter 1,4 Mrd. EUR zeigt die Landesregierung den Weg zur Umsetzung der Schuldenbremse auf. Auf der Ausgabenseite ist eine qualitative Konsolidierung vorrangig, bei der die Nachhaltigkeit der einzelnen Sparmaßnahmen im Mittelpunkt steht. Ziel bleibt es, konsumtive und nachsorgende Ausgaben in investive und vorsorgende Ausgaben umzulenken. Zur Erzielung eines zukünftig weiter steigenden qualitativen, an den Zielen der Nachhaltigkeit orientierten Wirtschaftswachstums in Nordrhein-Westfalen und daraus resultierenden Steuermehreinnahmen sind Investitionen in Bildung – von der frühkindlichen Bildung über die Schule bis zu den Hochschulen – notwendig. Durch mehr Bildung und Beschäftigung im Land können zeit- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3748 4 versetzt die Reparaturkosten im sozialen Bereich abgesenkt werden. Das führt zu Einsparungen auf der Ausgabenseite. Daher werden trotz restriktiver Ausgabenlinie notwendige Mittel für die zukunftsweisenden Politikbereiche – insbesondere der Bildung – aufgebracht. Durch die vorsorgende Politik wird folglich ein nachhaltiger Beitrag zur Reduzierung der Neuverschuldung erbracht. NRW setzt sich außerdem konsequent für eine Einnahmeverbesserung der öffentlichen Haushalte ein. Der im Oktober 2011 erhöhte Grunderwerbsteuersatz von 5 v. H. war ein wichtiger Schritt auf Landesebene. Da der überwiegende Anteil der Landeseinnahmen aus Gemeinschaftsteuern gespeist wird, hat ein einzelnes Land wenig Einfluss auf dessen Höhe und Gestaltung. Die Landesregierung fordert deshalb neben einer Anhebung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer und einer angemessene Besteuerung von Vermögen auch eine Reform des Erbschaftsteuerrechts. Nordrhein-Westfalen hat bereits mit Erfolg die Initiative im Bundesrat ergriffen. Resultierend aus der qualitativ ausgerichteten Konsolidierungspolitik der Landesregierung, ergeben sich Fortschritte auf dem Weg zu nachhaltig tragfähigen Landesfinanzen nicht auf einen Schlag, sondern werden erst im Zeitablauf – auch über 2020 hinaus – sichtbar. Die Landesregierung steht zu ihrer grundgesetzlichen Verpflichtung, in 2020 einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen.