LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/3999 17.09.2013 Datum des Originals: 17.09.2013/Ausgegeben: 20.09.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1570 vom 20. August 2013 der Abgeordneten Dr. Ingo Wolf und Ralf Witzel FDP Drucksache 16/3841 Optionen eines Berufswechsels zwischen Land und anderen Arbeitgebern – Welche analoge Anwendung sollen die neuen gesetzlichen Regelungen des Bundes zum Altersgeldgesetz auch im Landesdienst Nordrhein-Westfalens finden? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 1570 mit Schreiben vom 17. September 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 5. Juli 2013 hat das vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz über die Gewährung eines Altersgelds für freiwillig aus dem Bundesdienst ausscheidende Beamte, Richter und Soldaten auch den Bundesrat passiert und somit die letzte parlamentarische Hürde genommen . Der besagte Gesetzentwurf mit der Bundestagsdrucksache 17/12479 hat die Problematik aufgegriffen, dass nach bislang geltendem Recht ein Anspruch auf Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz oder dem Soldatenversorgungsgesetz vorausgesetzt hat, dass bis zum Eintritt in den Ruhestand ein Dienstverhältnis als Beamter, Richter oder Soldat bestanden hat. Bei vorzeitiger Auflösung des Dienst- und Treueverhältnisses sind die aus diesem Verhältnis begründeten versorgungsrechtlichen Ansprüche sämtlich verfallen. Freiwillig aus dem Bundesdienst ausscheidende Beamte, Richter und Soldaten haben nun durch die Neuregelung zukünftig die Möglichkeit, anstelle der bislang obligatorischen Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber dem vorherigen Dienstherrn im Bund einen Anspruch auf die Gewährung von Altersgeld geltend zu machen. Dies erhöht die Flexibilität persönlicher Berufsplanungen und kann auch im Interesse des Dienstherrn sein, beispielsweise wenn sich in bestimmten Behördenbereichen auf diese Weise zügiger Planungen für einen eventuellen Planstellenabbau realisieren lassen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3999 2 Das neue Gesetz sieht vor, dass sich die Höhe des Anspruchs nach den zuletzt erhaltenen Bezügen und nach der geleisteten Dienstzeit richtet. Er ruht, bis der ehemalige Bundesbedienstete die gesetzliche Altersgrenze erreicht hat. Das Altersgeld ist keine Versorgung im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes. Mit der Entlassung entsteht vielmehr ein eigenständiger Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich der bis dahin erworbenen Anwartschaften auf Altersversorgung. Eine viele Jahre kontrovers diskutierte Neuregelung ist damit nun geltendes Recht geworden . Beamte der Bundesverwaltung können ab jetzt leichter aus dem Staatsdienst ausscheiden , wenn sie beispielsweise eine Tätigkeit in der Privatwirtschaft aufnehmen möchten, und behalten dennoch ihre bereits erworbenen Altersversorgungsansprüche weiter bei. Bislang waren derartige Wechsel für viele Beamte mit enormen finanziellen Einbußen im Alter verbunden und damit unattraktiv und selten. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb) Klaus Dauderstädt hat die Initiative des Bundes in einer Medienmeldung vom 5. Juli 2013 „Altersgeldgesetz des Bundes passiert Bundesrat / dbb-Chef: Unsere Forderung ist erfüllt“ ausgesprochen positiv bewertet : „Wir haben stets auf eine Alternative zur Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung gedrängt, denn bislang wurde ein freiwilliger oder aus strukturellen Gründen ‚notgedrungener ‘ Aussteiger so behandelt, als hätte er die höchste Disziplinarstrafe des Beamtenrechts erhalten: Das Beamtenverhältnis endet, dem Beamten werden sämtliche Versorgungsansprüche gestrichen und er wird nur in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert . Das führte zu einem substantiell geminderten Alterseinkommen.