LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3875 27.08.2013 Datum des Originals: 26.08.2013/Ausgegeben: 30.08.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1436 vom 15. Juli 2013 des Abgeordneten Marcel Hafke FDP Drucksache 16/3584 Seit drei Jahren Stillstand im Elementarbereich: KiBiz-Krach in der Koalition – Wird es ein neues KiBiz geben? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 1436 mit Schreiben vom 26. August 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Inneres und Kommunales und der Ministerin für Schule und Weiterbildung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit drei Jahren kündigen SPD und BÜNDNIS 90/Die Grünen im Land an, dass das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) umfassend reformiert werden solle. Bereits in ihrem Wahlprogramm für die Landtagswahl 2010 versprach die SPD, ein Kinderbildungsgesetz vorzulegen, das diesen Namen wirklich verdiene. Frühkindliche Bildung ginge nur „ganz anders“, ein ganz neues Gesetz – ein Kinderzukunftsgesetz – sei erforderlich. In den Wahlkämpfen konnten sich Vertreterinnen und Vertreter von SPD und Grünen nicht schnell genug vom KiBiz distanzieren . Immer wieder wurde betont, dass eine adäquate frühkindliche Bildung unter Geltung des KiBiz gar nicht möglich sei, die Arbeitsbedingungen wären katastrophal. In den drei Jahren rot-grüner Regierungszeit in NRW hat es allerdings im Elementarbereich bis auf die im Jahr 2011 im Rahmen des 1. KiBiz-Änderungsgesetzes erfolgte Beitragsfreistellung nur marginale Veränderungen gegeben. Das KiBiz gehört damit zu dieser rot-grünen Landesregierung wie Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Schulministerin Sylvia Löhrmann . Es scheint besser als sein Ruf zu sein, ansonsten würde die Landesregierung sicherlich nicht daran festhalten und hätte schon längst ein neues Gesetz vorgelegt. Drei Jahre bieten ausreichend Zeit, ein Gesetz umfassend und sorgfältig zu überarbeiten, wenn es denn tatsächlich für notwendig erachtet wird und eine Koalition gut zusammenarbeitet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3875 2 Zwar wird im aktuellen Koalitionsvertrag für die Jahre 2012 bis 2017 von SPD und Grünen noch erwähnt, dass es ein neues Gesetz in der frühkindlichen Bildung geben solle. Ein avisierter Zeitpunkt wird aber nicht genannt. Diese Unklarheit und der Stillstand scheinen dem grünen Partner der Koalition, der von seinen vollmundigen Wahlversprechen eingeholt wird und dessen Glaubwürdigkeit auf dem Spiel steht, zunehmend zu missfallen. So berichteten die Westfälischen Nachrichten am 5. Juli 2013, dass sich zwischen SPD und Grünen ein regelrechter KiBiz-Streit entfacht habe. Nach Auffassung der Grünen seien auf SPD-Seite wichtige Arbeiten für das Reformvorhaben unerledigt geblieben, weshalb es bis 2014 nicht mehr auf den Weg gebracht werden könne. Die Fronten scheinen verhärtet, die Positionen weit voneinander entfernt zu sein, ein Durchbruch ist nicht in Sicht. Vermutlich wird sich bis zum Herbst nicht einmal der Beginn eines Gesetzgebungsverfahrens abzeichnen, geschweige denn dessen Ende. 1. Wird es ein neues Gesetz in der frühkindlichen Bildung in der aktuellen Legisla- turperiode geben (bitte mit Angabe des Zeitpunkts)? 2. Falls ja, welche konkreten Veränderungen im Vergleich zum aktuellen KiBiz soll es geben? