LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/4233 17.10.2013 Datum des Originals: 15.10.2013/Ausgegeben: 22.10.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1628 vom 18. September 2013 des Abgeordneten Dirk Schatz PIRATEN Drucksache 16/4044 Disziplinarverfahren gegen Polizeibeamte in NRW Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1628 mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Rahmen des sachlichen Anwendungsbereichs des § 2 Landesdisziplinargesetz NRW wird gegen Beamtinnen und Beamte sowie Ruhestandsbeamtinnen und -beamte ein Disziplinarverfahren eingeleitet, sofern konkrete Anhaltspunkte bekannt werden, die den Verdacht eines Dienstvergehens im Sinne des § 47 Beamtenstatusgesetz rechtfertigen. 1. Wie viele Disziplinarverfahren sind in den Jahren 2010 bis 2013 gegen Polizeibe- amtinnen und -beamte geführt worden (bitte aufschlüsseln nach Jahr und Dienstvergehen)? Insgesamt sind in den Jahren 2010 bis 2013 in den Kreispolizeibehörden des Landes Nordrhein -Westfalen 647 Disziplinarverfahren geführt worden. Davon sind bisher 436 abgeschlossen , 211 Verfahren sind noch anhängig. Im Jahr 2010 sind 223 Verfahren, im Jahr 2011 179, im Jahr 2012 139 und im Jahr 2013 soweit 106 Verfahren geführt worden. Eine weitergehende Aufschlüsselung nach einzelnen "Dienstvergehen" ist nicht möglich. Dies hat seinen Grund in dem persönlichkeitsbezogenen Wesen des Disziplinarrechts. Der Begriff des "Dienstvergehens" ist im Gegensatz zum Strafrecht hinsichtlich der Tatbestände nicht im Einzelnen gesetzlich festgelegt und mit bestimmten Disziplinarmaßnahmen in Zu- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4233 2 sammenhang gebracht. § 47 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes definiert das "Dienstvergehen " insoweit nur als schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten. Eine Aufschlüsselung nach einzelnen "Dienstvergehen" ist bereits aus diesem Grund nicht möglich. Soweit die Kleine Anfrage auf die einem Dienstvergehen zugrundeliegende Verletzung der jeweiligen Beamtenpflichten abzielen sollte, ist Folgendes zu ergänzen: Die Beamtenpflichten, deren Verletzung zu Disziplinarverfahren führen können, sind weder in den Beamtengesetzen noch in den dazu ergangenen Verordnungen, Verwaltungsvorschriften , Erlassen und Richtlinien erschöpfend aufgezählt, da die Vielseitigkeit des dienstlichen Aufgabenbereichs und die Vielfältigkeit der Verwaltungstätigkeit dies nicht zulassen. Durch den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens wird der Beamtin bzw. dem Beamten zudem auch bei einer Mehrzahl von Pflichtverstößen nur ein "Dienstvergehen" vorgeworfen, auch wenn den Pflichtverletzungen jeglicher tatsächliche oder zeitliche Zusammenhang fehlt. Zudem kann einerseits die Beamtin bzw. der Beamte durch eine Handlung mehrere Dienstpflichten , aber auch durch mehrere Handlungen zu verschiedenen Zeiten eine bzw. mehrere Dienstpflichten verletzen. Daneben muss die Beamtin sowie der Beamte wie jede Bürgerin und jeder Bürger bei rechtswidriger und schuldhafter Verwirklichung von Straftatbeständen mit einer Bestrafung rechnen. Neben dieser Strafe kann weitere Folge von Straftaten ein Verlust der Beamtenrechte oder eine (ergänzende) disziplinarische Ahndung sein, die in bestimmten Rahmen neben der Bestrafung möglich