LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3885 28.08.2013 Datum des Originals: 28.08.2013/Ausgegeben: 02.09.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1497 vom 24. Juli 2013 des Abgeordneten Josef Hovenjürgen CDU Drucksache 16/3702 Nachzuholende Konsolidierungshilfe für die Stadt Dorsten für die Jahre 2011 und 2012 Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1497 mit Schreiben vom 28. August 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Konsolidierungshilfe des Landes Nordrhein-Westfalens nach dem Stärkungspaktgesetz für die Stadt Dorsten beträgt ab dem Jahr 2013 jährlich 7,1 Mio. Euro. In den Jahren 2011 und 2012 hat die Stadt Dorsten jährlich vier Millionen Euro weniger erhalten. Die Landesregierung hat Fehler bei der Berechnung der Konsolidierungshilfe für die Jahre 2011 und 2012 eingeräumt. Diese wurden folglich für das Jahr 2013 neu berechnet und mit dem Gesetz zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes normiert. Die Gelder, die der Stadt Dorsten bei korrekter Berechnung der Konsolidierungshilfe zugestanden hätten, sind an andere Kommunen geflossen. Bereits kurz vor der Verabschiedung des Stärkungspaktgesetzes am 8. Dezember 2011 wurde die Landesregierung darauf hingewiesen, dass für die Berechnung der Konsolidierungshilfen zum Teil fehlerhafte Daten verwendet wurden. Diese Warnungen wurden nicht beachtet. In der Folge kam es zu massiven Verwerfungen bei der Bewilligung der Stärkungspakthilfe für die Empfängerkommunen, wodurch es jetzt zwingenden Korrekturbedarf gibt. Hintergrund der fehlerhaften Daten waren teilweise Meldefehler der Kommunen, aber auch Fehler beim Land, so u.a. bei IT.NRW. Die sog. „strukturelle Lücke“, die durch ein Gutachten ermittelt wurde, war zunächst im ursprünglichen Gesetzentwurf zum Stärkungspakt vom 20. September 2011 nicht als maßgeblich für das Gesetz vorgesehen. Bis zu einer kurzfristigen Änderung sollten die Jahresabschlüsse 2008/2009 als Berechnungsgrundlage für die Verteilung der Konsolidierungshilfe dienen. Erst durch den Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP vom 29. November 2011 wurde das Tabellenwerk der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3885 2 Gutachter Junkernheinrich und Lenk kurzfristig maßgeblich für die Verteilung der Konsolidierungsmittel des Landes. Mit den begrenzten Mitteln des Stärkungspaktes und dem Zahlungsverkehr des Landes NRW an andere Kommunen rechtfertigt die Landesregierung, dass die fehlenden 4 Mio. Euro, die an die Stadt Dorsten hätten fließen müssen, nun nicht mehr zur Verfügung ständen. Vorbemerkung der Landesregierung Die Behauptung des Fragestellers, der Landesregierung sei vor Verabschiedung des Stärkungspaktgesetzes bekannt gewesen, dass die Grundlage für die Konsolidierungshilfen fehlerhaft gewesen sei, ist unzutreffend. Zutreffend ist, dass es im Umfeld der Verabschiedung des Stärkungspaktgesetzes am 8. Dezember 2011 von verschiedenen Kommunen Einwendungen gab gegen die für sie im Gesetz ausgewiesene strukturelle Lücke. So hatte die Stadt Remscheid mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 mitgeteilt, dass in den Jahren 2007 und 2008 geleistete Sozialleistungen nicht berücksichtigt worden seien. Außerdem hatten die Städte Minden, Oer-Erkenschwick und Dorsten in entsprechenden Schreiben die gutachterlichen Berechnungen in Zweifel gezogen. Es war zu diesem Zeitpunkt für die Landesregierung nicht erkennbar, ob die Kritikpunkte der Kommunen überhaupt zutreffend sind und ob es sich um eine auf die Systematik des Gutachtens zurückzuführende Kritik an den Rechenergebnissen handelt. Mit Bericht der Landesregierung vom 16.02.2012 wurde dem Ausschuss für Kommunalpolitik mitgeteilt, dass als Zwischenergebnis davon auszugehen sei, dass neben der fehlerhaften Buchung der Stadt Remscheid die statistischen Meldungen weiterer Gemeinden fehlerhaft seien. Angesichts ihrer Auswirkungen auf die Validität der strukturellen Lücke sollten diese Fehler in Zusammenarbeit mit den Gemeinden im Detail aufgeklärt werden, um so ein gesichertes Bild über den gesetzgeberischen Bedarf in Bezug auf eine Überarbeitung der Anlage zum Stärkungspaktgesetz zu erhalten. Der diesbezügliche Sachverhalt wurde von der Landesregierung vielfach dargestellt. Auf die zusammenfassenden Berichte der Landesregierung vom 16. Februar 2012 "Angekündigte Neuberechnung des Stärkungspakts Stadtfinanzen" (Vorlage 15/1274) und vom 08. Januar 2013 "Stärkungspaktgesetz: Korrekturverfahren statistische Grundlagen" (Vorlage 16/506) wird verwiesen. Zwischenzeitlich wurde das Verfahren zur Korrektur der statistischen Grundlagen des Stärkungspaktgesetzes durchgeführt. Die Ergebnisse dieses Verfahrens führten zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes durch das Gesetz zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes vom 16. Juli 2013 (GV. NRW. 2013 S. 489). