LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4227 16.10.2013 Datum des Originals: 16.10.2013/Ausgegeben: 21.10.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1618 vom 16. September 2013 des Abgeordneten Dr. Joachim Stamp FDP Drucksache 16/4002 Zusammenarbeit des Landes Nordrhein-Westfalen und des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Nordrhein, des Landesverbandes der Jüdischen Kultusgemeinden von Westfalen-Lippe und der Synagogen-Gemeinde Köln Die Ministerpräsidentin hat die Kleine Anfrage 1618 mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit der Vertretung der Jüdischen Gemeinden 1992 einen Vertrag geschlossen, um die Jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, die ihnen nach der Tradition des Judentums obliegen. Johannes Rau war der jüdisch-christlichen Dialog ein besonderes Anliegen und nach ihm war für alle Landesregierungen der Austausch mit den Jüdischen Gemeinden ebenfalls von hoher Bedeutung. 2006 hat die schwarz-gelbe Landesregierung die Unterstützung der jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen von 5,1 auf 7 Millionen Euro jährlich erhöht, um dem Anwachsen der Jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus übernehmen die jüdischen Gemeinden weitere Aufgaben, insbesondere im sozialen Bereich, die gesondert gefördert werden. Seit 1990 sind über 100.000 jüdische Mitbürger aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen, das Vierfache der ursprünglichen Mitgliederzahl der Jüdischen Gemeinden in Deutschland. Die Jüdischen Gemeinden haben für die Integration dieser Neubürger eine entscheidende Rolle gespielt. Die Mitgliederzahl der Jüdischen Gemeinden stagniert seit einigen Jahren. Die Mitglieder sind aber deutlich älter als der bundesdeutsche Durchschnitt und auch aufgrund ihres mehrheitlichen Migrationshintergrundes weiterhin auf die Unterstützung der Jüdischen Gemeinden angewiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4227 2 Deswegen ist es an der Zeit zu prüfen, ob der Dialog mit der Landesregierung und die finanziellen Zuwendungen an die Jüdischen Gemeinden den heutigen Anforderungen und dem Geist des Vertrages von 1992 entsprechen. Vorbemerkung der Landesregierung Aufgrund der besonderen geschichtlichen Verantwortung des deutschen Volkes für das jüdische Leben in der Bundesrepublik Deutschland ist es ein Anliegen des Landes, die jüdische Gemeinschaft in Nordrhein-Westfalen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, die ihr nach der Tradition des Judentums obliegen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat 1992 einen Vertrag mit dem Landesverband der jüdischen Gemeinden von Nordrhein – K.d.ö.R.-, dem Landesverband der jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe – K.d.ö.R. - und der Synagogen-Gemeinde Köln – K.d.ö.R. - (i.F. „Vertrag zwischen der jüdischen Gemeinschaft und dem Land“) geschlossen. Das Gesetz zu dem Vierten Änderungsvertrag, der am 17. Juli 2013 von allen Vertragspartnern unterzeichnet worden ist, liegt derzeit dem Landtag zur Zustimmung vor (Drucksache 16/3625). 1. Nach dem Vertrag von 1992 sind regelmäßige Konsultationen der Landesregie- rung mit den Vertretern der Jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen vorgesehen . Wie und in welchem Turnus findet dieser Austausch mit den Vertretungen der Jüdischen Gemeinde in Nordrhein-Westfalen auf Ministerebene statt? Laut dem Vertrag zwischen der jüdischen Gemeinschaft und dem Land werden die Landesregierung und die jüdische Gemeinschaft regelmäßige Begegnungen zur Pflege ihrer Beziehungen anstreben. Der entsprechende Dialog und Austausch von Kabinettmitgliedern mit der jüdischen Gemeinschaft erfolgt in Gesprächen im Zusammenhang mit dem Vertrag sowie mehrfach jährlich anlassbezogen und im Rahmen regelmäßiger Begegnungen aufgrund besonderer Ereignisse oder im Rahmen besonderer Feier- oder Gedenktage. 