LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4087 24.09.2013 Datum des Originals: 24.09.2013/Ausgegeben: 27.09.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1576 vom 26. August 2013 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/3870 Abbau der lückenlosen Radarkontrollen an der A 40 auf Essener Stadtgebiet – Auf welche Weise setzt der Verkehrsminister sein Versprechen um, die stationären Anlagen zur vollflächigen Überwachung der Verkehrsteilnehmer zurückzubauen? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 1576 mit Schreiben vom 24. September 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In den zurückliegenden Tagen ist es zu einem öffentlich ausgetragenen Streit zwischen der Stadt Essen und Verkehrsminister Michael Groschek gekommen, der den weiteren Umgang mit der seitens der Stadt Essen auf seinerzeitige Erlaubnis des Landes vor der Stadtgrenze mit Gelsenkirchen errichteten vollflächigen Radarüberwachungsanlagen auf der A 40 betrifft. Der Verkehrsminister hat sich öffentlich wiederholt festgelegt, dass die stationäre Messung, die viele Jahre alle Verkehrsteilnehmer an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr jeweils in beiden Fahrtrichtungen auf der A 40 überwacht hat, nun zeitnah außer Betrieb genommen und zurückgebaut werde. Nach den Vorstellungen des Verkehrsministers sind dann künftig selbstverständlich weiterhin mobile sowie temporäre Geschwindigkeitsüberprüfungen noch möglich; es fände dann aber keine automatische vollflächige Überwachung mehr statt. Die Ankündigungen des Verkehrsministers beziehen sich dabei offenbar nicht auf sämtliche an der A 40 von der Stadt Essen stationär errichteten Überwachungsanlagen. Die wiederum in beiden Fahrrichtungen unweit vorhandenen Radaranlagen an der Buderus-Kurve sollen ganz offensichtlich auch dauerhaft verbleiben. Hintergrund der Ankündigungen des Ministers ist der Umstand der mittlerweile zum Glück abgeschlossenen Umbaumaßnahmen der Anschlussstelle Gelsenkirchen in jeweils beiden Fahrtrichtungen. Früher hat hier ein Unfallbrennpunkt bestanden, da durch die seinerzeitige Straßenführung mit der Reduzierung um eine Fahrbahn bedingt zahlreiche unfallträchtige Einfädelungsmanöver stattgefunden haben, die eine Drosselung des Tempos zu bestimmten LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4087 2 Zeiten erforderlich gemacht haben. Nach den Umbauarbeiten und der Fortführung aller drei Richtungsfahrbahnen aus Essen heraus und nach Essen hinein ist diese Begründung nun entfallen. Vor diesem Hintergrund scheinen die Absichten des Verkehrsministers plausibel zu sein. Für die durchgängige Rundumkontrolle mit Radargeräten sollte stets eine gute verkehrspolitische Begründung vorhanden sein. Nach der baulichen Beseitigung des bisherigen Unfallpunktes ist die Verhältnismäßigkeit der Tempofalle neu zu prüfen und zu bewerten. Wenn sich dabei im landesweiten Vergleich die Einschätzung des Ministeriums bestätigt, dass auf Essener Autobahngebiet in puncto Anzahl und Intensität von Unfällen kein Problemschwerpunkt mehr vorliegt, dann ist dies für die Verkehrssicherheit erfreulich und macht stationäre Kontrollen entbehrlich. Wem es tatsächlich um mehr Verkehrssicherheit geht, der sucht sich für die Tempomessungen ohnehin Gefahrstellen aus und nicht Orte, die die höchsten Einnahmen versprechen. Für eine pädagogische Wirkung sind sicherlich ebenfalls vor allem punktuelle und unangekündigte Kontrollen wirksamer als bekannte fest installierte Radaranlagen. Einzelne Repräsentanten der Stadt Essen sehen dies offenbar anders. Sie würden gern die Einnahmen der Blitzeranlagen auch zukünftig behalten, die der klammen Stadtkasse zuletzt jährlich rund 800.000 Euro an Bußgeldern eingebracht haben. Das Unverständnis seitens der Stadt resultiert offenbar auch aus dem als widersprüchlich wahrgenommenen Verhalten von Verkehrsminister und Innenminister. Der Innenminister hat unlängst erst kommunale Möglichkeiten zu anlasslosen flächendeckenden Blitzaktionen auch ausdrücklich außerhalb von Unfallschwerpunkten erlaubt und angeregt. Aus Kreisen der Stadt Essen wird ferner darauf hingewiesen, der Innenminister würde in puncto A 40-Radarkontrollen