ist. Dabei ist jedes Amtsdelikt als Dienstpflichtverletzung anzusehen , sonstige Straftaten jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes. Grundsätzlich ist jedoch das Disziplinarverfahren nach Erhebung der öffentlichen Klage im Strafverfahren auszusetzen, § 22 Landesdisziplinargesetz NRW (LDG NRW). Der jeweilige Ausgang des Strafverfahrens hat gem. § 14 LDG NRW wiederum weitere Konsequenzen für die (ergänzende) Verfolgung von beamtenrechtlichen Pflichtenverstößen im Rahmen eines Disziplinarverfahrens. Die gewünschte Aufschlüsselung nach "Dienstvergehen" ist insofern bereits rechtlich nicht möglich, eine Aufschlüsselung nach einzelnen Dienstpflichtverstößen innerhalb der einzelnen Dienstvergehen hingegen im Rahmen einer Kleinen Anfrage nicht leistbar. 2. Durch wen erfolgte die "Anzeige" zur Einleitung dieser Disziplinarverfahren (bitte aufschlüsseln nach Betroffene/Dritte, Behörde/Von Amts wegen, Kolleginnen /Kollegen, Medien, Andere)? Entsprechende Angaben sind für die Durchführung eines Disziplinarverfahrens ohne Bedeutung und deshalb statistisch nicht erfasst. 3. Wie viele dieser Disziplinarverfahren wurden begründet mit einer Disziplinarmaßnahme abgeschlossen (bitte aufschlüsseln nach Jahr, Art und Höhe der Strafe)? Die abgeschlossenen Verfahren endeten mit den nachfolgend aufgeführten Maßnahmen: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/4233 3 Jahr Verhängte Disziplinarmaßnahmen Einstellung nach § 33 LDG NRW (Einstellung des Verfahrens) Verweis Geldbuße Kürzung (Ruhe)- Gehalt Entlassung/ Entfernung a.d. Dienst §33 Abs. 1 Nr.1 §33 Abs. 1 Nr.2 §33 Abs. 1 Nr.3 §33 Abs. 1 Nr.4 §33 Abs. 2 2010 43 25 8 4 65 18 35 1 2 2011 38 19 -/- -/- 41 9 28 2 8 2012 20 8 3 -/- 20 7 14 2 -/- 2013 4 -/- -/- -/- 9 -/- 2 -/- 1 gesamt 105 52 11 4 135 34 79 5 11 Es ist hierbei das sog. "Maßnahmeverbot" der §§ 33, 14 LDG NRW zu beachten, wonach in Abhängigkeit des Ausgangs eines Strafverfahrens sowie in Abhängigkeit des jeweiligen Pflichtenverstoßes bestimmte Pflichtenverstöße, die als Maßnahme einen Verweis, eine Geldbuße, eine Kürzung des Ruhegehalts oder der Dienstbezüge nach sich gezogen hätten, nicht mehr mit diesen Maßnahmen belegt werden dürfen, so dass diese Verfahren in der Folge einzustellen sind. Daher kann bei einer Einstellung des Disziplinarverfahrens nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 LDG NRW nicht gefolgert werden, dass die Handlungen der Beamtin bzw. des Beamten nicht sanktioniert worden sind. Die Sanktionierung erfolgt hierbei durch die im Strafverfahren auferlegte Strafe und nicht mehr bzw. auch durch ein Disziplinarverfahren aufgrund der gleichen Handlungen. Weitergehende statistische Erhebungen über die einzelnen Maßnahmen liegen nicht vor. 4. Inwieweit bestehen Rahmenvorgaben zur Bearbeitung von Beschwerden und innerdienstlichen Angelegenheiten mit Verantwortlichkeiten, Berichts- und Bearbeitungsfristen wie am Beispiel der Berliner Polizei? Das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Erlass vom 05.11.2010 - Az. 43-58.08.01 -Rahmenvorgaben zur Bearbeitung von Beschwerden und Eingaben im Bereich der Polizei festgelegt. 5. Wo sieht die Landesregierung Defizite bei der innerbehördlichen Kontrolle (bitte begründen)? Anhaltspunkte für etwaige Defizite bei der innerbehördlichen Kontrolle liegen nicht vor.