LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3984 12.09.2013 Datum des Originals: 12.09.2013/Ausgegeben: 17.03.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1532 vom 12. August 2013 des Abgeordneten Josef Wirtz CDU Drucksache 16/3764 Bewertung des Lersow-Gutachtens durch die Landesregierung Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1532 mit Schreiben vom 12. September 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft , Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Fraktion von Bündnis‘90/Die Grünen im Regionalrat Köln hat ein 80 seitiges Gutachten mit dem Titel „Bewertung des gültigen BKP hinsichtlich der Aussagen zur dauerhaften Standsicherheit des TRS Inden II sowohl in der Betriebs- als auch in der Einstauphase“ veröffentlicht . Am 14. Juni 2013 hat der Ersteller des Gutachtens, Herr Dr. Lersow, dieses in der Sitzung des Unterausschusses „Bergbausicherheit“ dem Landtag vorgestellt. Das Gutachten enthält Vorschläge für weitergehende Maßnahmen zur Gewährleistung der Standsicherheit des Restsees und seiner Böschungen. Die Veröffentlichung hat daher bei der ortsansässigen Bevölkerung die Sorge ausgelöst, dass die bisherigen Pläne zur Errichtung des Restsees Inden eine Sicherheit der Böschungen nicht gewährleisten. Das Gutachten datiert auf den 01.12.2012. Am 20.12.2012 wurde von der Bezirksregierung die zweite Änderung des Rahmenbetriebsplan Inden II zugelassen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3984 2 1. Wie bewertet die Landesregierung die einzelnen Vorschläge für weitergehende Maßnahmen, die Dr. Lersow in dem angesprochenen Gutachten macht? Das Gutachten von Herrn Dr. Lersow gibt aus hiesiger Sicht keine Veranlassung, die mit dem geänderten Braunkohlenplan und mit dem nach Veröffentlichung des Gutachtens abgeschlossenen Rahmenbetriebsplanverfahren Inden II vorgenommenen Bewertungen bzw. Festlegungen zum Thema Standsicherheit des Restsees und der Böschungen zum heutigen Zeitpunkt zu korrigieren. Der Braunkohlenplan befasst sich zu diesem Thema lediglich mit der grundsätzlichen standsicherheitlichen Machbarkeit der Restseeböschungen. Die weitere detaillierte Ausgestaltung des Restsees Inden wird Gegenstand der auf den Braunkohlenplan aufsetzenden fachrechtlichen Genehmigungsverfahren sein. Dabei wird zu prüfen sein, welche Erkenntnisse aus dem Gutachten von Herrn Dr. Lersow zu berücksichtigen sind. Der Bergbauunternehmer wird der Bergbehörde in Kürze neue detaillierte Standsicherheitsuntersuchungen für die Endböschungen des Restsees Inden zur Prüfung vorlegen, welche nunmehr auf der Grundlage der am 08.08.2013 ergänzten bergbehördlichen Richtlinie für Standsicherheitsuntersuchungen - RfS - zu erstellen sind. Der Vorschlag von Herrn Dr. Lersow, den Einfluss seismischer Ereignisse auf die Standsicherheit vorrangig mittels eines speziellen dynamischen Berechnungsverfahrens zu prüfen, steht nicht im Widerspruch zu den Festlegungen der RfS. Gemäß der aktuellen Richtlinienergänzung können zur Berücksichtigung von Erdbebeneinwirkungen auf bleibende Böschungen sowohl statische als auch dynamische Berechnungsverfahren zur Anwendung kommen. Der von der Bergbehörde zu diesem Thema beauftragte Gutachter, Herr Prof. Dr.-Ing. Triantafyllidis (Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik am Karlsruher Institut für Technologie ), kommt in seinem Gutachten vom Juni 2013 zu dem Ergebnis, dass das im Rheinischen Braunkohlenbergbau bewährte und präferierte pseudo-statische Berechnungsverfahren zur Untersuchung der Standsicherheit von Böschungen unter Erdbebeneinwirkungen gut geeignet ist und Ergebnisse liefert, die auf der sicheren Seite liegen. 2. Sind nach Ansicht der Landesregierung nach Änderung des Rahmenbetriebs- plans die Ergebnisse des Lersow-Gutachtens noch aktuell? Mit der Zulassung des Rahmenbetriebsplans Inden II am 20.12.2012 hat die Bergbehörde zu wesentlichen Punkten Regelungen getroffen, die eine sichere Gestaltung und Befüllung und einen sicheren Betrieb des Restsees nach dem aktuellen Kenntnisstand gewährleisten werden . Das bereits am 01.12.2012 fertiggestellte Gutachten von Herrn Dr. Lersow konnte diese in der Zulassung vom 20.12.2012 getroffenen Regelungen insoweit noch nicht berücksichtigen . Der Rahmenbetriebsplan enthält nach Maßgabe der bergrechtlichen Bestimmungen allgemeine Angaben über das Vorhaben. Nach den vg. Bestimmungen muss eine vertiefte Prüfung der Standsicherheit in nachfolgenden Haupt- und Sonderbetriebsplanverfahren durch die