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, das KiBiz einer Grundrevision zu unterziehen und die Rahmenbedingungen der frühkindlichen Bildung in Nordrhein-Westfalen schrittweise zu verbessern. Wichtige Änderungen, u.a. die Einführung der Elternbeitragsfreiheit im letzten Jahr vor der Einschulung und die Verbesserung des Personalschlüssels im U3-Bereich, konnten bereits mit dem Ersten KiBiz-Änderungsgesetz erzielt werden. Für die Landesregierung sind schon allein die Mittel für die Verbesserung des Personalschlüssels mit einem Volumen von über 145 Mio. Euro im Haushalt 2013 - im Gegensatz zur Bewertung des Fragestellers - nicht marginal. Denn der zusätzlichen Unterstützung des in den Einrichtungen tätigen Personals - die seit in Kraft treten des KiBiz immer wieder von allen Seiten gefordert wurde - misst die jetzige Landesregierung eine hohe Bedeutung bei. Den eingeschlagenen Weg der schrittweisen Verbesserungen wird die Landesregierung kontinuierlich weitergehen. Der nächste Schritt soll zum Kindergartenjahr 2014/2015 erfolgen. Die konkreten Änderungsvorschläge wird die Landesregierung im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Verfahren vorlegen. 3. Inwieweit ist damit zu rechnen, dass die finanziellen Landesmittel für die frühkind- liche Bildung aufgestockt werden (bitte mit Nennung des eingeplanten Finanzvolumens )? Seit 2010 hat die Landesregierung die finanziellen Landesmittel für die frühkindliche Bildung jedes Jahr erheblich aufgestockt. Die Entwicklung und das jeweilige Finanzvolumen ergeben sich aus dem jeweiligen Haushaltsplan und bezogen auf das Haushaltsjahr 2014 aus dem Entwurf des Haushaltsgesetzes. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3875 3 4. Wie bewertet die Landesregierung die derzeitigen Bedingungen der frühkindlichen Bildung unter Geltung des aktuellen Kinderbildungsgesetzes? Mit dem Ersten KiBiz-Änderungsgesetz konnten bereits wichtige Verbesserungen im Bereich der frühkindlichen Bildung erzielt werden: So wurde mit der neu geschaffenen zusätzlichen U3-Pauschale in der Betreuung von Kindern dieser Altersgruppe eine Verbesserung des Personalschlüssels erreicht. Mit diesen ausschließlich vom Land finanzierten Mitteln kann insbesondere der zusätzliche Einsatz von Kinderpflegerinnen und –pflegern, eine Berufsgruppe , die das KiBiz nahezu aus dem Bereich der U3-Betreuung herausgedrängt hatte, obwohl sie mit ihrer Ausbildung besonders für die pflegerischen Tätigkeiten bei unterdreijährigen Kindern geeignet sind, finanziert werden. Die Ausstattung von Familienzentren und die Finanzierung bei Kindern mit Behinderungen sind verbessert. Die Elternbeitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung führt zu einer Entlastung junger Familien mit kleinen Kindern. Darüber hinaus sind allerdings weitere Verbesserungen notwendig. Hier sind für den nächsten Schritt insbesondere die Neuausrichtung der sprachlichen Bildung, die weitere Entlastung des Personals und der zielgenauere Einsatz von Mitteln für den Abbau von Benachteiligungen und für mehr Bildungsgerechtigkeit zu nennen. 5. Welcher finanzielle Aufwand für das Land geht mit den im 1. KiBiz- Änderungsgesetz durchgeführten Umgestaltungen seit 2011 einher (Volumen bitte jährlich aufgeschlüsselt nach den einzelnen Maßnahmen: Beitragsfreiheit, U3- Ergänzungspauschale etc.)? Die Daten über die mit dem Ersten KiBiz-Änderungsgesetz einhergehenden zusätzlichen Landesleistungen sind der nachfolgenden Tabelle (gerundete Beträge, alle Angaben in Euro) zu entnehmen. HHJahr 2011 (Ist) HHJahr 2012 (Ist) HHJahr 2013 (nach Haushaltsplan ) Summe Belastungsausgleich Elternbeitragsfreiheit 57,6 Mio. 143,3 Mio. 148,2 Mio. 349,1 Mio. U3-Pauschalen 38,8 Mio. 113,7 Mio. 145,9 Mio. 298,4 Mio. Sonderprogramm Berufspraktikanten 2,2 Mio. 6,8 Mio. 4,3 Mio. 13,3 Mio. Zus. Förderung Waldkindergärten 85.000 232.000 308.000 625.000 Erhöhungen für Familienzentren 2,1 Mio. 2,4 Mio. 2,5 Mio. 7,0 Mio. Insgesamt 100,8 Mio. 266,4 Mio. 301,2 Mio. 668,4 Mio. Damit wird deutlich: Diese Landesregierung setzt neben dem quantitativen Ausbau der Betreuungsplätze für die Unterdreijährigen auch auf eine qualitative Verbesserung der Standards .