“ Seitens der Bundesregierung werden kurzfristig keine quantitativ großen Bewegungen im Beamtenapparat erwartet. Bei rund 180.000 Bundesbeamten habe es bislang rund 150 Fälle von Beamten gegeben, die auf eigenen Wunsch aus dem Staatsdienst ausgeschieden sind. Es wird aktuell geschätzt, dass sich diese Zahl auf rund 200 Fälle jährlich erhöhen könnte. Eine Zahlungspflicht des Bundes ist durch diese Gesetzesänderung voraussichtlich erst ab dem Jahr 2025 zu erwarten. Dann erst dürften die Folgen des Gesetzes für eine größere Anzahl von ehemaligen Beamten eintreten. Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg bereits im Jahr 2011 eine solche Regelung eingeführt. Um abschätzen zu können, ob eine entsprechende Gesetzesänderung auch für Nordrhein-Westfalen in Betracht kommt, ist eine umfassende Information des Parlamentes sowie Bestandsaufnahme über die bisherige Entwicklung notwendig. Vorbemerkung der Landesregierung Der Bund hat Regelungen beschlossen, die für den Fall, dass eine Beamtin/ein Beamter freiwillig den Beamtenstatus aufgibt, keine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung , sondern einen Anspruch auf ein so genanntes Altersgeld vorsehen. Nach den Regelungen des Bundes entsteht im Fall des freiwilligen Ausscheidens einer Beamtin /eines Beamten ein eigenständiger Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich der bis dahin erworbenen Anwartschaften auf Altersversorgung in Form eines Altersgeldes. Voraussetzung hierfür ist eine Mindestdienstzeit von sieben Jahren, von denen mindestens fünf Jahre im Bundesdienst erbracht werden müssen. Berechnungsgrundlage für das Altersgeld sind die letzten Bezüge sowie im Beamten-, Richter- und Soldatenverhältnis zurückgelegte LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3999 3 Dienstzeiten. Die Berechnung erfolgt nach den Grundsätzen der Berechnung der Versorgungsbezüge , es wird allerdings ein Abschlag von 15 Prozent erhoben. Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sieht der Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode eine Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechts vor. Im Dialog mit den betroffenen Gewerkschaften und Berufsverbänden sowie den Kommunalen Spitzenverbänden wird die Modernisierung des Dienstrechts erörtert. Der bund-, länder- oder kommunenübergreifende Wechsel einer Beamtin/eines Beamten ist kein Berufs-, sondern ein Dienstherrenwechsel. Der Beamtenstatus wird nicht aufgegeben. In diesen Fällen erhält die Beamtin /der Beamte keine selbstständigen Ansprüche gegen den früheren und den neuen Dienstherrn. Vielmehr findet eine verursachungsgerechte Beteiligung der vorherigen Dienstherren an den beim neuen Dienstherrn anfallenden Versorgungslasten statt. Das heißt, der neue Dienstherr hat bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge auch alle bei früheren Dienstherren zurückgelegten Dienstzeiten zu berücksichtigen. Die Teilung der Versorgungslasten regelt bei einem bund- und länderübergreifenden Dienstherrenwechsel der am 1. Januar 2011 in Kraft getretene VersorgungslastenteilungsStaatsvertrag . Bei einem landesinternen Wechsel vom Land zu einer Kommune und umgekehrt sowie beim Wechsel von einem kommunalen Dienstherrn zu einem anderen erfolgt der Ausgleich der Versorgunglasten nach dem Versorgungslastenverteilungsgesetz (VLVG) vom 18. November 2008. 1. Wie hoch ist jeweils jährlich seit dem Jahr 2000 bis heute jeweils in beiden Rich- tungen die Anzahl von Berufswechseln sowohl einerseits zwischen Beamten unseres Landes und unserer Kommunen als auch andererseits zwischen Beamten unseres Landes und Beamten des Bundes oder anderer Bundesländer? Es können nur Angaben zu bund- bzw. länderübergreifenden Dienstherrenwechseln gemacht werden, die ab Inkrafttreten des Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrages (2011) stattgefunden haben. Nach dessen Regelungen findet die Versorgungslastenteilung durch Zahlung einer Abfindung zum Zeitpunkt des Dienstherrenwechsels statt. Die Zahlen geben