LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3902 30.08.2013 Datum des Originals: 29.08.2013/Ausgegeben: 04.09.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1470 vom 22. Juli 2013 der Abgeordneten Dr. Günther Bergmann und Margret Voßeler CDU Drucksache 16/3645 Inklusion – sonderpädagogische Lehrkräfte und Qualitätsstandards im Fokus Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 1470 mit Schreiben vom 29. August 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Inklusionspläne der Landesregierung und der dabei genannte Umsetzungsstichtag 01.08.2014 haben zu großer Verunsicherung bei Eltern und Lehrern sowie in den Kommunen geführt. Ängste bestehen meist wegen einer bis dato nicht erfolgten breiten gesellschaftlichen Aufklärung bzgl. Inklusion und der sich abzeichnenden radikalen Änderungen des Umfeldes der bisherigen Besucher von Förderschulen (FS). Die Wahlfreiheit dieser Menschen wird bei Auflösung der FS nicht erhöht, sondern reduziert, da Schulen wegfielen, obwohl viele Eltern ihre Kinder nicht auf Regelschulen schicken möchten, sondern auch weiterhin deren spezielle Unterrichtung an FS wünschen. Die sonderpädagogische Förderbedarf besteht ohne Zweifel weiter, muss aber nun komplett neu organisiert werden, was viele neue Aufgaben mit sich bringt und Anforderungen stellt; eine zentrale Rolle spielen dabei die sonderpädagogischen Lehrkräfte. 1. Wie sieht das Budget für die sonderpädagogischen Lehrkräfte (bitte landesweit angeben und eine Beispielrechnung für den Kreis Kleve anfügen) konkret aus? Die regionalen Stellenbudgets werden zum Schuljahr 2014/15 ein Gesamtvolumen von 9.406 Stellen umfassen. Der Umfang entspricht insgesamt dem für das Schuljahr 2012/13 festgestellten Grundbedarf zzgl. dem Bedarf für den gebundenen Ganztag jeweils im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen. Die Landesregierung wird dem Landtag mit der Einbringung des Haushaltsentwurfs 2014 hierzu einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3902 2 Die Verteilung des Stellenbudgets für sonderpädagogische Förderung auf die Schulamtsbezirke soll zunächst unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Ausgangslagen erfolgen. Im weiteren Verlauf ist zunehmend eine Kriterien geleitete Stellenzuweisung vorgesehen, die z. B. den Sozialindex und die flächenmäßige Ausdehnung der Schulamtsbezirke berücksichtigt. Einzelheiten hierzu und Kriterien für die Zuweisung dieser Stellen auf die einzelnen Schulen werden derzeit in Zusammenarbeit mit der Schulaufsicht entwickelt. Die konkrete Stellenzuweisung erfolgt – wie in jedem Jahr – mit dem sogenannten Eckdatenerlass im Frühjahr des jeweiligen Kalenderjahres. 2. In welchen Stellenkapiteln werden die Stellen verortet? Die Stellen werden ab dem Haushalt 2014 für das Schuljahr 2014/15 im Kapitel 05 390 - Inklusion, sonderpädagogische Förderung an öffentlichen allgemeinen Schulen, an öffentlichen Förderschulen und an Schulen für Kranke - veranschlagt. 3. Wie wird die Sicherung der Qualitätsstandards gewährleistet? Zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität und bestehender Standards der sonderpädagogischen Förderung in den Förderschulen und den allgemeinen Schulen sind der Auf- und Ausbau von Studienplätzen für das sonderpädagogische Lehramt, eine berufsbegleitende Ausbildung sowie neben einschlägigen Fortbildungsangeboten vor allem folgende Maßnahmen vorgesehen: Bildung von Schwerpunktschulen, Einrichtung von Expertise-Zirkeln und Bündelung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zur Vermeidung von Einzelintegration aus pädagogischen Gründen, z. B. PeerGroup , und um einen effektiven Personaleinsatz zu ermöglichen. 