LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3994 13.09.2013 Datum des Originals: 12.09.2013/Ausgegeben: 18.09.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1541 vom 12. August 2013 des Abgeordneten Rainer Spiecker CDU Drucksache 16/3775 Flächenverbrauch und Landschaftsschutz bei Rohstoffgewinnung Die Ministerpräsidentin hat die Kleine Anfrage 1541 mit Schreiben vom 12. September 2013 für die Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft , Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk vom 03.07.2013 stellte die Staatskanzlei den Abgeordneten die Novelle des Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP-NRW) vor. Ziel des LEP ist u.a. die Reduzierung des Flächenverbrauches und der Erhalt der Naturlandschaft. Insbesondere bei der Rohstoffgewinnung kommt es hierbei immer wieder zu Konflikten, die durch die Festlegungen des Kapitel 9 gelöst werden sollen. Vorbemerkung der Landesregierung Aktuell führt die Landesregierung das Beteiligungsverfahren durch. Zu dem Landesentwicklungsplan -Entwurf der Landesregierung werden die Öffentlichkeit und die öffentlichen Stellen in einem Zeitraum von 6 Monaten beteiligt. Im Anschluss an das Beteiligungsverfahren erfolgt die Abwägung der öffentlichen und privaten Belange. Nach Durchführung des Aufstellungsverfahrens leitet die Landesregierung den Landesentwicklungsplan -Entwurf dem Landtag mit einem Bericht über das Aufstellungsverfahren zu. Ein neuer Landesentwicklungsplan wird von der Landesregierung mit Zustimmung des Landtags als Rechtsverordnung beschlossen werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3994 2 1. Warum legt die Landesplanung harte Tabukriterien fest, obwohl diese im Wege des Planungskonzeptes bei Konzentration der Rohstoffgewinnungsbereiche ohnehin festgelegt werden können und regelmäßig festgelegt werden? Die planerische Sicherung der heimischen oberflächennahen Rohstoffe erfolgt in der Regionalplanung durch die textliche und zeichnerische Festlegung von Bereichen für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten. Für die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten hat die Rechtsprechung umfangreiche Anforderungen herausgearbeitet. Mit Ziel 9.2-3 „Tabugebiete“ des LEP-Entwurfs wird diese Rechtsprechung aufgegriffen. 2. Womit rechtfertigt die Landesregierung die fundamental unterschiedliche Be- handlung von Rohstoffversorgung und Windenergie, obwohl beide Raumnutzungen vergleichbar und hinsichtlich rechtlicher und wirtschaftlicher Einordnung eng miteinander verbunden sind? Planungsauftrag der Landes- und Regionalplanung ist eine Abstimmung der unterschiedlichen Anforderungen an den Raum. Dabei sind die unterschiedlichen räumlichen Auswirkungen der verschiedenen Nutzungen zu berücksichtigen. Die Rohstoffversorgung führt zu einer völligen Inanspruchnahme von Grund und Boden im Abgrabungsbereich und irreversiblen Veränderungen. Die Auswirkungen außerhalb eines Abgrabungsbereichs sind in erster Linie durch die von der Abgrabung direkt ausgehenden Emissionen und ausgelösten Verkehrsströme geprägt. Die Windenergienutzung führt dagegen nur zu einer punktuellen Inanspruchnahme von Grund und Boden. Die Auswirkungen der Windenergienutzung sind durch die speziellen Emissionen der Windenergienutzung geprägt . Im Ergebnis erfordern diese unterschiedlichen räumlichen Auswirkungen auch eine entsprechende Differenzierung in der landesplanerischen Steuerung. 3. Was versteht der Landesgesetzgeber unter den „integrierten Projekten“? Der Begriff des „Integrierten Projektes“ wird in der Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/RG (V-RL) zum Habitatschutz (VV-Habitatschutz, Rd.Erl.d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz v. 13.04.2010) definiert. Gemäß Nr. 4.1.1.2 VV-Habitatschutz sind Integrierte Projekte solche Projekte, in die Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Natura 2000-Gebiete einbezogen werden. Diese Maßnahmen müssen geeignet sein, sonst mögliche erhebliche Beeinträchtigungen der Natura 2000- Gebiete zu vermeiden oder zu minimieren. Schadensbegrenzungsmaßnahmen müssen je nach erforderlicher Wirkung (funktional/ zeitlich) vor oder während der Durchführung des Projektes umgesetzt werden und spätestens zum Zeitpunkt der auftretenden Beeinträchtigungen des Natura 2000-Gebietes ökologisch wirksam sein. Ein Projekt ist zulässig, wenn durch die Schadensbegrenzungsmaßnahmen sichergestellt wird, dass das Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen nicht erheblich beeinträchtigt wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3994 3 4. Wie soll der Konflikt gelöst werden, der entsteht, wenn fortgeschrieben werden muss (Unterschreitung von 10 Jahren droht) und Tabuflächen zu berücksichtigen sind, die erst noch durch die Fortschreibung durch den künftigen Regionalplan festgelegt werden? Die Regionalplanung legt die regionalen Ziele der Raumordnung für alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen im Plangebiet fachübergreifend fest. Auch eine sachliche Fortschreibung der regionalplanerischen Festlegungen zur Rohstoffsicherung haben diesem Anspruch zu entsprechen und eine umfassende Abwägung aller regionalplanerischen Belange zu leisten. Insbesondere sind auch die in der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben für die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten und damit die Unterscheidung von „harten und weichen Tabukriterien“ zu Grunde zu legen. 5. Warum sieht der LEP keine weiteren Flexibilitätsinstrumente wie den Flächen- tausch vor? Die Rechtsprechung hat umfangreiche Anforderungen an die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten herausgearbeitet (OVG Münster, Urteile vom 08.05.2012, Az.: 3779/06, und vom 07.12.2009, Az.: 628/05). Danach ist bei der Festlegung eines neuen Vorranggebiets mit der Wirkung von einem Eignungsgebiet ein gesamträumliches Konzept zu erarbeiten bzw. fortzuschreiben, in dem die neue Festlegung mit den anderen Belangen abzuwägen ist. Flexibilitätsinstrumente sind in der fachlichen Diskussion bisher nicht vorgeschlagen worden. Sollte das Beteiligungsverfahren geeignete Instrumente aufzeigen , wird die Landesregierung eine Übernahme in den LEP prüfen.