LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3783 14.08.2013 Datum des Originals: 13.08.2013/Ausgegeben: 19.08.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1420 vom 11. Juli 2013 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/3552 Radarfallen um klamme kommunale Kassen zu füllen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1420 mit Schreiben vom 13. August 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Den Kommunen soll es nach einem Bericht der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" vom 30.05.2013 ab Sommer erlaubt werden, auch in Baustellen, auf Schulwegen und in Tempo- 30-Zonen zu blitzen. Zurzeit dürfen nur an Stellen wie Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern Radarfallen aufgestellt werden. Künftig sollten die Kommunen auch nicht mehr nachweisen müssen, dass an den Messstellen schon Unfälle passiert seien, sagte ein Ministeriumssprecher dazu der Nachrichtenagentur dpa. "Wir warten nicht erst, bis es durch schwere Unfälle Tote und Verletzte gibt", begründete Innenminister Ralf Jäger sein Vorhaben. Die Überwachung der gefahrenen Geschwindigkeit ist nicht allein Sache der Polizei. Durch Zuständigkeitsverordnungen der jeweiligen Bundesländer wurde vielen Kommunen diese hoheitliche Aufgabe übertragen. Gemäß § 48 Abs. 3 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden - Ordnungsbehördengesetz (OBG) vom 13.05.1980 (GV. NW. 1980 S. 528) in der zurzeit gültigen Fassung ist die Kreisordnungsbehörde unbeschadet der Zuständigkeit der Polizeibehörden zuständig für die Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten im Straßenverkehr an Gefahrenstellen. Laut Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW bietet jede konkrete Gefährdung eines relevanten Schutzgutes Anlass für kommunale Geschwindigkeitsüberwachungen. Da eine lückenlose Verkehrsüberwachung nicht möglich ist, sind Prioritäten zu setzen und Schwerpunkte zu bilden. Überwachungsmaßnahmen sind auf Unfallhäufungsstellen und - strecken oder schutzwürdige Bereiche zu konzentrieren. Überwachungsmaßnahmen an anderen Stellen (z.B. bei Geschwindigkeitsreduzierungen aus Gründen des Lärmschutzes LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3783 2 oder Messaktionen in Kooperation mit der Kreispolizeibehörde) sind dadurch nicht ausgeschlossen. Die Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Ordnungsbehördengesetzes- VV OBG - RdErl. d. Innenministers v. 4.9.1980 - 43 - 57.04.05 – 8 –besagt dazu in Nr. 48.31 „Maßnahmen zur Geschwindigkeitsüberwachung dienen der Verkehrssicherheit; sie sollen insbesondere zur Verhütung von Straßenverkehrsunfällen beitragen. Um dies zu erreichen und um den gelegentlich in der Öffentlichkeit geäußerten Vermutungen über die Aufbesserung kommunaler Kassen entgegenzuwirken, gilt für die Überwachung der angeordneten Geschwindigkeit Folgendes: Neben der Polizei sind nach § 48 Abs. 3 OBG auch die Kreisordnungsbehörden und die Großen kreisangehörigen Städte für die Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten und der Befolgung von Lichtzeichenanlagen zuständig. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich – anders als die der Polizei - nur auf die Überwachung an Gefahrenstellen.“ Die Auswahl der Messstelle hat sich an den Bedürfnissen der Verkehrssicherheit, nicht aber an wirtschaftlichen Interessen auszurichten. Auch hinsichtlich der Messgeräte und deren Bedienung durch fachlich ausgebildetes Personal gelten die gleichen Anforderungen wie bei der polizeilichen Messung. Die Verwarn- und Bußgelder aus der kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung werden durch die Kommune vereinnahmt, jedoch stellen die absoluten Zahlen nicht die tatsächlichen Einnahmen dar. 1. In welcher Höhe nahmen die nordrhein-westfälischen Kommunen Verwarn- und Bußgelder aus Geschwindigkeitsüberwachungen ein (gemeindescharf)? Der Landesregierung liegen keine Angaben über die Höhe der durch die Kommunen eingenommenen Verwarn- und Bußgelder im Zusammenhang mit der Ahndung von Geschwindigkeitsverstößen vor. Die Finanzstatistik des Landes differenziert im Bereich der kommunalen Einnahmen nicht zwischen Geldbußen wegen Geschwindigkeitsverstößen und Geldbußen wegen anderer Ordnungswidrigkeiten. 2. Welche Einnahmen für den allgemeinen Haushalt konnten die Kommunen durch Verwarn- und Bußgelder generieren? Zu den mit der Ahndung von Geschwindigkeitsverstößen durch die Kommunen verbundenen Einnahmen siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit, die Einnahmen aus behördlichen Bußgeld- und Verwarnungsverfahren für Zwecke der Verkehrssicherheit zu binden und einzusetzen? Einnahmen der Kommunen aus Bußgeldverfahren können grundsätzlich zur Finanzierung aller Aufgaben eingesetzt werden. Dies entspricht der Finanzhoheit der Kommunen als Teil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Die landesgesetzlichen Ausführungsbestimmungen zum Ordnungswidrigkeitengesetz sehen deshalb keine entsprechenden Verwendungsbeschränkungen vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3783 3 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Abstimmung zwischen Kommunen und Polizei bei der Geschwindigkeitsüberwachung, um nicht isoliert und ohne Absprache Chancen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu verschenken? Kommunen und Polizei stimmen auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte ihre Maßnahme zur Geschwindigkeitsüberwachung miteinander ab. Die Bestimmung der kommunalen Messstellen erfolgt im Benehmen mit der Polizei. Dies ist ein in NordrheinWestfalen seit langem praktiziertes und bewährtes Verfahren. Mit der am 15.07.2013 in Kraft getretenen Veränderung der Verwaltungsvorschrift zu § 48 Absatz 2 Ordnungsbehördengesetz sind die Voraussetzungen dafür nochmals verbessert worden. 5. Wie beurteilt die Landesregierung Vorwürfe, dass eine Ausweitung der kommunalen Geschwindigkeitskontrollen auch auf Bereiche, die nicht Unfallschwerpunkte sind, lediglich aus monetären Gesichtspunkten zur Haushaltskonsolidierung der Kommunen geeignet sei? Die Neufassung der Verwaltungsvorschrift zu § 48 Absatz 2 des Ordnungsbehördengesetzes bestimmt die Streckenabschnitte, auf denen eine erhöhte Unfallgefahr angenommen werden muss anders als bislang. Die Änderung wird durch die Erkenntnis getragen, dass Verkehrsunfälle durch unangepasste Geschwindigkeit nicht auf bestimmte Örtlichkeiten beschränkt sind, sondern sich flächendeckend ereignen. Die neue Verwaltungsvorschrift ermöglicht keine voraussetzungslosen Geschwindigkeitsüberprüfungen. Kommunale Messstellen können auch künftig nur im Benehmen mit der Polizei und unter Voraussetzungen festgelegt werden, die sich ausschließlich am Schutz und der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer orientieren. Bezüglich der Einzelheiten verweise ich auf den Bericht meines Hauses und des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr vom 15.07.2013 an den Innenausschuss, den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr sowie den Ausschuss für Kommunalpolitik. Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse, die den Schluss rechtfertigen, dass kommunale Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anderen Zwecken als der Verkehrssicherheit dienen.