LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3956 09.09.2013 Datum des Originals: 09.09.2013/Ausgegeben: 12.09.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1534 vom 12. August 2013 der Abgeordneten Monika Pieper PIRATEN Drucksache 16/3766 Schulessen gegen Fingerabdruck Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 1534 mit Schreiben vom 9. September 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Antwort auf die Kleine Anfrage Datenschutz in der Schule (16/3491) hat, unter Berücksichtigung jüngst bekanntgewordener Pannen an einer Hamburger Schule, weitere Fragen zum Thema Weitergabe personenbezogener Schülerdaten an Dritte aufgeworfen. Ein IT-Dienstleister hat an einzelnen Schulen Fingerabdrücke der gesamten Schülerschaft erfasst. Die Fingerabdrücke dienen zum Identifizieren und Bezahlen in der Kantine. Dabei sind auch Fingerabdrücke von Schülern erfasst wurden, deren Eltern gegen dieses Bezahlsystem mit biometrischer Erkennung waren. Unter Biometrie versteht man automatisierte Verfahren der Erkennung von Merkmalen zur Identifikation von Menschen. Als biometrische Merkmale können Fingerabdrücke, Gesicht, Iris, Stimme oder auch der Tastenanschlag dienen. Diese Merkmale werden mit elektronisch gespeicherten Datensätzen verglichen und dann verknüpft. Ein Bezahlsystem an Schulen auf Basis von Fingerabdrücken muss als sehr bedenklich eingestuft werden. In der Industrie gelten Identifizierungssysteme mit Fingerabdrücken zunehmend als unsicher und manipulierbar (Stichwort: Schäubles Fingerabdruck). Hohe Anforderungen müssen zudem an die Sicherheit der Speicherung und Datenübertragung des Dienstleister gestellt werden, regelmäßige Überprüfungen sind hier zwingend, denn die möglichen Risiken des Missbrauchs sind erheblich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3956 2 Nach Presseberichten soll das neue Bezahlsystem mit biometrischer Erkennung zum Schulstart deutschlandweit an ca. 200 Schulen eingeführt werden. 1. Sind der Landesregierung Pläne von Schulen in NRW bekannt, bargeldloses Be- zahlen über Fingerabdruck oder andere biometrische Verfahren einzuführen? Nein. 2. Wie beurteilt die Landesregierung grundsätzlich Bezahlsysteme mit biometri- scher Erkennung an Schulen? Bei der Auswahl der Bezahlsysteme spricht sich die Landesregierung entsprechend dem Grundsatz der Datenvermeidung (§ 4 Absatz 2 DSG NRW, § 3a BDSG) dafür aus, Bezahlsysteme für Schulmensen auszuwählen, die sich auf die Verarbeitung der für den Zahlungsverkehr unverzichtbaren personenbezogenen Daten der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern unter Wahrung des Datenschutzes beschränken. 3. Auf welcher rechtlichen Grundlage wäre ein solches System an Schulen in NRW erlaubt? Die Schulverpflegung liegt im Verantwortungsbereich des Schulträgers (äußere Schulangelegenheit ), der eigenverantwortlich entscheidet, ob er die Schulmensa selbst betreibt oder durch einen Dritten (gewerblicher Betrieb, Verein) betreiben lässt. Unabhängig von der Konstellation im Einzelfall und davon, ob ausgehend von der jeweiligen verantwortlichen datenverarbeitenden Stelle das Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) oder das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Anwendung findet, können Bezahlsysteme mit biometrischer Erkennung nur auf der Grundlage wirksamer datenschutzrechtlicher Einwilligungen der Eltern der Schülerinnen und Schüler eingesetzt werden (§ 4 DSG NRW, §§ 4, 4a BDSG). 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Gewöhnung der Kinder an die Weitergabe sensibler biometrischer Daten für einfache Geschäftsabläufe? Ziel der Landesregierung ist es, durch Wissens- und Kompetenzvermittlung im Rahmen einer nachhaltig ausgerichteten Verbraucher- und Medienbildung in der Schule, Kinder und Jugendliche zu einem verantwortungsvollen Umgang mit ihren personenbezogenen Daten zu befähigen, damit sie zunehmend in der Lage sind, ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung wahrzunehmen. Dazu gehört es auch, zu lernen, das eigene Handeln kritisch zu hinterfragen und Möglichkeiten und Gefahren der Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechniken abzuwägen. 5. Wie schätzt die Landesregierung die Gefahr der Weitergabe oder Verwendung solcher personenbezogenen Daten für weitergehende Zwecke ein? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über Pläne oder den tatsächlichen Einsatz von Bezahlsystemen auf der Grundlage biometrischer Verfahren an nordrhein-westfälischen Schulen vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3956 3 Eine Aussage zur Gefahr missbräuchlicher Verwendung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit dem Einsatz solcher Systeme wäre rein spekulativ und kann daher nicht getroffen werden.