70 Millionen Euro stellt das Wissenschaftsministerium bis 2018 für den Auf- und Ausbau von Studienplätzen für das sonderpädagogische Lehramt zur Verfügung. In den nächsten fünf Jahren sollen insgesamt bis zu 2.300 Studienplätze in Nordrhein-Westfalen neu geschaffen werden. Damit wird langfristig die Qualität sonderpädagogischer Förderung gesichert. Zur kurzfristigen Sicherung der Qualität wird Lehrkräften mit einer anderen Lehramtsbefähigung ein Erwerb der sonderpädagogischen Lehramtsbefähigung durch eine besondere Qualifizierungsmaßnahme in Verantwortung der Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (VOBASOF) ermöglicht. An Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen oder dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung und für den Gemeinsamen Unterricht an Grundschulen wird Lehrkräften mit der Befähigung für ein anderes Lehramt, die bereits im Schuldienst des Landes beschäftigt sind, eine Versetzung an diese Schulen ermöglicht, wenn sie bereit sind, an der berufsbegleitenden Ausbildung zum Erwerb des Lehramts für sonderpädagogische Förderung (VOBASOF) teilzunehmen. Darüber hinaus können im Rahmen des Lehrereinstellungsverfahrens neben sonderpädagogisch ausgebildeten Lehrkräften auch Lehrkräfte mit der Befähigung für ein anderes Lehramt an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen oder dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung und für den Gemeinsamen Unterricht an Grundschulen eingestellt werden, wenn diese Lehrkräfte sich vertraglich verpflichten, LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3902 3 a) an der Ausbildung zum Erwerb der Befähigung für das Lehramt für sonderpädagogische Förderung gemäß VOBASOF teilzunehmen oder b) das Lehramt für sonderpädagogische Förderung über ein Nachstudium an einer Hochschule mit einer Staatsprüfung oder einem Master-Abschluss zu erwerben. Die Maßnahme zur Deckung des Lehrkräftebedarfs für sonderpädagogische Förderung (VOBASOF) hat der Gesetzgeber bis 2018 befristet. 4. Werden die Lehrervertretungsgremien in die diesbezüglichen Planungen der Landesregierung einbezogen? Die Hauptpersonalräte und Hauptschwerbehindertenvertretungen sind durch regelmäßige Informationsgespräche in die diesbezüglichen Planungen der Landesregierung einbezogen. 5. Besteht ein Konzept in Bezug auf die Inhaber der Funktionsstellen der bisherigen Förderschulen, wenn diese geschlossen oder zusammengelegt werden Mit den in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften und Verbänden sowie den Hauptpersonalräten und Hauptschwerbehindertenvertretungen entwickelten „Leitlinien für Personalmaßnahmen bei schulorganisatorischen Veränderungen“, die für alle Schulformen gelten, sollen landesweit gleiche Standards bei Personalentscheidungen geschaffen und Ängste und Unsicherheiten der Betroffenen genommen werden (vgl. Pressemitteilung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 22. Juli 2013). Inhaberinnen und Inhaber von Funktionsstellen an auslaufenden Förderschulen können sich zunächst auf freie und besetzbare Stellen an anderen Förderschulen sowie an Schulen anderer Schulformen bewerben, wenn die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Durch den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) wird Lehrkräften mit sonderpädagogischer Lehramtsbefähigung der Zugang zu den Leitungsfunktionen an Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen eröffnet und die Übertragung der Ämter im statusrechtlichen Sinne mit einer entsprechenden Besoldung ermöglicht. Der Zugang zu den Leitungsämtern an Gesamtschulen, Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen ist bereits jetzt im Landesbesoldungsgesetz geregelt. Darüber hinaus wird in den zuvor genannten „Leitlinien“ darauf hingewiesen, dass Schulleiterinnen und Schulleitern der Besoldungsgruppe A 15 aus auslaufenden Förderschulen die Leitung einer neu errichteten Sekundarschule unter Beibehaltung ihrer Besoldungsgruppe übertragen werden kann, auch wenn für das Leitungsamt einer Sekundarschule zu Beginn der Aufbauphase zunächst die Besoldungsgruppe A 14 Z vorgesehen ist. Dies gilt entsprechend für stellvertretende Schulleiterinnen und Schulleiter auslaufender Förderschulen. Ob daneben weitere Optionen für den Einsatz von Inhaberinnen und Inhabern von Funktionsstellen an aufzulösenden Förderschulen erarbeitet werden sollen, wird das Ministerium unter Beteiligung der Interessenvertretungen prüfen.