LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4101 25.09.2013 Datum des Originals: 24.09.2013/Ausgegeben: 30.09.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1540 vom 30. Juli 2013 des Abgeordneten Josef Hovenjürgen CDU Drucksache 16/3774 Misst die Landesregierung bei der Einlagerung von Giftmüll in stillgelegten Bergwerksschächten sowie bei der Genehmigung von Fracking mit zweierlei Maß? Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1540 mit Schreiben vom 24. September 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut mehreren Zeitungsberichten hat der Bergbaubetreiber RAG in den 1990er Jahren mehr als 700.000 Tonnen Giftmüll in stillgelegten Gruben entsorgt. Der Wasserexperte Dr. Friedrich warnt, dass durch den Anstieg des Grubenwassers das Trinkwasser im Ruhrgebiet mit toxischen Stoffen kontaminiert wird. In den letzten beiden Jahren hat die Debatte um den Einsatz der umstrittenen FrackingTechnologie die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen bewegt. Eine überwältigende Mehrheit der Bürger unseres Landes lehnt den Einsatz von fracking zur Ausbeutung unkonventioneller Erdgasvorkommen ab, da eine Kontaminierung der Trinkwassers durch giftige Frackfluide nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann. 1. Ist nach Einschätzung der Landesregierung der in stillgelegten Bergwerken ver- klappte Giftmüll weniger gesundheitsschädlich als die bei der FrackingTechnologie eingesetzten Frackfluide? In den Bergwerken der RAG AG erfolgte in dem in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage angesprochenen Zeitraum der Einsatz von bergbaufremden Abfällen (nach damaligem Recht: „Reststoffe“) nach den in einer umfangreichen Machbarkeitsstudie und weiterer dazu beauftragter Studien unter der Maßgabe der Umweltverträglichkeit erarbeiteten Konzepten für eine „immissionsneutrale Verbringung“ nach untertage und für eine Verbringung nach dem „Prinzip des vollständigen Einschlusses“. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4101 2 Zu dem in Rede stehenden Sachverhalt hat die Landesregierung bereits in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 1513 (Landtags-Drucksache 16/3735) des Abgeordneten Josef Hovenjürgen MdL der Fraktion der CDU „Giftmüll in vier stillgelegten Zechen der heutigen RAG – Was weiß die Landesregierung und was tut sie?“ umfassend Stellung genommen und den derzeitigen Stand und die Ergebnisse der durchgeführten Probenahmen an allen in Betrieb befindlichen Wasserhaltungsstandorten des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet dargestellt. Die Untersuchungen werden fortgesetzt. Bislang vorliegende Analyseergebnisse lieferten keine Hinweise auf einen etwaigen Austritt abfalltypischer Schadstoffe aus dem eingebrachten Versatz. Bei der Technologie des Frackings wird hingegen Wasser unter hohem Druck und unter Zusatz verschiedener Additive in das Gebirge eingepresst, damit dieses aufgelockert wird und das im Gestein enthaltene Erdgas der Bohrung zuströmen kann. Der Vorgang ist – auch wenn hierbei Additive verwendet werden, die geeignet sind, die Wasserbeschaffenheit nachteilig zu verändern - nicht mit der vg. Verbringung vergleichbar. Die Landesregierung hat zur Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten ein umfassendes Gutachten in Auftrag gegeben. Das vorliegende Gutachten zeigt zu vielen Aspekten erhebliche Wissens- und Datendefizite auf, sodass zu vielen Fragen hinsichtlich der möglichen Umweltauswirkungen noch Klärungsbedarf besteht. Die Landesregierung sieht sich daher bestärkt, die Erkundung und Gewinnung von Erdgas mittels der Technologie des Frackings kritisch zu beurteilen. Die in dem Gutachten aufgeworfenen