LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3858 26.08.2013 Datum des Originals: 26.08.2013/Ausgegeben: 29.08.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1433 vom 11. Juli 2013 der Abgeordneten Kai Abruszat und Yvonne Gebauer FDP Drucksache 16/3572 Mehrarbeit für Pädagogen statt Flexibler Mittel für Vertretungsunterricht? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 1433 mit Schreiben vom 26. August 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Ministerin für Schule und Weiterbildung, Sylvia Löhrmann, hat unmittelbar nach der Verabschiedung des Landeshaushalts 2013 mehr als die Hälfte der Mittel für den Flexiblen Vertretungsunterricht gesperrt, um die Globale Minderausgabe im Haushalt für Schule und Weiterbildung zu erwirtschaften. In dem entsprechenden Erlass hierzu wird ausgeführt, dass die Möglichkeit der ad hoc Mehrarbeit, für deren Genehmigung oder Anordnung die Schulleitung zuständig ist und die haushaltsmäßig über den Besoldungstitel abgerechnet wird, zu prüfen sei. Hiervon solle laut Erlass vorrangig Gebrauch gemacht werden. Auch in dem von der FDP beantragten Bericht der Landesregierung (Vorlage 16/845) verwies die Schulministerin zur Kompensation u.a. auf die „Anordnung von sogenannter ad-hoc Mehrarbeit“. In der Mündlichen Fragestunde am 10. Juli 2013 bewegten sich die Antworten die Schulministerin bezüglich der organisatorischen und finanziellen Folgen angeordneter Mehrarbeit eher im vagen. Sie erklärte, dass ihr hierzu keine genauen Erkenntnisse vorlägen. Diese Aussage ist ausgesprochen überraschend. So heißt es z.B. im Landesbeamtengesetz unter § 61 Mehrarbeit: „(1) Der Beamte ist verpflichtet, ohne Entschädigung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse es erfordern. Wird er durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, so ist ihm innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. (2) Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3858 2 so können an ihrer Stelle Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern für einen Zeitraum von längstens 480 Stunden im Jahr eine Mehrarbeitsvergütung erhalten.“ Laut Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung NRW gelten im Schuldienst drei Unterrichtsstunden als fünf Stunden in diesem Sinne. Hieraus folgt offenkundig, dass Mehrarbeit z.B. bei verbeamteten Lehrerinnen und Lehrern letztlich direkt oder indirekt für das Land selbstverständlich auch Kosten nach sich zieht. Entsprechende Regelungen gelten für angestellte Lehrerinnen und Lehrer. Vorbemerkung der Landesregierung 1. Die Kleine Anfrage suggeriert, dass Mehrarbeit angesichts der Sperrung von 25 Mio. EUR bei den Flexiblen Mitteln für Vertretungsunterricht systematisch ausgeweitet werden soll. Das ist zurückzuweisen. Die mit Bewirtschaftungserlass vom 27. März 2013 getroffene Regelung, dass bei Unterrichtsausfällen aus Krankheitsgründen bis zu vier Wochen die Möglichkeit der sog. ad hoc - Mehrarbeit, für deren Genehmigung oder Anordnung die Schulleitung zuständig ist und die haushaltsmäßig über den Besoldungstitel abgerechnet wird, zu prüfen und von diesem Instrument vorrangig Gebrauch zu machen ist, wird bereits seit Jahren so verfügt. Bereits im Runderlass des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung vom 20. 6. 2002 (BASS 11 – 11 Nr. 2.2) „Vertretungsunterricht im Rahmen des Programms „Flexible Mittel für Vertretungsunterricht“; Anwendungshinweise und Mittelverteilung“ ergeht unter Ziffer 5.1 „Weitere Instrumente zur Organisation von Vertretungsunterricht“ folgender Hinweis: „Für kurzfristige Unterrichtsausfälle aus Krankheitsgründen bis zu vier Wochen besteht die Möglichkeit der sog. ad hoc-Mehrarbeit, für deren Genehmigung bzw. Anordnung die Schulleiterin oder der Schulleiter zuständig ist und die haushaltsmäßig über den Besoldungstitel und nicht zu Lasten der Mittel aus „Flexible Mittel für Vertretungsunterricht“ abgerechnet wird. Außerdem steht für den Bereich der Grundschule die Vertretungsreserve zur Verfügung. Darüber hinaus sind die Vertretungskapazitäten im Rahmen der zugewiesenen Stellen gegen Unterrichtsausfall zu nutzen.“ 2. Es gibt zwei Arten von Mehrarbeit, die sich jedoch beide nach dem Runderlass vom 11.6.1979 „Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst“ (BASS 21-22 Nr. 21) in der jeweils geltenden Fassung richten. Die erste Art ist die „ad-hoc-Mehrarbeit“ (gelegentliche Mehrarbeit) bei kurzfristigem Ausfall einer unbefristet beschäftigten Person wegen Erkrankung, deren voraussichtlicher Ausfall 4 Wochen nicht übersteigt. Gelegentliche Mehrarbeit wird durch vorhandenes unbefristet beschäftigtes Personal geleistet und durch Schulleitungen angeordnet bzw. genehmigt. Befristet eingestellte Personen dürfen keine Mehrarbeit übernehmen, da immer eine Änderung des bestehenden Arbeitsvertrages erfolgen muss. Bei schwerbehinderten