den Zeitpunkt der Abfindungszahlung wieder. Wechsel nach NRW Anzahl erhaltene Abfindung 2011 205 12.314.435,79 € 2012 669 38.969.645,75 € 2013 (Stand 23.08.2013) 387 26.500.955,77 € Wechsel von NRW Anzahl gezahlte Abfindung 2011 132 13.194.189,09 € 2012 486 42.524.751,43 € 2013 (Stand 23.08.2013) 345 31.348.446,30 € Nach dem VLVG erfolgt die Versorgungslastenteilung grundsätzlich durch eine Erstattung nach Eintritt des Versorgungsfalles. Die beteiligten Dienstherren können stattdessen auch eine Abfindungsregelung vereinbaren. Angaben zu landesinternen Wechseln können nur gemacht werden, sofern Abfindungen gezahlt wurden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3999 4 Wechsel zum Land Anzahl erhaltene Abfindung 2011 0 0 € 2012 4 68.461,88 € 2013 (Stand 23.08.2013) 7 143.869,81 € Wechsel vom Land Anzahl gezahlte Abfindung 2011 1 934,14 € 2012 10 503.661,73 € 2013 (Stand 23.08.2013) 31 2.112.478,77 € 2. Wie hoch ist jeweils jährlich seit dem Jahr 2000 bis heute jeweils in beiden Rich- tungen die Anzahl von Wechseln zwischen Beamten unseres Landes und Berufstätigen der Privatwirtschaft? Zur Frage, ob ein Wechsel aus der oder in die Privatwirtschaft erfolgt, werden keine Daten gespeichert. Der berufliche Werdegang ist nur aus dem in der Personalakte vorhandenen Lebenslauf ersichtlich . Daher können lediglich Angaben zur Anzahl der Fälle gemacht werden, in denen eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt ist. Die Angaben beziehen sich auf das jeweilige Jahr, in dem die Zahlung geleistet wurde, nicht auf das Jahr des Ausscheidens. Für die Jahre 2000 und 2001 stehen keine Daten zur Verfügung . Professoren Anwärter Beamte 2002 84 300 1088 2003 370 2471 3920 2004 325 2016 3357 2005 363 2347 3926 2006 383 3218 4340 2007 316 2767 2759 2008 218 2957 3143 2009 274 3238 3251 2010 108 3640 1654 2011 125 2745 781 2012 150 3139 1448 2013 (Stand 28.08.2013) 170 3531 1022 Die Anzahl der Nachversicherungen gibt keinen Aufschluss darüber, ob und wie viele ausgeschiedene Personen Ansprüche auf ein Altersgeld hätten, da der Altersgeldanspruch von der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung abhängig ist, wie z. B. die Bestimmung einer Mindestdienstzeit , die vor Erlangung des Anspruchs erfüllt sein muss. 3. Welche finanziellen Auswirkungen haben sich für das Land und die Betroffenen durch die jeweiligen Wechselkontingente seit dem Jahr 2000 ergeben? (beispielsweise jährlicher Barwert der für die Betroffenen verlorenen und für das Land eingesparten zukünftigen Pensionsansprüche etc.) Die Höhe der eingesparten Pensionsansprüche kann nicht berechnet werden, da der Pensionsanspruch durch den individuellen Werdegang beeinflusst wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/3999 5 Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1. 4. Welche konkreten einzelnen Absichten hegt die Landesregierung, analog zu den neuen gesetzlichen Regelungen des Bundes in puncto Altersgeldgesetz ein vergleichbares Modell auch für den Landesdienst Nordrhein-Westfalens zu entwickeln ? (bitte unter Angabe der Zeitachse und der politisch intendierten Mindestanforderungen an eine denkbare Neuregelung) Siehe Vorbemerkung. 5. Welche Erkenntnisse besitzt oder Annahmen tätigt die Landesregierung, wie sich die Größenordnungen der in den Fragen 1 bis 3 dargestellten Sachverhalte im Falle einer vergleichbaren Flexibilisierung im Landesrecht entwickeln würden oder könnten? Die Einführung eines Altersgeldes hätte keine Auswirkungen auf die in Frage 1 skizzierten Dienstherrenwechsel, da das Altersgeld den Dienstherrenwechsel nicht erfasst (siehe hierzu auch die Vorbemerkung). Im Fall der Einführung eines Altersgeldes bei Berufswechseln wird angenommen, dass sich die Zahl der freiwillig aus dem Beamtenverhältnis ausscheidenden Personen aufgrund der Anreizwirkung erhöhen wird. Das kann erhebliche personalwirtschaftliche Folgen haben und auch zu Mehrausgaben führen.