LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4095 25.09.2013 Datum des Originals: 24.09.2013/Ausgegeben: 30.09.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1607 vom 5. September 2013 der Abgeordneten Henning Höne, Karlheinz Busen und Dietmar Brockes FDP Drucksache 16/3950 (Neudruck) Gefährden Biogasanlagen das Grundwasser in NRW? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1607 mit Schreiben vom 24. September 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Biogasanlagen werden zur Produktion von erneuerbarer Energie eingesetzt. 1992 existierten nach Angaben der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft (AöW) insgesamt 192 Biogasanlagen in ganz Deutschland. Fortlaufend wurde der Ausbau weiterer Biogasanlagen vorangetrieben . Bis zum Ende des Jahres 2013 werden voraussichtlich etwa 7900 Biogasanlagen in Deutschland existieren. Die Biogasanlagen benötigen als Inputfaktor Biomasse wie etwa Mais oder Raps. Um die Anlagen im Betrieb zu halten, werden diese Rohstoffe zwingend benötigt. Der Einsatz von Lebensmitteln als Produktionsfaktor zur Energiegewinnung wird in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Hinzu kommt, dass die Pflanzen zunehmend gedüngt werden, um ein schnelles Wachstum zu gewährleisten. Hierzu werden auch Pflanzenschutzmittel verwendet, deren Inhaltsstoffe, nicht von den Pflanzen aufgenommen werden und so in das Grundwasser gelangen können. Experten sehen dadurch die Qualität des Grundwassers gefährdet und fordern einen Stopp weiterer Biogasanlagen, um eine kostengünstige und sichere Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser weiterhin zu ermöglichen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4095 2 1. Wie viele Biogasanlagen existieren derzeit in Nordrhein-Westfalen? Zum Ende des Jahres 2012 waren in der Betreiberdatenbankl der Landwirtschaftskammer NRW für Nordrhein-Westfalen 585 landwirtschaftliche Biogasanlagen registriert. 2. Wie bewertet die Landesregierung den möglichen Zielkonflikt zwischen dem Schutz des Grundwassers und der intensiven Düngung von Bioenergie-Pflanzen? Die gute fachliche Praxis bei der Düngung von Bioenergiepflanzen unterscheidet sich nicht von derjenigen bei der Düngung von Nahrungs- und Futterpflanzen. Insofern stellt der Anbau von Bioenergiepflanzen nicht per se einen Zielkonflikt mit dem Schutz des Grundwassers dar. Der Betrieb von Biogasanlagen unter Nutzung von Energiepflanzen kann jedoch sowohl auf einzelbetrieblicher wie auf regionaler Ebene zu Nährstoffüberschüssen führen, deren unsachgemäße Verwertung eine Gefährdung des Grundwassers durch Nitrateinträge nach sich ziehen kann. Diese Gefahr ist in der Praxis häufig dann gegeben, wenn solche Biogasanlagen in Betrieben oder Regionen errichtet werden, die bereits eine hohe Viehdichte mit entsprechenden Nährstoffanfällen aus der Viehhaltung aufweisen. Solche Konstellationen existieren auch in Nordrhein-Westfalen. Der Schutz des Grundwassers muß für alle Produktionsrichtungen einheitlich auf hohem Niveau gewährleistet sein. Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass es hinsichtlich des Schutzes des Grundwassers sowie anderer Umweltgüter keine Unterschiede in den Anforderungen zwischen dem Anbau von Energiepflanzen für Biogasanlagen und dem Anbau für Nahrungs- und Futtermittel geben darf. 3. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Betreiber von Biogasan- lagen über die möglichen Umweltschäden durch Düngung von BioenergiePflanzen zu informieren, zu sensibilisieren und auf einen umweltschonenden Anbau von Biomasse hinzuwirken? Die Information, Sensibilisierung und Beratung von Betreibern von Biogasanlagen zu Fragen der guten fachlichen Praxis der Düngung erfolgt durch die Landwirtschaftskammer Nordrhein -Westfalen im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Landesbeauftragter für den Vollzug des Düngerechts sowie im Rahmen der Selbstverwaltung auf vielfältige Weise und mit hoher Intensität. Die Landesregierung unterstützt diese Aktivitäten durch die Finanzierung von Beratungskräften und Feldversuchen u.a. im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie und in den Kooperationen zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4095 3 4. Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag, den Anbau von Biomasse durch jeweilige Höchstproduktionsgrenzen zu regulieren? Ein solcher Vorschlag ist der Landesregierung nicht bekannt. Falls mit der Frage die Einführung des sog. „Maisdeckels“ in § 27 Abs. 5 Nr. 1 des Erneuerbare -Energien-Gesetzes aus dem Jahr 2012 gemeint sein sollte, so sieht die Landesregierung hierin zwar einen ersten, aber nicht ausreichenden Schritt zur Begrenzung des Maisanteils bei den Energiepflanzen für Biogasanlagen. Diese Begrenzung ist zur Verringerung möglicher Nitrateinträge in das Grundwasser aus der Gärrestverwertung von Biogasanlagen jedoch nicht geeignet. 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um die eingangs aufgeführten Auswirkungen (z.B. durch einen vermehrten Einsatz von Bioabfällen in Biogasanlagen ) zu vermindern? Die Verringerung der Gefahr von Nitrateinträgen in das Grundwasser muss nach Auffasssung der Landesregierung prioritär durch eine Verschärfung des Ordnungsrechts (Düngeverordnung ) sichergestellt werden. Wie zu Frage 1 ausgeführt, unterscheiden sich die Anforderungen an die gute fachliche Praxis der Düngung von Energiepflanzen nicht von derjenigen bei der Düngung von Nahrungs- und Futterpflanzen. Im Ordnungsrecht wird jedoch bislang zwischen der Düngung mit Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft (z.B. Gülle) und der Düngung mit Gärresten aus Energiepflanzen unterschieden. Während für Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft eine Mengenbegrenzung von 170 kg Stickstoff je Hektar (kg N/ha) im Durchschnitt des Betriebes gilt, existiert eine solche Obergrenze für Stickstoff aus Gärresten von Energiepflanzen nicht. Die Landesregierung hält es für dringend erforderlich, die Düngeverordnung an diesem und einer Reihe weiterer Punkte – auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll - zu ändern. Darüber hinaus vertritt sie die Auffassung, dass beim künftigen Ausbau der Biogaserzeugung die Nutzung von organischen Rest- und Abfallstoffen Vorrang vor der Nutzung von Energiepflanzen haben sollte.