LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4100 25.09.2013 Datum des Originals: 24.09.2013/Ausgegeben: 30.09.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1538 vom 30. Juli 2013 des Abgeordneten Oliver Wittke CDU Drucksache 16/3772 Illegale Giftmüllentsorgung in stillgelegten Bergwerken? Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1538 mit Schreiben vom 24. September 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie kürzlich bekannt wurde, hat die RAG zwischen 1991 und 2004 über 700.000 Tonnen Giftmüll in stillgelegten Bergwerken entsorgt. Nach Informationen des WDR sei die damalige SPD-geführte Landesregierung in den 1990er-Jahren politisch unter Druck geraten, weil es in Nordrhein-Westfalen nicht genug Entsorgungsmöglichkeiten für Sondermüll gab. In vielen Kommunen wurde laut WDR über die Notwendigkeit neuer Sonderdeponien debattiert, es hagelte Bürgerproteste. Laut WDR wurde in dieser Zeit durch die SPD-geführte Landesregierung und den Zechenbetreiber RAG dann eine Idee aus den 1980er-Jahren umgesetzt, den Giftmüll in stillgelegten Stollen zu entsorgen. Nach Auffassung von Wasserexperte Dr. Harald Friedrich hätte jedoch eine Genehmigung für eine Entsorgung des Giftmülls in den stillgelegten Stollen niemals erteilt werden dürfen. 1. Auf wessen Initiative (Landesregierung, Entsorgungsbetriebe oder Bergbautrei- bende) wurde seinerzeit die Entsorgung des Giftmülls in stillgelegten Bergwerksstollen geprüft und genehmigt? 2. Welche Behörde hat wann welche Genehmigung zur Entsorgung des Giftmülls in den stillgelegten Bergwerksstollen erteilt? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4100 2 3. Wurde die Wasserbehörde am Genehmigungsverfahren beteiligt? 4. Welche Ministerien wurden wann wie in das jeweilige Genehmigungsverfahren einbezogen? Zu dem in Rede stehenden Sachverhalt einschließlich der vorstehend nachgefragten Details hat die Landesregierung bereits in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 1513 (LandtagsDrucksache 16/3735) des Abgeordneten Josef Hovenjürgen MdL der Fraktion der CDU „Giftmüll in vier stillgelegten Zechen der heutigen RAG – Was weiß die Landesregierung und was tut sie?“ umfassend Stellung genommen und den derzeitigen Stand und die Ergebnisse der durchgeführten Probenahmen an allen in Betrieb befindlichen Wasserhaltungsstandorten des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet dargestellt. Die Untersuchungen werden fortgesetzt. Bislang vorliegende Analyseergebnisse lieferten keine Hinweise auf einen etwaigen Austritt abfalltypischer Schadstoffe aus dem eingebrachten Versatz. Für den Einsatz bergbaufremder Abfälle (nach damaligem Recht: „Reststoffe“) in bergbaulichen Betrieben in dem in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage genannten Zeitraum waren bergrechtliche Betriebsplanzulassungen erforderlich. Den Zulassungen gingen umfangreiche gutachtliche Untersuchungen voraus. Die Zulassungsverfahren wurden durch das jeweils zuständige Bergamt unter Beteiligung der jeweiligen Umweltbehörden geführt. Dabei wurden auch die Wasserbehörden in den Betriebsplanverfahren beteiligt. Die für Wirtschaft bzw. Umwelt zuständigen Ministerien waren in die Abstimmung grundsätzlicher Regelwerke für den Abfall- und Reststoffeinsatz in Steinkohlenbergwerke einbezogen und haben sich im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit zu einzelnen Sachverhalten von den nachgeordneten Behörden berichten lassen. 5. Teilt die Landesregierung die Auffassung von Wasserexperte Dr. Friedrich, dass eine Genehmigung nicht hätte erteilt werden dürfen und somit die Verbringung des Giftmülls in die stillgelegten Stollen materiell-rechtlich rechtswidrig und somit illegal war? Gegen verschiedene Zulassungsbescheide der Bergämter waren in der Vergangenheit Klagen vor den Verwaltungsgerichten erhoben worden. Die Klagen wurden zwischenzeitlich zurückgezogen, nachdem das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 18.07.1997 (Az: 21 B 1717/94) die Beschwerde der Kläger gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Entscheidung eingehend begründet. Danach sei der Einsatz der Abfälle zur Bruchhohlraumverfüllung als Nachversatz eine stoffliche Verwertung. Die bergrechtliche Betriebsplanzulassung sei nach Verfahren und nach materiellen Zulassungsvoraussetzungen so ausgestaltet, dass mögliche Gefährdungen der menschlichen Gesundheit, der Umwelt oder anderer geschützter öffentlicher und privater Belange verhindert werden. Die Bergbehörde habe im Zulassungsverfahren in rechtlich einwandfreier Weise geprüft, ob entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen vorliegen. Das Gericht kommt weiterhin in der Begründung zu dem Schluss, dass die Betriebsplanzulassungen auch den europarechtlichen Vorgaben für die Genehmigung von Anlagen zur Verwertung von Abfällen genügen. Die bergbehördliche Praxis im Land Nordrhein-Westfalen bezüglich der Zulassung von untertägigem Nachversatz mit bergbaufremden Abfällen wurde somit durch die oberinstanzliche Rechtsprechung bestätigt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4100 3 Unabhängig davon wird die Landesregierung eine unabhängige gutachtliche Überprüfung veranlassen, die sich vor allem auf die Fragen konzentrieren soll, wie die Grundannahmen, die Basis der damaligen Entscheidungen gewesen sind, aus heutiger fachlicher Sicht bewertet werden, ob Gefährdungen insbesondere des Grund- und Oberflächenwassers im Einzugsbereich der Steinkohlenbergwerke zu befürchten sind und welche gegensteuernden Maßnahmen ggf. ergriffen werden müssten. Zudem soll die Frage beantwortet werden, wie das Monitoring erweitert werden muss, um ggf. auftretende Gefährdungen frühzeitig zu erkennen . Dazu werden auch die Ausführungen des erst kürzlich vorgelegten Gutachtens des Büros für Umweltconsulting und Projektmanagement zu prüfen sein.