LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3792 16.08.2013 Datum des Originals: 15.08.2013/Ausgegeben: 21.08.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1438 vom 15. Juli 2013 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/3586 Wartezeiten in kommunalen Ausländerbehörden: wie unterstützt die Landesregierung im Zuge ihrer Willkommenskultur-Politik die Städte und Gemeinden in NordrheinWestfalen ? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1438 mit Schreiben vom 15. August 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Vertreter von Migrantenselbstoranisationen und Ausländervertretern monierten in den letzten Monaten in der Presse die lange Wartezeit bis ein Antrag bei der Ausländerbehörde Krefeld überhaupt bearbeitet wird. Dies kann teilweise mehrere Monate dauern. Zumeist geht es hierbei um die Verlängerung von Aufenthaltstiteln. Ohne eine Verlängerung ist es Bürgern mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft nicht möglich, Fernreisen anzutreten und auch in Sachen Arbeitsvertrag ist ein gültiger Aufenthaltstitel unerlässlich, um zwei Beispiele zu nennen . Durch die lange Wartezeit auf die Ausstellung eines gültigen Arbeitstitels können jetzt in den Sommerferien Familien nicht gemeinsam in den Urlaub verreisen. Denn: nicht alle Familienmitglieder haben einen Termin bei der Ausländerbehörde zur Verlängerung des Aufenthaltstitels erhalten. Auch die langen Wartezeiten bei der Bearbeitung von Einbürgerungen standen in der jüngeren Vergangenheit im Fokus der öffentlichen Debatte, so etwa in Duisburg . Auch hier reichte das Personal nicht aus, um eine angemessene Bearbeitungszeit zu gewährleisten. Eine Politik des Willkommens muss in Nordrhein-Westfalen besser aussehen. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte fühlen sich nicht angenommen und willkommen, wenn sie mehrere Monate auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten müssen. Vor dem Hintergrund der Meldungen bezüglich starker Überlastungen der kommunalen Behörden , die Ausländerangelegenheiten sowie Einbürgerungen in Nordrhein-Westfalen bearbeiten , bitte ich in diesem Zusammenhang um Beantwortung folgender Fragen durch die Landesregierung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3792 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Ausführung sowohl des Aufenthaltsgesetzes als auch des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist Sache der Länder. Die allgemeinen Zuständigkeiten in Ausländer- und Einbürgerungsangelegenheiten wurden in Nordrhein-Westfalen dabei grundsätzlich auf die örtlichen Ordnungsbehörden der Großen kreisangehörigen Städte und der kreisfreien Städte sowie auf die Ordnungsbehörden der Kreise übertragen. Die kommunalen Behörden bearbeiten hiernach ausländer- und einbürgerungsrechtliche Angelegenheiten in eigener Zuständigkeit. Gleiches trifft im Ergebnis auf das Prozess- und Personalmanagement im Bereich der zuständigen Kommunen zu. Dieses unterliegt der gemeindlichen Selbstverwaltung. 1. Ist der Landesregierung bekannt, wie viele Städte und Gemeinden Probleme bei der Bewältigung der hohen Antragszahl haben - konkret bei Ausländerbehörden und Einbürgerungsstellen? Der Landesregierung liegen keine Daten über die jährliche Anzahl der bei den Ausländerund Einbürgerungsbehörden laufenden Verwaltungsverfahren vor. Die Bearbeitungsdauer ausländer- und einbürgerungsrechtlicher Verfahren als möglicher Indikator für Probleme bei der Arbeitsbewältigung durch die kommunalen Ordnungsbehörden wird durch die Landesregierung statistisch nicht erfasst. Der mit entsprechenden Abfragen verbundene Verwaltungsaufwand wäre unverhältnismäßig. Der Landesregierung liegen auch keine Berichte aus einzelnen Kommunen vor, aus denen sich eine diesbezügliche strukturelle Problematik ergibt. Die Bearbeitungsdauer von ausländer- und einbürgerungsrechtlichen Verfahren ist zudem stark einzelfallabhängig. Zeitkritische Einflussfaktoren sind neben der konkreten Verwaltungssituation vor Ort insbesondere auch - außerhalb der Verantwortung der Behörden liegende - notwendige Mitwirkungshandlungen auf Antragstellerseite, Produktionszeiten für beantragte Dokumente sowie Art und Umfang zu beteiligender Dritter, z.B. ausländischer Dienststellen. 