LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3791 16.08.2013 Datum des Originals: 14.08.2013/Ausgegeben: 21.08.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1435 vom 16. Juli 2013 der Abgeordneten Angela Freimuth FDP Drucksache 16/3583 Globalhaushalte der Hochschulen: Gibt es einen „Blindflug“ bei der Mittelverwendung – inwieweit bestehen für die Hochschulen Reporting- und Berichtspflichten? Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 1435 mit Schreiben vom 14. August 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Landeszuschuss für die öffentlich-rechtlichen Hochschulen wird seit 2006 in positiver Fortentwicklung der Anfang der 90er Jahre eingeführten Finanzautonomie in Form eines Globalbudgets zugewiesen. In der jüngeren Debatte zu den Eckpunkten einer HochschulG-Novelle wird von der Landesregierung moniert, dass das System der Globalhaushalte zu einem >>Blindflug der Mittelverwendung<< geführt habe. Das Wissenschaftsministerium wisse kaum, wofür die Hochschulen die ihnen zugewiesenen Mittel verwenden würden, eine Transparenz sei nicht gegeben. Demgegenüber regen etwa die Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen und die Arbeitsgemeinschaft der Kanzlerinnen und Kanzler der Fachhochschulen in NRW an, dass das Berichtswesen hinsichtlich der Mittelverwendung angesichts der umfangreichen bereits heute von den Hochschulen gegenüber dem Land zu erfüllenden Berichtspflichten, optimiert werden sollte (vgl. Stellungnahme 16/922). Angesichts der steigenden Studierendenzahlen, gestiegenen Energiekosten und Tariferhöhungen wird zudem die Auskömmlichkeit dieser die Existenz sichernden Grundfinanzierung der Hochschulen von vielen Experten zunehmend in Frage gestellt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3791 2 Vorbemerkung der Landesregierung Freiheit und Wettbewerb ändern nichts daran, dass die Hochschulen öffentlich finanzierte Einrichtungen sind. Mehr als 90 Prozent der Mittel des Hochschulbereichs sind öffentliche Mittel des Landes, des Bundes oder der Europäischen Union. Die Zunahme parlamentarischer Anfragen zur Finanzsituation und zum Finanzgebaren der Hochschulen deutet auf ein Transparenzdefizit beim Parlament hin. Das Parlament als Haushaltsgesetzgeber besitzt offenbar – wie jüngste Kleine Anfragen zeigen – beispielsweise zu geringe Kenntnisse über die Bezüge von Hochschulleitungen, über die Rücklagen der Hochschulen oder über das Gebaren der Hochschulen als Arbeitgeber. Auf diese Kleinen Anfragen bezogene Rückfragen des Ministeriums werden bisweilen von den Hochschulen eher zögerlich beantwortet. Nach den Eckpunkten zum Hochschulzukunftsgesetz soll das MIWF künftig eine für die gesamte Hochschullandschaft verbindliche, strategische Planung des Landes in Gestalt eines Landeshochschulentwicklungsplans vorlegen, deren Eckpunkte vom Landtag beschlossen werden. Mit dieser engen Rückkopplung des Hochschulentwicklungsplans und seiner Fortschreibungen an den Landtag als Haushaltsgesetzgeber soll jenes hohe Maß an Transparenz für das Parlament geschaffen werden, welches in der Struktur des derzeitigen Hochschulgesetzes gerade nicht angelegt ist. Mit der geplanten Rückkopplung der Hochschulen an das Parlament, die über den Prozess der Landeshochschulentwicklungsplanung hergestellt wird, gelingt es erstmals, das Parlament gesetzlich strukturiert in die Planungsprozesse und die damit verbundenen Informationen über die Mittelverwendungsentscheidungen der Hochschulen einzubeziehen. Eine derartig gesetzlich klar geregelte Rückkopplung fehlt derzeit. Sie ist demokratisches Gebot und sichert den Hochschulen in Zeiten angespannter öffentlicher Haushalte eine breite Legitimationsbasis. Mit der "Hochschulvereinbarung NRW 2015" wurde ein gemeinsamer Rahmen zwischen der Landesregierung und den Hochschulen des Landes geschaffen, der den Hochschulen und Universitätskliniken eine Grundfinanzierung von mindestens vier Milliarden € pro Jahr bis 2015 garantiert. Für den doppelten Abiturjahrgang investiert das Land NRW im Rahmen des Hochschulpaktes von 2011 bis 2018 zusätzlich voraussichtlich 2,2 Milliarden €. Trotz angespannter Haushaltssituation hat die Landesregierung beschlossen, noch einmal zusätzlich 249 Millionen € jährlich für die Verbesserung der Qualität der Lehre an den Hochschulen zu investieren. Damit ist die Finanzierung seitens des Landes sichergestellt. 1. Inwieweit erhält die Landesregierung von den Hochschulen Reportings, Berichte und Jahresabschlüsse bezüglich der Verwendung der in Form der Globalbudgets zugewiesenen Landesmittel (bitte mit Übermittlung von Beispielen)? 2. Unterstellt, die Hochschulen legen dem zuständigen Ministerium regelmäßig Rechenschaft über die Verwendung der Globalhaushaltsmittel in Form von Reportings, Berichten und Jahresabschlüssen ab: Warum übermittelt das Ministerium nach erfolgter Auswertung die Ergebnisse dem Parlament im Sinne einer besseren Nachvollziehbarkeit nicht in vereinfachter Form? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3791 3 3. Welche wichtigen Angaben über die Mittelverwendung enthalten die von den Universitäten, Fachhochschulen und Kunst- und Musikhochschulen übermittelten Reportings, Berichte und Jahresabschlüsse nach Auffassung der Landesregierung nicht? Mit Inkrafttreten des Hochschulfreiheitsgesetzes am 1.1.2007 und dem Erlass der Hochschulwirtschaftsführungsverordnung (HWFVO) wurden den Hochschulen Berichtspflichten aufgegeben. Zum Nachweis der Verwendung aller zur Verfügung stehenden Mittel müssen zum Jahresbeginn die Universitäten und Fachhochschulen einen vorläufigen und die Kunsthochschulen einen endgültigen Jahresabschluss für das Vorjahr vorlegen. Stichtag für die Übersendung des endgültigen Jahresabschlusses der Universitäten und Fachhochschulen ist der 30.September. Den Universitäten und Fachhochschulen ist es seit Inkrafttreten des Hochschulfreiheitsgesetzes freigestellt, ob sie das kaufmännische Rechnungswesen einführen. Für die kaufmännischen Jahresabschlüsse gelten die Vorgaben des Handelsgesetzbuches. Hochschulen, die das kaufmännische Rechnungswesen eingeführt haben, sind verpflichtet, zusätzlich eine kamerale Darstellung zu übersenden. Die zu verwendenden Vordruckmuster sind als Anlagen 1 und 2 beigefügt. Die Angaben der Hochschulen in den kameralen Jahresabschlüssen/Darstellungen entsprechen den derzeitigen rechtlichen Vorgaben, sind aber sehr allgemein gehalten. Daher sind sie nicht hinreichend geeignet, Rückschlüsse bzw. Vergleiche anzustellen. Sie werden auf Plausibilität und Vollständigkeit geprüft. Da nicht alle Universitäten und Fachhochschulen das kaufmännische Rechnungswesen eingeführt haben, liegen nur die kameralen Abschlüsse/Darstellungen in Gänze vor. Diese sind allerdings in Ihrer Aussagekraft eingeschränkt. So kann man z. B. hieraus die summarischen Angaben zu den Personalausgaben ersehen, aber nicht ob z. B. zusätzliches Personal eigestellt wurde oder höhere Leistungsbezüge der Grund für Veränderungen sind. Wegen der nur zum Teil vorliegenden kaufmännischen Abschlüsse – und damit fehlender Vergleichsmöglichkeiten – und der oben beschriebenen eingeschränkten Aussagekraft der kameralen Übersichten, wird von einer allgemeinen Unterrichtung des Parlamentes abgesehen. 4. An welchen Parametern orientiert sich die Landesregierung bei der Bemessung der Globalhaushalte für die Hochschulen (bitte mit Darstellung der Gewichtung)? Die Veranschlagung der Mittel (Landeszuschuss) erfolgt im Rahmen der Haushaltsverhandlungen. Maßgeblich sind die Vorgaben der Hochschulvereinbarung 2015 (Besoldungs-, Tarifanpassungen, Mietsteigerungen, Eigenanteile der Hochschulen) sowie zusätzliche Mieten für Neubauten aus der Mietliste (hierfür werden auch zusätzliche Bewirtschaftungsmittel bereitgestellt) und Sondertatbestände (z. B. bei PCB-Belastung). Auch der Wegfall von Ausgaben (z. B. Entmietungen) wird berücksichtigt. Darüber hinaus wirkt sich auch die Umverteilung von Mitteln im Rahmen der leistungsorientierten Mittelverteilung auf die Höhe der Budgets aus. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3791 4 5. Wie haben sich die Globalhaushalte der Hochschulen in Anknüpfung an die Entwicklung der Studierendenzahlen von 2008 bis heute entwickelt (Auflistung bitte hochschulscharf: Universitäten, Fachhochschulen und Kunst- und Musikhochschulen jeweils mit der jährlichen Entwicklung der Studierendenzahlen)? Die erbetenen Angaben enthält die beigefügte Tabelle (Anlage 3). Die hieraus ersichtlichen Schwankungen bei den Veränderungen der Globalhaushalte sind im Wesentlichen auf die Investitionen (Titel 894 30 bzw. 891 30) und neue Mieten (Titel 685 10) zurückzuführen. In Jahren mit hohen Investitionen, z. B. für Ersteinrichtung und Netzausbau bei Neubauten, ist die prozentuale Steigerung teilweise deutlich. Im Jahr danach verringern sich dann die Mittel, was sich bei der prozentualen Veränderung negativ niederschlägt. Der Blick auf die Finanzierung der Hochschulen darf - insbesondere in Zeiten steigender Studierendenzahlen - nicht ausschließlich auf die Zuschüsse des Landes für den laufenden Betrieb und die Investitionen (Globalhaushalt) beschränkt werden. Hochschulpakt-, Qualitätsverbesserungsmittel und sonstige Zuwendungen tragen ebenfalls zur Finanzierung der Hochschulen bei. Ergänzend ist daher als Anlage 4 eine Tabelle über die Summe der Mittel beigefügt, die den Hochschulen aus dem Hochschulpakt und den Qualitätsverbesserungsmitteln (einschließlich Studienbeiträge/-gebühren) in den Jahren 2008 bis 2013 zur Verfügung standen bzw. gestellt werden. Dies macht deutlich, dass die Finanzierung der Hochschulen insgesamt sichergestellt ist. Die im Aufbau befindlichen vier neuen Fachhochschulen sind in den Tabellen nicht enthalten, da sie in der Aufbauphase aus Zentralmitteln finanziert werden und über keinen Globalhaushalt verfügen.