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3885 3 1. Warum zahlt die Landesregierung nicht rückwirkend für die Jahre für 2011 und 2012 eine höhere Konsolidierungshilfe, wo der Landesregierung doch bereits vor Verabschiedung des Stärkungspaktgesetzes bekannt war, dass die Grundlage für die Konsolidierungshilfen fehlerhaft war und zudem nicht ausschließlich die Verantwortung der Datenpanne bei den Kommunen zu verorten ist? Eine rückwirkende Veränderung der Konsolidierungshilfe ist in dem vom Landtag am 10. Juli 2013 beschlossenen Gesetz zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes nicht vorgesehen. 2. Dem Hinweis, die Bescheide der Stadt Dorsten für die Jahre 2011 und 2012 unter Vorbehalt der Neuberechnung der Konsolidierungshilfe zu versenden, ist die Landesregierung nicht nachgekommen Aus welchem Grund hat die Landesregierung darauf verzichtet, die Bescheide für 2011 und 2012 unter Vorbehalt der geplanten Neuberechnung der Konsolidierungshilfe zu versenden, trotz Kenntnis der Fehler der Datengrundlage noch vor dem Beschluss des Stärkungspaktgesetzes durch den Landtag NRW? Das Stärkungspaktgesetz sah eine Nebenbestimmung des Inhalts, die Bescheide "unter Vorbehalt der Neuberechnung der Konsolidierungshilfe" zu stellen, nicht vor. Der Gesetzgeber hat sich mit dem Gesetz zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes entschieden, dass die "Änderungen … nur Tatbestände ab dem Jahr 2013 [betreffen] und … erst ab diesem Jahr Wirksamkeit" entfalten (Gesetzesbegründung, Allgemeiner Teil, Drucksache 16/2722). 3. Die, auf Grund des Rechenfehlers der Landesregierung, zu viel gezahlten Gelder an andere Kommunen fehlen nun der Stadt Dorsten. Welche Absicht verfolgt die Landesregierung um hier einen gerechten finanziellen Ausgleich zu schaffen? In der Begründung des Gesetzes wird darauf hingewiesen, dass der Gesetzentwurf auf Regelungen verzichte, die solchen Gemeinden eine Anpassung ihrer Sanierungsplanung erleichtern würden, die künftig mit geringeren Konsolidierungshilfen auskommen müssen als bisher vorgesehen. Das Gesetz gebe in § 6 Absatz 2 den Aufsichtsbehörden schon jetzt die Möglichkeit, unter Abweichung vom Regelfall als Ausnahme einen längeren Zeitraum für das Erreichen des erstmaligen Haushaltsausgleichs als bis 2016 (pflichtig teilnehmende Gemeinden) oder 2018 (auf Antrag teilnehmende Gemeinden) zu akzeptieren. Das Gesetz ist seit dem 27. Juli 2013 in Kraft. Auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme zu der Situation in den einzelnen Stärkungspaktkommunen wird zu entscheiden sein, welcher Maßnahmen es bedarf, um eine einheitliche Verwaltungspraxis in den Genehmigungsverfahren sicherzustellen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3885 4 4. Die Landesregierung hätte den Fehler bei der Berechnung der Konsolidierungshilfe frühzeitig erkennen müssen. Warum hat das ganze Verfahren zur Neubrechung der Konsolidierung nach dem Stärkungspaktgesetz nach den ersten offiziellen Meldungen überhaupt so lange gedauert bis die Gesetzesänderung in Kraft getreten ist? Auf den Bericht der Landesregierung vom 08. Januar 2013 (s. Vorbemerkung) wird verwiesen. 5. Wie beurteilt es die Landesregierung, dass die Kommunen, die in den Jahren 2011 und 2012 mit weniger Landeshilfen auskommen mussten, als Ihnen nach der Gesetzesänderung zustehen, ihre drastischen Erhöhungen von Steuern und Gebühren nicht in angemessener Form absenken dürfen, weil ab zukünftig mehr Konsolidierungshilfen geleistet werden, um die Belastung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu verringern? Nach Artikel 106 Absatz 6 Satz 2 Grundgesetz ist den Gemeinden das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und der Gewerbe-steuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Dieses Recht kann durch die in der Gemeindeordnung und im Stärkungspaktgesetz geregelte Pflicht beschränkt sein, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen bzw. den Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder herbeizuführen.