der fachlichen Bewertung des Verkehrsministers widersprechen und hätte seine Kritik an dem Vorgehen des Verkehrsministers diesem daher auch bereits schriftlich mitgeteilt. Die Stadt könnte sich im weiteren Hergang auf einen sogenannten Gestattungsvertrag mit dem Land berufen, der Errichtung und Betrieb der Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen der Stadt Essen erlaubt hätte. Dieser wohl noch gültige Vertrag sieht eine Kündigungsfrist vor, die dem Vernehmen nach mindestens drei Monate betrage. Verkehrsminister Michael Groschek hat auf journalistische Nachfrage aber seine Haltung bekräftigt, es gehe nicht mehr um das Ob, sondern das Wie und Wann des Rückbaus. Sein Sprecher wird in der Presse mit folgenden Worten zitiert: „Wir wollen zu einem vernünftigen und zügigen Abbau kommen.“ Für das Parlament ist es daher von Interesse, nun nähere Informationen zu den fachlichen Erkenntnissen des Verkehrsministers zur Entwicklung des Unfallgeschehens zu erhalten und seine Darlegung zu erfahren, wie der zuletzt mehrfach angekündigte Abbau der stationären Radarüberwachung sich auf der A 40 prozedural und auf der Zeitachse nach Vorstellung der Landesregierung gestalten soll. Das Ziel städtischer Einnahmeerzielung jedenfalls dürfe nicht als Begründung für die Beibehaltung der Kontrollpunkte genügen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4087 3 1. Welche genauen Erkenntnisse und Daten liegen dem Verkehrsminister zu der Entwicklung der Verkehrszahlen sowie der Unfallhäufigkeit auf dem besagten Abschnitt der A 40 in jeweils beiden Fahrtrichtungen vor? (bitte dafür einen sinnvollen zeitlichen Ausschnitt wählen, der die Lage vor und nach den Umbauarbeiten dokumentiert) 2. Handelt es sich bei dem genannten Streckenabschnitt der A 40 in beiden Fahrtrichtungen nach den Umbaumaßnahmen im Umfeld der AS Gelsenkirchen noch in Abhängigkeit von den Verkehrszahlen im landesweiten Vergleich um einen gewichtigen Schwerpunkt des Unfallgeschehens, der eine durchgängige Rundum-Radarüberwachung rechtfertigt. Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Sinnvollerweise werden vier Zeitfenster betrachtet und für beide Fahrtrichtungen unterschieden: 1. Vor Einrichtung der Geschwindigkeitsüberwachungsanlage (GÜA) und vor dem Umbau, 2004 DTV [Fz/24h] VU gesamt Fahrtrichtung Duisburg 57.400 41 Fahrtrichtung Dortmund 56.600 52 2. Nach Einrichtung der GÜA und vor dem Umbau, 2008 DTV [Fz/24h] VU gesamt Fahrtrichtung Duisburg 51.700 54 Fahrtrichtung Dortmund 50.300 19 3. Nach dem Umbau mit aktiver GÜA, 01.01.12. – 30.09.2012 DTV [Fz/24h] VU gesamt Fahrtrichtung Duisburg 54.500 10 Fahrtrichtung Dortmund 54.000 30 4. Nach dem Umbau, mit abgedeckter, jedoch weiterhin messender GÜA, 01.10.2012- 30.06.2013 DTV [Fz/24h] VU gesamt Fahrtrichtung Duisburg 54.500 15 Fahrtrichtung Dortmund 53.500 13 Seit dem Ausbau der Autobahn A 40 und dem Umbau der Anschlussstelle GelsenkirchenSüd ist in keiner der beiden Fahrtrichtungen eine Unfallhäufungsstelle erkennbar. Dieser Ausbau ist also maßgeblich für die Verbesserung der Verkehrssicherheit. DTV steht für Durchschnittlicher Täglicher Verkehr, VU für Verkehrsunfälle. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4087 4 3. Wie sehen die einzelnen weiteren Schritte des Verkehrsministers, bitte unter Angabe der jeweiligen Maßnahmen und Zeitpunkte der Umsetzung, aus, sein Versprechen zum Rückbau der stationären Radarüberwachungsanlagen einzulösen? 4. Welche Vereinbarungen zum weiteren Vorgehen hat der Verkehrsminister, insbesondere im Umgang mit dem bisherigen Gestattungsvertrag und hinsichtlich der administrativen Aspekte der weiteren Umsetzung, mit der Stadt Essen getroffen? Die Fragen 3 und 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat die Stadt Essen am 12.09.2013 angewiesen, den Rückbau der stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlage durchzuführen. 5. Falls die Information zutreffend ist, es gebe ein Schreiben des Innenministers, das vor dem Vorgehen des Verkehrsministers bei dieser Frage warnt: Ist die Landesregierung bereit, diesen Vorgang den daran interessierten Abgeordneten zur Verfügung zu stellen? Diese Information ist nicht zutreffend.