2. Wie hat sich die finanzielle Förderung der Arbeit der Jüdischen Gemeinden durch das Land Nordrhein-Westfalen in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (bitte eine jahresgenaue Darstellung aus den jeweiligen Haushaltsstellen)? Wie in der nachfolgenden Tabelle dargestellt, beteiligt sich das Land gemäß dem Vertrag zwischen der jüdischen Gemeinschaft und dem Land in der Fassung des dritten Änderungsvertrages vom 31. Oktober 2006 zur Erhaltung und Pflege jüdischen Kulturlebens an den laufenden Ausgaben der Jüdischen Gemeinschaft für deren religiöses und kulturelles Engagement sowie für deren Verwaltung mit einem jährlichen Zuschuss. Darüber hinaus werden Zuschüsse für die Unterhaltung der jüdischen Friedhöfe auf Grundlage der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern vom 21. Juni 1957 gezahlt. Die Kosten für die Instandhaltung der verwaisten jüdischen Friedhöfe im Lande Nordrhein-Westfalen werden vom Bund und Land jeweils zur Hälfte getragen. Außerdem wurde der Synagogenbau und -umbau unterstützt . Darüber hinaus bezahlt das Land im vollen Umfang notwendige Aufwendungen für bauliche Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen der Erstausstattung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4227 3 Ab 2013 wird das Land im Zusammenhang mit dem vierten Änderungsvertrag von 2013 den jüdischen Gemeinden zusätzlich aufgewandte Mittel für Ersatzbeschaffung und Wartung im Bereich Sicherheit und Sachleistungen im Zusammenhang mit Wachdiensten bis zu einem Betrag von 2 Mio. Euro jährlich ersetzen. Über diese Kernbereiche der Förderung hinaus können die jüdischen Gemeinden zusätzliche , einzelfallbezogene, finanzielle Unterstützung durch das Land beantragen. 3. Wie hat sich die finanzielle Förderung der Sozialabteilungen der Jüdischen Ge- meinden, die für die Integration der neu zugezogenen Gemeindemitglieder eine herausgehobene Bedeutung haben, in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (Aufschlüsselung wie bei Frage zwei)? Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales fördert die Arbeit der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen im Rahmen jährlicher Zuwendungsvereinbarungen . Die jüdischen Gemeinden als Träger der Freien Wohlfahrtspflege haben in den Jahren 2003 bis 2012 folgende Mittel erhalten (Kapitel 11 041, Titel 684 11): Jahr Euro 2003 458.116 2004 339.133 2005 254.346 2006 241.629 2007 228.912 2008 203.477 2009 203.477 2010 203.477 2011 203.477 2012 203.477 insgesamt 2.539.521 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4227 4 Darüber hinaus wird von Seiten des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales die Arbeit von Integrationsagenturen in Trägerschaft der jüdischen Gemeinden, das sind der Landesverband der jüdischen Gemeinden von Nordrhein, der Landesverband der jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe und die Synagogengemeinde Köln, seit dem Jahr 2007 mit folgenden Beiträgen gefördert (Kapitel 11 060, Titelgruppe 68): Jahr Euro 2007 217.110 2008 259.076 2009 259.076 2010 259.066 2011 259.066 2012 259.066 insgesamt 1.512.460 4. Plant die Landesregierung in den kommenden Jahren den Dialog mit den Jüdi- schen Gemeinden zu intensivieren? Die jüdische Gemeinschaft ist und bleibt ein wichtiger Gesprächspartner der Landesregierung . Die Landesregierung misst dem Dialog mit der jüdischen Gemeinschaft hohe Bedeutung bei. Der Vierte Änderungsvertrag zwischen der jüdischen Gemeinschaft und dem Land von 2013 wird diesen Dialog weiter stärken. 5. In welcher Höhe plant die Landesregierung für die kommenden Jahre eine Erhö- hung oder eine Kürzung der Zuwendungen an die Jüdischen Gemeinden in Nordrhein -Westfalen, insbesondere für deren Sozialabteilungen? Die Leistungen aus dem Vertrag zwischen der jüdischen Gemeinschaft und dem Land werden in ihrer Höhe jährlich den Veränderungen der Besoldung eines Landesbeamten angepasst . Berechnungsgrundlage ist die Besoldung eines Landesbeamten in der Besoldungsgruppe A 13 (verheiratet, 2 Kinder, Stufe 7). Hinsichtlich der Zuwendungen an die Sozialabteilungen hat die Landesregierung gegenüber den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege – also auch den jüdischen Gemeinden – erklärt, die Mittel der Zuwendungsvereinbarung in den nächsten Jahren stabil zu halten.