Fragen unterscheiden sich in weiten Teilen grundsätzlich von Fragestellungen, die vor einem Einsatz von Abfall- und Reststoffen in Steinkohlenbergwerken zu betrachten sind und lassen daher auch keinen Vergleich zu. 2. In welcher Tiefe wurde der Giftmüll eingelagert? Der Einsatz besonders überwachungsbedürftiger Abfälle nach dem „Prinzip des vollständigen Einschlusses“ erfolgte nach Mitteilung durch die Bezirksregierung Arnsberg in drei Bergwerken des Steinkohlenbergbaus (Haus Aden Monopol, Hugo/Consolidation, Walsum). Der Versatz wurde gemäß den Vorgaben der in der Antwort auf Frage 1 angesprochenen Machbarkeitsstudie und weiterer dazu beauftragter Studien in Teufen mit einer Überdeckung von mehr als 800 Meter eingebracht. Die Verwertung von Reststoffen nach dem damals so bezeichneten Prinzip der „immissionsneutralen Verbringung“ erfolgte auch auf anderen seinerzeit betriebenen Steinkohlenbergwerken in Teufen mit einer Überdeckung von mehr als 600 Meter. 3. Kann von Seiten der Landesregierung ausgeschlossen werden, dass der Giftmüll in Grund- und Trinkwasser gelangen kann? Die bisher vorgenommenen Auswertungen der den Behörden vorliegenden Informationen und auch die Analyseergebnisse der von der Bergbehörde in der 30. bis 33. Kalenderwoche gesondert durchgeführten Probenahmen an allen in Betrieb befindlichen Wasserhaltungsstandorten des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet lieferten bislang keine Hinweise auf einen etwaigen Austritt abfalltypischer Schadstoffe aus dem eingebrachten Versatz. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4101 3 Unabhängig davon wird die Landesregierung eine unabhängige gutachtliche Überprüfung veranlassen, die sich vor allem auf die Fragen konzentrieren soll, wie die Grundannahmen, die Basis der damaligen Entscheidungen gewesen sind, aus heutiger fachlicher Sicht bewertet werden, ob Gefährdungen insbesondere des Grund- und Oberflächenwassers im Einzugsbereich der Steinkohlenbergwerke zu befürchten sind und welche gegensteuernden Maßnahmen ggf. ergriffen werden müssten. Zudem soll die Frage beantwortet werden, wie das Monitoring erweitert werden muss, um ggf. auftretende Gefährdungen frühzeitig zu erkennen . Dazu werden auch die Ausführungen des erst kürzlich vorgelegten Gutachtens des Büros für Umweltconsulting und Projektmanagement zu prüfen sein. 4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass bei einem berechtigten Verbot der Fracking-Technologie in Nordrhein-Westfalen erst Recht die Einlagerung von Giftmüll in stillgelegten Bergwerken verboten sein muss? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um eine Gefährdung der Bevöl- kerung durch verseuchtes Trinkwasser zu vermeiden? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Frage 2 der Kleine Anfrage 1513 des Abgeordneten Josef Hovenjürgen MdL der Fraktion der CDU „Giftmüll in vier stillgelegten Zechen der heutigen RAG – Was weiß die Landesregierung und was tut sie?“ (Landtags-Drucksache 16/3735) verwiesen. Ergänzend dazu wird darauf hingewiesen, dass der Trinkwasserversorgung in Deutschland das national und international anerkannte Multibarrierensystem zugrunde liegt; d.h., dass neben einem Schutz der Ressource, z.B. durch die Ausweisung von Wasserschutzgebieten mit Verboten und Genehmigungsvorbehalten, eine den Rohwasserverhältnissen adäquate Wasseraufbereitung stattfindet. Zudem bietet die auf der Grundlage des Wasserrechts und der Trinkwasserverordnung durch die Behörden und die Wasserversorgungsunternehmen durchgeführte Kontrolle des für die Trinkwasserversorgung entnommenen Rohwassers sowie des Trinkwassers einen umfassenden Schutz vor einer Beeinträchtigung des Trinkwassers.