Bergbehörde und den Geologischen Dienst NRW erfolgen. Bei diesen nun für den Restsee Inden anstehenden Detailprüfungen werden vorliegende aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse , wie z.B. die Hinweise von Herrn Dr. Lersow, jeweils im erforderlichen Umfang Berücksichtigung finden. Die Bergbehörde hat für den 19.09.2013 zu einem Expertengespräch zum Thema „Standsicherheit der Böschungen des geplanten Restsees Tagebau Inden“ eingeladen. Dort soll in einer über den üblichen Kreis der am Prüfungs- und Genehmigungsprozess beteiligten Fachleute hinausgehenden Runde mit weiteren Experten über das Thema diskutiert werden. Auch Herr Dr. Lersow wird dort seine Bewertung vorstellen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3984 3 3. Wie wird die Landesregierung die Anwohner des Tagesbaus informieren, um die durch die Veröffentlichung des Gutachtens ausgelöste Verunsicherung mit Blick auf die Standsicherheit der Böschungen zu beheben? Der Landesregierung liegen keine Hinweise vor, dass die Veröffentlichung des Gutachtens eine Verunsicherung der Anwohner des Tagebaus ausgelöst hat. Die Landesregierung führt zurzeit Gespräche mit verschiedenen Akteuren im Rheinischen Braunkohlenrevier, mit dem Ziel, in einer Vereinbarung mit dem Unternehmen die eingeleiteten und noch umzusetzenden Maßnahmen zum Interessenausgleich zwischen Betroffenen und Unternehmen umfassend darzustellen und festzuschreiben. Dieses Dokument soll eine Informations- und Diskussionsplattform schaffen und auf diese Weise auch zu mehr Transparenz insbesondere zu den in der Kleinen Anfrage angesprochenen Aspekten beitragen. Konkret ist etwa die Einrichtung eines regelmäßig tagenden Dialogforums mit den Kommunen geplant. In diesem Rahmen ist beabsichtigt, auch über das Thema Standsicherheit von Tagebau- und Restseeböschungen zu informieren. 4. Hält es die Landesregierung für zweckmäßig, wenn einzelne Fraktionen eigene Gutachten, die nicht immer zu nachvollziehbaren Ergebnissen kommen, in Auftrag geben und veröffentlichen? Es steht jeder Fraktion frei, zu den sie interessierenden Fragestellungen gutachterliche Stellungnahmen zu beauftragen und deren Ergebnisse nach eigenem Ermessen zu veröffentlichen . Solche Stellungnahmen ersetzen nicht die in den gesetzlichen Zulassungsverfahren vorgeschriebenen behördlichen Prüfungen unter Einschaltung anerkannter Gutachter und Sachverständiger. Die am Prüfungs- und Genehmigungsprozess beteiligten Behörden und anderen Stellen werden jedoch vorgelegte Ausarbeitungen dahingehend prüfen, ob und inwieweit die daraus zu gewinnenden Erkenntnisse in diesem Prozess und bei der Weiterentwicklung der Regelwerke berücksichtigt werden müssen. 5. Hält die Landesregierung weitere Gutachten für notwendig, um abschließend bewerten zu können, ob die Standsicherheit der Böschungen des TRS Inden II gewährleistet ist? Die am Prüfungs- und Genehmigungsprozess zu Fragen der Standsicherheit beteiligten Fachleute bei der Bergbehörde, beim Geologischen Dienst NRW und beim Bergbauunternehmen befassen sich bereits seit Mitte der 1970er Jahre sehr intensiv mit standsicherheitlichen Fragestellungen für die Tagebauböschungen. Heute ist dazu eine feste Institution in Form des Arbeitskreises Gebirgsmechanik unter Federführung der Bezirksregierung Arnsberg eingerichtet. Der Arbeitskreis hat mit intensiver wissenschaftlicher Begleitung auf verschiedenen Fachgebieten eine spezielle Richtlinie für Standsicherheitsuntersuchungen für die Braunkohlentagebaue in NRW entwickelt, deren nunmehr dritte Fassung - ergänzt um eine Konkretisierung zur Berücksichtigung von Erdbebeneinwirkungen – auf der Internetseite der Bezirksregierung Arnsberg veröffentlicht ist. In dieser Richtlinie sind die Anforderungen zur Standsicherheit sowohl für die Betriebsphase der Tagebaue als auch für deren Folgenutzungen , z. B. als Restsee, konkret festgelegt. Für den geplanten Restsee Inden wurde bereits sehr frühzeitig in der Phase des Braunkohlenplanänderungsverfahrens die grundsätzliche standsicherheitliche Machbarkeit der Restseeböschungen geprüft. Dabei wurden für die Böschungen insbesondere im Bereich der Ortslagen am zukünftigen See sowohl die Befüllphase als auch der Endzustand betrachtet LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3984 4 und auch Einflüsse aus ehemaligem Braunkohlenbergbau und Erdbeben berücksichtigt. Weitere detailliertere Prüfungen sind mit der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes bereits auf den Weg gebracht.