Personen, deren Pflichtstunden über die generelle Pflichtstundenermäßigung hinaus zusätzlich ermäßigt worden sind, ist von der Anordnung bzw. Genehmigung von Mehrarbeit abzusehen. Die Vergütung erfolgt aus den Titeln 422 01 bzw. 428 01 der Schulkapitel 05 310 bis 05 410. Die zweite Art ist „regelmäßige Mehrarbeit“ bei längerfristigem Ausfall (voraussichtlich mehr als 4 Wochen) einer unbefristet beschäftigten Person. Die Vergütung erfolgt aus den flexiblen Mitteln für Vertretungsunterricht (Kapitel 05 300 Titel 427 20). Im Mittel LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3858 3 der vergangenen Jahre wurden von den abgeflossenen flexiblen Mitteln für Vertretungsunterricht rund 3 Prozent für regelmäßige Mehrarbeit aufgewendet. Die flexiblen Mittel für Vertretungsunterricht werden ganz überwiegend für befristete Tarifbeschäftigungsverhältnisse eingesetzt (über 90 Prozent). Hierzu wird in den Erläuterungsbänden zu den Haushaltsentwürfen regelmäßig berichtet. Nach Ziffer 5.1 des Runderlasses „Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst“ ist Mehrarbeitsunterricht nicht vergütbar, wenn die Zahl der Unterrichtsstunden im Kalendermonat weniger als 4 und soweit sie mehr als 288 im Kalenderjahr beträgt. Erteilt eine Lehrerin oder ein Lehrer im Monat mindestens 4 Mehrarbeitsstunden, so wird der Mehrarbeitsunterricht von der ersten Stunde an vergütet. 1. Wie viele Mehrarbeitsstunden wurden im vergangenen Schuljahr von den nordrhein-westfälischen Lehrerinnen und Lehrern geleistet (bitte in absoluten Zahlen sowie jeweils nach Schulformen aufgeschlüsselt darstellen)? Eine vollständige Auswertung für das laufende Schuljahr 2012/2013 kann in der Kürze der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit auf Grund von Software-Umstellungen im Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW nicht erfolgen. Hinzu kommt, dass erfahrungsgemäß zahlreiche Stundenbelege von den Schulen dem LBV erst im neuen Schuljahr zur Abrechnung vorgelegt werden. 2. Wie viele Stunden dieser Mehrarbeitsstunden wurden durch Mehrarbeitsvergütung kompensiert? 3. Mit welchen Beträgen wurden diese Mehrarbeitsstunden der Lehrerinnen und Lehrer von Seiten des Landes in absoluten Beträgen im letzten Schuljahr ausgeglichen (bitte absolut sowie nach Schulformen aufgeschlüsselt darstellen)? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Beamtete Lehrkräfte Tarifbeschäftigte Lehrkräfte Zusammen 05 310 Grundschule 48.386 4.911 53.297 05 320 Hauptschule 30.193 14.021 44.214 05 330 Realschule 110.427 25.556 135.983 05 340 Gymnasium 165.247 25.305 190.552 05 350 Gemeinschaftsschule 283 106 389 05 360 Weiterbildungskolleg 1.151 371 1.522 05 380 Gesamtschule 82.414 27.466 109.880 05 390 Förderschule 5.512 2.053 7.565 05 410 Berufskolleg 22.830 10.744 33.574 Insgesamt 466.443 110.533 576.976 Kapitel Schulform Vergütete Mehrarbeit im Schuljahr 2011/2012 (Stunden) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3858 4 Alle in der Antwort zu Frage 1 genannten Mehrarbeitsstunden werden vergütet. Die Vergütung richtet sich grundsätzlich nach der Besoldung oder der Eingruppierung der Lehrkraft. Die jeweiligen Vergütungssätze richten sich nach dem Runderlass des Kultusministeriums vom 22. 8. 1980 „Vergütung der Mehrarbeit und des nebenamtlichen Unterrichts im Schuldienst; Vergütungssätze Runderlass 22.8.1980 (BASS 21 – 22 Nr. 22). 4. Aus welchen Haushaltstiteln wurde die Vergütung der Mehrarbeit von Lehrerinnen und Lehrern im vergangenen Schuljahr finanziert (bitte nach Haushaltstiteln aufgeschlüsselt darstellen)? Die Vergütung von Mehrarbeit erfolgt aus den Titeln 422 01 bzw. 428 01 der Schulkapitel 05 310 bis 05 410: Regelmäßige Mehrarbeit wird im Rahmen der Deckungsfähigkeit gem. § 7 Abs. 1 Haushaltsgesetz aus den Flexiblen Mitteln für Vertretungsunterricht (Kapitel 05 300 Titel 427 20) finanziert. 5. Hat die Landesregierung zur Kompensation zusätzlicher Mehrarbeit von Lehrerinnen und Lehrern im Haushalt 2013 eine entsprechende Vorsorge getroffen (wenn ja, bitte nach Haushaltstiteln differenziert darstellen)? Die Mittel für gelegentliche Mehrarbeit sind in den Titeln 422 01 bzw. 428 01 der Schulkapitel 05 310 bis 05 410 enthalten. Beamtete Lehrkräfte Titel 422 01 Tarifbeschäftigte Lehrkräfte Titel 428 01 Zusammen 05 310 Grundschule 1.005.382 € 97.345 € 1.102.727 € 05 320 Hauptschule 623.191 € 286.132 € 909.323 € 05 330 Realschule 2.468.298 € 521.940 € 2.990.238 € 05 340 Gymnasium 4.667.297 € 700.051 € 5.367.348 € 05 350 Gemeinschaftsschule 6.335 € 2.342 € 8.677 € 05 360 Weiterbildungskolleg 300.369 € 8.424 € 308.793 € 05 380 Gesamtschule 2.046.412 € 645.256 € 2.691.668 € 05 390 Förderschule 134.665 € 46.302 € 180.967 € 05 410 Berufskolleg 645.805 € 281.644 € 927.449 € Insgesamt 11.897.754 € 2.589.436 € 14.487.190 € Kapitel Schulform Vergütete Mehrarbeit im Schuljahr 2011/2012 (Stunden)