2. Welche Hilfestellungen bietet die Landesregierung den Kommunen bei der Ver- besserung der Situation an, etwa durch einen Masterplan/ ein Konzept zur Umstrukturierungen und Effizienzsteigerungen im Ablauf? Die Organisations- und Personalhoheit unterfällt der kommunalen Selbstverwaltung. Effiziente und situationsgerechte Lösungen, etwa zur Bewältigung konkreter Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einer zeitgerechten Antragsbearbeitung, können und müssen in erster Linie unmittelbar vor Ort erarbeitet werden. Unter Umständen lassen sich dort erfolgreich erprobte Lösungsschritte im Weiteren auch auf vergleichbare Problemstellungen anderer Ausländer - und Einbürgerungsbehörden anwenden. Die Stadt Krefeld hat zum Beispiel im Hinblick auf die terminliche Situation in der Ausländerbehörde , neben weiteren personellen und organisatorischen Maßnahmen, auch einen "Urlaubsschnellschalter " eingerichtet. Hierdurch sollen geplante Ferienreisen zeitnah und unbürokratisch ermöglicht werden. Die Erfahrungen der Stadt Krefeld im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen sowie die Frage nach deren Geeignetheit auch für andere Kommunen bei Eintritt einer vergleichbaren Situation wird das Ministerium für Inneres und Kommunales im Rahmen der nächsten Dienstbesprechung mit den Bezirksregierungen und verschiedenen Ausländerbehörden thematisieren. Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Behörden erfolgt im Übrigen insbesondere auch auf Ebene der Bezirksregierungen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3792 3 3. Sofern keine Hilfestellungen bereitgestellt werden: warum erachtet die Landesregierung es für nicht geboten, entsprechende Hilfestellungen als Angebot an die Kommunen bereit zu stellen? Ich verweise auf meine Antwort zu Frage 2. 4. Welche Maßnahmen bringt die Landesregierung selbst auf den Weg, um eine Poli- tik der Willkommenskultur in Behörden in Nordrhein-Westfalen zu befördern? Die Landesregierung begrüßt die an den jeweiligen Standorten bereits ergriffenen und noch geplanten Maßnahmen zur Etablierung bzw. Stärkung einer Willkommens- und Anerkennungskultur in den nordrhein-westfälischen Behörden. So ist es auch ein erklärtes Ziel der von ihr im Juli 2013 vorgestellten, für die Dauer der laufenden Legislaturperiode angelegten Einbürgerungsoffensive, die Anerkennungs- und Willkommenskultur in den Einbürgerungsbehörden zu stärken. Daneben beteiligt sich die Landesregierung an dem Modellprojekt „Ausländerbehörden – Willkommensbehörden“ (Arbeitstitel) des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, das zum Ende des dritten Quartals 2013 beginnen soll. Das Projekt hat das Ziel, Ausländerbehörden auf ihrem Weg zu "Willkommensbehörden" zu unterstützen. Die Behörden sollen dazu befähigt werden, sich interkulturell zu öffnen und sich somit als "Willkommensbehörden " zu entwickeln. Die Teilnahme ist auf eine sogenannte Pilotbehörde pro Bundesland beschränkt. Für Nordrhein-Westfalen ist dies die Ausländerbehörde Essen. Diese soll über einen Zeitraum von zwei Jahren von einem durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ausgewählten Projektträger unterstützt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Organisation interner Prozesse und Arbeitsläufe, der Vernetzung mit anderen Behörden, Institutionen und Interessenvertretungen im Zuständigkeitsbereich sowie auf der Personalentwicklung zur Stärkung des service- und kundenorientierten Handelns und zur Verortung interkultureller Kompetenzen. Es sollen damit gute Beispiele und Prozessmodelle erarbeitet werden, die auch für andere Ausländerbehörden in Deutschland auf dem Weg hin zu "Willkommensbehörden " hilfreich sind. Zusätzlich unterstützt wird die Ausländerbehörde Essen von der Ausländerbehörde Köln als sogenannte Partnerbehörde. Für die Landesregierung erfolgt eine Begleitung des Modellprojekts durch das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales und das Ministerium für Inneres und Kommunales. Die Projektbegleitung durch das Ministerium für Inneres und Kommunales erfolgt gerade auch mit Blick auf die mögliche Übertragbarkeit einzelner im Projektverlauf erarbeiteter Prozessmodelle und Ergebnisse auf den Einbürgerungsbereich. 5. Welche finanziellen Mittel werden zur Ausgestaltung der Willkommenskultur- Politik bereitgestellt? Zur Entwicklung einer Willkommenskultur tragen direkt und indirekt zahlreiche Fördermaßnahmen der Landesregierung bei. So bieten z.B. die Kommunalen Integrationszentren vor Ort durch Stützung der systematischen Zusammenarbeit verschiedener Ämter und Behörden oder auch die von der Freien Wohlfahrtspflege getragenen Integrationsagenturen im Rahmen ihrer Anstrengungen zur interkulturellen Öffnung von Regeleinrichtungen wichtige Bausteine . Welche Anteile der diesbezüglichen Landesförderung sich konkret auf die Ausgestaltung einer Willkommenskultur beziehen, ist nicht exakt zu beziffern. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3792 4 Für die Teilnahme an dem Modellprojekt „Ausländerbehörden – Willkommensbehörden“ (Arbeitstitel ) hat die Landesregierung dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Eigenbeteiligung von 10.000 € zugesagt.